MDK-Reformgesetz - Referentenentwurf 03.05.2019

  • Hallo zusammen,

    auch hier gilt mal wieder: die Juristen werden nicht arbeitslos... 8o

    schön auch die vom Bundesrat u.a. geforderte Möglichkeit, sich über die Ermittlung der Prüfquote gerichtlich zu streiten und das dann auch direkt vor dem jeweiligen LSG ("Da Entscheidungen des Sozialgerichts bei Streitigkeiten von derartiger Tragweite in der Praxis ohnehin nur selten in Rechtskraft erwachsen, dient diese Regelung zudem der Verfahrensökonomie.").

    MfG, RA Berbuir

    McClane: super, dass der MDK so selektiv entscheidet, ob er rechtliche Bewertungen vornimmt oder nicht - ich bekomme regelmäßig ICD I10.0 wenn ich in einem MDK-Gutachten Urteilsfundstellen oder -zitate lesen muss - jeder Gutachter in einem Haftungsprozess würde sich da wegen Überschreitung seiner Kompetenzen eine Rüge wenn nicht gar Ablehnung einfangen. In Ihrem Fall können Sie die Kasse ja dann direkt mal auf die Entscheidung des LSG Sachsen (Urteil vom 13.02.2019, L 1 KR 315/14 via der Kollegen von Seufert) hinweisen...

  • Hallo Herr Berbuir,

    Das Urteil ist laut dem Internet Link aber nicht rechtskräftig...

    Die vom BSG positiv gewerteten Fälle einer Fallzusammenführung aus wirtschaftlichen Gründen betrafen demgegenüber auch Malignomerkrankungen ( z.B. Brustkrebs). Die resultierenden Fallpauschalen sind regelhaft in Spalte 13 markiert. Das BSG scheint die Sichtweise des sächsischen LSG daher nicht zu teilen.

    @ McClane: warum meinen Sie, dass die MDK Gutachten in dem von Ihnen geschilderten Fall 2 negative Voten auslösen? Wenn der Gutachter nur die medizinische Frage beantwortet und sich aus dem Leistungsrecht heraus hält, dürfte nach meinem Verständnis gar kein direktes Ergebnis resultieren. Oder übersehe ich da etwas?

    Soweit es sich um Fälle aus 2019 handelt wäre m.E. Nicht der Fallpauschalenkatalog sondern das Spahngesetz für die Ablehnung einer wirtschaftlichen FZF massgeblich.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Guten Tag, Herr Breitmeier,

    hier wird der Umgang mit 2 Fällen beurteilt. Und klar, der MDK schreibt hier negative Gutachten im Sinne der Fragestellung: Aus medizinischer Sicht .... Voraussetzungen nicht erfüllt. Das setzt die Kasse 1:1 in eine Leistungsentscheidung um. Erst wenn es einen Widerspruch gibt, setzt erstes Nachdenken ein. Dann wird der Fall nochmals an den selben Gutachter zur 2.-Begutachtung gegeben. Der hat keine neuen Erkenntnisse (war auch nicht anders zu erwarten). Dann folgt die endgültige Ablehnung durch die Kasse. Und dann die Klage von uns samt Hinweis darauf, daß hier die BSG-Rechtsprechung durch den Gesetzgeber inzwischen korrigiert wurde.

    Der MDK ist nicht unfehlbar. Im Gegenteil, seine Entscheidungen sind häufig umstritten. Und er zeigt eine starke Tendenz zur Forderung nach blutiger Entlassung zugunsten der Finanzen der Kassen. Und trotzdem sollen diese tendenziösen, kritischen, umstrittenen und gerichtlich häufig korrigierten Entscheidungen zukünftig das Maß der Quote sein.

    Das ist ein Problem.

    Und das darf und sollte im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses angesprochen und diskutiert werden. Gern mit den zuständigen MDBs.

    Gruß

    Mc.

  • Hallo McClane,

    Wie Sie es beschreiben, So kann es natürlich laufen.

    Worauf ich nur hinweisen wollte ist, dass am Ende der MDK Begutachtung in Ihrem Beispiel streng formal kein Ergebnis vorliegen kann, weil aus der Beantwortung einer medizinischen Frage in diesem Fall (noch ) kein Kürzungsergebnis resultiert. Die richtige Antwort des Gutachtens wäre „andere Antwort“, weil es allein der Kasse obliegt zu entscheiden, ob das Spahngesetz die Rechtsprechung des BSG zur Wirtschaftlichkeit komplett aushebelt oder nicht.

    Wenn das aber so ist, könnte das Gutachten m.E. weder als positiv noch als negativ für die zukünftige Quote gewertet werden.

    Ich glaube, dass auch diese Tatsache im Ministerium noch gar nicht bedacht wurde: In einer größeren Anzahl von Fällen entscheidet nicht der Gutachter sondern ausschliesslich die Kasse über den Abrechnungsbetrag. So sagen es auch immer die Gerichte: Weder KHS noch MDK sondern ausschliesslich die Kasse hat über Leistungsvoraussetzungen zu entscheiden ( kontrolliert im Einzefall durch Gerichte). Und die vielen Krankenkassen entscheiden bekanntermassen z.T. unterschiedlich über gleiche Sachverhalte...

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Hallo Herr Breitmeier,

    MDK-Gutachten sind i.d.R. Einzelfall-Entscheidungen von einzelnen Gutachtern. Eine inhaltliche Qualitätkontrolle ist mir nicht bekannt. 4 Augen schauen da eher selten drauf. Dementsprechend hoch sind die subjektiven Einflüsse und die Interrater-Differenzen: Der eine Gutachter findet, die Patientin war zu Recht im KH, der andere streicht drei Tage. Das kommt hier selbst dann vor, wenn zwei MDK-Gutachter zufällig hier neben- und hintereinander ungewollt den gleichen Fall anfassen. Durchgesetzt hat sich dann der "strengere" Kollege: Es gibt keinen objektiven sondern nur viele subjektive Maßstäbe. Und dann noch Variationen nach Tagesform und Blutzuckerspiegel. Alles kleine Könige, alle sehr auf ihre Autonomität bedacht.

    Das Ministerium hat nur die Kassen-Propaganda zu den massenhaften Falschabrechnungen gelesen, sich aber die Daten-Qualität nicht angeschaut. Dem Ministerium ist offensichtlich gar nicht bekannt, daß hier stark bias-verzerrte, immer subjektive Einzelfallentscheidungen von häufig nicht mit der Materie vertrauten Gutachern die Quote bestimmen sollen. Bei nicht wenigen MDKn werden die Entscheidungen inzwischen vielfach von nicht-ärztlichen Mitarbeitern zur Unterschriftsreife vorbereitet. Oder die Fälle gleich an Fremdfirmen vergeben.

    Ist diese Quote eine gute Quote? Ist das eine solide Grundlage? Ich habe da starke Zweifel.

    In diesem System brauchten wir eine ganz andere Datenqualität und Transparenz des Handelns des MDK.

    Gruß

    Mc.

  • ... In einer größeren Anzahl von Fällen entscheidet nicht der Gutachter sondern ausschliesslich die Kasse über den Abrechnungsbetrag. ....

    Hallo Herr Breitmeier,

    evtl. ist das nicht bekannt, aber ein Gutachter entscheidet nie. Er liefert immer nur die Grundlage für eine Entscheidung.

    Viele Grüße

    Pseudo

  • Hallo Pseudo,

    - grau ist alle Theorie.

    Es gibt ein rechtliches Konstrukt. Und es gibt die Realität. Wenn der Kostenträger immer 1:1 die Empfehlung des Gutachtens in eine Leistungsentscheidung umsetzt, dann ist diese Entscheidung nur noch ein formaler Akt. Die inhaltliche Prüfung erfolgt erst im nächsten Schritt durch das KH. Auch Herr Spahn hat offensichtlich erkannt, daß faktisch der MDK hier die Entscheidung trifft und die Prüfquote deshalb an das Votum des Gutachtens gebunden, nicht an die Leistungsentscheidung des KTR.....;)

    Gruß

    Mc

  • Hallo zusammen,

    ganz aus dem Alltag.

    Patient nach Fem.-Pop.Bypass kommt jetzt mit einem entzündlichen Infiltrat im Bereich der vorangegangenen OP und wird i.v. antibiotisch behandelt. Mehr wird nichts gemacht.

    Als Hauptdiagnose wird T82.7 kodiert. MDK sagt nö, hier ist pAVK die Hauptdiagnose, "weil ein Bypass vorhanden ist" (!).

    Dieser Fall würde dann in die Fehlerquote eingehen.

    Auf das Widerspruchsschreiben reagierte die Kasse übrigens mit nö, das hat mir ein Arzt gesagt.

    (Update vom 23.09.2019) Ein weiterer Fall. Bei einem Dekubitus wird in OP mit Anästhesie und allem, was dazu gehört, ein Wunddebridement durchgeführt. MDK-Gutachter akzeptiert aber nur 8-192.* statt 5-896.* - warum, verrät er nicht. Der Widerspruch wird von der Kasse ignoriert, die Differenz wird verrechnet. Auch dieser Fall würde die "Fehlerquote" des Hauses erhöhen.

    Viele Grüße

    Einmal editiert, zuletzt von C-3PO (23. September 2019 um 15:52)

  • Guten Morgen,

    nun als noch einmal eine Verschärfung des MDK-Reformgesetzes? So berichtet jedenfalls das Ärzteblatt. Die DKG hat dazu auch schon Stellung bezogen. Die unlängst veröffentlichte positive Einschätzung von Herr Dr. von Schroeders war mir bei allem Respekt ohnehin nicht verständlich, sie dürfte damit sicher überholt sein.

    Die Summe der Zumutungen für die Krankenhäuser sprengt nach meinem Verständnis jedes Maß.

    Strafzahlungen bei Prüfungen bis 10%

    Dies auch bei VWD-Problemen, Herr Baum dazu:

    „Zu berücksichtigen ist außerdem, dass 50 Prozent der Kürzungen darauf zurückzuführen sind, dass Krankenhäuser Patienten in ihrer Obhut belassen und versorgen", erklärte Baum. „Strafe für soziale Verantwortung ist völlig inakzeptabel."

    Keine Rechnungskorrekturen, und seien die Belege noch so eindeutig.

    Massenhafte Strukturprüfungen.

    Verlängerung der Anzeigepflicht für Prüfungen.

    Hinzu kommen:

    Durch PpuG müssen wir Strafen oder Sperrungen hinnehmen

    PPSG würde zwar alles bezahlen, heizt aber nur den gegenseitigen Raubbau an und führt zu den Sanktionen der ppug

    Zu alledem kommt die Rechtsprechung des BSG, deren Tendenz zu lasten der KH nicht mehr verständlich ist. Dies nicht wegen der Sachentscheidungen allein, sondern v.a. wegen der Tatsache, dass zu beinah jeder Sachentscheidung noch eine Exegese kommt, die weitere Probleme aufwirft.

    und Übrigens: Regel Nr. 8 des House of God: Sie können Dich immer noch mehr quälen:

    Hat jemand das EIRD auf dem Schirm ? Ich empfehle einen Blick auf die §§16 und 35.

    Nur weiter so, dann hat sich das mit der von der Bertelsmann-Stiftung ständig vorgetragenen Überversorgung.

    Gruß

    merguet

  • "Guten" Morgen.

    Kann mir jemand verraten, wo der Gesetzentwurf, der ja morgen im Bundestag durchgekaut wird, finden kann?

    Irgendwie finde ich nur das bekannte vom 23.09.

    stellv. Leitung Medizincontrolling
    Fachwirt Gesundheits- und Sozialwesen (IHK)
    MDA