Abgrenzung Gehirnerschütterung S06.0 zu Intrakranielle Verletzung S06.9

  • Hallo zusammen,

    könnte mir jemand von Ihnen mal laienverständlich erklären, woran die Unterscheidung festzumachen ist? Der Thesaurus lässt beide Diagnosen ziemlich deckungsgleich aussehen, eine commotio ist doch ein Gehirntrauma? ?(

    Danke für Ihre Hilfe!
    RA Berbuir

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag

    siehe:

    http://www.penguinrandomhouse.com/books/249784/c…/9780812987577/

    WhatOmalu discovered in Webster’s brain—proof that Iron Mike’s mental deteriorationwas no accident but a disease caused by blows to the head that could affecteveryone playing the game—was the one truth the NFL wanted to ignore.

    Concussion Nov 24, 2015 | 288 Pages


    und


    A concussion is a traumatic brain injurythat alters the way your brain functions.

    http://www.mayoclinic.org/diseases-condi…on/con-20019272


    http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMcp064645


    Gruß

    E Rembs

  • Sehr geehrter Herr Berbuir,

    Das sog. Schädel-Hirn-Trauma lässt sich nach Schweregraden einteilen. Früher hat man dies nach dem Grad der Verletzung getan (Grad I = Gehirnerschütterung bis Grad III = Schwere Quetschung des Gehirns).
    Heute verwendet man zur Grad-Einteilung eher die Glasgow Coma Scala, vereinfacht ausgedrückt also den Grad der Bewusstseinsstörung nach einer Kopfverletzung.

    Beide Einteilungen finden sich nicht 1:1 in der ICD 10. Am einfachsten ist noch die Gehirnerschütterung (=Schädel-Hirn-Trauma Grad I), die nach ICD10 mit S06.0 klassifiziert wird. Alle anderen ICD-Codes im Kapitel S06.* werden je nach dem konkreten Hirnverletzungsmuster benutzt und korrespondieren nicht 1:1 mit der oben erwähnten Gradeinteilung.

    Die S06.9 stellt einen klassifikatorische Resteklasse dar, die ich persönlich noch nie anwenden musste, weil die Anamnese, klinische Untersuchung und apparative Diagnostik immer einen spezifischen ICD-Code möglich machten.

    Freundliche Grüße
    AnMa

  • Hallo Herr Berbuir, hallo AnMa,

    entscheidend ist bei S06.9 doch auch das "nicht näher bezeichnet". Wenn Sie die anderen Subklassen S06.1 bis S06.8 anschauen, brauchen Sie für alle eine Bildgebung. Wenn Sie die haben und kein Ödem, keine Blutung oder Hämatom haben, auch keine darauf hinweisenden Symptome, dann haben Sie diese Subklassen ausgeschlossen. Wenn Sie den Pat. dann auch nur 1-2 Tage überwachen und keine weiteren Symptome haben, dann wird der MDK sagen: Sie haben den Verdacht auf S06.0 behandelt und dürfen / müssen diesen kodieren. S06.9 führt in eine teurere DRG, weil man davon ausgeht, dass hier eine Unsicherheit besteht, ob nicht doch eine schwerwiegendere Verletzung vorliegt. Der müsste dann auch das Management entsprechen.

    Freundliche Grüße

    E. Kosche

  • Hallo Herr Berbuir,

    eine Gehirnerschütterung (S06.0) beinhaltet

    • eine Bewusstseinstörung, zumeist Bewusstlosigkeit,
    • eine Erinnerungslücke (Amnesie),

      • ggf. zusätzlich Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Schwindel.

    Sofern in der Bildgebung morphologische Veränderungen wie z.B. Blutung, Ödem oder Quetschungen im Hirn sichtbar sind, spricht man nicht mehr von einer Gehirnerschütterung. Dies ist dann mit S06.1 - S06.6 oder S06.8 zu kodieren.

    S06.9 ist m.E. für Krankheitsbilder des Gehirns vorgesehen, die in o.g. Kategorien nicht einzuordnen sind. Exemplarisch wird hier genannt eine

    • Hirnstammveletzung o.n.A. (wenn z.B. erhebliche vegetative Erscheinungen ohne Bewusstseinsstörung und ohne Erinnerungslücke vorliegen und auch in der Bildgebung keine Auffälligkeiten bestehen).

    Diesen Kode würde ich auch dann wählen, wenn z.B. unter dem V.a. eine Hirnverletzung Maßnahmen ergriffen wurden, die Hirnverletzung aber nicht genauer bezeichnet werden kann, z.B. weil der Patient vor Durchführung der Bildgebung vestorben ist.


    @ Frau Kosche: "... dann wird der MDK sagen: Sie haben den Verdacht auf S06.0 behandelt und dürfen / müssen diesen kodieren."

    • Streng genommen setzt die DKR D008 die Behandlung im Sinne von "Therapie" voraus, damit eine Diagnose zu kodieren ist. Eine Commotio ist aber eigentlich nicht therapierbar. Die "Behandlung" zielt darauf ab, über eine Commotio hinausgehende krankhafte Zustände zu erkennen und ggf. zu behandeln, z.B. eine Blutung.

    Gleichwohl ist m.E. eine -kurze- Bewusstlosigkeit mit Amnesie und weiteren vegetativen Symptomen ohne morphologische Veränderungen als Gehirnerschütterung mit S06.0 klassifizier- und kodierbar.

    Viele Grüße

    Medman2