D65.0: Afibrinogenämie oder Hypofibrinogenämie

  • Guten Tag!

    Der MDK streicht uns in 2 Fällen die Nebendiagnose D65.0 (Afibrinogenämie). Diese haben wir bei laborchemisch belegter Hypofibrinogenämie im Sinne eines erworbenen Fibrinogenmangels nach Blutverlust kodiert, was im alphabetischen ICD unter D65.0 auch so aufgeführt ist.

    Im 1.Fall kam es postoperativ zu einer derangierten Gerinnung mit Ausbildung eines Retroperitonealhämatoms mit Hämoglobinabfall und einhergehender Verlustkoagulopathie (Thrombozytenabfall, Fibrinogenabfall). Das Fibrinogen betrug 131 mg/dl bei einer Norm von 200-400. Das Hämatom wurde ausgeräumt, intraoperativ wurden 7 EK, 3 TK und 3x Plasma (beinhaltet u.a. Gerinnungsfaktor I Fibrinogen) transfundiert. Es kam zum suffizienten Anstieg von Hb, Thrombozyten und Fibrinogen (intraoperativ 164 mg/dl). Weiterhin wurde Tranexamsäure zur Behandlung von Blutungen bei Hyperfibrinolyse gegeben. Laborkontrollen der Gerinnung (Quick, INR, PTT) haben stattgefunden. Der MDK streicht die D65.0, da nur ein leicht erniedrigter Fibrinogenwert vorläge. Der Blutverlust mit einhergehendem Verlust von Gerinnungsstoffen entspräche nicht einer D65.0, zumal keine Gabe von Fibrinogen erfolgte. Die Gabe von Blutprodukten wäre nur zur Behandlung der postoperativen Blutung erfolgt und diese wäre bereits über die D68.8/ U69.12! (sonst. n.bez. Koagulopathie mit Blutung/ temporäre Blutgerinnungsstörung) abgebildet.

    Im 2.Fall kommt es bereits ambulant postoperativ zu einer intraabdominale Blutung mit 1 Liter Blutverlust, was zur Notaufnahme in unsere Klinik führt. Bei Aufnahme ist das Fibrinogen mit 181 mg/dl erniedrigt zum Normwert. Hier erfolgt die sofortige Hämatomausräumung (ca. 1 Liter Blut). Pat. erhält intraoperativ 1g Fibrinogen. Postoperativ ist das Fibrinogen normwertig mit 247 mg/dl. Der Quick ist erniedrigt (61%), es liegt eine Thrombozytopenie 136 u. 142 Tsd./µl vor. Postoperativ kommt es zu einem Hämatothorax mit Hämatomausräumung Pleurahöhle (erneut ca. 1 Liter Blutverlust). Insgesamt also 3 Liter Blutverlust. Der MDK streicht die D65.0 und ersetzt diese durch D68.4 (erworbener Mangel an Gerinnungsfaktoren). Eine Afibrinogenämie wäre den Laborwerten nicht zu entnehmen.

    Hat der MDK recht? Könnte alternativ zur D65.0 eine D65.2/ U69.12! (erworbene Fibrinolyseblutung/ temporäre Blutgerinnungsstörung) kodiert werden? Wie bewerten Sie das Thema?

    Vielen Dank und viele Grüße

    Kai Thiemann

  • Kai T. 6. April 2020 um 14:14

    Hat den Titel des Themas von „D65.0: Afibrinogenämie oder Hypofibinogenämie“ zu „D65.0: Afibrinogenämie oder Hypofibrinogenämie“ geändert.
  • Guten Tag,

    der (nicht nur aus meiner Sicht) korrekte ICD-Kode D65.0 für den erworbenen Fibrinogenmangel wird vom MDK so gut wie immer gestrichen. Die dafür ersatzweise angegebenen Kodes und auch die Begründungen variieren zum Teil deutlich.
    Ich fürchte da wird Ihnen nur eine Klage übrig bleiben.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • es ist aber auch seltsam warum im Alphabetischen Verzeichnis 2 verschieden Codes potentiell mgl. sind:

    Hypofribrinogenämie = D68.8

    Hypofibrinogenämie, erworben = D65.0

    was soll das? wieder klares Streitpotentiell was denn nun jeweils gemeint sein könnte da keine weiteren Erläuterungen!

    ich wüßte ab hier nicht mehr weiter... wie will man da begründet klagen?

    MfG

    rokka

  • Guten Tag,

    der Fibrinogenmangel ist mit D65.0 zu kodierten.
    Voraussetzung ist allerdings entweder eine pathologischer Fibrinogenwert oder eine eindeutig pathologische FIBTEM -Analyse.

    Streitbefangen ist das bei uns regelmäßig dann, wenn es mehrere FibTEM Werte gibt, deren Tendenz eindeutig nach unten zeigt, deren schlechtester Wert allerdings noch nicht hochpathologisch ist.

    Hier kann allerdings nicht die Karte gezogen werden, dass durch Prophylaxe vermiedene Zustände nicht zu kodieren sind.

    Bei Fibtem 18- 15 - 12- 10 ist der Fibrinogenmangel bereits klar. Greift man nicht ein, besteht die Gefahr einer DIC.

    Sofern aber bei einer Blutung mit normalen Fibrinogen-Werten nur prophylaktisch Fibrinogen gegeben wird, dürfte die Kodierung schwierig werden (Beispiel 2).

    Im Beispiel 1 liegt ein eindeutig pathologischer Wert bereits vor. Hier war der Streit lange, ob der Code D65.0 nur bei Afibrinoginämie oder auch bei Hypofibrinogenämie zu verwerten ist. Das ist aber hiesig inzwischen geklärt, da das alphabetischer Verzeichnis sich hierzu eindeutig verhält.

    Gruß

    merguet

  • Hallo,

    kurze Recherche im Alphabet. VZ:

    D68.20 bei angeboren

    D65.0 bei erworben

    D68.8 bei unklar (gibt es das ?)

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Hr. Horndasch,

    na das unklar vs. erworben ist ja das Problem, reicht für erworben eine Blutung (akuter Verbrauch/Verlust)? Bei Leberzirrhose wäre es ja schon eindeutiger (Produktionsmangel).

    MfG

    rokka

  • Hallo,

    im Normalfall wird differenziert zwischen erworben und angeboren. Diese Differenzierung sollte im klinischen Alltag machbar sein.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Hr. Horndasch,

    wir denken ja das gleiche, ich habe nur die Nuance Zweifel ob der MDK sich damit begnügt,

    weil eben nach alphabetischem Verzeichnis die Möglichkeit besteht, das als unklar zu kodieren, und was bedeutet unklar? sprich sie sagen erworben aber wie wollen sie das "beweisen"? (noch kleinkarierter: haben sie die andere Möglichkeit ausgeschlossen?)

    MfG

    rokka

  • Hallo,

    welche medizinische Störung im jeweiligen Fall vorliegt (Verbrauchskoagulopathie, Fibrinolyseblutung o.ä.) hängt von der jeweiligen Dokumentation ab. Ansonsten bleibt meines Erachtens nur o.g. Kodierung D68.4 übrig.

    Das alphabetische Verzeichnis ist hier in der Tat verwirrend, aber leider nicht bindend. Warum es bei "Hypo" (Erniedrigung) auf eine Kode für "Afibrinogenämie" (Fehlen von Fibrinogen) leitet ist unverständlich. Bindend ist gemäß DKR das Systematische Verzeichnis und der Wortlaut des Kodes D65.0 Afibrinogenämie ist so eindeutig, eindeutiger geht's ja nicht mehr. Dem MDK ist hier kaum etwas entgegen zu setzen. Für eine erworbene Erniedrigung (Fibrinogen ist Faktor I) bleibt daher nur D68.4 "Erworbener Mangel an Gerinnungsfaktoren" übrig. Das DIMDI sollte hier dringend nachsteuern um die Problematik auszuräumen.

    "Unklar" sollte es kaum geben, wenn zwischen "angeboren" und "erworben" unterscheidbar ist.

    Grüße

    Ozy