4 Stunden stationärer Aufenthalt

  • Patient kommt per Notarzt aus Pflegeheim bei Z.n. krampanfall, leichte Bissverletzungen.

    Bei Aufnahme hochgrad psychomotorisch unruhig, desorientiert (bek. Demenz), Aufnahme auf IMC.

    Aufgrund der psychomotorischen Unruhe nicht führbar, daher Rückverlegung ins Pflegeheim.

    Hat bei uns Valproinsäure über Magensonde erhalten.

    Kasse bietet an, die Hälfte der Rechnung zu bezahlen oder halt gar nichts.

    Finde das eher Basar-Methoden und möchte dem nicht einwilligen.

  • Hallo AO85,

    Sie haben völlig Recht, dass dies Basar-Methoden sind. Aber das ist doch leider längst Alltag.

    Wenn die Kasse Ihnen anbietet 50 % der 1-Tages-DRG zu bezahlen, würde ich das annehmen.

    Bei dem vermutlich geringen Streitwert würden Sie da eine Klage mit ungewissen Ausgang riskieren?

    Ja, Ihr Behandlungsplan erstreckte sich über mehr als einen Tag und eine Nacht. Es ist aber keine abgebrochene Behandlung gegen ärztlichen Rat, sondern eine Entscheidung des Arztes im Sinne der Patientin.

    Hätten Sie die Gefahr z. B. eines Status epilepticus gesehen, dann hätten Sie doch den stationären Aufenthalt sicher auch fortgesetzt, ggf. unter Co-Medikation nach psychiatrischen Konsil.

    Das Risiko bei einer Klage wäre mir zu hoch.

    MfG

    MC1

  • Hallo AO85,

    Ich sehe es ähnlich.

    Mir leuchtet ehrlich gesagt auch nicht ein, warum der Pat. In einem Pflegeheim besser führbar sein sollte als im KHS. Da aber die Behandlung nun mal nur so kurz gedauert hat, war im Prinzip nicht mehr als eine ambulante Notfallbehandlung ( oder vorstationäre Diagnostik ohne nachfolgende Aufnahme) drin. ..

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Hallo Herr Breitmeier,

    dass Patienten mit Demenz in bekannter Umgebung, im konkreten Fall das Pflegeheim, besser führbar sind, als in jeder unbekannten Umgebung, im konkreten Fall die IMC im Krankenhaus, ist keine Seltenheit, sondern medizinischer Alltag.

    Das ist für die Kostenentscheidung nicht der wichtigste Punkt. Wichtig ist, dass bei vitaler Bedrohung ggf. nach psychiatrischen Konsil sedierende Medikamente hätten verabreicht werden müssen, damit der Patient auch im Krankenhaus medizinisch führbar wird. Die Hürden, solche Medikamente einzusetzen, sind völlig zu Recht medizinisch und juristisch sehr hoch angesetzt.

    Ohne Kenntnis weitere Tatsachen kann man das von extern nicht einschätzen.

    AO85 ging es, denke ich, mehr darum, dass der mit Sicherheit hohe Aufwand (medizinisch, ärztlich und pflegerisch), den Pat. ohne sedierende Medikamente auf der IMC zu behandeln, jetzt nicht adäquat abgebildet wird.

    Insofern sehr ich das Angebot der Kasse mit 50 % als den Kompromiss zwischen gar nicht bezahlen und den vorgenannt hohen Aufwand irgendwie finanziell doch zu würdigen. Eine Notfallbehandlung oder eine vorstationäre Behandlung war es ganz sicher nicht, denn die Indikation zur vollstationären Aufnahme bestand, ebenso, wie der Behandlungsplan über mehr als einen Tag und eine Nacht.

    MfG

    MC1

  • Hallo,

    es ist nicht unbedingt einleuchtend, dass der Patient im Pflegeheim besser führbar ist.

    Das ist aber nicht das Grundproblem. Leider greift die Vorgehensweise der Kostenträger immer mehr um sich, den Krankenhäusern für diese "Kurzaufenthalte" die erforderliche Vergütung vorzuenthalten. Entweder Du nimmst die Hälfte oder bekommst überhaupt nichts, wohlwissend, dass angesichts der geringen Streitbeträge das juristische Risiko unangemessen hoch ist.

    Nun werden aber die Krankenhäuser bewusst angelaufen, um als "rettender Hafen" (niemand anders übernimmt oder kann das) zu dienen. Das gilt auch für Herzinfarkte etc., selbst wenn diese nicht im betreffenden KH endversorgt und zeitnah weiterverlegt werden. Im Hinblick auf die vorgehaltene Struktur (Intensivstation, Anästhesie, Labor, Röntgen etc.), deretwegen die Krankenhäuser aufgesucht werden, ist die angebotene Notfallvergütung in Höhe von rund 30 € ein Hohn.

    "Ambulante Notfallbehandlung" ist genuine Aufgabe niedergelassener Ärzte. Das lag hier medizinisch keinesfalls vor, das liegt auch bei lebensbedrohlichen Notfällen, die deswegen ganz bewusst ins Krankenhaus gebracht werden, nicht vor.

    Das ist wie 3-Gänge-Menü bestellen, aber Pommes bezahlen.

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo zusammen,

    es gibt dazu ja bereits mehrfach BSG-Rechtsprechungen.

    Diese wurden seit 2004 zur gleichen Fragestellung "Ab wann ist ein Kurzliger stationär abzurechnen" bereits mehrfach geklärt.

    Klare BSG-Aussage zuletzt, es kommt nicht die Länge des Aufenthaltes an.

    Ich würde noch ergänzen, dass auch die Indikation zur stationären Aufnahme (aus ex-ante-Sicht) einwandfrei vorliegen muss. Ebeso muss nach dem Urteil keine Entlassung gegenärztlichen Rat vorliegen um eine stationäre Abrechnung zu fordern.

    Die Beweispflicht lieg allerdings bei den Kliniken und hier ist das Problem, dass auch bei Kurzliegern die Dokumentation

    im hektischen Klinikalltag lückenlos für ein Gerichtsverfahren vorliegen muss und sich die Dokumentationen nicht widersprechen dürfen.

    Es ist für Kostenträger gängiges Geschäftsmodell, nur die Pommes zu bezahlen...das kann ich ebenso bestätigen.


    BSG, Urteil vom 19. 9. 2013 – B 3 KR 34/12 R (http://lexetius.com/2013,5155)

    Diese Aufnahmeentscheidung auf der Basis eines entsprechenden Behandlungsplans wird nach außen regelmäßig zB durch die Einweisung auf eine bestimmte Station, die Zuweisung eines Bettes, das Erstellen entsprechender Aufnahmeunterlagen uä dokumentiert. Eine auf diese Weise auf der Grundlage der Entscheidung des Krankenhausarztes einmal erfolgte physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Krankenhausversorgungssystem kann nicht rückwirkend dadurch entfallen, dass der Patient zB gegen ärztlichen Rat auf eigenes Betreiben das Krankenhaus noch am selben Tag wieder verlässt; dann handelt es sich um eine „abgebrochene“ stationäre Behandlung (vgl BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 5). Abzugrenzen sind indes solche Fälle, in denen noch keine Entscheidung zur Aufnahme des Patienten in das Krankenhaus getroffen wurde, etwa weil sich aufgrund der Aufnahmeuntersuchung eine Verlegung oder die ambulante Weiterbehandlung als medizinisch sinnvoll, erforderlich und ausreichend erwies.

    MfG
    Ductus
    Die Welt ist global, das Denken lokal

    Einmal editiert, zuletzt von Ductus (24. April 2019 um 09:08)

  • Hallo,

    Grundproblem ist die Sozialrecht (Abrechnung) vs Strafrecht (Haftung). Übersiehst Du als aufnehmender/Nicht-aufnehmender Arzt was, dann kann es haftungsrechtliche und damit auch persönliche Konsequenzen (bis hin zum Entzug der Approbation) haben. Also im Zweifelsfall einen Patienten lieber aufnehmen als abweisen. Schlimmstenfalls wird halt die Rechnung nicht bezahlt. Aber das ist dann ein PAL (Problem Anderer Leute).

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Herr Horndasch,

    ja das PAL ist bei uns auch schon gefallen. Ich gebe dann den Kelch weiter, weniger Erlöse bedeuten dann auch eben weniger (Arzt)Stellen, so schließt sich der Kreis :)

    MfG
    Ductus
    Die Welt ist global, das Denken lokal