Pneumonie mit mehreren Erregern

  • Hallo,

    sorry ist schon häufiger besprochen worden.

    Wird bei Pneumonie mit mehreren Erregern mehere Pneumoniekodes angegeben z.B. J15.6 (Proteus mirabilis ) und J15.1 (Pseudomonas)

    siehe D012i (Mehrfachkodierung) oder wird nur der Pneumoniekode angegeben, bei dem der Keim am massenhaft/zahlreich auftritt.

    Oder wird einfach auf das Antibiotika geschaut (welchen Keim deckt dieses ab)?

    Vielen Dank

    MfG

    Kodierer_FR

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Kodierer_FR,

    J15.1 enthält die Angabe, dass es sich um eine Pneumonie durch Pseudomonas handelt, der Keim ist nach DKR D012 mit B96.5! obligat zusätzlich anzugeben, sofern zutreffend.

    J15.6 ist anzugeben bei einer Pneumonie durch andere gramnegative Bakterien. Der verursachende Keim ist obligatorisch anzugeben - hier wohl mit B96.2!

    Beide Keime kommen - Ihrem Beispiel folgend - rein formal als Ursache der Krankheit Pneumonie in Frage.

    Wird die Pneumonie - z.B. antibiotisch oder anderweitig - behandelt oder macht sie einen anderen Aufwand, ist deren Kodierung m.E. gesetzt. Die bestimmten Keime sind nach DKR obligat anzugeben, s.o.

    Da Pseudomonas - obwohl ebenfalls gramnegativ - klassifikatorisch mit J15.1 einen eigenen Kodebereich bei den Pneumonien hat und so genau wie möglich verschlüsselt werden muss, sehe ich keine Alternative, als J15.1 B96.5! plus J15.6 B96.2! zu kodieren.

    Nach meinem Dafürhalten ist es - die Kodierung betreffend - unerheblich, welcher Keim massenhafter auftritt. Davon steht nichts in den DKR. Da es wohl auch keine andere Einschränkung gibt, würde ich beide Pneumonie-Kodes w.o. kodieren und dem Grouper die korrekte Einordnung und Bewertung überlassen (rekursives Ausschlussverfahren).

    Viele Grüße

    B. Sommerhäuser

  • Hallo Kodierer_FR,

    leider ist die Terminologie in den DKR verwirrend. Es gibt

    1. (D010) Kombinations-Schlüsselnummern (zwei Diagnosen oder Diagnose + Manifestation/Komplikation in einem Kode)
    2. (D011) Doppelkodierung (mehrere Lokalisationen) - kommt hier nicht in Frage!
    3. (D012) Mehrfachkodierung (auch als Doppelklassifizierung bezeichnet)
      • Kreuz-Stern-System bei Ätiologie/Manifestation
      • andere Doppelklassifizierung

    J15.1 (Pneumonie durch Pseudomonas) bzw. J15.6 (Pneumonie durch andere gramneg. Bakt. - Proteus) sind m.E. keine Kombinations-Schlüsselnummern, weil sie keine zwei Diagnosen oder Diagnose + Manifestation/ Komplikation in einem Kode enthalten. Der Umstand, dass der Erreger spezifiziert wird, ist m.E. keine zweite Diagnose.

    Eine Kodierung mit einer (!) Kombinations-Schlüsselnummer kommt zudem in diesem Fall ohnehin nicht in Betracht, da darin sämtliche diagnostischen Informationen (Pneumonie, Pseudomonas, Proteus) enthalten sein müssten (s. D010). Einen solchen Kode gibt es nicht.

    Von daher kann man prinzipiell mit diesen Kodes Mehrfachkodierungen durchführen.

    Die spannende Frage ist, ob man bei einer Pneumonie mit zwei festgestellten Erregern zweimal die "Einzelpneumonien" kodieren kann (J15.1 + J15.6), oder ob man J15.8 (Sonstige bakt. Pneumonie)+B 96.5!+B96.2! wählen muss.

    M.E. bezeichnet J15.8 (Sonstige) eine Pneumonie durch Erreger, die bestimmt wurden, aber durch andere Kodes nicht bezeichnet sind. Dies trifft weder für Pseudomonas noch für Proteus zu. Daher kommt J15.8 nicht in Frage. Auch J15.9 (n.n.bez.) trifft nicht zu, da die Keime ja bezeichnet sind. Von daher resultiert für mich, dass man die bestehende Pneumonie mit mehreren "spezifischen" Pneumoniekodes kodieren kann, ja sogar muss, denn die anderen Kodes sind nicht zutreffend.

    Ich bin gespannt, ob das andere Forumsteilnehmer genauso sehen. Es stellt nämlich ein Problem auch in anderen Bereichen dar (z.B. Anämie bei Folsäure- und Eisenmangel).

    Viele Grüße

    Medman2

    2 Mal editiert, zuletzt von medman2 (3. März 2018 um 16:36)

  • Eine ernstgemeinte Frage: Gibt es dass medizinisch überhaupt: Zwei Pneumonie gleichzeitig bei einem Patienten? Oder ist eine Pneumonie mit 2 Keimnachweisen?

    Sind die nachgewiesenen Keime die Pneumonieerreger ( Abstrich wovon.)oder könnten es auch opportunistische Keime aus dem Rachenraum sein?

    Mich würde mal eine pulmonologische Bewertung interessieren...

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Hallo Herr Breitmeier,

    gehen wir doch mal vom Üblichen aus, nicht von zwei Pneumonien mit unterschiedlichen Keimen.

    Medizinisch ist nicht nur der Keim relevant, der masssenhaft nachweisbar ist. Die Frage, ob es sich bei dem(n) nachgewiesenen Keim(en) um den Erreger der Pneumonie handelt oder um eine Kontamination, stellt sich immer, ob man nun einen oder mehrere Keime nachgewiesen hat.

    Wenn wir eine Pneumonie mit zwei Keimnachweisen haben, stellt sich die Frage, wie eine solche Pneumonie zu kodieren ist, sofern man davon ausgeht, dass beide Keime an der Pneumonie beteiligt sind. Wie würden Sie das kodieren?

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo zusammen.

    Eine Pneumonie mit mehr als 1 Erreger gibt es - wahrscheinlich gar nicht mal so selten.

    Bei Kindern mit angeborenen Motilitätsstörungen der Zilien in den Atemwegen (damit meine ich explizit nicht die CF/Mukoviszidose) kommt das sicher vor. Und bei Kindern und/oder Erwachsenen ohne diese angeborenen Erkrankungen habe ich das auch mehr als einmal beobachtet.

    Die Kodierung dieses Zustands hängt m. E. von der klinischen Dokumentation und den eingeleiteten Maßnahmen ab.

    Bezogen auf die Frage bzw. klinische Situation von Kodierer_FR

    Pneumonie sicher.

    Nachgewiesene Keime

    1. Pseudomonas aeruginosa - nicht resistent im Sinne des ICD-10-GM
    2. Proteus mirabilis - nicht resistent im Sinne des ICD-10-GM

    Es wäre noch hilfreich zu wissen:

    • Wo erfolgte der Keimnachweis: Sputum? Punktat? bronchoskopisches Asservat?
    • Außerdem: Pneumonie mit Erguss - dann u. U. +J91! oder J86.[0/9] anstelle der J15.*
    • Und vor allem: Welche Antibiotika wurden eingesetzt? Und wie lange?

    Wenn Erreger 1 oder 2 als Kontamination beschrieben oder gewertet werden, dann keine Kodierung des als Kontamination gewerteten Erregers. Der Erreger ist unzweifelhaft da, aber unter Rückgriff auf DKR 20XX AKR D003 (Nebendiagnosen) wird es exorbitant schwer einen Aufwand (z.B. mittels antibiotischer Therapie) glaubhaft zu vertreten. Vor allem wenn die Frage kommt, ob man jede Kontamination behandelt (wohl eher nicht).

    Kodierung wäre bei Kontamination Erreger 1: J15.6+B96.2!

    Kodierung wäre bei Kontamination Erreger 2: J15.1

    Gleichsinnig schlecht für eine Kodierung beider Pneumonien wäre auch eine klinische Dokumentation wie bspw. "Erreger 2 irrelevant."

    Wenn Erreger 1 und 2 als Verursacher der Pneumonie beschrieben und beide mittels Antibiotika behandelt werden ist die DKR 20XX AKR D003 (Nebendiagnose) für beide Zustände schon mal erfüllt. Hier wäre es auch irrelevant, ob die beiden Erreger von den Antibiotika erfasst werden, außer die Antibiotika-Therapie hätte erst nach Erhalt der Erreger begonnen: in einem solchen Fall könnte man vor die Nase gehalten bekommen, dass der Erreger ja nicht therapeutisch interessant war). Die Besserung finde ich nicht ausschlaggebend, weil diese ja auch klinisch beurteilt wird (Tachypnoe, respiratorische Insuffizienz, Fieber usw.).

    Kodierung wäre m. E. für Erreger 1 J15.1 und für Erreger 2 J15.6 + B96.2!

    Dieser Vorschlag liefe dem von Herrn Sommerhäuser für Erreger 1 zu wider, weil nach meiner Auffassung die Information von B96.5! (Pseudomonas und andere Nonfermenter ...) in der Information von J15.1 drin steckt (Pneumonie durch Pseudomonas). Andererseits bestimmt DKR 20[12-18] AKR D012, dass (Zitat) "Alle Ausrufezeichenkodes, die in Tabelle 2 aufgeführt sind, sind obligat anzugeben." Hierzu zählt auch B96.5!. Andererseits bestimmt DKR20[12-18] AKR D012 auch (Zitat, S. 22-23 PDF)

    Interessanter Streitpunkt, denn die DKR 20[12-18] AKR D012 schließen nach der Tabelle 2 auf Seite 26 mit dem Satz der obligatorischen Angabe eine "Doppelkodierung" wie die von Herrn Sommerhäuser nicht aus. Und streng genommen gilt, dass was nicht verboten, erlaubt ist. Frage für den BSG Senat 1, dessen Urteilsspruch ich mir bereits vorstellen kann (Wirtschaftlichkeitsgebot ;)

    J15.6 + B96.2! ist für mich auch unter oben dargestellten Konflikt unstreitig.

    J15.6 enthält die Information (Pneumonie durch andere gramnegative Bakterien ¦ Pneumonie durch * gramnegative Bakterien o.n.A. * Serratia marcescens), B96.2! (Escherichia coli [E. coli] und andere Enterobakteriazeen als Ursache von Krankheiten, die in anderen Kapiteln klassifiziert sind ¦ Enterobacter, Klebsiella, Morganella, Proteus, Serratia). Die Information Proteus ist in J15.6 nicht enthalten.

    Als Aufwand ist übrigens auch eine Isolierung oder eine Inhalationstherapie denkbar, wenn diese dokumentiert der Behandlung der Pneumonie dienen (aber auch nur dann). Oder eine bildgebende Diagnostik im Verlauf (ist die Pneumonie besser geworden). Oder eine weiterführende Diagnostik (Pneumonie sieht komisch aus, wir müssen eine CT machen).

    Die "klassischen" Gegenargumente gegen die Doppelkodierung wie "sieht im Röntgenbild so aus wie" oder "kann doch gar nicht sein" halte ich für Quatsch. Erstens kann das Röntgenbild bei bestimmten Erregern (Mykoplasmen, Adenoviren) aussehen wie alles, zweitens werden Pneumonien ambulant oder in anderen Ländern ohne jedes Röntgenbild diagnostiziert und behandelt. Und wenn die Lunge angeboren oder im Verlauf aus irgendeinem Grund malformiert ist (Z.n. Resektion, Z.n. Radiotherapie, Fehlbildung, Bronchiektase, COPD) kann vieles nach noch mehr aussehen. Zu guter Letzt: Es wird ein Mensch/Patient behandelt, und kein Röntgenbild oder Laborbefund oder beides.

    Für das Spezialargument "Erreger 1 oder 2 war nicht sensibel auf das eingesetzte Antibiotikum" ist es für mich entscheidend, ob eine wirkliche Resistenz vorlag. Eine intermediäre Sensibilität kann für einen antibiotikabedingten Kill des Erregers reichen. Es geht ja nicht um die Besserung in der Petrischale des Labors, sondern um die Besserung des Patienten. Nicht verteidigen kann man meiner Ansicht nach eine Konstellation, bei der ein Erreger (Beispiel TBC) durch Penicillin mitbehandelt (ohne Tuberkulostatika) werden soll und daher kodiert werden muss. Das wird man nur bei Änderung vieler internationaler Lehrbücher und Erfahrungen erreichen. Das sehe ich nicht.

    Besten Gruß & Woche

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    Dr. med. A. Christaras
    FA Kinder- & Jugendmedizin

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.

    Vielen Dank für die Beiträge.

    Dieser Vorschlag liefe dem von Herrn Sommerhäuser für Erreger 1 zu wider, weil nach meiner Auffassung die Information von B96.5! (Pseudomonas und andere Nonfermenter ...) in der Information von J15.1 drin steckt (Pneumonie durch Pseudomonas).

    Das finde ich nicht ganz zutreffend. Der Keim wird ja sicher im Antibiogramm nach seiner Art nach differenziert werden, z.B. Pseudomonas aeruginosa. Und der steht nun einmal explizit unter B96.5! aufgeführt. Die Information durch B95.6! ist daher genauer als lediglich J15.1. In dem Kode "stecken eben alle Pseudomonas spp. drin". (Und andererseits gilt natürlich die Tabelle 2 mit den obligat anzugebenden Keimen)

    Beste Grüße

    B. Sommerhäuser

  • Hallo Herr Christaras,

    heißt zusammengefasst zum Kodiertechnischen:

    • Kodierung der zugrunde liegenden Pneumonie
      • Eine (!) Pneumonie mit zwei nachgewiesenen Keimen, die als ursächlich erachtet werden, würden Sie mit zwei spezifischen Pneumoniekodes (hier J15.1 plus J15.6) kodieren.
      • Alternativ käme der Kode J15.8 mit den angehängten sämtlichen Keimkodes in Frage. Ich halte das aber ebenfalls für nicht zutreffend, weil J15.8 (Sonstige) eben eine Pneumonie mit einem Erreger bezeichnet, der ansonsten nicht speziell kodierbar ist. Das ist hier nicht der Fall.
    • Kodierung der zugehörigen Keime
      • Den zugehörigen Keim würden Sie nur kodieren, wenn er nicht im Rubruktitel genannt ist.
      • Diese Auffassung kann ich nachvollziehen, insbesondere wegen der Ausführung "Schlüsselnummern des Kapitels I zur Identifizierung des Infektionserregers werden hinzugefügt, sofern dieser im Rubriktitel nicht enthalten ist."
      • Genau genommen sagt dies allerdings nicht aus, dass Schlüsselnummern des Kapitels I zur Identifizierung des Infektionserregers nicht hinzugefügt werden dürfen, wenn sie im Rubriktitel enthalten sind. Im Hinblick auf die nachfolgende Anweisung zur obligaten Kodierung der Keime, die m.E. die Optionalität der Kodierung solcher Keime einschränkt, sowie die allenthalben "gepredigte" Auslegung streng/eng am Wortlaut kann man das aber auch wie Herr Sommerhäuser sehen. Demzufolge wären dann Keime immer zu kodieren, auch wenn sie im Rubriktitel bereits vorkommen. Ist Anderes gewollt, ist es Sache der Vertragspartner, die Kodierung diesbezüglich eindeutig zu regeln

    Viele Grüße

    Medman2

  • Das finde ich nicht ganz zutreffend. Der Keim wird ja sicher im Antibiogramm nach seiner Art nach differenziert werden, z.B. Pseudomonas aeruginosa. Und der steht nun einmal explizit unter B96.5! aufgeführt. Die Information durch B95.6! ist daher genauer als lediglich J15.1. In dem Kode "stecken eben alle Pseudomonas spp. drin". (Und andererseits gilt natürlich die Tabelle 2 mit den obligat anzugebenden Keimen)

    Hallo Herr Sommerhäuser,

    da wird es jetzt kniffelig.

    J15.1 Pneumonie durch Pseudomonas

    B96.5! Pseudomonas und andere Nonfermenter als Ursache von Krankheiten, die in anderen Kapiteln klassifiziert sind

    Acinetobacter

    Burkholderia

    Pseudomonas aeruginosa

    Stenotrophomonas

    Der hier expressis verbis genannte "Pseudomonas aeruginosa" ist ein Inklusivum ohne die Bezeichnung "Inkl.:" (vgl. D013, 2. Absatz).

    "Die Liste der Inklusiva ist keineswegs erschöpfend". Damit ist er nur ein Beispiel für den Titel des Kodes B96.5!. Genaugenommen ist der Kode B96.5! bezüglich des Keims sogar unspezifischer als in J15.1, weil neben Pseudomonaden auch andere Nonfermenter genannt werden.

    Davon unabhängig greift allerdings die Anweisung der obligaten Kodierung.

    Viele Grüße

    Medman2

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Medman2,

    Vielleicht ist es akademisch, indes steht eine Zeile vor der von Ihnen bemühten noch:

    "Sie heißen Inklusiva [Einschlussbezeichnungen, „Inkl.“] und sind ergänzend zum Titel als Beispiele für diagnostische Feststellungen angegeben, die in dieser Rubrik zu klassifizieren sind. [...]"

    Die Formulierung "Sind zu klassifizieren" schränkt den Auslegungsspielraum doch ganz schön ein, finde ich. Aber kniffelig ist es allemal.

    Beste Grüße

    B. Sommerhäuser