Sinkende Istkosten - unveränderter nationaler Casemix ?

  • Guten Abend zusammen!

    Die Tatsache, dass seit 2017 vermehrt Krankenhäuser in privater Trägerschaft an der Kalkulation teilnehmen (müssen) schürt bei manchen Leistungserbringern die Befürchtung, es könnte hierdurch ab 2019 zu einem weiteren "Preisverfall" bei den Relativgewichten kommen, da sowohl Sach- als auch Personalkosten bei Helios & Co bekanntermaßen niedriger liegen, als in Häusern anderer Träger und das DRG-System Istkosten-basiert ist.

    Meine Frage ist, teilen Sie diese Befürchtung? Ich bin vielleicht ein hoffnungsloser Optimist, aber vom Ansatz her besteht doch die Maxime bei der Kalkulation der Relativgewichte, der nationale Casemix solle möglichst unverändert bleiben. Daher wurde auch die Bezugsgröße (bzw. seit 2017 der Korrekturwert) immer entsprechend angepasst. Dies müsste doch eigentlich in jede Richtung gelten, nach oben und nach unten. Oder liege ich da gedanklich komplett daneben?

    Herzlichen Dank im Voraus und beste Grüße

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Cardiot,

    ich kann Ihnen die Frage zwar nicht beantworten, es ist aber sicher, dass die dem InEK zur Verfügung gestellten Ist-Kosten-Daten eben nur einem Ausschnitt der Realität entsprechen können. Ihre Grund-Annahme dabei ist, dass private Träger geringere Ist-Kosten haben. Das mag zutreffen. Trifft dies zu und erhält das InEK diese Daten zu Kalkulationszwecken, müssten die durchschnittlich kalkulierten Kosten vielleicht sinken. Frage: Warum müssen gerade diese Träger zusätzlich verpflichtet werden? Damit es billiger wird? Zugegeben, es war ein Losentscheid.

    Was ich an Ihrem Beitrag nicht verstehe ist, warum dann die nichtprivaten Träger NICHT an der Kalkulation teilnehmen? Um Ihren Gedankengang weiterzuführen, gilt ja die Annahme, dass diese anderen Träger deutlich höhere Kosten haben (sonst hätten Sie ja diesen Beitrag nicht erstellt, oder?).

    Wenn also auf einmal ganz viele nicht-private Träger an der InEK-Kalkulation teilnähmen, könnte man den Titel Ihres Beitrages doch auch umdrehen: Steigende Istkosten - unveränderter nationaler Casemix? Nur warum machen nur so wenige Krankenhäuser mit? Warum lassen sich die meisten von denen paar, die teilnehmen (müssen), die Kosten in Form der kalkulierten Relativgewichte diktieren?

    Mittlerweile glaube ich nicht mehr, dass es sich um geheimzuhaltende Strategien des Krankenhausmanagements handelt. Mittlerweile nehme ich an, dass es schlichte Unlust oder Unwillen (oder einfach Unfähigkeit?) ist, eine Kostenträgerrechnung nach Kalkulationshandbuch aufzubauen. Das bedürfte zwar einiger Anstrengung, wäre aber in etwa einem Jahr erledigt.

    Alle möglichen Vorgaben werden verpflichtend eingeführt (Mindestmengen, Notfallstufenkonzept, Qualitätssicherung, etc.), aber nicht die Kalkulationsteilnahme. Und warum? Weil man dann definitiv wüsste (datenbasiert), dass unser Gesundheitswesen viel, viel mehr kostet, als das Globalbudget hergibt. Offenbar möchte man das nicht. Aber das ist nur meine persönliche Meinung.

  • Hallo Admin!

    Lieben Dank für die rasche Antwort. Ich bin vollkommen bei Ihnen, v.a. was Ihren letzten Absatz betrifft.

    Folgt man den Äußerungen des InEK, so wurde ja im Vorfeld der verpflichtenden Teilnahme an der Kalkulation bemängelt, dass KH in privater Trägerschaft in der Stichprobe unterrepräsentiert seien (und sich daher bei den ausgelosten Häusern wenig überraschend gerade viele aus dieser Trägergruppe wiederfinden).

    Auch ich würde es für sinnvoll erachten, wenn möglichst viele (alle? siehe Schweiz) KH auch Kalkulationshäuser wären und vermute ähnliche Gründe wie die von Ihnen genannten, warum dies nicht so ist. Konsequenterweise müsste dann aber auch die Bezugsgröße so gewählt werden wie vor 2006, nämlich als die durchschnittlichen Fallkosten eines fiktiven Durchschnittsfalles, ermittelt aus den Kostendaten aller Calc-Häuser. Das Spiel mit der Sachkostenkorrektur könnte man dann immer noch spielen (Berech50, 60 oder was auch immer nebst Korrekturwert), wenn man will.

    Die Frage, was unser (hier: stationäres) Ges-System wirklich kostet und was davon wir uns leisten können/wollen, nebst den daraus resultierenden Konsequenzen, möchte sich aber vermutlich kein politisch Verantwortlicher stellen - und noch weniger transparent beantwortet haben ;)

    Beste Grüße

  • Hallo Cadiot,

    sie vermischen Kosten und Erlöse! Wenn ich Sie richtig verstehe, geht es Ihnen (hinsichtlich der Auswirkungen zusätzlicher und angenommen "günstigerer" Anbieter) um die Erlöse. Die Erlöse ergeben sich aus Casimix multipliziert mit dem Basisfallwert. Da das Casimixvolumen auf Bundesebene - wie sie richtig feststellen - möglichst konstant gehalten wird, und die Basisfallwerte eher nicht sinken, wird es sicher nicht zu befürchteten Preisverfall kommen.

    Die Zwangsteilnahme der zusätzlichen Kalkulationshäuser hat folgenden Hintergund: Es gibt in bestimmten Leistungsbereichen, und zwar gerade in solchen, die als "lukrativ" gelten bzw. in denen sich die Leistungen in den letzten Jahren besonders ausgeweitet haben (z.B. WS- und Herzchirurgie) eine Diskrepanz zwischen den Kalkulationsteilnehmern und den Hauptleistungserbringern, d.h. diese Leistungen werden mit den Daten der Häuser kalkuliert, die relativ wenige Leistungen in diesen Bereichen haben. Unter der Annahme, dass eine hohe Leistungsmenge günstiger zu erbringen ist (geringere Fixkosten, günstigerer Einkauf usw.) werden diese Leistung in Relation zu anderen Leistungen zu hoch kalkuliert.

    Beispiel: Angenommen eine Leistung werde auf Basis eines Hauses kalkuliert, das 100 Leistungen zu je 100 € erbringt und das InEK daraus eine Bewertungsrelation von 1 macht. Ein anderes Haus erbringt 1000 dieser Leistungen zu je 90€. Würde dieses an der Kalkulation teilnehmen, würde die Bewertungsrelation nicht mehr durch das kleine Haus bestimmt, sondern durch dieses und läge nur noch bei etwas über 0,9. Diese Leistung war also bisher gegenüber anderen Leistungen überbewertet und dementsprechend die anderen Leistungen unterbewertet.

    Es ist also kein Problem der Gesamterlöse (wegen des stabil gehaltenen Casemix-Volumen), aber ggf. eine Verschiebung zu Gunsten solcher Leistungen. Dass bei der Auslosung nur private und frei-gemeinnützige Häuser in die Lostrommel kommen, liegt daran, dass auch hinsichtlich der Trägerschaft ein Ungleichgewicht in der Kalkulationsstichprobe vorliegt. Vorrangiges Problem ist aber das Ungleichgewicht bei den Leistungen.

    Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag