MDK-Reformgesetz - Referentenentwurf 03.05.2019

  • Wenn man hört, welches Bild von Krankenhäusern und Krankenkassen die Politiker haben, sieht man, welche Seite bessere Lobbyarbeit betreibt.

    Ganz ehrlich: in den letzten Jahren hatte ich mehrfach den Eindruck, dass sich die Lobbyarbeit der Krankenhausgesellschaft(en) warum auch immer sehr in Grenzen hielt und man sich gerne auch einmal über den Tisch ziehen ließ (Beispiel: PrüfvV). Hier würde ich mir mehr Biß und Durchsetzungsvermögen wünschen. Die Willkür von MDK-Gutachtern schreit doch förmlich danach, dass man gemeinsam Fälle (und damit Fakten) sammelt und einmal in einer wohl überlegten, aber konzertierten Aktion "zurückschlägt" (Presse, Medien, Gerichte). Stoff genug gibt's hierfür allemal und wenn man ohnehin schon der politisch erklärte Bösewicht der Nation ist, darf man sich auch mal entsprechend verhalten. Wer nicht kämpft, hat schon verloren...

  • Hallo zusammen,

    wenn Politiker von Experten zu lesen bekommen, dass Krankenhäuser, die wegen fehlender Sanktionen für systematisch zu hohe Abrechnungen diese forcieren und wirtschaftlich profitieren

    was kann dann noch erwartet werden?

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo,

    im Text des Gesetzes heißt es:

    "(3) Im Jahr 2020 haben die Krankenhäuser neben der Rückzahlung der Differenz zwischen dem ursprünglichen und dem geminderten Abrechnungsbetrag einen Aufschlag in Höhe von 10 Prozent dieses Differenzbetrages, mindestens jedoch in Höhe von 300 Euro an die Krankenkassen zu zahlen. Ab dem Jahr 2021 haben die Krankenhäuser bei einem Anteil unbeanstandeter Abrechnungen unterhalb von 60 Prozent neben der Rückzahlung der Differenz zwischen dem ursprünglichen und dem geminderten Abrechnungsbetrag einen Aufschlag auf diese Differenz an die Krankenkassen zu zahlen. "

    Vielleicht bin ich da etwas paranoid, aber ich lese daraus NICHT, dass der Aufschlag von 10 % / respektive 300 € für Krankenhäuser, die über 60% korrekte Abrechnungen geliefert haben, wirklich wegfällt. Da steht nur, dass bei denen, die ab 2021 unter 60% liegen höhere Strafen fällig werden.

    Vor allem, weil in 3.1 und 3.2 die 25% bzw. 50% Aufschlag fällig werden, und es dann weiter heißt "[...] jedoch mindestens 300 Euro und höchstens 10 Prozent des auf Grund der Prüfung durch den Medizinischen Dienst geminderten Abrechnungsbetrages, wobei der Mindestbetrag von 300 Euro nicht unterschritten werden darf.[...]" Wie soll ich denn 25/50% Aufschlag berechnen dürfen, wenn der Aufschlag danach gleich wieder auf 10% Obergrenze festgelegt wird?

    Kann mir das jemand erklären?

    stellv. Leitung Medizincontrolling
    Fachwirt Gesundheits- und Sozialwesen (IHK)
    MDA

  • Hallo,

    ich verstehe es so, dass ab 2021 Häuser mit einem Anteil unbeanstandeter Abrechnungen ab 60% aus dem Schneider sind.

    Die Formulierung auf S.31 ist etwas unklar, da ist von "mindestens 300 Euro und höchstens 10 Prozent des auf Grund der Prüfung durch den Medizinischen Dienst geminderten Abrechnungsbetrages" die Rede. (NICHT: Differenz zwischen dem ursprünglichen und dem geminderten Abrechnungsbetrag).

    Das könnte bedeuten, dass die Obergrenze nicht mehr 1.500€ beträgt sondern max. 10% vom Rechnungsbetrag nach MD-Prüfung , was unter Umständen eine erheblich höhere Summe sein kann.

    Alles ohne Gewähr, ich bin kein Hobby-Rechtsexperte...

    Viele Grüße - NV

  • Hallo,

    der Aufschlag ist 50% auf den Differenzbetrag. Der Höchstbetrag sind 10% der geminderten DRG.

    Also Kürzung bei einer Beatmungs- und ITV-DRG (fiktives Beispiel) um 25.000 auf 40.000 Euro.

    Das bedeutet dann eine "Lerngebühr" von 2.500 Euro, da der Höchst-Betrag von 4.000 Euro nicht erreicht wurde. So verstehe ich das Ganze.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo

    Satz 1 gilt definitiv nur für 2020 ("Im Jahr 2020...")

    Ansonsten haben es die Kolleg*innen bereits erklärt, die Bezüge sind unterschiedlich (bis auf die minimal 300 €, die gelten immer)

    2020: Aufschlag: 10% des Kürzungsbetrages (Differenz)

    2021: Aufschlag: 25%/50% der des Kürzungsbetrages (Differenz), maximal jedoch 10% des Rechnungsbetrages nach Prüfung (falls > 300 €)

    Schönen Gruß

    P.S.: Ich arbeite gerade an einer Präsentation, die ich dann auch gerne wieder zur Verfügung stelle

  • Zum Begriff "Lerngebühr"

    Das ist ein ganz netter Einfall. Allerdings würde ich jedoch eigentlich dafür plädieren, keine Euphemismen zu verwenden und es als das zu bezeichnen was es ist. Das Problem dabei ist nur, dass der Begriff "Strafzahlung" auch kritisch ist, weil das sonst die Ansicht, es handele sich um einen tatsächlichen strafwürdigen Fehler der Krankenhäuser verfestigt und ggf. sogar den Staatsanwalt hellhörig werden lässt.

    Schönen Gruß

  • Hallo,

    danke für die Antworten.

    Ich finde es immer gut , wenn Gesetze schön einfach formuliert werden. ;)

    Zum Begriff:

    Wie wäre es mit "UKEL" ? (Ungerechtfertigte Kürzung Erbrachter Leistungen)

    stellv. Leitung Medizincontrolling
    Fachwirt Gesundheits- und Sozialwesen (IHK)
    MDA

  • Hallo,

    nur so am Rande: der Gesundheitsminister Spahn hat soeben vor der Hauptversammlung des Marburger Bundes die KI-gestützte Rechnungsoptimierung bei der Krankenhausabrechnung (als Problem) angesprochen. Zugegeben auf beiden Seiten (also bei Krankenhäusern und Krankenkassen). Da ist dann die Intention des Gesetzes schon klar. Die Auslegungsunklarheiten bei der Kodierung sollen mehr oder weniger drastisch reduziert werden.

    Interessant sind noch weitere Überlegungen:

    • Aufrechnungsverbot: ein fiktives Beispiel: MD kürzt Rechnung ==> Kasse stellt die gesetzlich vorgesehene Gebühr in Rechnung und fordert Minderung der Abrechnung ==> Krankenhaus reagiert nicht. Nun die Preisfrage: klagt die Kasse nach Austausch der Argumentation im Verfahren nach §17 c Absatz 2b Krankenhausfinanzierungsgesetz (Nachverfahren) und der (internen) Bewertung der Prozessrisiken?
    • Was ist mit der PrüfvV - wird die angepasst oder bleibt die so bestehen (im Zweifelsfall werden dann ungültige Regelungen durch die Gerichte gekippt)? - meine Prognose ist, dass es hier erst mal keine Änderung gibt, da sich die Partner der Selbstverwaltung nicht bewegen werden (Aufrechnungsverbot und die Möglichkeit der einmaligen Nachkodierung sind die jetzt noch enthaltenen Knackpunkte).
    • Schlichtungsausschuss: die ewig bekannten und von den Gerichten mal so und mal so entschiedenen Streitfragen werden endlich (hoffentlich) abschliessend geregelt.
    • Wenn dann die Probleme mit der Kodierung geklärt sind, dann werden vielleicht die Versorgungsprobleme durch fehlende Pflegeheimplätze und Reha-Plätze als weiteres Übel in der Abrechnung (mir ist kein besserer Begriff eingefallen) angegangen.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch