PPP-RL in der Praxis

  • Guten Tag in die Runde,

    der G-BA hat die Verschiebung der Sanktionsregelungen um ein Jahr beschlossen, für die Psychiatrie starten die Sanktionen also erst ab 2023: https://www.g-ba.de/presse/pressemitteilungen-meldungen/986/

    Zudem wird es im tagesklinischen Bereich eine neue Eingruppierung A8 „Psychosomatisch-psychotherapeutische und psychotherapeutische Komplexbehandlung teilstationär“ geben.

    Auch gibt es weitere Änderungen im Detail.

    Beste Grüße, M. Klee

  • Hallo zusammen,

    Da bei uns in der Klinik die PPP-RL-Zahlen - wahrscheinlich aus gutem Grund - nicht geteilt werden, und meine Einblicke in die Materie noch etwas begrenzt sind, habe ich nach einer "Faustformel" gesucht, um grob den Personalbedarf abzuschätzen und um die Plausibilität durchgesickerter Gerüchte zu überprüfen. Hintergrund ist, dass schon Konsequenzen gezogen werden wie Urlaubssperren und Nicht-Genehmigung von Fortbildungen, ohne dass Ist- und Soll- Zahlen veröffentlicht werden. Genau nachzurechnen ist unmöglich, da viele Ärzte mit gesplitteten Stellenanteilen arbeiten in Ambulanz, auf Station und in Tageskliniken.

    Meine kleine Überlegung lautet:

    Eine Station mit 24 Betten, deren Patienten mit A1 (Minutenwert 207 für Ärzte) eingestuft sind bräuchte an Ärzten (40 Wochenstunden):

    24*207/(60*40)=2,07

    Für die Klinik dann noch einen mehr, da einer immer im Nachtdienstfrei ist und noch zwei in Reserve, für Krankheitsausfälle.

    Ist das so im Großen und Ganzen richtig, oder habe ich einen Denkfehler gemacht?

    mit freudlichen Grüßen

    Paliperidon

  • Hallo Paliperidon,

    1. Ihre Überlegungen haben mit der Mindestpersonal-Berechnung nach PPP-RL je Haus m.E. leider nicht viel zu tun, denn in Ihren Überlegungen fehlt die Berücksichtigung der Behandlungstage (Achtung: neue Kategorie! Es handelt sich dabei weder um Berechnungstage noch um Pflegetage) des Vorjahres und des aktuellen Jahres.
    2. Dann müssen Sie die Verteilung der Patienten auf die Behandlungsbereiche pro Monat pro Station des Standortes auf Basis der Psych-PV-Einstufungen im Jahr 2019 ermitteln und diesen prozentualen Anteil mit den ermittelten Behandlungstagen des Vorjahres und des aktuellen Jahren multiplizieren.
    3. Je nachdem, ob diese (anteiligen) Behandlungstage des aktuellen Quartals um +/- 2,5% zum gleichen Quartal des Vorjahres abweichen, nehmen Sie dann die Behandlungstage des aktuellen Quartals (sog. "Korridorregelung"), sonst die des Vorjahres.
    4. Nun dividieren Sie die ermittelten "Behandlungstage je Behandlungsbereich gemäß Quartalsvergleich" bei vollstationären Stationen durch 7 und bei teilstationären Einheiten durch 5 und erhalten die "Behandlungswochen je Behandlungsbereich". Diesen so ermittelten Wert multiplizieren Sie mit den Minutenwerten der PPP-RL-Berufsgruppen und erhalten nach einer Division des Ergebnisses mit 60 damit die erwünschten Vollkraftstunden (VKS) der PPP-RL-Berufsgruppen je Behandlungsbereich.
    5. Erst dann müssen Sie der Tatsache Rechnung tragen, dass die PPP-RL nur die Netto-VKS in Tagdiensten als Mindestpersonalausstattung ermittelt. Da die PPP-RL ja eben kein Personalbemessungsinstrument (!!!) ist und die wie oben ermittelten höchsten Mindest-VKS jederzeit erfüllt werden müssen, müssen nun in den Budgetverhandlungen eines jeden Hauses mit den Krankenkassen diese Werte in Brutto-Stellen überführt werden: u.a. also + Ausfallzeiten, + Nachtdienststellen, + Leistungskräfte, + Genesungsbegleiter...

    Sie multiplizieren also nicht die Patient*innen der Behandlungsbereiche, sondern Sie multiplizieren die "Behandlungswochen je Behandlungsbereich nach Quartalsvergleich" mit den Minutenwerten, um dann die VKS (und damit dann den Netto-VK-Wert) zu ermitteln.

    Wie gesagt, das Ganze machen Sie dann je Standort und dort je Station je Monat. Alles klar? :evil:

    Nachzulesen in der PPP-RL und (mit Formeln) in ihren "Tragenden Gründen" (hier und hier)...

    MfG,

    ck-pku

    2 Mal editiert, zuletzt von ck-pku (20. Oktober 2021 um 07:45)

  • Danke für die umfassende Antwort :)

    Ist es denn gar nicht möglich, zumindest etwas zu überschlagen, ob die aktuelle Personalausstattung einigermaßen ok ist?

    Ein "Pi-mal Daumen" Richtwert, wie viele Pat. ein Arzt bzw. ein Psychologe höchstens betreuen darf ? Das müsste sich doch eigentlich aus den Minutenwerten irgendwie ableiten lassen.

    Uns wird z.B. mitgeteilt, dass wir die Mindestvorgaben erfüllen. Allerdings hat eine Station mit etwa 20 Betten gar keinen Stationsarzt, auf einer anderen Station ist die Psychologin im LZ-Krankenschein, eine Station mit 15 Betten wird von einer Stationsärztin betreut, die keine volle Stelle hat etc......

    Das passt hinten und vorne nicht. Da die Berechnung aber so kompliziert ist, kann das ganze keiner mehr nachvollziehen.

  • Hallo Paliperidon,

    so ich versuche mich mal modellhaft daran:

    Sie haben in Ihrem Post vom 11.10.2021 von einer Station mit 24 Betten ausschließlich mit A1-Patient*innen gesprochen. Ich unterstelle, dass dieser Standort der Klinik nur aus dieser einen vollstationären Station besteht.

    Gehen wir mal vom Monat Januar aus. Die maximale Anzahl der Berechnungstage liegt bei 24x31=744 Berechnungstage. Unterstellen wir einen vereinbarten Nutzungsgrad von 95%, dann dürften 707 Berechnungstage bei "vollem Haus" eine realistische Größe sein. Erfahrungsgemäß liegt die Quote der Behandlungstage bei ca. 94% (diese müssen bei Ihnen natürlich genau ermittelt werden). 707*94%=665 Behandlungstage. Da ausschließlich A1-Patient*innen behandelt wurden, verteilen sich diese 665 Behandlungstage zu 100% auf A1.

    Wir unterstellen keine Abweichung zum Quartal des Vorjahres. 665 Behandlungstage/7 (da vollstationär)=95 Behandlungswochen des Behandlungsbereichs A1.

    Wir errechnen ausschließlich ärztliche VKS: 95*207 Arzt-Minuten in A1=19.665/60=328 ärztliche Mindest-VKS (beachten Sie bitte die Rundungsregeln nach § 6 Abs. 1 Satz 3 PPP-RL).

    Nur informativ: Bei einem Ø Jahresarbeitszeit-Brutto ohne individuelle Ausfallzeiten i.H.v. 1.964 Stunden ergeben sich daraus für den Monat Januar auf dieser Station eine ärztliche Mindest-Besetzung von 0,167 VK. Für die Personalbedarfsermittlung müssen Sie diesen Wert nun um Ausfallzeiten etc. erhöht verhandeln. Denn hätten Sie nur diese 0,167 VK zur Verfügung, würde (so etwas "Unverschämtes" wie) Krankheit, Urlaub, Fortbildung o.ä. ja sofort die Nichterfüllung zur Folge haben. :evil:

    Hilft das weiter?


    MfG,

    ck-pku

  • Guten Morgen,

    noch ein kurzer Nachtrag als Ergänzung zu meinen gestrigen Ausführungen:

    Ist Ihre Station aber (z.B. coronabedingt) wie auch im Vorjahresmonat nur zu 80% belegt, dann haben Sie nur ca. 595 Berechnungstage. 94% davon = 559 Behandlungstage. 559 geteilt durch 7 = 79,86 Behandlungswochen des Behandlungsbereichs A1.

    Wir errechnen ausschließlich ärztliche VKS: 79,86*207 Arzt-Minuten in A1=16531/60=276 ärztliche Mindest-VKS (≙ 0,141 Mindest-VK).

    Sie sehen also:

    Es kommt nicht auf die Betten, auch nicht auf die Fallzahl sondern auf die Anzahl der Behandlungstage (also die bereinigte Belegung der Betten durch die Fälle) an.

    MfG,

    ck-pku

  • Nochmals danke für die ausführlichen Erläuterungen. Eins habe ich aber noch nicht verstanden:

    Die Station braucht 328 Arztstunden im Monat Januar. Ein Arzt hat hier 40 Wochenstunden. Der Monat Januar hat 31/7 Wochen, also 4,4. 4,4*40 ergibt etwa 177 Stunden, die der o.g. Arzt auf Station ist.

    328 / 177 ergibt 1,85. Es müssten dann also mind. 1,85 Vollzeitstellen da sein? bei 24 Betten ergäbe das etwa 12,9 Pat. pro Arzt, was "Pi-mal daumen" etwas dem entspricht, was ich ganz oben geschrieben hatte.

    Bei uns werden Betten am Entlasstag direkt neu belegt, so dass das Bett für die Station zweimal berechnet wird, da der Vor-Patient erst nachmittags entlassen wird.... Damit ist unsere Auslastung tatsächlich um die 100 Prozent.

  • Hallo,

    aber das ergibt sich doch aus meinen Antworten. Oder verstehe ich Sie falsch? Bei einer (auch zum Vorjahr) dauerhaften 100%-Belegung (aber Achtung: es geht um Behandlungs-, nicht um Berechnungstage) ist das Ergebnis doch 31 Kalendertage * 24 Betten = 744 max. Behandlungstage (hier hätten Sie aber im Monat Januar keine einzige Entlassung, denn bei vollstationären Behandlungen zählt der Entlassungstag, wenn dieser auch Berechnungstag ist, nicht als Behandlungstag). 744 / 7 = 106,29 max. Behandlungswochen. 106,29 BWBB * 207 Arzt-Minuten = 367 max. Mindest-VKSARZT (≙ bei einer 40 h/Woche ca. 0,18 max. Mindest-VKARZT p.m.)

    Ihr o.g. Rechenweg ist eben nicht PPP-RL-konform. Er kommt nur in etwa auf das gleiche Ergebnis, weil ja in Ihrer Rechnung eine 100%ige Auslastung (im Behandlungsbereich A1) und der Umstand, dass die Behandlungstage den Berechnungstagen entsprechen, unterstellt wurde.

    Es kommt eben, wie bereits mehrfach gesagt, auf die Behandlungstage (unter Anwendung der Korridorregelung nach § 6 Abs. 4 PPP-RL) und die Behandlungsbereiche an...


    MfG

    ck-pku

  • Hallo zusammen,

    ck-pku, ich hätte die Frage, wie Sie die Stunden (VKS) in VK umrechnen. Denn wie Paliperidon schon geschrieben hatte, müsste bei 328 mindestens zu leistenden Stunden ja mehr als 0,167 VK errechnet werden. (ich gehe mal von 22 Arbeitstagen im Januar aus, multipliziert mit 8,4 Stunden am Tag, dann 22*8,4 = 184,8 Stunden, die 1VK pro Monat arbeitet.

    Ich denke hier legt insbesondere das Missverständnis.

    Paliperidon, ich sehe es mit Ihrer Überlegung die Rechnung auf diese Art grob zu überschlagen ähnlich.

    Mich würde generell außerdem interessieren, wie hoch Sie Ihre Ausfallquote ansetzen? Haben Sie darüber konkrete Werte oder legen Sie einfach pauschal x % fest?

    In Hannover gibt es derzeit dazu noch keine konkrete Quote, hier würde mich ein grober Richtwert aus anderen Einrichtungen interessieren.

    Viele Grüße aus Hannover

    C. Körtke

  • Guten Morgen Frau Körtke,

    vielen Dank der Nachfrage.

    Zunächst einmal muss man feststellen, dass die PPP-RL die Einheit "Vollkräfte (VK)" gar nicht kennt oder benennt. Für die PPP-RL, die Nachweise etc. zählen nur "Vollkraftstunden (VKS)".

    Natürlich haben wir dennoch das Erfordernis, VKS in VK umzurechnen. Und hier unterscheiden sich die Wege der Häuser sicherlich, denn hier spielen die Absprachen, die die Häuser in den jeweiligen Budgetverhandlungen mit den Krankenkassen getroffen haben, eine entscheidene Rolle.

    Wir rechnen am Beispiel 2021 folgendermaßen:

    Das Jahr hat 365 Kalendertage, die sich bei einer 5 Tage-Woche grds. auf 261 Werk- und 104 Wochenendtagen aufteilen.

    Hierbei sind aber noch nicht die gesetzlichen Feiertage an Werktagen des Bundes und des jeweiligen Bundeslandes berücksichtigt. Da wir den Mitarbeiter*innen auch Heiligabend und Silvester freigeben, betragen diese in Niedersachsen 5 + eben diese 2 Tage, also 7.

    Nun kommt es auf den vereinbarten Ansatz der tariflichen Wochenarbeitszeit an, bei uns 38,5 Std./Woche = 7,7 Std./Arbeitstag.

    254 * 7,7 = 1.955,80 Std. tarifliche Jahresarbeitszeit (brutto) inkl. Feiertagsberücksichtigung (mit Heiligabend & Silvester), ohne ind. Ausfallzeiten.

    Nun dividieren wir die festgestellten VKS 2021 durch 1.955,80 Stunden und kommen so auf Brutto-VK-Werte, bei denen nun, je nach Berufsgruppe, individuelle Ausfallzeiten aufgeschlagen werden sollten. Hier muss jedes Haus mit seinen Budgetpartnern diesen Aufschlag begründen und verhandeln, denn wie oben bereits erwähnt, kennt die PPP-RL keine VK-Werte und gibt damit keine Rechenmodi vor. Die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft informiert regelmäßig über mittlere Personalausfallquoten.

    Schönen 4. Advent wünscht

    mfG

    ck-pku