Gesundheitspolitik 19. Wahlperiode (2017 - 2021) - Koalitionsvertrag 2018

  • Hallo AnneDD,

    da hilft es, zunächst einmal den InEK-Abschlussbericht zu dem Thema zu lesen. Dort finden Sie auch die konkreten Antworten auf Ihre Fragen :

    • Unter 5 Tagen und unter Pflegegrad 3 keine (positiven) Kostenunterschiede der Pflege zwischen Fällen mit und Fällen ohne Pflegegrad
    • Kein ZE bei unbewerteten, teilstationären oder Fehler-DRGs sowie bei DRGs mit Pflegegrad-Fällen, aber negativem Kostendelta
    • hohes“ ZE bei DRGs mit entsprechenden Fällen und Kostendelta ≥ 150 €
    • niedriges“ ZE bei allen anderen DRGs, also auch wenn in den Daten gar keine entsprechenden Fälle vorhanden waren oder das Kostendelta minimal war

    Angesichts der im Abschlussbericht beschriebenen Datenlage war es schon sehr wohlwollend, überhaupt ein ZE zu entwickeln. Mit dem "vorgesehenen Budget" hat das gar nichts zu tun, denn es gibt ja nicht insgesamt mehr Geld dafür sondern es wird dem Gesamtsystem entnommen.

    Es stimmt einfach nicht, dass die Kosten der Pflege nicht in den DRG abgebildet sind. Und beispielsweise durch Maßnahmen wie die Sachkostenkorrektur, die gleichzeitig eine Personalkostenaufwertung ist, wurde diese Abbildung noch verbessert. Es ist auch ein Trugschluss zu denken, durch eine Kostenausgliederung der Pflegekosten würde nun alles besser. Damit werden wir noch viel "Spaß" haben.

    Gruß

  • Hallo GW,

    danke für die Empfehlung. Werde mir den Bericht durchlesen.

    Wenn aber wirklich die Pflegekosten in den DRGs verrechnet wurden, warum führt man dann ein neues ZE ein? Vor allem, wenn es lt. Datenlage, wie Sie schreiben, nur bei "wohlwollender" Betrachtung berechtigt ist? Irgendwie wird das System immer mehr verkompliziert. Hätte man die Pflegestufen nicht im PKMS-System integrieren können?

    Viele Grüße

    Anne

  • Hallo zusammen, hallo F15.2

    dass das DRG-System durch die Herausnahme der Pflegekosten noch inkonsistenter wird, müsste eigentlich jedem klar sein. Und dass hier Begehrlichkeiten der anderen Berufsgruppen geweckt werden, ist aus meiner Sicht ebenso klar! Warum sollten denn z. B. die Ärzte akzeptieren, dass ihre Berufsgruppe weiterhin an der Finanzierung von z. B. Investitionen beteiligt wird, die Pflege aber nicht? So begründet aus andere Sicht der Versuch einer anderen Finanzierung der Pflege im Krankenhaus vielleicht sein mag, treibt die jetzt gefundene Lösung nur einen Keil zwischen die Berufsgruppen und ist auf längere Sicht nur ein weiterer Sargnagel für das DRG-System.

    Mit dem ersten teil der Konsequenz kann ich eigentlich gut leben: Stampfen wir das System ein...

  • Schönen guten Tag allerseits,

    das Problem beim "Einstampfen" ist nur...

    man muss sich einen neuen Schuldigen für alle mehr oder weniger unerwünschten Entwicklungen im Krankenhauswesen suchen!

    Die Diskussion erinnert mich stark an den Zauberlehrling: Die Besen zum Wasserholen schicken (von Gesundheitswirtschaft sprechen) und sich dann wundern, wenn man nass wird (nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten gehandelt wird)

    Das Problem der Pflegekräftefinanzierung ist nicht die Abbildung im DRG-System, sondern dass in einem System mit gedeckelten Budgetsteigerungen die (deutlich höheren) Personalkostensteigerungen nur aufgefangen werden können, wenn man am Personal spart.

    Insofern ist in dem Koalitionspapier die Tarifkostenfinanzierung für die Pflege ein Schritt in die richtige Richtung - dem weitere Schritte für die anderen Berufsgruppen folgen sollten. Alles Andere zum Thema Pflege, insbesondere die DRG-Ausgliederung, halte ich für nicht umsetzbar. Personaluntergrenzen hören sich zwar politisch gut an, können jedoch zum bürokratischen Monster werden, sind nicht wirklich abgrenzbar (siehe Augurzky) und sind aus verschiedenen Gründen sogar gefährlich (z. B. Untergrenze = Obergrenze, Versorgungsengpass bei unflexibler Regelung, wenn - wie derzeit - hoher Versorgungsbedarf und gleichzeitig hoher Krankenstand beim Personal (Grippewelle))

    Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag

  • Hallo Herr Schaffert, hallo zusammen

    ich glaube, wir sind uns im Grunde einig, dass das alleinige Herauslösen der Pflegepersonalkosten aus dem DRG-System keine Problemlösung darstellt. Auch ich kann mir im Augenblick überhaupt nicht vorstellen, wie so etwas umgesetzt werden soll.

    Dass die Koalitionspolitiker auf den "Pflegezug" aufspringen, kann man bei der augenblicklichen Diskussionslage aus deren Sicht ja nachvollziehen, nur ist es viel zu kurz gesprungen. Es gäbe viele weit drängendere Probleme, die der Lösung harren, wie eine verlässliche und bedarfsgerechte Investitionsförderung durch die Bundesländer und eine vollständige Refinanzierung von Tarifsteigerungen (natürlich für alle Berufsgruppen), um eben genau den Effekt, den Sie beschrieben haben zu verhindern. Und die Krokodilstränen, die allenthalben vergossen werden, weil die Krankenhäuser sich (notgedrungen) nach marktwirtschaftlichen Kriterien zu positionieren versuchen und sich nicht, wie manche es wohl zumindest für die kleinen Krankenhäusern wollen, einfach freiwillig zum Sterben hinlegen, sollten sich insbesondere die Kassen sparen.

    Die vorhersehbaren Limitationen von Personaluntergrenzen haben Sie natürlich richtig skizziert, mein Besuch auf unserer Intensivstation heute morgen hat mich aber trotzdem gelehrt, dass wir ohne Untergrenzen auch in ein Problem hineinlaufen werden, da dann bald niemand mehr bereit sein wird, den Beruf der Krankenpflege auszuüben (die Grippewelle hat auch unser Klinikum in die Zange genommen).

    Viele Grüße aus dem verregneten Trier

    bernd57