Rechnungskürzung ohne MDK-Einschaltung

  • Sehr geehrte Forumisti,

    wir haben von einer Krankenkasse vermehrt Schreiben erhalten, dass Rechnungskürzungen vorgenommen wurden, diese wurden mit folgenden Aussagen begründet:

    "... Wie dem §301-Datensatz (OPS, ICD) zu entnehmen ist, hätte der Patient durch ein Straffung des Behandlungsablaufes bereits am xx.xx.xx entlassen werden können ...";

    "... Nach den kodierten Diag./Proz. ist eine Behandlung über einen BT hinaus nicht nachvollziehbar. Komplikationen/ND, die den weiteren verbleib im KH begründe, sind nicht erkennbar... Legen Sie bitte insbesondere med. dar, weshalb die Patientin mehr als 1 BT stationär behandelt wurde ...";

    Mit viel partnerschaftlichem Zusammenarbeiten kann ich vielleicht in der zweiten Variante eine MBEG sehen, allerdings haben wir hier kein grundsätzliches ambulantes Potential vorliegen. Da dieses Vorgehen von einer der großen Kassen betrieben wird, gehe ich davon aus, dass dies übergreifend erfolgt und erbitte Einschätzungen von anderen betroffenden Krankenhäusern. Haben wir denn schon die erste Umgehungstaktik zur Nichteinbindung des MDK?

    MfG stei-di

  • Hallo stei-di,

    solche Spielchen kannte ich bislang nur von kleineren KKen, die sich eben die Kosten für den MDK sparen wollten. Da haben dann oftmals 1-2 schnelle Klagen und/oder ein Anruf geholfen. Bei einer größeren Kasse muss man dann strategisch ggf. anders planen. Insbesondere die erste Anfrage ist ja mal völlig Banane, die im § 301 enthaltenen Schlüssel lassen doch regelhaft keine tragfähige Beurteilung der VWD zu (es sei denn es geht um einfache elektive Eingriffe, bei denen aber am Aufnahmetag eben kein Eingriff erfolgt, o.ä.)?! Die zweite Anfrage würde ich auch noch als MBEG oder konkludente Aufforderung zum Vorverfahren nach PrüfvV einordnen, auf die man insbesondere im Hinblick auf etwaige landesvertragliche Altreglungen knapp reagieren sollte (eigentlich dann aber keine tiefergehenden med. Angaben, da die Kassen hierzu ja keine Fachkompetenz haben, andererseits hielt das BSG ja schon mal die Info, dass und welches Antibiotikum bei einer Ohrinfektion gegeben wurde für mitteilungsrelevant). Wenn Sie völlig auf stur stellen und dann direkt klagen, laufen Sie halt Gefahr, dass ein Gericht die Abrechnung auch im Bestätigungsfalle noch nicht als fällig ansieht und Ihnen die Verfahrenskosten auferlegt.

    MfG, RA Berbuir

  • Hallo stei-di,

    wir erhalten mit Inkrafttreten des MDK-Reformgesetzes auch mit ansteigender Häufigkeit Rechnungsabweisungen per DTA mit o. g. ähnlichen Begründungen. Oft wird tatsächlich auch eine MBEG gewünscht, neuerdings erhalten wir auch wieder von einer großen Kasse zunehmend die Aufforderung, einen Kurzbericht nach Landesvertrag § 112 zu versenden.

    Man versucht halt, die Begrenzungen durch die Prüfquote damit zu umschiffen ...

    Das ändert aber nichts daran, dass aufgrund der aktuellen Datenschutzbestimmungen eine geeignete medizinische Information ausserhalb des Prüfverfahrens nach § 275 nicht "mal eben" gegenüber den Sachbearbeiter*Innen der Kostenträger offengelegt werden darf.

    Wir kommen unserer "Mitwirkungspflicht" nach. Aber egal ob MBEG, Vorverfahren (was wir aktuell generell ablehnen) oder Kurzbericht n. §112 - es wird nur pauschal auf die schon nach §301 übermittelten Diagnosen u. Prozeduren hingewiesen, "die die medizinische Notwendigkeit ergeben" und "wenn dies nicht ausreichen sollte" ansonsten anheim gestellt, dass man "gern bereit ist, gegen Vorlage einer Schweigepflichtentbindungserklärung des Versicherten oder im Rahmen einer Prüfung n. §275" weitere medizinisch inhaltliche Informationen darzulegen.

    Das ist aufreibend, aber mit geeigneten Textbausteinen machbar. Zumindest lässt es den unsäglichen (wahrscheinlich von schlauen Leitungen der Kostenträger entwickelten Griff in die "Trickkiste - wie kann ich möglichst die Prüfquotenbegrenzung umgehen?)" u. E. zunächst mal ins Leere laufen ....

    Insgesamt ist es zu bedauern, dass man auf diese Art und Weise miteinander umgeht.

    Beste Grüße

    geoff

  • Guten Morgen zusammen,

    vielen Dank für Ihre Rückmeldungen die meine Auffassung leider bestärken. Da wir es hier mit einem unserer großen Beleger zu tun haben, hoffe ich mal, dass diese (bisher) drei Fälle eine "Testvariante" darstellen. Wir haben jetzt davon zwei unter Verweis auf §301 und der Möglichkeit der Verlängerungsanforderung abgelehnt, dort waren die Voraussetzungen (Überschreiten der voraussichtlichen KH-Behandlungsdauer) eben nicht erfüllt. Konsequenterweise weiter der Verweis auf den MDK und Aufforderung zum umgehenden Forderungsausgleich. In einem Fall hatten wir tatsächlich eine Überschreitung der mitgeteilten KH-Behandlungsdauer, hier haben wir im Rahmen der kooperativen Zusammenarbeit dies als unglückliche Formulierung einer Verlängerungsanforderung deklariert ...

    Wir werden sehen.

    MfG stei-di

  • Hallo,

    und selbst wenn Sie eine MBEG erstellen, oder auf das (immer noch bestehende) MD(K)-Verfahren hinweisen, wird die Rechnung trotzdem gekürzt. Es kommt dann ein Schreiben der Kasse "die MBEG ist nicht ausreichend. Wir haben die Rechnung nur gekürzt gezahlt, da wir von einem unbegründeten Vergütungsanspruch ausgehen müssen." Danach kommt ein Verweis auf höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach keine Einschaltung des MD(K) notwendig wird, wenn eine Rechnung formal fehlerhaft ist.

    Wie diese Kasse eine Verweildauerkürzung als formal fehlerhaft aus dem Datensatz erkennt, um daraus eine Rechnungskürzung herzuleiten, ist mir echt schleierhaft.

    Aber da war die Quote schon immer ganz oben, auch 2020 vor Corona weit über 12,5%

    Gruß

    zakspeed

  • Hallo zusammen,

    es kommt auch vor, dass die Rechnung erneut komplett abgewiesen wird, weil die MBEG der Kasse nicht ausreicht. Die Frage, ob das zulässig ist, stelle ich nicht (mehr). Die Lösung ist wohl in der Tat nur eine Klage.

    Gruß

  • Guten Tag zusammen,

    entgegen der hier geäußerten Erfahrungen konnten wir uns einvernehmlich einigen, der Fall mit der Überschreitung der mitgeteilten voraussichtlichen Behandlungsdauer wird als MBEG gewertet und mit Verlängerungsantrag weiter bearbeitet, die anderen Fälle werden umgehend ausgeglichen.

    MfG stei-di

  • Hallo zusammen,

    das Erkennen und Bewerten eines medizinischen Sachverhaltes bzw. die Bewertung der stationären Behandlungsbedürftigkeit würde/werde ich (außer bei AOP-Leistungen ohne Nebenerkrankungen) keinesfalls als einen formellen Tatbestand akzeptieren. Formell sind für mich Aufnahmeuhrzeit, Verlegungsaufnahme, einweisender Arzt o. ä. Sachverhalte , wie oft und gerne geschrieben: bei den Kostenträgern haben wir regelhaft keinen medizinischen Sachverstand, auch bei Vorliegen desselben kann der Patient bzw. sein Zustand bei Aufnahmeentscheid durch den KH-Arzt nicht aus der Ferne bewertet werden.

    Aber das ist halt meine persönliche Sicht ...

    MfG stei-di

    Einmal editiert, zuletzt von stei-di (27. April 2020 um 14:01)

  • Hallo,

    "für den 18.02.2020 sind keine OPS kodiert, wir gehen daher von einem medizinisch nicht notwendigen Tag aus" => es handelt sich um den ersten post-OP-Tag

    "ab dem 23.12.2019 sind keine Leistungen kodiert, die eine stationäre Verweildauer begründen. Die Abrechnung ist unbegründet. Es bedarf keiner Hinzuziehung des MD, wenn aus sonstigen Sach- und Rechtsgründen hinreichend begründete Zweifel an der Rechnung bestehen." => das ist genau das Datum des Erreichen der OGVD. Das der geriatrische OPS am Anfang kodiert wird: interessiert alles nicht.

    Was sind eigentlich sonstige Sach- und Rechtsgründe, die einen begründeten Zweifel aufkommen lassen? Dass Überschreiten der UGVD? Das Überschreiten der OGVD? Rechtfertigt das ein Abweichen vom MDK-Verfahren?

    Was zusätzlich stört: die Anfragen werden per ANFM und zusätzlich per Brief geschickt, teilweise aber auch nur schriftlich, dann wird in einem zweiten Schreiben gesagt "sie haben uns ja keine MBEG geschickt" oder "ihre MBEG ist nicht ausreichend" => nervt nur.

    Zum Glück betrifft es nur eine Kasse (derzeit).

    Gruß

    zakspeed

  • Guten Morgen,

    die Prüfung allein auf OPS-Meldungen abzustellen halte ich für "sehr dünnes Eis". Der OPS-Katalog ist eine abschließende Verschlüsslungssystematik für diagnostische, therapeutische und operative Maßnahmen und kann/wird nicht alle behandlungsrelevante Entscheidungsgründe oder eine etwaige Behandlungsintensität darlegen können. Exemplarisch seien hier nur mal die 24-Stunden-Augendruckmessung, Langzeit-RR oder Spiegeleinstellung einer Medikation genannt. Diese bedingen eine gewisse therapeutische "Dichte", können aber im OPS nicht dargestellt werden. Die von Ihnen genannten Sach- und Rechtsgründe (die zur Versagung der Leistungspflicht führen könnten) können auf keinen Fall die Bewertungen einer stationären Behandlungsdauer sein. Ich bleibe bei meiner Auffassung, dass allein ein Leistungsanspruch eines Versicherten gegenüber seiner Krankenkasse (Rechtsgrund) oder formelle Fehler im §301-Datenaustausch (formeller Grund) durch einen Sachbearbeiter einer Krankenkasse gesehen und bewertet werden kann. In ähnlichen Begehren der Kostenträger erbitte ich mir ganz gerne die rechtliche Grundlage der Entscheidung mit der Bitte um eine genaue Formulierung, da wir dies vorprozessual juristisch bewerten wollen. Hilft bei der Entscheidungsfindung ungemein und ist immer noch kooperativ.

    MfG stei-di