Vakuumtherapie Laparostoma

  • Hallo Forum,

    bei einem Pat. wurde bei Peritonitis nach Lavage etc. eine Vakuumtherapie begonnen und mit 5-916.a3 Anlage eines Systems zur Vakuumtherapie am offenen Abdomen kodiert.
    Der MDK meint, dabei handle es sich um die Anlage eines temporären Bauchdeckenverschlusses resp. Anlage eines Laparostomas,
    das mit 5-541.4 zu kodieren sei. Dieser Kode sei aber ein Exkl. unter 5-916.a3, daher sei 5-916.a3 zu streichen!!

    Ich gebe zu, ich war zunächst überrascht, würde es doch im Umkehrschluss bedeuten,
    dass man die 5-916.a3 eigentlich nie kodieren darf, oder ?(:cursing::?::?:
    Nur wann denn, wenn nicht dann ?(?( ?


    "Wiki" sagt:Laparostoma42000.PNG Unter einem Laparostoma versteht man eine künstlich hergestellte Verbindung zwischen Bauchhöhle und Außenwelt. Es dient bei Erkrankungen des Peritoneums oder Retroperitoneums als einfacher Zugangsweg zu den erkrankten Organen, um beispielsweise Spülungen vorzunehmen.


    und weiter von den Kollegen aus Schwerin....

    PS-5.2
    Vakuumverband zur Laparostoma-Behandlung
    K. Dommisch1, J. Sauer1
    1HELIOS Kliniken Schwerin, Schwerin


    Einleitung: Der Verschluss eines Laparostomas nach Kompartmentsyndrom des

    Abdomens oder nach einer langandauernden Lavagebehandlung am offenen

    Abdomen kann sich schwierig gestalten und in einigen Fällen vollständig

    unmöglich sein. Als Alternative bietet sich der spannungsfreie Verschluss des

    Abdomens mittel Vakuum-Therapie an............


    Und jetzt :?:8|

    Oder ist ein Laparostoma mit Vakuumtherapie eben KEIN Laparostoma mehr, sondern das Abdomen ist ja verschlossen..... aber doch nur temporär ;(:S:?:

    Wäre sehr dankbar, wenn mir jemand den Weg weißt :thumbup:

    riol

    Viszeralchirurg/Unfallchirurg

  • Hallo Riol,

    ein Stoma ist eine Öffnung, ein Laparostoma eine Öffnung zum Bauchraum. Der Verschluss eine Kolostomas erfolgt auch nicht, indem man einen Stomabeutel darauf klebt oder eine Vakuumversiegelung anbringt. Ebensowenig ist die Vakuumversiegelung m.E. primär ein temporärer Verschluss eines Laparostomas. Der Verschluss der Laparostomie tritt erst sekundär ein, durch Granulation und Epithelialisierung.
    Intressanterweise nennt das Exklusivum "Anlage eines Laparostomas (5-541.4)" und nicht den Originaltext "5-541.4 Anlegen eines temporären Bauchdeckenverschlusses".

    Selbst wenn man die Vakuumversiegelung als eine Art temporären Verschluss eines Laparostomas ansieht, stellt sich die Frage, wie dies spezifischer kodiert ist, mit

    • 5-916.a3 (Anlage eines Systems zur Vakuumversieglung am offenen Abdomen)
    • 5-541.4 (Anlegen eines temporären Bauchdeckenverschlusses)

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo Medman2,

    zunächst mal noch ein gutes Neues ;) vielen Dank für die Antwort,
    wobei ich zugeben muss, ich bin nicht viel schlauer :S

    Vielleich ist der temporäre Bauchdeckenverschluss (der Bauchhöhle) der Überbegriff und eine Vakuumversiegelung am offenen Abdomen ist eine von vielen Möglichkeiten dazu? So machen auch 2 Kodes Sinn, aber warum dann das Exkl. 5-541.4 bei 5-916.a3???

    Ich stehe auf dem Schlauch :thumbdown:

    Help ?(:/<X:!:

    riol

    Viszeralchirurg/Unfallchirurg

  • Hallo und auch von mir allen ein gutes neues Jahr!

    Zum Verständnis der hier diskutierten Kodes ist natürlich auch die Historie zu beachten! 5-541.4 stammt bereits aus dem 1. Jahrgang des OPS (1994) und beschreibt die "Anlage" eines Laparostomas. Darunter war das damals innovative Einnähen eines Reissverschlusses zu verstehen. Der Begriff "Stoma" galt damals bereits nur im übertragenen Sinne, es war ja gar keine extra angelegte Öffnung sondern der nicht wieder verschlossene Laparotomie-Zugang im Rahmen eines anderen Eingriffs.
    Bei der später entwickelten Vakuumtherapie wird kein Reissverschluss verwendet. Klassifikatorisch handelt es sich um eine Sonderform des temporären Bauchdeckenverschlusses, für den eine spezielle Schlüsselnummer innerhalb der Kategorie 5-916.- geschaffen wurde, da neben dem "Verschluss" mittels Schwamm und Folie typischerweise eine Vakuumtherapie zum Einsatz kommt. Es wäre daher klassifikatorisch auch nicht zutreffend, beide Kodes anzugeben.

    Der Kode 5-916.a3 Anlage eines Systems zur Vakuumtherapie am offenen Abdomen ist somit genau für diese Maßnahme spezifisch geschaffen worden, so dass es völlig abwegig ist, statt dessen 5-541.4 zu fordern.

    Beste Grüße aus Berlin.

    Dr. Rolf Bartkowski
    Arzt f. Chirurgie, Med. Informatik
    Berlin

  • Hallo Herr Bartkowski,

    Sie sind wie immer wohl meine Rettung :thumbup:^^
    Dann ist das Exkl. (5-541.4) unter 5-916.a3 so zu verstehen: "Machst Du einen Verschluss mit Netz und/oder Reissverschluss, dann verwende nicht die 5-916.a3!" 8o:?:

    Wäre echt einfach :D Donnerstag bespreche ich es mit dem MDK :cursing:

    Besten Dank einstweilen :thumbup:

    riol

    Viszeralchirurg/Unfallchirurg

  • Hallo zusammen,
    hier die "Fortführung" eines solchen Falles.
    Patient mit VAC am offenen Abdomen. Wird mehrfach revidiert. Jeweils mit Lavage, Darm raus und rein, Inspektion der Darmnaht nach Peritonitis bei Darmperforation. Ich habe diese (geplanten) Revisionseingriffe mit 5-541.3 Second-Look-Laparotomie (programmierte Relaparotomie) kodiert, Kasse sagt nein.
    Was sagt das Forum?

    Grüße aus dem Altmühltal

    Silke Koch

  • Hallo Frau Koch,
    Das Problem wird wohl sein, dass eine Laparotomie nun mal das Eröffnen der Bauchdecke durch einen Schnitt ist. Dieser Aufwand fehlt ja komplett, wenn der Patient einen VAC hat. Eigentlich ist das ja ein offenes Abdomen und somit die Spülung (8-176.2) zu kodieren. Bzw. andere kodierbare Prozeduren.

    ...Die Spiele sind eröffnet... ;)
    Ein sonniges Wochenende allen

  • Hallo Fr. Tuschke,
    Die 8-176.2 setzt eine liegende Drainage voraus und darf nur einmalig im stationären Aufenthalt kodiert werden. Dieser Kode beschreibt sicher nicht die Tatsache, dass der Patient sieben mal im OP aufwendig revidiert wurde mit Inspektion des gesamten Dünndarmes vom Treitz'schen Band bis Colon, Abtragen von Fibrinauflagerungen, Inspektion des kleinen Beckens,.... und dann auch noch "ein bisschen Ringer rein".
    Früher haben wir gerne mal Drainagen ventral und dorsal angelegt und dann gespült, was das Zeug hält (auf Intensiv, und gehofft, dass unten soviel raus kommt, wie oben reingeschüttet). Dafür ist der Kode gut. Aber sicher nicht für 7 Revisionen im OP. -Oder???
    Weitere Vorschläge?

    Grüße aus dem Altmühltal

    Silke Koch

  • Hallo Fr. Tuschke,
    Die 8-176.2 setzt eine liegende Drainage voraus und darf nur einmalig im stationären Aufenthalt kodiert werden.

    Hallo Frau Koch,
    Das "und" in der Kapitelüberschrift bei 8-176 ist als und/ oder zu verstehen. Also brauchen Sie formal bei 8-176.2 keine liegende Drainage sondern nur einen temporären Bauchdeckenverschluss. Somit könnte Frau Tuschke doch recht haben, da der Kode ja den operativen Hauptanteil schon beschreibt. Inspektion ist keine kodierfähige Leistung.
    Wo Sie recht haben mit Ihrem Einwand ist die Tatsache mit der nur einmaligen Kodierbarkeit...
    Zusätzlich könnten Sie wahrscheinlich dann den temporären Bauchdeckenverschluss mit 5-541.4 und natürlich den Vakuumwechsel kodieren.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Hallo Frau Koch,

    zusätzlich käme auch noch die Exploration (5-540.0) in Frage, zudem die Adhäsiolyse (5-469.2).

    Und wenn es daran scheitert, dass Laparotomie "Aufschneiden der Leibeshöhle" bedeutet, käme dann alternativ "Laparoskopie" (5-469.5) in Frage ;)

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo Frau Koch,

    wir kodieren beim offenen Abdomen und VAC-Wechsel immer die Second-Look Laparotomie 5.541.3! Um den Bauch zu revidieren (man schaut ja nicht bloß rein, sondern fasst an, spült etc.) ist nicht ein Messer Voraussetzung ("-tomie" ist eben ein med. Begriff aus der Zeit, wo es noch keinen VAC gab ;) ). M.E. ist "Second-look Laparotomie" ein feststehender Begriff.
    Gab bisher keine Probleme mit dem Kode.

    Grüße

    riol

    Viszeralchirurg/Unfallchirurg