Die Willkür des MDK-Gutachters

  • Meine persönliche Erfahrung mit MDK-Begehungen über die letzten 7 Jahre: Die Bewertung der einzelnen Fälle sind nicht nur je nach Gutachter unterschiedlich - wo der eine streicht, winkt der andere durch und umgekehrt, sondern bei den meisten Gutachtern hängt es auch noch sehr von der emotionalen Tagesform ab, wie die Bewertungen ausfallen (und auch vom Verlauf der Prüfung....). Ich kenne nur einen Gutachter, der konstant sauber, sachlich und nicht emotional gefärbt beurteilt ...

    Manchmal komme ich mir vor wie auf einem Basar.

  • Manchmal komme ich mir vor wie auf einem Basar.

    Moin,

    auf dem ja bekanntlich zu beiderseitigen Interessen gehandelt werden kann...

    Gruß

    merguet

  • Guten Abend zusammen,

    möglicherweise ist die unterschiedliche Bewertung bezüglich stationär (nötig) und ambulant (als angeblicher Alternative) durch MDK-Gutachter mit wechselnden Ansichten nur die Spitze des Eisberges, der uns absehbar rammen wird (oder wir ihn, je nach Perspektive). Richtig zur Sache geht es meines Erachtens, wenn MDK-seitig ohne wirkliche medizinische Fachkenntnis Therapieabläufe in Frage gestellt werden. Aktuell habe ich ein derartiges "Gutachten" auf dem Schreibtisch. Bei einem 80-jährigen Patienten mit hochgradig reduzierter LV-Funktion hatten wir vor TAVI-Implantation eine subtotale verkalkte Abgangsstenose am RCX dilatiert...unlauterer Weise mit einem sogenannten Cutting Balloon (OPS 8-837.q). Dieses Device reduziert im Gegensatz zu einer alleinigen Ballondilatation die Wahrscheinlichkeit einen unkontrollierten Dissektion mit Kompromittierung unmittelbar benachbarter Gefäße, was in Hauptstammnähe ein nicht ganz unwesentlicher Aspekt in diesem Setting war. Hätte nicht weiter interessiert, wenn dieser Code hier nicht DRG-wirksam gewesen wäre. In diesem Fall aber wurde postuliert, es handele sich um ein "experimentelles und/oder nicht ausreichend evidenzbasiertes Verfahren", welches nur "in klinischen Studien" evaluiert werden darf. Da es den Cutting Ballon seit 1991 gibt und er seit 2004 im Grouper berücksichtigt wird, eine bemerkenswerte Einschätzung. Es folgt eine PubMed-Recherche, welche auch die Bäckersfrau nach Kurzeinweisung in die EDV durchzuführen in der Lage gewesen wäre nebst einem Bildchen des Cutting Ballon aus Wikipedia, um den KK-Mitarbeitern die eigene Sachkenntnis zu untermauern. Abschließend wurde postuliert, das selbe Behandlungsergebnis hätte auch mit wirtschaftlicheren Methoden erreicht werden können (hätte hätte, Fahrradkette). Was kommt als Nächstes ? BypassOP oder PTCA, je nach dem, was billiger ist? Durch die Meilenstein-Urteile des BSG zum fiktiven Alternativverhalten und der Neudefinition eines akuten Nierenversagens sind solche Anmaßungen wahrscheinlich gefühlt legitimiert...

  • Guten Tag!

    Die ND M. Parkinson (G20.10) wurde bei einem Patienten, welcher wg. einer Fraktur unfallchirurgisch behandelt wurde, mit folgender Begründung vom MDK gestrichen:

    Die Klinik kann die ND M. Parkinson nicht beanspruchen. Der Patient wurde in einer unfallchirurgischen Klinik behandelt. Ein fachneurologische Behandlung ist nicht erfolgt. Es wurde lediglich die Parkinsonmedikation weitergegeben. Dies ist mit Z92.2 abzubilden.

    Freundlicher Gruß
    Gefäßchirurg

  • Ein kurzer Einwurf von mir zum Wochenende, bevor die Emotionen überkochen:

    So wie nicht jede Fehlkodierung im KHS Abrechnungsbetrug ist, ist auch nicht jede Fehlbegutachtung „ des MDK“ Willkür. Wenn man mit den Leuten spricht, ist es auf beiden Seiten häufig Unwissenheit, Zeitdruck und manchmal Unfähigkeit.

    Über die Tausende Fälle gleichen sich die Fehler hoffentlich wenigstens am Ende wieder aus.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • ... So wie nicht jede Fehlkodierung im KHS Abrechnungsbetrug ist, ist auch nicht jede Fehlbegutachtung „ des MDK“ Willkür. Wenn man mit den Leuten spricht, ist es auf beiden Seiten häufig Unwissenheit, Zeitdruck und manchmal Unfähigkeit.

    Über die Tausende Fälle gleichen sich die Fehler hoffentlich wenigstens am Ende wieder aus.

    Hallo Herr Breitmeier,

    es geht hier nicht um eine beliebige Fehlbegutachtung (wie es auch beliebige Fehlkodierungen gibt).

    "Unwissenheit, Zeitdruck und manchmal Unfähigkeit" sind im genannten Beispiel M. Parkinson nicht ersichtlich. Sie können dies auch nicht rechtfertigen. Es erfolgt eine ersichtlich interessengesteurte "Begutachtung" ohne Berücksichtigung gültiger Regeln. Dafür ist "Willkür" der zutreffende Begriff.

    Ohne Frage gibt es auch haarsträubende Fehlkodierungen. Haarsträubende "Fehlbegutachtungen" gleichen entsprechende "Fehlkodierungen" nicht aus. Es geht nicht um eine Nullsumme im Erlös.

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo zusammen,

    die Einstufung der Diabeteskost als "Modifikation ähnlich wie eine vegane Kost " und der Vorschlag statt einer Vorwässerung hätte die Patientin auch Softdrinks zu sich nehmen können ,sind weitere Beispiele.

    Da das Krankenhaus ja auch vegane Kost anbietet, ist die Diabeteskost dann auch kein Aufwand und Softdrinks können auch zu Hause getrunken werden.

    FG Karla

  • Hallo Medman2,

    Meine Erfahrungen nach 13 Jahren DRG- Geschäft und vielen vertrauensvollen Kontakten zu Beteiligten aus allen Bereichen ( KHS, Kasse und MDK) sind eben andere, wie oben ausgeführt.

    Ich ärgere mich wie Sie und wahrscheinlich fast alle hier über falsche Kodierentscheidungen. Allerdings gibt es neben den von Ihnen angeführten Beispielen auch noch haarsträubende Fehlbegutachtungen von MDK Gutachtern zugunsten der Krankenhäuser, jedenfalls wenn man die Aktenlage objektiv betrachtet.

    Meine Hoffnung ist, dass sich die diversen Fehler am Ende ausgleichen. Letztlich kann es bei einem pauschalen Abrechnungssystem nur um eine ungefähre „Nullsumme“ über alle Fälle gehen.

    Wenn Man sich an jedem Einzelfall aufreibt, wird man verrückt, oder?

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • ... Meine Hoffnung ist, dass sich die diversen Fehler am Ende ausgleichen. Letztlich kann es bei einem pauschalen Abrechnungssystem nur um eine ungefähre „Nullsumme“ über alle Fälle gehen.

    Hallo Herr Breitmeier,

    Ihre Hoffnung wäre berechtigt, wenn denn grundsätzlich eine systematisch neutrale Begutachtung des Gesamtfalles (also sowohl zugunsten des Kostenträgers wie auch zugunsten des Krankenhauses) erfolgen würde.

    Die Begutachtung durch den MDK erfolgt jedoch, von wenigen Ausnahmen abgesehen, schon in der Systematik nicht neutral. Da ist z.B. die Fragestellung, ob die Nebendiagnosen xyz zutreffend kodiert sind. Diese werden auf ihre Richtigkeit geprüft und ggf. strittig gestellt. Die Überprüfung, ob andere erlösrelevante Nebendiagnosen vom Krankenhaus vergessen wurden, erfolgt in der Regel nicht.

    Eine vom MDK durchgeführte Erweiterung des Prüfanlasses erfolgt regelmäßig in Richtung zuungunsten des Krankenhauses.

    Aus dieser systematisch nicht neutralen "Begutachtung" kann selbst bei ausgewogenen objektiven Begutachtungsfehlern (zugunsten und zuungunsten der Kostenträger) im Gesamtergebnis keine ""Nullsumme" über alle Fälle" resultieren.

    Viele Grüße

    Medman2

    Einmal editiert, zuletzt von medman2 (3. Februar 2018 um 17:15)