Unterlagenanforderung vor Rechnungsstellung um PrüfvV zu umgehen und AP zu verweigern

  • Hallo Forum,

    mich treibt die Frage um, ob auch andere Krankenhäuser momentan ähnliche Erfahrungen mit der einer speziellen gesetzlichen Krankenkasse machen, welche nicht am MDK-Verfahren teilnimmt, da sie ihren eigenen sozialmedizinischen Dienst betreibt.

    Besagte Krankenkasse fordert nun fast ausschließlich nicht mehr nach einer Rechnungsstellung Unterlagen zur medizinischen Prüfung an, sondern schon direkt nach Übermittlung der Aufnahmeanzeige.

    Es werden pauschale Unterlagen angefordert, obwohl sich der Patient aktuell noch in stationärer Krankenhausbehandlung befindet bzw. der Patient zwar entlassen ist, eine Fallgruppierung und Abrechnung noch nicht erfolgt ist.
    Dies betrifft auch Unterlagen, die zum Zeitpunkt der Anforderung noch gar nicht existieren, da der Patient ja zu dem Zeitpunkt noch nicht entlassen ist, wie zum Beispiel einen Entlassungsbericht oder ggf. OP-Berichte. Der Aufwand durch regelmäßige Sichtung der Wiedervorlage ist immens!

    Das Ziel der Krankenkasse ist: Durch die Unterlagenanforderung vor Rechnungsstellung will sie sich von den Fristen und Regelungen der PrüfVv und des § 275 SGB V befreien und vor allem vom Risiko der Zahlung einer Aufwandspauschale nach § 275 SGB V befreien.

    Die Aufwandspauschalen werden in allen Fällen mit dem Argument verweigert, da „zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe noch keine Rechnung vorgelegen hat und somit der Prüfauftrag nicht mit dem Ziel einer Minderung Ihrer Abrechnung erteilt worden sein kann“.

    Die Prüfquote von Patienten dieser Krankenkasse hat sich nunmehr in unserem Hause auf ca. 45% erhöht, während in normalen MDK-Verfahren der Bundesschnitt wohl 12% beträgt.

    Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht und wie gehen Sie damit um?

    Verweigert jemand in solchen Fällen den Versand der Unterlagen? Dann kommt allerdings wieder das Argument der fehlenden Mitwirkungspflicht des Krankenhauses...

    Danke & Gruß

  • Guten Tag Herr/Frau Verwaltungsmensch,

    auch wenn ich Ihren Ärger über diese eine Kasse verstehe, ein Zitat aus den Foren-Regeln:

    Das Posten von Personalien / Inhalten von E-Mails oder Namen von Krankenkassen / Sachbearbeitern / MDK-Mitarbeitern Patienten etc. ist (ohne vorherige Zustimmung der betroffenen Person) tabu!

    Gruß
    zakspeed

  • Nun,

    da noch keine Rechnung vorgelegen hat, kann sich die Prüfung wohl auch nicht darauf beziehen.
    Insofern ist das m.E. ein Scheingefecht. Warten Sie den ersten Fall einer Verweigerung der AWP ab und klagen Sie.

    Gruß
    merguet

  • Danke für den Hinweis, zakspeed, habe den Namen der Krankenkasse raus editiert. Allerdings gibt es ja meines Wissens nur noch diese eine Krankenkasse, welche ihren eigenen sozialmedizinischen Dienst betreibt und nicht am MDK-Verfahren teilnimmt, kann man sich vielleicht auch so erschließen, um welche spezielle Krankenkasse es geht ^^

    Es handelt sich um DRG-Fälle, aber in der Tat hatte das Ganze seinen Ursprung in einem Urteil zur Aufwandspauschale bei Psychiatrie-Fällen, in denen die prognostizierte Verweildauer in die Zukunft geprüft wird. Hier hatte das BSG 2012 geurteilt, dass hier keine Aufwandspauschale zu zahlen ist, da keine Rechnung Gegenstand der MDK Prüfung war. Da sehe ich auch ein.

    Dummerweise haben untere Instanzen geurteilt, dass diese Regelung auch bei DRG-Fällen gilt. Daraufhin ist offenbar diese Krankenkasse auf die Idee gekommen, na wenn das so ist, fordern wir jetzt direkt immer sämtliche Unterlagen vor Rechnungsstellung an und müssen nie wieder eine Aufwandspauschale zahlen.

    Aber es geht mir nicht nur um die Aufwandspauschale, sondern um das Verhalten im Gesamten. Wie gesagt haben wir bei dieser Kasse momentan eine Prüfquote von ungefähr 45%. Durch dieses Verhalten wird die Intention des Gesetzgebers, welcher die Aufwandspauschale ja deswegen eingeführt hat, um die Prüfquote zu senken, Bürokratie abzubauen und die Krankenkassen zu motivieren, im Vorfeld bessere Prüfmechanismen zu entwickeln, ausgehebelt.

    Das Ganze wird sicherlich noch Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen, aber bis sozialgerichtliche Verfahren abgeschlossen sind, fließt viel Wasser den Jordan runter...
    Falls sich die Sichtweise der Kasse durchsetzt, gibt es meiner Meinung nach hier eine Regelungslücke, die der Gesetzgeber schließen müsste.

    Sonst keiner Erfahrungen mit Unterlagenanforderungen vor Rechnungsstellung gemacht?

  • Guten Morgen fimuc,

    ...na auf 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V; "Art und Umfang der Leistung"
    auf jeden Fall bei der Frage nach Fehlbelegung; bei DRG-Fragen geht das eigentlich nicht, denn es gibt ja noch keine Rechnung.

    Gruß
    B.W.

  • Wir machen das perfide Spiel dieser Kasse nach Empfehlung unserer Anwälte mit, um dem Vorwurf der "Nicht-Kooperation" vorzubeugen.
    Das Ganze erfolgt mit einem Zusatz, dass es sich um "vorläufige Daten" handelt, die per se unvollständig sind und entsprechend jegliche daraus folgende "Begutachtung" irrelevant.

    Mit freundlichen Grüßen

    k-ontroller

  • Hallo,

    nun gut, wenn Anwälte empfehlen, sich an diesem "Spiel" zu beteiligen - was soll ich als Nicht-Jurist da sagen ...

    Ansonsten ist m.E. der KK eine sachgerechte Prüfung, ob eine MDK-Einschaltung überhaupt "erforderlich" ist, unmittelbar nach Eingang der Aufnahmeanzeige nicht wirklich möglich.

    § 275 Abs. 1 taugt deshalb aus meiner Sicht nicht als Grundlage für die Unterlagenanforderung.

    Gruß,
    fimuc

  • Hallo Forum,
    Frage: Laden Sie die KK bzw. den Hauseignen MDK doch einmal ein zu einer Vorort Begehung 8o:S
    Gut Scherz beiseite. Eine Prüfung nach § 275 SGB V ist nur nach Rechnungsstellung möglich. Warum jemand Papier und Daten sammelt ist mir schleierhaft und erinnert an Arbeitsbeschaffung, als an effizientes handeln im Sinne seiner Mitglieder und der Solidargemeinschaft.
    Ob das "mit machen" juristisch korrekt und einem Streit um die 300€ verhindert möchte ich komentarlos so stehen lassen. ?(
    Schönen Abend zusammen. :huh:

    8) Stefan Schulz, Med. Controlling


  • Eine Prüfung nach § 275 SGB V ist nur nach Rechnungsstellung möglich.

    Hallo Aachen 1,

    das sehe ich formalrechtlich nicht so. So kann z.B. der MDK noch in der Behandlung befindliche Fälle prüfen, z.B. im Hinblick darauf, ob und wie lange eine weitere Behandlung nötig ist. In diesem Fall steht ihm sogar die Möglichkeit zu, Ihr Haus aufzusuchen, falls es erforderlch ist (§ 276 Abs. 4 SGB V).

    Viele Grüße

    Medman2