Multimodale stationäre Schmerztherapie

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag

    Zitat
    „Wenndas SG dann mit einer schmerztherapeutischen Fragestellung einen Kardiologenbeauftragt, fragt man sich ja schon, was das soll...“

    Siehe herzu:
    „Insbesondere aber der Umstand, dass Dr. S_______Chirurg ist und er damit fachfremd eine Leistungsbeurteilung nephrologischerund psychiatrischer Erkrankungen vorgenommen hat, steht seiner Einschätzungentgegen.“

    Az.: L 5 KR 182/12 B ER


    Gruß
    E Rembs

  • Hallo nochmal,
    zur Komplextherapie; was will denn der Patient und was will die KKasse(und entspr. MDK) denn eigentlich: eine stationäre Anbehandlung(und was läuft dann ambulant danach?) oder eine wirkliche komplexe!!! Therapie zur nachhaltigen Besserung der Beschwerden unter definierten Bedingungen (und damit eben auch zeitlich! Dieser Faktor muss doch wissenschaftlich schon mal fundiert erarbeitet worden sein)

  • eine stationäre Anbehandlung(und was läuft dann ambulant danach?) oder eine wirkliche komplexe!!! Therapie zur nachhaltigen Besserung der Beschwerden unter definierten Bedingungen (und damit eben auch zeitlich! Dieser Faktor muss doch wissenschaftlich schon mal fundiert erarbeitet worden sein)

    Ja, ist er: Multimodale Therapie kann nachhaltige Besserungen incl. "return to work" erzielen - allerdings nur dann, wenn sie intensiv genug ist (die Schallmauer liegt so bei 100 Therapieeinheiten). Etliche Einrichtungen publizieren auch ihre Langzeitergebnisse, v.a. die Tageskliniken - da gibt es noch Datenschätze zu heben und da wird sich auch noch einiges tun. Die "kurz-und-billig"-Fraktion publiziert allerdings nichts...
    Ihre erste Klammer ("und was läuft ambulant danach?") ist in der Tat auch ein wichtiger Punkt - die ambulante Routineversorgung chronifiziert Patoienten häufig weiter anstatt ihnen zu helfen. Da ist aber die ärztliche Selbstverwaltung mindestens genauso schuld daran wie die große Politik...

  • Oh, ich hatte ja ganz vergessen, auf Zakspeed einzugehen..

    Wenn eine unimodale ambulante Schmerztherapie scheitert kann eine multimodale stationäre Schmerztherapie durchaus der nächste Schritt sein. Nur sollte der ambulante Bereich dann auch tatsächlich ausgereizt sein (es ist schwierig eine stat. Therapie bei chron. Rückenschmerzen zu begründen wenn der Patient z.B. in den letzten Jahren keine einzige Physiotherapie erhalten hat).

    Ich fürchte, genau diese Logik ist eines der Probleme in der Versorgungslandschaft: Eine sinnvolle multimodale Therapie ist nämlich unter ambulanten Bedingungen schlichtweg nicht möglich. Das bedeutet, die Patienten mit hohem Chronifizierungsrisiko (die eine solche Therapie brauchen) verlieren wertvolle Zeit: Erst therapiert der Hausarzt mit maximal 6xKG, dann wartet der Patient auf den Orthopäden, dann aufs Kernspin, dann wieder auf den Orthopäden, dann auf den Neurologen - ich brauche wohl niemandem zu erklären, wie lange das dauert und wie sich die Chance auf "return to work" nach 6 Monaten AU verändert. Dazu kommt, dass die in der Regel rein somatisch orientierte Therapie in dieser Zeit den Patienten weiter chronifiziert und die Erfolgschancen der MMST erheblich mindern kann (vermitteln Sie einem Patienten nach dem 5. Kernspin, der 10. Infiltration und der 2. OP mal ein biopsychosoziales Schmerzmodell...). Diese Patienten brauchen schnellen Zugang zu den hochintensiven Therapieformen, wofür man sie natürlich erst mal identifizieren muss. Leider ist es eher die Ausnahme als die Regel, dass wir diese Menschen rechtzeitig sehen. In solchen Fällen (wenn ich also wirklich den Eindruck habe, dass es darum geht, einen Lebensweg zu verändern) gehe ich das MDK-Risiko dann auch mal ein.

    Im übrigen ist die fehlgeschlagene unimodale Schmerztherapie nur *eines* der "3-aus-5-Kriterien" für die stationäre MMST. Und es gibt auch genügend Gründe, warum ein Schmerzpatient lange keine Physiotherapie erhält (z.B. weil es zu Verschlechterung geführt hat, der Patient Angst davor hat oder er nicht hartnäckig genug danach gefragt hat).

    Ich sage es ja selber bei jeder sich bietenden Gelegenheit, dass in der stationären Schmerztherapie nicht alles Gold ist, was glänzt - aber das Vorgehen nach Sektorendenken schüttet das Kind mit dem Bad aus.

  • Hallo liebe Forum-User,

    in meinem 8-918.- Fall handelt es sich zwar nicht um eine Fehlbelegung sondern eher die Abgrenzung aktive/passive Therapien, aber dennoch würde ich meine Frage gern hier mit anknüpfen.

    Bisher hatten wir immer die Teilnahme der Patienten an Seminaren (z. B. ärztliches Seminar zur Schmerzchronifizierung, psychologisches Patientenseminar etc.) als aktive Therapie mitgezählt, da der Patient sich ja u. U. auch aktiv am Seminar beteiligt z. B. durch Wortmeldungen.

    Nun kommt der MDK aber zu einer anderen Auffassung und streicht uns dies als zu wertende aktive Therapie.

    Wie gehen andere User damit um?

    Herzlichen Dank vorab für Rückmeldungen.

  • Hallo kodifine,

    der MDK legt mE seine internen Kodiervorgaben zu Grunde nach denen folgendes gilt, "Die eingesetzten Therapieverfahren müssen aktiv, übend sein, d.h. passive Verfahren wie physikalische Therapie sind nicht den Therapieeinheiten hinzuzurechnen." Auch aus dem Wortlaut des OPS lässt sich dies ganz gut herleiten: "...gleichzeitige Anwendung von mindestens drei der folgenden aktiven Therapieverfahren: Psychotherapie, Physiotherapie, Entspannungsverfahren, Ergotherapie, medizinische Trainingstherapie, sensomotorisches Training, Arbeitsplatztraining, künstlerische Therapie (Kunst- oder Musiktherapie) oder sonstige übende Therapien."

    Ob das passive Zuhören bei einem Vortrag, auch wenn ich Fragen stellen darf, darunter fällt, würde ich bezweifeln, da offenbar gemeint ist, dass der Patient aktiv therapiert und dabei körperlich tätig wird, wohingegen die Krankheitsaufklärung doch eher theoretisch/passiv sein dürfte .

    MfG, RA Berbuir

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag

    Zielsetzung von Patientenseminaren:
    Es werden in den Seminaren neben den thematischen Schwerpunkten auch übende Elemente vermittelt
    Durch Psychoedukation wird der Patient aktiv ! in das Behandlungskonzept mit einbezogen.
    Psychoedukation erfolgt im Einzelgespräch oder in Gruppen und wird u.a. von Psychologen, Ärzten, Pflegepersonal durchgeführt.


    Siehe:
    „Neben der Informationsvermittlung geht es auch darum, Betroffene zu einer reflexiven Haltung gegenüber ihren emotionalen bzw. kognitiven Reaktionen zu ermutigen.“

    http://www.springer.com/de/book/9783662479827

    Gruß
    E Rembs

  • Vielen Dank Herr Rembs, für die ergänzenden Infos, unter diesem Gesichtspunkt kann man das natürlich vertreten, dann sollte man allerdings vor Gericht auch umfassend das Konzept der Seminare darstellen, damit der Richter nicht meinem o.a. Fehlschluss unterliegt... ;)

  • Vielen Dank für die Rückmeldungen.

    Wir werden mit unseren Gruppentherapeuten die Problematik nochmals besprechen, inwieweit die Konzepte der Seminare "aktiv" sind.

  • Herr Rembs hat Recht: Natürlich ist z.B. eine Gruppenpsychotherapie ein aktives Verfahren - aus gutem Grund steht nirgendwo was von "körperlicher Aktivität" (schließlich steht die Psychotherapie in der Auflistung der aktiven Verfahren im OPS-Text an erster Stelle).

    Wir hatten das Problem hier noch nie, werden aber unsere Dokumentationsvorlage diesbezüglich auch noch etwas rechtssicherer gestalten.

    Der entscheidende Unterschied dürfte sein, ob der Patient nur berieselt wird und am Schluss Fragen stellen kann, oder ob er aktiv einbezogen wird:, in dem die Patienten Aspekte des Themas zusammentragen ("welche Schmerzmittel kennen Sie denn?", "welche Nebenwirkungen haben Sie denn bemerkt?") oder eine Diskussion initiiert wird ("was erwarten Sie denn, wenn Sie mit Rücken zum Arzt gehen?", "könnte es auch Nachteile haben, bei Schmerzen viele Bilder zu machen?"). Der Vorteil ist nicht nur, dass man MDK-Sicherheit schafft, sondern vor allem, dass sich der Patient aktiv mit den Inhalten auseinandersetzt und mehr hängenbleibt. Der Nachteil ist, dass man das Ganze auch wollen muss. Ist aber gar nicht so schwierig - es sitzen ja eh maximal 8 Patienten da (wenn es mehr als 8 sind, haben sie ein ganz anderes Problem...).

    Viele Grüße

    MDK-Opfer

  • Ich stimme dem MDK Opfer zu. Entscheidend ist aber nach dem OPS Wortlaut auch, dass eine Therapie erfolgen muss. Insofern ist eine Gruppen Psychotherapie sicherlich denkbar, ein Seminar mit edukativen Anteilen aber wahrscheinlich nicht.

    Wie mein Vorredner schon sagte: Es sollte ja letztlich um eine multimodale Verbesserung eines chronischen, ambulant nicht mehr beherrschbaren Schmerzsyndroms gehen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier