Hauptdiagnose bei Tumortherapie-Folgeerkrankung?

  • Hallo Herr Breitmeier,

    ich verstehe Ihre Argumentation nicht, vielleicht denke ich aber auch an Ihnen vorbei.

    Hallo Medman2,

    Ich bin weiterhin anderer Meinung, weil es sich z.B. in Ihrem Beispiel nur um die Komplikation der Komplikation des Ports handelt.

    Diesbezüglich könnte ich Ihnen folgen, wenn der Port primär z.B. wegen einer Okklusion explantiert worden wäre und sich im Gefolge dieser Operation eine Infektion einstellt. Wenn jedoch, wie hier, der Port wegen einer Infektion explantiert wird und diese Infektion im Gefolge fortschreitet (Phlegmone), dann ist das m.E. keine "Komplikation der Komplikation". So hatte ich Ihren Post #4 auch verstanden:

    Die Implantation eines Ports ist eine Form der Tumortherapie, die Entzündung mit Portentfernung ist eine Komplikation derselben - aber die Therapie dieser Komplikation ist für mich dann eine andere Stufe, die nicht mehr per Schlichtungsspruch geregelt wird sondern von der DKR.

    Zu

    Falls aber der Schlichtungsspruch einschlägig wäre, müsste danach auch die Phlegmone als HD kodiert werden, weil keine Tumor(folgen) behandlung erfolgt ist.

    Der Schlichtungsspruch bezieht sich nicht nur auf "Tumor(folgen)" sondern ausdrücklich auch auf die Behandlung "eine[r] einzelne[n] [...] Komplikation [...] als Folge einer Tumortherapie".

    Es erscheint redundant, dass im Tenor des Schlichtungsspruches für die unmittelbare Anwendung die Fälle ausgeschlossen werden, bei denen weitere Maßnahmen im Zusammenhang mit der Tumorerkrankung durchgeführt werden, weil dann ja schon nicht mehr "eine einzelne Erkrankung" behandelt wird. Im Weiteren wird dann erläutert, dass dies eben auch gilt, wenn "andere Erkrankungen" behandelt werden.

    Somit wäre die unmittelbare Anwendbarkeit des Tenors nicht mehr gegeben.

    Es heißt aber dann im Weiteren:

    • "Die Begrenzung der Anwendbarkeit des Satzes 1 der Auslegungsregel [Anm: z.B. Tumorbehandlungsfolgeerkrankung als HD] auf Fälle, in denen lediglich eine einzelne [...] Komplikation als Folge der Tumortherapie [...] behandelt wird, dient somit dem Zweck, die fortgesetzte Behandlung des Tumors unter der Hauptdiagnose des Malignoms nicht zu verändern." (Hevorhebung durch Verfasser)

    Daraus ergibt sich für mich, dass bei Vorliegen der Ausschlusskriterien (z.B. Behandlung weiterer Erkrankungen neben der Behandlung einer Tumortherapiefolgeerkrankung) die Behandlung unter der Hauptdiagnose des Malignoms zu kodieren ist.

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo Medman2,

    Es ist sicher kompliziert, deshalb versuche ich nochmal zu konkretisieren:

    1. der Portinfekt war eine Komplikation der Tumortherapie, deshalb hätte ich für diesen Vor-Aufenthalt nach Schlichtungsspruch wahrscheinlich T82.7 als HD kodiert ( falls eigenständiger Fall ohne FZF wegen Komplikation; und Sie haben das Bronchialkarzinom gewählt, weil der Patient auch noch Schilddrüsenmedikamente einnahm?).

    2. Die Phlegmone als Komplikation der offenen Wunde lässt keinen direkten Zusammenhang mit der Tumortherapie mehr erkennen. Es ist eine typische postoperative Komplikation. Es ist formal eine andere Krankheit, auch wenn Sie medizinisch einen Zusammenhang sehen. Das ist möglich aber spekulativ.

    Und übrigens: Die Komplikationen offener Wunde werden nicht über DKR 0201 sondern in der speziellen DKR 1905 geregelt. Die beiden SDKR sind gleichrangig.

    Insgesamt spricht also m.E. Deutlich mehr für die HD Phlegmone

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Hallo Herr Breitmeier,

    1. Im Voraufenthalt wurde der Port bei Infektion entfernt und die Wunde offen gelassen. Wahrscheinlich habe ich das nicht hinreichend deutlich dargestellt.

    Man lässt Wunden offen, um kein Fortschreiten der Infektion zu provozieren (die sekundäre Wundheilung ist die sicherste). Es geht aber nicht um den Voraufenthalt.

    2. Im jetzigen Aufenthalt ist die - trotzdem - fortschreitende Infektion (Phlegmone) nicht als Folge der Voroperation (im Sinne einer Wundinfektion nach primärer Naht, wie sie bei jeder Operation auftreten kann) anzusehen. Die fortschreitende Infektion in Form der Phlegmone ist als Komplikation der Portimplantation zu werten. Die Patientin hatte übrigens auch noch eine Leukopenie nach Chemotherapie.

    Ich hoffe, die Grundsituation ist jetzt ein wenig klarer.

    Der Umstand, dass es sich formal um zwei unterschiedliche Kodes handelt, ist nicht relevant. Beide Erkrankungen sind zwei verschiedene Ausprägungsformen einer/der Infektion. Der Schlichtungsspruch knüpft nicht an formale, sondern an inhaltliche Kriterien.

    Offen gestanden habe ich Probleme mit dem Schlichtungsspruch. Er ist in sich redundant, was nicht unzulässig ist. Das Ausschlusskriterium, dass "keine anderen Erkrankungen" behandelt werden dürfen, kann ich nur in o.g. Weise interpretieren.

    Wie verstehen Sie denn die Formulierung, dass "keine anderen Erkrankungen" behandelt werden dürfen?

    Viele Grüße

    M2

    Einmal editiert, zuletzt von medman2 (23. August 2019 um 19:51)

  • Ich habe anschließend an dieses Thema eine Frage bzgl. des Beschluss des Schlichtungsausschuss 01/2015:

    Bei einem Fall wurden zwei Folgeerkrankungen (Pneumonie und Anämie) behandelt, nicht jedoch die Grunderkrankung, das Tumorleiden. Es fanden dahingehend auch keine Behandlungen statt. Eigentlich dürfte durch die mengenmäßige Begrenzung des Beschlusses dieser nicht anwendbar sein. Demnach müssten die DKR gelten. DKR 0201f dürfte ebenfalls nicht einschlägig sein, da ja wie gesagt keine Behandlung des bekannten Tumors stattfand. Also müsste nach D0002f dann eine der Folgeerkrankungen als HD angesetzt werden. Sehe ich das falsch?

  • Hallo Sozialrechttitan,

    tja, das kann man so sehen. Allerdings führt das das Ganze ad adsurdum. Denn es wird ausdrücklich dargelegt:

    • "Die Begrenzung der Anwendbarkeit des Satzes 1 der Auslegungsregel auf Fälle, in denen lediglich eine einzelne Erkrankung oder Komplikation als Folge der Tumortherapie oder des Tumors behandelt wird, dient somit dem Zweck, die fortgesetzte Behandlung des Tumors unter der Hauptdiagnose des Malignoms nicht zu verändern. Vielmehr sollte eine Lösung für solche Fälle gefunden werden, bei denen der Patient nicht wegen des Tumors, sondern ausschließlich wegen einer einzelnen Erkrankung oder Kompiikation stationär behandelt wird."

    Nach Ihrer Interpretation wird bei Behandlung ausschließlich einer Tumorfolgeerkrankung gemäß Schlichtungsspruch eben diese und nicht der Tumor als HD kodiert, bei Behandlung mehrerer Tumorfolgeerkrankungen gemäß DKR 0201 eben auch nicht der Tumor.

    Viele Grüße

    M2

  • Ja genau, es wäre für den Anwender noch einfacher, wenn ausdrücklich geregelt werden würde, was bei mehreren Komplikationen bzw. Folgeerkrankungen gelten soll. Ich persönlich fände es logischer den Tumor nicht als HD zu kodieren, wenn gar nichts in Hinblick auf ihn unternommen wurde. Ich werde aber sehen, was das Gericht sagt.

  • Hallo Sozialrechttitan,

    DKR 0201:

    • "Der Malignom-Kode ist als Hauptdiagnose für jeden Krankenhausaufenthalt zur Behandlung der bösartigen Neubildung und zu notwendigen Folgebehandlungen (z.B. Operationen, Chemo-/Strahlentherapie, sonstige Therapie) […]) anzugeben,"

    Viele Grüße

    M2

  • ...Folgebehandlung des Tumors.

    Dort steht nicht die der Komplikationen, denn am Ende steht auch:

    War der Aufnahmegrund weder die maligne Erkrankung noch die Chemo-/Strahlentherapie, so ist die HD gemäß DKR D002 HD zu wählen^1

    (Fußnote 1 siehe hierzu auch den Beschluss des Schlichtungsauschusses Bund..).; da schließt sich der Kreis

    MfG

    rokka

  • Hallo Rokka,

    s.o.:

    ""Die Begrenzung der Anwendbarkeit des Satzes 1 der Auslegungsregel auf Fälle, in denen lediglich eine einzelne Erkrankung oder Komplikation als Folge der Tumortherapie oder des Tumors behandelt wird, dient somit dem Zweck, die fortgesetzte Behandlung des Tumors unter der Hauptdiagnose des Malignoms nicht zu verändern. Vielmehr sollte eine Lösung für solche Fälle gefunden werden, bei denen der Patient nicht wegen des Tumors, sondern ausschließlich wegen einer einzelnen Erkrankung oder Kompiikation stationär behandelt wird."

    Viele Grüße

    M2