Eventrekorder bei Hirninfarkt

  • Liebe Mitlesenden,

    das ist ein uraltes Thema. Der MDK hat dazu vor vielen Jahren mal ein Grundsatzgutachten erarbeitet. Und dessen Ergebnisse werden jetzt solange weiter umgesetzt, bis die Kassen häufig genug vor Gericht verloren haben.

    Wenn Sie häufiger mit dem Thema zu tun haben, sollten Sie sich mit Ihren Anwendern, Kardiologen oder Neurologen hinsetzten und mit denen zusammen eine schriftliche Begründung für die Intervention ausarbeiten, am besten mit ein paar Literaturstellen.

    Wir haben diese Anfragen nur noch selten, deshalb ist mein Textblock dazu nicht mehr auf dem neuesten Stand.

    Aber ich stelle Ihnen den hier mal zur Diskussion und zur Weiterverwendung zur Verfügung. Damit haben Sie dann schon mal einen Anfang.

    Event-Recorder Stroke

    Vorhoffflimmern ist ein wichtiger Risikofaktor für den Schlaganfall, der abzuklären und ggf protektiv zu behandeln ist.

    Etwa jeder fünfte ischämische Schlaganfall ist Folge einer kardialen Embolie bei Vorhofflimmern. Ein VHF erhöht die Gefahr des Schlaganfalles etwa um den Faktor 5. Mit VHF assoziierte Schlaganfälle sind oft fatal, und die überlebenden Patienten sind im Mittel schwerer beeinträchtigt und haben ein höheres Risiko für einen Rezidiv-Schlaganfall. Patienten mit paroxysmalem VHF haben dabei ein gleich hohes Risiko wie Patienten mit permanentem VHF (siehe Leitlinie Sekundärprophylaxe ischämischer Schlaganfall 2015)

    Das Langzeit-EKG reicht zur Detektion nicht aus.

    Die aktuellen Leitlinien zum Schlaganfall empfehlen zur Erkennung eines Vorhoffflimmerns derzeit eine 24-Stunden-EKG-Monitor-Überwachung in einer Stroke Unit und darüber hinaus weitere Diagnostik nach Ermessen des Arztes. Mit wachsender Beobachtungsdauer steigt hier auch die Sensitivität, ein Vorhofflimmern zu diagnostizieren. Die CRYSTAL-AF-Studie zeigte u.a., dass bei Patienten mit einem Event-Rekorder die erste Vorhofflimmer-Episode im Mittel erst nach 35 Tagen vorlag. Ferner hatten 8% der Patienten ihre Episoden über max. 6 Minuten, 19% zwischen 6 und 60 Minuten. Mit einem Langzeit-EKG würden damit von den relevanten Fällen nur ein Bruchteil erfasst.

    Auch die ASSERT-Studie (Evaluation in Pacemaker Patients Trial) konnte den Nutzen von langen EKG-Aufzeichnungen aufzeigen. Hierbei erfolgte ein Langzeit-Monitoring über implantierte Schrittmacher oder ICDs bei Patienten ohne Vorhofflimmern in der Anamnese: In zehn Prozent der Fälle wurde Vorhofflimmern von mehr als sechs Minuten Dauer aufgezeichnet; und zwar bereits innerhalb der ersten drei Beobachtungsmonate – also in einem Zeitraum, in dem die Schlaganfallnachsorge noch nicht zum Tragen kommt. Die erste Episode von Vorhofflimmern trat im Mittel nach 35 Tagen auf – ein Umstand, der bessere Ergebnisse der implantierbaren gegenüber den (temporär) externen Eventrecorder erwarten lässt. Prospektiv untersucht zeigte sich, dass auch subklinische Episoden von Vorhofflimmern einen 2,5-fachen Risikoanstieg für Schlaganfälle oder systemische Embolien mit sich bringen.

    Diese Ergebnisse wurden 2019 in der Übersichtsarbeit: Duration of Implantable Cardiac Monitoring and Detection of Atrial Fibrillation in Ischemic Stroke Patients: A Systematic Review and Meta-Analysis von G. Tsivgoulis et al bestätigt.

    Und mit zunehmender Tragedauer sinkt die Compliance für das Holter-EKG ganz erheblich, sodass hier die implantierbaren Eventrecorder die bessere Alternative darstellen. Praktisch funktioniert eine externe Langzeit-Ableitung schon wegen der abfallenden Elektroden und der Verkabelung kaum länger als 1-2 Tage..

    Differenzierung wichtig für die Wahl der Behandlung!

    Die Differenzierung nach möglicher Ursache ist für die Entscheidung über die mögliche Prophylaxe sehr wichtig. Denn es profitieren von der Antikoagulation nur solche Patienten, bei denen das VHF nachgewiesen wurde. Eine generelle Antikoagulation ist nicht sinnvoll. (NAVIGATE-ESUS, RESPECT-ESUS etc.).

    Bei nachgewiesenem VHF folgt Antikoagulation: Leitlinie 2015!

    Gelingt es jedoch, den Verdacht auf Vorhofflimmern zu bestätigen, hat dies erhebliche Konsequenzen für die Sekundärprävention: Während die Leitlinien für Schlaganfall-Patienten ohne Vorhofflimmern Plättchenhemmer wie ASS oder Clopidogrel empfehlen, schützt die gleiche Strategie nicht mehr ausreichend, wenn zusätzlich ein Vorhofflimmern vorliegt – in diesem Fall sprechen die Leitlinien eine klare Empfehlung für eine orale Antikoagulation aus. (Apart from the positive results with aggressive antiplatelet therapy (either DAPT or ticagrelor), a breakthrough in 2017 was the publication of the Cardiovascular Outcomes for People Using Anticoagulation Strategies (COMPASS) trial). Siehe auch: Anand SS, Bosch J, Eikelboom JW, Connolly SJ, Diaz R, Widimsky P, et al. Rivaroxaban with or without aspirin in patients with stable peripheral or carotid artery disease: an international, randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet 2017;Nov. 10. [Epub]. https://doi.org/10.1016/S0140-6736(17)32409-1.

    Tsivgoulis bestätigte diese Erkenntnisse: "ICM emerges as an extremely useful diagnostic tool to identify those patients with occult AF within the heterogeneous group of ESUS or CS patients [58]. Therefore, prolonged monitoring could have a substantial impact on the secondary prevention of CS patients with underlying AF, leading to prompt anticoagulant initiation and lower stroke recurrence [59]"

    Die Umsetzung: beispielsweise in Form des Birmingham 3-step management pathways

    Früh einsetzende Therapie erhält kognitive Leistungsfähigkeit!

    Menschen mit Vorhofflimmern entwickeln seltener eine Demenz, wenn sie gerinnungshemmende Medikamente einnehmen. Dies zeigt eine schwedische Studie mit fast einer halben Million Patienten. Vorhofflimmern ist eine der häufigsten Herzrhythmusstörungen – rund 1,8 Millionen Menschen in Deutschland sind davon betroffen. Diese Patienten haben ein erhöhtes Risiko für Schlaganfall oder Demenz. Eine frühzeitige Behandlung mit oralen Antikoagulanzien, wozu beispielsweise in Deutschland das Medikament Marcumar (Wirkstoff: Phenprocoumon) und die neueren, sogenannten NOAKs zählen, senkt nicht nur das Schlaganfallrisiko dieser Patienten, sondern kann auch ihre kognitive Leistungsfähigkeit bewahren und sie vor Demenz schützen, betonen die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN).

    Gruß

    Mc.

  • Hallo,

    nur ein kleiner Hinweis. Es gibt mehrere Grundsatzgutachten des MDK zum Eventrekorder, die inhaltlich nicht identisch sind. Also immer aufpassen, auf welches Gutachten gerade mit welchen Textbausteinen geantwortet wird.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Liebe Mitlesenden,

    [...]

    Wir haben diese Anfragen nur noch selten, [...]

    Gruß

    Mc.

    Hallo,

    vielen Dank für die Rückmeldungen und auch das Zurverfügungstellen des Textes - werden wir gern nutzen. :)

    Es tut auch gut zu erfahren, dass man mit der Problematik nicht allein ist. Manchmal hatten wir schon die Sorge nur wir setzen noch Eventrecorder ein und haben deswegen das Problem mit den Kassen. Als kleines Haus der Grundversorgung kann man da schon mal ins Grübeln kommen :/

    Meine Frage aber nochmal zu oben: Hatten Sie diesbezüglich auch Fälle zur Klage oder hat Ihre Stellungnahme ausgereicht, um derlei Anfragen von Ihrem Tisch zu bekommen?

    Herzlichen Dank, liebe Grüße und einen wundervollen Feiertag an

    die männliche Forumsgemeinschaft ;)