Generalisierte Angsstörung des Kindesalters

  • Guten Morgen,

    uns beschäftigt gerade die Thematik der generalisierten Angststörung des Kindesalters. Unsere Ärzte verweisen auf die F93.80 die explizit für Kinder sein soll. Nur gibt es die leider in keinem mir zur Verfügung stehenden ICD-10-Katalog in der deutschen Version (auch nicht in der WHO-Version). Und das, grob geschaut, die letzten 10 Jahre nicht. Dort ist bei F93.8 - Sonstige emotionale Störungen des Kindesalters Schluss. Unter F93.1 wird für eine generalisierte Angststörung auf die F41.1 verwiesen, bei der mir unsere Ärzte dann wieder sagen, sie wäre eigentlich für Erwachsene und die F93.80 doch explizit für Kinder. Unser KIS nimmt sie logischerweise nicht, sie steht ja nicht im ICD-10-GM.

    In dem Buch Multiaxiales Klassifikationsschema für psychische Störungen des Kindes- und Jugendalters nach ICD-10 steht sie lustiger Weise drin. Wenn ich Suchmaschinen bemühe, finde ich zahlreiche Publikationen mit der F93.80, aber keinen Hinweis woher man den Kode nimmt.

    Kann mir hier einer helfen und mir einmal den Hintergrund dieser Diagnose erklären? Ich wäre echt dankbar.

    Schöne Grüße

    TiBo

  • Hallo TiBo,

    generell gilt Vorsicht bei der Devise: "Schnell behauptet ist halb bewiesen"... ;)

    Aber zum Thema: es ist schlichtweg falsch, dass eine F41.1 nur für Erwachsene gedacht ist! Gerade der Verweis im ICD unter F93.1 wäre hierfür schon Beweis genug. Außerdem wird die F41.1 explizit im Definitionshandbuch unter den Diagnosen (PK04-V1) aufgelistet, die den Grouper zur Basis-PEPP PK04 führen.

    Also nicht verunsichern lassen - es gibt eine Menge Diagnosen, die gleichermaßen für Kinder UND Erwachsene gelten, und die F41.1 gehört definitiv dazu!

    Schöne Grüße, Anyway

  • Guten Morgen Anyway,

    danke für die Rückmeldung. Ich sehe das ja auch so und entsprechend wurde der Fall auch kodiert. Was ich nur nicht verstehe, woher diese verflixte Diagnose stammt. Man findet sie ja in zahlreichen (seriösen) Publikationen auf die schnelle im Internet recherchiert und eben auch im o.g. genannten Buch.

    z.B. CME Weiterbildung

    Angststörungen und Phobien im Kindes- und Jugendalter - Evidenzbasierte Diagnostik und Behandlung in der "Psychotherapeut 2010"

    Zitat:

    "In der International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems- (ICD-)10 wird im Kapitel „Emotionale Störungen des Kindesalters (F93)“ zwischen 4 Angststörungen im Kindes- und Jugendalter unterschieden:

    - emotionale Störung mit Trennungsangst des Kindesalters (F93.0),

    - phobische Störung des Kindesalters (F93.1),

    - Störung mit sozialer Ängstlichkeit des Kindesalters (F93.2) und

    - generalisierte Angststörung des Kindesalters (F93.80).

    Sie existiert damit ja nicht nur in der Welt unseres Hauses. Insofern kann ich unsere Ärzte und Psychologen dann schon verstehen, dass sie ins Spiel gebracht wird. Ich verstehe nur nicht, woher diese Diagnose in den Publikationen herkommt, wenn sie doch in keinem ICD-10 Katalog zu finden ist, die ich mir mal stichprobenartig angeschaut habe (WHO und GM 2004, 2005, 2006, 2011, 2013).

    Es bleibt eine seltsame Diagnose. :)

    Gruß

    TiBo

  • Hallo TiBo,

    aus welchem Grund auch immer spielt der ICD-10-WHO im KJP-Bereich für die Diagnostik eine große Rolle. Der Kode mit zwei Zahlen hinter der F93 ist vermutlich ein uralter WHO-Kode. Die o.g. Passage aus dem "Psychotherapeut 2010" stammt übrigens aus 2004 (Leitlinien zur Diagnostik und Psychotherapie von Angst und Phobischen Störungen im Kindes- und Jugendalter: Ein evidenzbasierter Diskussionsvorschlag), aus der wohl gerne mal zitiert wird, ohne sich an die neuen Zeiten anzupassen. Daher geistert die F93.80 in so vielen Köpfen herum.

    Fakt ist aber, dass es diesen Kode im ICD-10-GM nicht gibt und den müssen wir laut DKR-Psych nun einmal zur Kodierung verwenden. Die "Generalisierte Angststörung des Kindesalters" wird jedenfalls als "Generalisierte Angststörung" (F41.1) kodiert - das mag dem ein oder anderen nicht gefallen, ist aber eben unabänderbar und muss man auch nicht diskutieren:).

    Wir müssen übrigens ebenfalls regelmäßig neue KJP-Behandler darüber aufklären, dass in unserem KIS keine Diagnosen fehlen, sonder dass wir nach den DKR im ICD-10-GM kodieren müssen...das scheint ein weit verbreitetes Thema zu sein...