AOP-Katalog = "elektive" Maßnahmen? - und was ist bei Notfällen?

  • Liebes Forum,

    wenn ich in MDK-Gutachten mit Fragen der primFB zu tun habe, betrifft das nicht selten Konstellationen, die (zumindest aus MDK-Sicht) stationsersetzend hätten erfolgen sollen, da sie im AOP-Katalog enthalten sind. Ein Bsp. bei uns wäre die elektive, rein diagnostische Koronarangiographie, etwa nach auffälliger Ergometrie beim Hausarzt. Irgendwie implikativ finde ich hier die Assoziation "elektiv", bin mir aber dennoch unsicher, ob ich da nicht falsch liege. Daher meine Frage an Sie: beinhaltet der AOP-Katalog definitionsgemäß (nur) planbare Leistungen, oder kann er auch so verstanden werden, dass eine AOP-Leistung auch bei Notfällen gefordert werden kann?

    Ein Beispiel: Notfallmäßige Aufnahme eines Patienten mit instabiler Angina Pectoris (Arbeitshypothese: akutes Koronarsyndrom) und Durchführung einer Herzkatheteruntersuchung noch am selben Tag. Selbige erbringt aber einen Ausschluss KHK. Obschon vieles/alles aus der ex ante Sicht eine relevante KHK wahrscheinlich erschienen ließ (viele kardiovaskuläre Risikofaktoren, Beschwerdecharakteristik etc), stellt sich retrospektiv doch heraus, dass der Patient eine andere Ursache aufwies (zB Reflux-Oesophagitis, Muskuloskelletal oä).

    Die KK geht jetzt her und argumentiert: Ja, das mit der Arbeitshypothese usw. einschließlich der Katheteruntersuchung passt alles, allerdings wäre AOP statt stationär die korrekte Abrechnungsform, da die rein diagnostische Koronarangiographie im AOP-Katalog enthalten ist.

    Ich bin mehr als gespannt auf Ihre Einschätzung!

    Lieben Dank im Voraus und beste Grüße

  • Hallo,

    ich würde die KK freundlich auf § 2 Abs. 1 S.1 AOP-Vertrag (link) verweisen.

    "Eingriffe gemäß § 115b SGB V sollen in der Regel auf Veranlassung eines niedergelassenen Vertragsarztes unter Verwendung eines Überweisungsscheins durchgeführt werden."

    Eine notfällige Aufn. mit Ausschluss ACS/KHK per HKU und ggf. zusätzlicher non-invasiver Differentialdiagnostik ex post strittig zu stellen ist schon harter Tobak.

    VG

    F15.2

    Grüße aus dem Salinental

  • Hallo Cardiot,

    sehe ich auch so, einen potentiell lebensbedrohlichen Notfall - am besten noch nach Einlieferung per RTW - rückschauend als AOP einzuordnen passt nicht wirklich. Letztlich muss man sich doch nur die Gegenfrage stellen, was hätte der niedergelassene Facharzt anstelle des KH mit dem Patienten gemacht, ambulant weiterbehandelt oder eingewiesen? Mal sehen, ob da durch die Aufwertung im MDK-Reformgesetz noch Änderungen kommen...

    MfG, RA Berbuir

  • Hallo Cardiot,

    Relevant wären in diesem Zusammenhang für mich auch die konkreten zeitlichen Konstellationen:

    Aufnahme um wieviel Uhr, Wochenende? Und vorallem: Wie lange haben Sie den Patienten behandelt ?

    Es kommt immer auf den Einzelfall an: Nicht jeder AOP Eingriff geht ambulant und nicht jeder Notfall ist stationär nötig.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Hallo,

    es erfolgte doch eine stationäre Aufnahme mit Behandlungsplan, selbst ohne Coro wäre dies eine stationäre Behandlung. Das jetzt sogar eine Coro erfolgte kann nicht Grund sein plötzlich nach AOP abzurechnen?!

    verkehrte Welt...

    rokka

  • Hallo zusammen,

    danke für die bisherigen Antworten. Zu Ihrer Frage Herr Breitmeier: Aufnahme werktäglich 8:20Uhr als Selbstvorsteller in der Notaufnahme wegen anhaltenden, typischen AP-Beschwerden seit 7:00Uhr des Aufnahmetages. Nach "üblicher" Therapie (ASS/Heparin/Nitro/Analgesie) beschwerdefrei, keine EKG-Auffälligkeiten, Troponin negativ. Wegen breitem Risikoprofil (Hypertonie, Adipositas, Nikotin) Koronarangiographie ab 11:54 Uhr (selber Tag). Entlassung am Folgetag, da femorale Punktion - ja, machen einige unserer Untersucher heute immer noch ;)

    Somit aus meiner Sicht Arbeitshypothese akutes Koronarsyndrom, entsprechender Therapieplan, entsprechende Maßnahmen, geplanter mind 24h stat Aufenthalt.... Daher meinerseits eigentlich alles eindeutig und großes Erstaunen ob der jetzt geführten AOP-Diskussion. Ergebnis noch offen, somit meinerseits die Hoffnung, den Fall erfolgreich stationär abrechnen zu können, und die ganze Aktion unter "wir probieren's halt mal (KK)" abzulegen.

    Klar muss nicht jeder Notfall stationär, die Frage ist halt nur prinzipiell, wo zieht man ("man" kann wechselweise mit MDK, Gesetzgeber u/o Sozialgericht gleichgesetzt werden) bei Notfällen definitionsgemäß die Grenze, an der eine quasi-ambulante bzw. vorstationäre "Abklärung" einer evtl. bestehenden stat. Behandlungsbedürftigkeit endet und stattdessen ein vollstationärer Aufenthalt beginnt ??? Anamnese/Untersuchung + apparative/laborchem. "Basischecks" (wobei auch diese einer Definition bedürften; EKG? Sono? Echo? RöThorax?...), oder zählen auch CT, MRT, Endoskopie oder sogar der Herzkatheter dazu? Ist das eigentlich irgendwo verbindlich geregelt - habe nichts dazu gefunden.

    Spannende Frage aus meiner Sicht; freue mich auf weitere Diskussion!

    Beste Grüße

  • Hallo Cardiot,

    wie Rokka schon sagte: "Es erfolgte doch eine stationäre Aufnahme ...". Das ist zumindest der formale Anknüpfungspunkt. Der Patient wurde mit Behandlungsplan auf die Station aufgenommen und in ein Zimmer gelegt. Damit ist das eine stationäre Behandlung.

    Aus einer stationären Behandlung kann keine ambulante Behandlung werden, umgekehrt ist das möglich, so der 3. Senat in einem Urteil.

    Da muss man allerdings vorsichtig sein. Urteile des 3. Senats werden in letzter Zeit regelmäßig kassiert, aus Gründen der Klarstellung, wie es heißt.

    Sofern Sie im o.g. Notfall den Patienten auf die Station aufnehmen, ist das insbesondere aufgrund der Coronarangiographie eine gerechtfertigte stationäre Behandlung.

    Anders ist dies zu bewerten bei einer Über-/einweisung zu einer Koronarangiographie ohne akute Beschwerden.

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo Cardiot,

    Bei Ihrer Schilderung würde ich den Fall auch als medizinisch erforderliche vollstationäre Behandlung ansehen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier