Fälligkeit der Rechnung - Beginn der 6-Wochen-MDK-Prüffrist

  • Hallo werte Gemeinde,

    ich benötige mal Ihre Einschätzung.

    Es erfolgt eine Rechnungsstellung am Tag X.

    Unter Bezug auf die BSG-Rechtsprechung zur sachlich rechnerischen Richtigkeit zieht die Kasse eine Kodierung in Zweifel, da ihres Erachtens aufgrund von Kodierregeln zwei Kodes zwingend zusammenzufassen sind. Sie verweigert die Zahlung.

    Das Krankenhaus widerspricht der Auffassung, dass sich aufgrund von Kodierregeln zwingend eine Zusammenfassung zweier Kodes ergibt.

    Die Kasse zahlt die Rechnung. Sie veranlasst eine MDK-Prüfung mehr als 6 Wochen nach dem Tag X.

    Ist die MDK-Prüfung verfristet? Kann das KH die Übersendung der Unterlagen verweigern?

    Wie ist Ihre Einschätzung?

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo Medmann2,

    dafür ist es zwingend wichtig, das Jahr der Rechnungsstellung zu wissen.

    Viele Grüße

    SKoch

  • Hallo Medman2,

    sehe ich genauso wie SKoch, zumindest solange das BVerfG die sachlich-rechnerische Fallprüfung in der vom BSG vertretenen Form nicht für unzulässig erklärt hat, käme es dann darauf an, ob hier ggf. die Frist durch die "Vorab-Klärung" gehemmt wurde und dann erst nach dem Zugang des Widerspruchs des KH bei der KK zu laufen begann ( =Zeitpunkt, zu dem die Abrechnung ausreichend erklärt war). Dementsprechend gäbe es dann drei relevante Zeiträume: 1. vor Mitte 2014 bzw. Veröffentlichung der Urteilsgründe des 1. Senats, 2. bis 31.12.2015 und 3. ab 01.01.2016.

    MfG, RA Berbuir

  • Hallo Frau Koch, hallo Herr Berbuir,

    sorry, habe ich nicht bedacht. Es handelt sich um einen aktuellen Fall, sagen wir Ende 2017.

    Nur für mich zum Verständnis: Wird oder wurde die 6-Wochen-Frist für die MDK-Prüfung tatsächlich gehemmt, wenn der Kostenträger einen sachlich-rechnerischen Fehler nur annimmt, dieser aber nicht vorliegt.

    Für die nicht plausible stationäre Rechnung, weil eigentlich ambulant durchführbarer Eingriff, kann ich den anspruchsvollen Gedankengang des 1. Senats mit Mühe nachvollziehen. Die Rechnung wurde nicht fällig, weil ohne besonderen Grund vom Grundsatz ambulant durchführbar.

    Ist es für die Hemmung des Beginns der 6-Wochenfrist ausreichend, wenn der Sachbearbeiter des Kostenträgers in seiner - wie es der 1. Senat sieht - Laienhaftigkeit, vielleicht getriggert durch ein fehlerhaftes Auswertungsprogramm, zu der Erkenntnis gelangt, es liege ein sachlich-rechnerischer Fehler vor, selbst wenn ein solcher objektiv nicht vorliegt? Reicht allein der Glaube daran?

    Oder beginnt bei einer objektiven Fehlbeurteilung die 6-Wochenfrist zu laufen?

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo!

    Der Gesetzgeber hat sich dem angenommen und zum 01.01.2016 den § 275 (1c) SGB V geändert:

    (1c) Bei Krankenhausbehandlung nach § 39 ist eine Prüfung nach Absatz 1 Nr. 1 zeitnah durchzuführen. Die Prüfung nach Satz 1 ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den Medizinischen Dienst dem Krankenhaus anzuzeigen. Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 300 Euro zu entrichten. Als Prüfung nach Satz 1 ist jede Prüfung der Abrechnung eines Krankenhauses anzusehen, mit der die Krankenkasse den Medizinischen Dienst beauftragt und die eine Datenerhebung durch den Medizinischen Dienst beim Krankenhaus erfordert.

    Das bedeutet ganz einfach , dass für Fälle ab dem 01.01.2016 die Frage sachlich-rechnerisch keine Rolle mehr spielt. Damit läuft bei jeder Prüfung einer Kodierung auch automatisch die 6 Wochen-Frist. In Ihrem Fall wäre die Frist demnach verstrichen und der MDK nicht mehr nachholbar.

    Etwas anders ist es, wenn die Kasse Sie zu einem Falldialog gemäß PrüfvV aufgefordert hat und Sie diesen angenommen haben. Dann läuft die 12 Wochen-Frist.

    Sie müssen daher immer das jeweilige Jahr beachten und ob ein Falldialog oder eine direkte Beauftragung des MDK stattfindet.

    Herr Berbuir kann mich hier gern korrigieren, wenn etwas falsch ist. Ich bin keine Juristin, nur ständig damit befasst ;)

    Reicht Ihnen das oder brauchen Sie noch mehr Informationen ?

    Viele Grüße

    SKoch

  • Hallo Frau Koch,

    die gesetzliche Regelung ist mir bekannt.

    Allerdings gab es mal die Entscheidung (B 3 KR 28/12 R), dass bei einem eigentlich ambulant durchführbaren Eingriff, für den kein Grund für die stationäre Behandlung ersichtlich ist, die 6-Wochenfrist nicht zu laufen beginnt.

    Und mit der sachlich-rechnerischen Richtigkeitsprüfung und dem 1. Senat befürchte ich, ist es so, wie in den Drakulafilmen. Da braucht man einen Holzspieß!

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo nochmal,

    Sie sprachen von der Kodierung, daher bin ich auf ambulant nicht eingegangen. Die Fälle, die unter den AOP-Katalog fallen (Kat. I und Kat II) unterliegen nicht der PrüfvV. In diesen Fällen gibt es die 6 Wochen Frist nicht. Die Kasse fragt nach einer Begründung, ist sie mit dieser nicht einverstanden, muss sie erst dann den MDK einschalten.

    Übrigens habe ich nichts gegen den 1. Senat :S

    Viele Grüße

    SKoch

  • Hallo Frau Koch,

    die Nichtgültigkeit der PrüfvV für ambulante Fälle ist mir auch klar.

    @ Herrn RA Berbuir:

    ... ob hier ggf. die Frist durch die "Vorab-Klärung" gehemmt wurde und dann erst nach dem Zugang des Widerspruchs des KH bei der KK zu laufen begann ( =Zeitpunkt, zu dem die Abrechnung ausreichend erklärt war).

    Das ist es wahrscheinlich. Wird die 6-Wochen-Frist bei einer Nachfrage der Kasse aufgrund einer sachlich-rechnerischen Richtigkeit gehemmt?

    Viele Grüße

    Medman2

  • Das ist es wahrscheinlich. Wird die 6-Wochen-Frist bei einer Nachfrage der Kasse aufgrund einer sachlich-rechnerischen Richtigkeit gehemmt?

    Hallo Medman2,

    früher war dies so (vgl. z.B. B 1 KR 21/13 R), seit der Ergänzung des § 275 zum Jahr 2016, würde ich das verneinen, wobei jedoch Fälle ab diesem Zeitraum bislang noch nicht beim 1. Senat gelandet sind. Man könnte hier natürlich auf die Idee kommen, dass Rückfragen zu den zahlungsbegründenden Unterlagen nach § 3 S. 2 PrüfvV eine Hemmung auslösen, rechtlich zwingend ist das m.E. aber nicht.

    MfG, RA Berbuir