Schweigepflichtentbindung durch Angehörige?

  • Guten Tag zusammen,

    wie verfahren Sie in der folgenden Situation?

    Privatpatient, lange Intensivaufenthalt, verstorben. Die Ehefrau hat nach Erhalt der Rechnung von der PKV die Übersendung der Unterlagen angefordert und entbindet uns von der Schweigepflicht per E-Mail (?). Eine Schweigepflichtentbindung vom Patienten gibt es nicht. Kann / darf man die Unterlagen herausgeben?

    Vielen Dank im Voraus!

  • Guten Morgen,

    eine SPE kann mMn in diesem Fall nur von den Erben ausgestellt werden, d.h. die Kasse muss Ihnen den entsprechenden Nachweis erbringen bzw. Sie wenden sich ans zuständige Amtsgericht mit der Bitte um Mitteilung der erbberechtigten Personen.

    Die Ehefrau ist nicht automatisch erbberechtigt.

    VG

    F15.2

    Grüße aus dem Salinental

  • Hallo,

    wir handhaben es anders.

    Bezugnehmend auf das Urteil Az.: 4 w 43/04 war die Aussage unseres Juristen, dass es Sache der behandelnden Ärzte ist es zu beurteilen, ob die Übermittlung der Krankenakte (…) die ärztliche Schweigepflicht verletzt, oder ob dies mit mutmaßlichem Einverständnis des Versicherten geschieht.

    Daher gehen wir davon aus, dass es im Interesse des Patienten gewesen wäre, wenn der Krankenversicherung Kopien überlassen werden.

    VG

  • Hallo,

    die Entbindung geht nicht auf die Erben über. Entscheidend ist dann der mutmaßliche Wille des Verstorbenen. Hier kann es gute Gründe geben, dass manche nicht wollen, dass die Angehörigen so manches erfahren.

    Näheres gibt es beim Anwalt

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Vielen Dank PePaMel, vielen Dank Herr Horndasch,

    die Sache scheint doch komplexer zu sein. :/

    Im Artikel unter dem Link von Herrn Horndasch steht übrigens folgendes: "Lediglich sofern die Angehörigen nach dem Tod vermögensrechtliche Ansprüche, etwa wegen eines Behandlungsfehlers geltend machen, sieht das Gesetz bisher gem. § 630 g Abs. 3 BGB ein Einsichtnahmerecht in die Patientenakte vor, nicht aber lediglich zur Information über die Todesursachen und Erkrankungen des Angehörigen vor dem Tod."

    Wir befinden uns ja in der Prüfung der Abrechnung. Das sind im weitesten Sinne auch vermögensrechtliche Ansprüche, gerade bei einer privatversicherten Person. Wäre damit ein Einsichtnahmerecht für die erbberechtigte Person nicht begründet?

    Viele Grüße!

  • Hallo,
    letztendlich muss es der Arzt entscheiden. Es handelt sich um eine ärztliche Schweigepflicht und nicht um eine Schweigepflicht des Krankenhauses.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo,

    E_Horndasch

    Da haben Sie Recht, entbinden können diese nicht.

    Sie haben jedoch ein Einsichtsanspruch bei vermögensrechtlichen Sachverhalten, soweit ich das verlinkte Urteil von PePaMel richt lese.


    Bezugnehmend auf das Urteil Az.: 4 w 43/04 war die Aussage unseres Juristen,

    "Teilweise wird eine Ausnahme erwogen, soweit es um die vermögenswerten Geheimnisse geht, die in die Disposition der Erben fallen sollen, und soweit es sich um die Tatsachen handelt, deren Kenntnis für die Wahrnehmung nachwirkender Persönlichkeitsbelange erforderlich ist. Hinsichtlich dieser Tatsachen sollen die nächsten Angehörigen dispositionsbefugt sein ( BGH NJW 1983, 2627 [ 2628 ] )."

    VG

    F15.2

    Grüße aus dem Salinental

  • Vielen Dank!

    Nach der Lektüre des Threads und der §§809, 810, 811 und 630g des BGB scheint es, dass die folgenden Schritte bzw. Dokumente insgesamt erforderlich sind / sein können:

    * Bescheinigung des Amtsgerichts über die erbberechtigten Personen.

    * Auskunft des Notars bzgl. des Willens der verstorbenen Person.

    * Schriftliche Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht durch die erbberechtigte Person mit Eigenunterschrift (nicht per E-Mail).

    * Entscheidung des behandelnden Arztes im Sinne des mutmaßlichen Willens (wenn sonst nicht geregelt).

    * Entscheidung über den Vorlegungsort.