MDK-Reformgesetz - Referentenentwurf 03.05.2019

  • Wenn die Rechnung nicht mehr korrigiert werden kann, was ist dann eigentlich mit Fallzusammenführungen

    Noch einmal: Die Fallzusammenführungen sind Abrechnungsregeln und daher Voraussetzung für eine korrekte Abrechnung. Daher sehe ich da faktisch kein Problem, auch wenn es nicht explizit als Ausnahme erwähnt wird.

    Schönen Tag,

  • Hallo Herr Breitmeier,

    ich darf mich Herrn Schaffert und MKlee anschließen.

    Hätten die Kliniken wirklich die Hälfte der MD Kosten übernehmen wollen??

    Wes Brot ich ess, ... Vielleicht ist ja was dran. Wie wäre es mal mit einer völlig interessenunabhängigen Finanzierung?

    Entscheidend ist letztlich jedoch nicht ein unabhängiger, sondern ein neutraler MD(K). Interessenvertretung und Neutralität sind im Rahmen von Begutachtungen nicht unter einen Hut zu bringen.

    ... Oder der Einkauf im KHS würde nur 5% der Eingehenden Rechnungen prüfen und in 95% der Fälle das Geld blind auszahlen ...

    Es ist übrigens auch zukünftig nicht so, dass 95% der Rechnungen von den KK nicht geprüft und blind ausgezahlt werden. Ich gehe davon aus, dass weiterhin nahezu 100% bei den KK geprüft werden.

    ...wenn der Lieferant vorher nicht mehr als 40% der Lieferungen zu hoch abgerechnet hat ...

    Bei diesen "zu hoch abgerechneten Lieferungen" handelt es sich weit überwiegend um Verweildauerprüfungen.

    Wenn man berücksichtigt, dass bei Überschreitung der oGVD kalkulatorisch lediglich 60% der Kosten erstattet werden, wären die KH mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn sie es auf oGVD-Zuschläge absehen würden.

    Bei der uGVD ging es mal darum, den Krankenhäusern mit diesen Abschlägen "blutige Entlassungen" zu vergellen. Und genau das wird jetzt seitens der Kostenträger gefordert, "blutige Entlassungen" um den "Strafabschlag" zu kassieren.

    Insgesamt wäre es sachdienlich, wenn Sachverhalte nicht verbrämt würden (mit Verlaub:- in 95 % ... Geld blind ausbezahlen, 40 % der Lieferungen zu hoch abgerechnet), damit auch Nichteingeweihten, wie z.B. dem Verfassungsgericht, eine reale Sachlage vermittelt wird.

    Das trifft natürlich auch für die Krankenhausseite zu.

    Warten wir mal ab, wie es sich weiter entwickelt.

    Viele Grüße

    Medman2

  • Dazu haben es die Kliniken ab 2021 selber in der Hand, ihre Prüfquote weiter auf 5% zu senken.

    Sorry - aber dieser Satz ist etwas sarkastisch!
    Aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen mit (teilweise aus meiner bescheidenen Sicht willkürlichen) MDK-Gutachten habe ich eine Senkung der Prüfquote ebensowenig in der Hand wie den 6er im Lotto: nämlich gar nicht. Wäre dem so, dann gäbe es in den Kliniken keine Negativgutachten mehr - es sei denn, man unterstellt bewusstes Falschkodieren! Fakt ist, dass Negativgutachten selbst mit Downcoading und (zu) früher Entlassung nicht zu verhindern sind.

    Ich kann nur für den psychiatrischen Bereich sprechen: Beim den Kodierprüfungen liegt das Problem zum Einen in zu schwammigen Formulierungen zu den einzelnen Kodes und zum Anderen daran, dass uns die Prüfkriterien der MDK-Gutachter (die sich im Übrigen in den letzten Jahren ständig verändert haben!) schlichtweg nicht bekannt sind. In vielen Bereichen fischen wir also zwangsweise im Trüben. Was die Fehlbelegungen angeht, so gibt es kaum konkrete Begründungen, woran der Gutachter seine Entscheidung festmacht. Wie soll man da "lernen", es im Sinne des MDK richtig zu machen???? Und ist das überhaupt das gewünschte Ziel einer "guten" Patientenbehandlung? Die immer noch unbeantwortete Gretchenfrage lautet seit jeher: Wer überprüft (gerne auch stichprobenartig) die inhaltliche Korrektheit von MDK-Gutachten? Das wäre dann die so oft beschworene "Waffengleichheit"!

    Die harte Wahrheit ist: In der Politik gewinnt die Partei mit den besten Lobbyisten - und damit sind die Krankenhäuser quasi chancenlos... :(

  • Guten Abend zusammen,

    ich habe noch eine kleine - sagen wir mal Ungereimtheit - gefunden.

    Angenommen ein Fall mit etwa 4.000 € Erlös wird als primäre Fehlbelegung angesehen. Ab 2021 wäre dann die Bezugsgröße für den Aufschlag die auf 0 (Null) geänderte Rechnung bzw. die ambulante/vorstationäre Abrechnung, aber davon sind vermutlich selbst 50% unter den 300 € Mindestaufschlag, so dass hier also die 300 € fällig sind.

    In 2020 dagegen ist die Bezugsgröße die Rechnungsdifferenz, also in diesem Beispiel die gesamten 4.000 €, von denen 10% = 400 € fällig werden.

    Also: In 2020 zahlt selbst ein Haus mit geringer Änderungsquote im Falle einer Änderung bei der primären Fehlbelegung mehr Aufschlag (Strafe), als ein Haus mit hoher Änderungsquote in 2021!

    Schönen Abend

  • Guten Abend zusammen!


    Da ich mir selber den etwas absurden Part gewählt habe, als Einziger das Spahngesetz als KHS freundlich zu verteidigen, kann ich nur kurz auf einzelne Punkte eingehen:

    MKee, ich stimme Ihnen zu, dass bei Verweildauerkürzungen der Begriff der fehlerhaften Abrechnung und Strafzahlung nicht passt.

    Da die Pflegekosten herausgerechnet werden sollen, stellt sich die Frage, ob oGVD Fälle zukünftig noch so viel geprüft werden, weil die resultierenden Einsparbeträge vielleicht zu gering sind.

    Wenn es demnächst wirklich gleiche Preise für AOP Eingriffe gibt, werden KHS diese Leistungen flächendeckend ambulant erbringen und logistische Probleme im HKL werden schlagartig gelöst. Und/ oder die Kassen prüfen solche Fälle gar nicht mehr.

    Der Fokus der Prüfungen könnte also 2020 ff auf Kodierung liegen und dazu gibt es gute Möglichkeiten, die Prüfquote zu beeinflussen.

    Hinsichtlich der Festlegung verbindlicher Kodierstandards vor Ort und eines Lerneffekts haben wir gute Erfahrungen mit Begehungen gemacht. Anstatt immer die gleichen Schwarz-Weiss Stereotypen vorzutragen und sich vor dem „Feind“ abzuschotten, kann für beide Seiten ein Blick über die Wagenburg hinaus interessant und vertrauensbildend sein.


    Und zu der Gesundheitsministerin B.-L. aus Rheinland- Pfalz: Die sollte vielleicht erstmal als Rechtsaufsicht das Tollhaus beim eigenen MDK in den Griff bekommen, bevor sie sich mit der bundesdeutschen MDK Reform beschäftigt...

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Hallo,

    ob oGVD-Fälle geprüft werden oder nicht wird jede Kasse für sich entscheiden. oGVD-Fälle bringen auf den ersten Blick nicht so viel, angesichts der Doku-Probleme in den Kliniken ist die Erfolgsquote aber deutlich höher, so dass im Folgequartal dann die Prüfquote erhöht wird . Aber das wird jeder der Player für sich bewerten und entscheiden müssen.

    Ich habe eine Frage an die Juristen. Maßgeblich für die Prüfquote ist das Datum der Schlussrechnung so weit klar. Ab wann sind die Sanktionen (300 Euro Aufschlag) fällig. Bei jeder Prüfung ab 01.01.2020? Bei jeder Aufnahme ab 01.01.2020? Bei jeder Rechnung ab 01.01.2020?

    Ich kann mich noch dunkel an die Einführung der AWP erinnern, wo diese Frage nicht so vom Gesetzgeber gelöst wurde, damit alle das selbe darunter verstehen.
    Das BSG hat damals entschieden, dass es nur für Fälle gilt, die sich vollständig nach Inkrafttreten des neuen Rechts verwirklicht haben. Die Vorschrift mache daher einen klaren Schnitt zwischen Krankenhausbehandlungen vor und nach dem 1. April 2007. Die Kassen sollten im Rahmen der besonderen finanziellen Belastung der Aufwandserstattungsverpflichtung zumindest die Möglichkeit haben, den Behandlungsfall in Kenntnis des wirtschaftlichen Risikos vom Behandlungsbeginn an zu begleiten. Eine Rückwirkung komme daher nicht in Betracht.sich vollständig nach Inkrafttreten des neuen Rechts verwirklicht haben. Die Vorschrift mache daher einen klaren Schnitt zwischen Krankenhausbehandlungen vor und nach dem 1. April 2007. Die Kassen sollten im Rahmen der besonderen finanziellen Belastung der Aufwandserstattungsverpflichtung zumindest die Möglichkeit haben, den Behandlungsfall in Kenntnis des wirtschaftlichen Risikos vom Behandlungsbeginn an zu begleiten. Eine Rückwirkung komme daher nicht in Betracht.

    Aber nun sind die Vorzeichen ja umgekehrt und ob der 1. Senat das jetzt auch so sieht? Zumal die Kommentatoren damals sagten, dass die Begründung nicht überzeugt.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Der Fokus der Prüfungen könnte also 2020 ff auf Kodierung liegen und dazu gibt es gute Möglichkeiten, die Prüfquote zu beeinflussen.

    Hinsichtlich der Festlegung verbindlicher Kodierstandards vor Ort und eines Lerneffekts haben wir gute Erfahrungen mit Begehungen gemacht. Anstatt immer die gleichen Schwarz-Weiss Stereotypen vorzutragen und sich vor dem „Feind“ abzuschotten, kann für beide Seiten ein Blick über die Wagenburg hinaus interessant und vertrauensbildend sein.

    Sehr geehrter Herr Breitmeier,

    das ist m.E. nicht zu erwarten. Die VWD-Prüfungen machen je nach Haus derzeit 60-80% der Quote aus. Echte Kodierfragen sind heute eher noch Interpretationsfragen. Mir kann doch keiner Erzählen, dass es zu systematischen Überkodieren kommt.

    bei den Kodieraspekten habe ich bereits auf die Lücken hingewiesen:

    Zahlreiche Leistungen werden derzeit strittig gestellt. Diese Leistungen sind korrekt kodiert, sind aber systematisch strittig. Keines der Grundprobleme ist gelöst, stattdessen wird zur Streichung der Leistung noch eine Strafe fällig.

    Mein Problem ist, das zeigt diese Diskussion, dass die Neuregelung in keiner Weise geeignet ist, Frieden herzustellen und das gegenseitige Vertrauen wieder zu errichten.

    Die Politik müsste statt der Regelungswut einen klaren Auftrag zur Beilegung strittiger Themen erteilen. Immerhin ist ein Ansatz der Auftrag an die Schlichtung, die strittigen Fragen zwischen SEG5 und FOKA zu befrieden. Danach bleiben echte Kodierfragen vll. übrig. Solange aber ein Großteil der Fragen undefiniert und ungelöst bleibt, kann man nicht zufrieden sein.

    Zu lösen:

    ATK und PTK mit einem Preis

    Abrechenbarkeit und Regeln für Event-Recorder

    Umgang mit Leistungen, die ambulant nicht verfügbar sind, stationär aber nicht erbracht werden dürfen (Rituximab, Infliximab, Phototherapie, Stammzellspende etc.)

    Abschaffung der UGV

    Definition von Kriterien für Teilstationäre Dialysen

    Verpflichtung des MDK zur Vorab-Indikationsprüfung von OLU und NUB

    Abschaffung der 300 Euro auf beiden Seiten (wer mich hier verfolgt, weiß, dass ich die AP seit Anfang für Unsinn halte)
    Vernünftiges und geregeltes Widerspruchsverfahren, um einmaligen Schnellschüssen bei der Begutachtung etwas sinnvolles zu entgegnen.

    Ideal wäre auch ein Eindampfen der DRG, ohne Rücksicht auf Heimigs R2

    All das könnte zur Befriedung und dem Einreißen von Mauern beitragen. Wird aber trotz immer wiederkehrender Forderungen nicht gemacht. Es ist mir schlicht unverständlich.

    Stattdessen: Neue Regelungswut, Meldeketten, Verwaltungsaufwand, Gezänk um Quoten und das ganze wird unweigerlich zu mehr, nicht zu weniger SG-Verfahren führen. Das schlimme daran ist, wieviel Kraft das bindet. Auf allen Seiten sind ehemals klinisch tätige Mitarbeiter damit befasst, ein absurdes System immer mehr zu verwalten und nicht mehr zu gestalten.

    Gruß

    merguet

  • Sehr geehrter Herr Merguet,


    ich stimme ja in vielem mit Ihnen überein und bin mir sicher, dass Sie die Ursache für Kodierstreitigkeiten wirklich nur noch in Interpretationsfragen sehen.

    Aber genauso sicher bin ich mir, dass es bei anderen KHS zu „systematischen Überkodierungen“ kommt ( um das hässliche Wort Sozialbetrug zu vermeiden).

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Sehr geehrter Herr Horndasch,


    Sie haben recht, dass in dem vom Bundestag angenommenen Entwurf ( S.31) die Modalitäten des Beginns der „Strafzahlung“ nicht explizit geregelt sind. Es kann doch aber aus dem Gesamtzusammenhang eigentlich nichts anderes gemeint sein, als dass es auch hier um Schlussrechnungen ab dem 01.01.2020 geht.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Hallo,

    etwa drei Jahre wird es dauern, bis uns das BSG dies mitteilen wird. So war es zumindest bei der AWP (B 1 KR 29/09 R vom 22.6.2010), nachdem die AWP zum 1.4.2007 eingeführt worden war.

    Seinerzeit wurde der Anspruch auf AWP zum spätestmöglichen Zeitpunkt judiziert. Die mit überzeugenden Argumenten unterlegte Entscheidung bietet zahlreiche Möglichkeiten, dementgegen den Anspruch auf die jetzige AWP/Strafgebühr zum frühestmöglichen Zeitpunkt anzuerkennen.

    Mich persönlich würde es nicht wundern, wenn der grundsätzliche Wind der höchstrichterlichen Rechtsprechung in dieser Frage genau aus der anderen Richtung weht.

    Viele Grüße

    Medman2

    Einmal editiert, zuletzt von medman2 (12. November 2019 um 23:32)