Begutachtung der Einhaltung von OPS-Struktumerkmalen § 275d Abs. 1 Satz 1 SGB V, Richtlinie MDS

  • Guten Morgen,

    Zur Wahrheit gehört aber natürlich auch, dass viele Qualifikationsnachweise, die es Ihrer Meinung nach gar nicht gibt, genauso im OPS stehen und vom BfArm ohne Rücksicht auf Ihre Bedenken zu Strukturmerkmalen erhoben wurden.

    Nein. Beispiel IKB:

    Im OPS steht:

    "24-stündige Verfügbarkeit folgender Verfahren am Standort des Krankenhauses: Endoskopie (....) des Tracheobronchialsystems"

    Von eine spezielle Qualifikation steht da nichts. Es gibt sie auch nicht. Es ist im Übrigen WB-Inhalt der Intenisvmedizin. Eine solche Quali zu fordern, ist eine unnötige Interpretation und Quasi unlösbar.

    Im OPS steht:

    "Mindestens 6 von den 8 folgenden Fachgebieten sind innerhalb von maximal 30 Minuten am Standort des Krankenhauses als klinische Konsiliardienste (krankenhauszugehörig oder aus benachbarten Krankenhäusern) verfügbar:"

    Da steht nicht: Fachärzt*Innen. Das ist aber inzwischen zur (ungeschriebenen) Norm erhoben.

    Im OPS steht der Begriff :

    "Behandlungsleitung", an dem MD und Gerichte heruminterpretieren, bis es unerfüllbar wird.

    Im OPS steht:

    "Die Ärzte des Teams sind in der Intensivmedizin erfahren und kennen die aktuellen Probleme ihrer Patienten"

    Nun wird an dem Erfahrungsbegriff herumgedeutet, bis auch hier die Unerfüllbarkeit eintritt. Nach diesem Text dürfte überhaupt nie jemand neues beim ärztlichen Personal auftauchen. Und nach einer Freiwoche kennt eine Ärztin oder ein Arzt die aktuellen Probleme der Patient*innen nicht. Das kann man mit Augenmaß oder Maximalanspruch interpretieren. Die ursprüngliche Absicht ist eigentlich klar.

    In den vergangenen Jahren war die Tendenz, immer neue Forderungen in die Prüfungen einzubringen

    Es steht nirgends, dass bei interdisziplinären Stationen jeweils ein konservatives Fach und ein operatives Fach intensivmedizinisch vertreten sein muss. Reine Erfindung. Im Gegenteil: da steht: "Ein Facharzt mit der Zusatzbezeichnung Intensivmedizin" In diesem Zusammenhang verbitte ich es mir als Anästhesisten, zur operativen Intensivmedizin gezählt zu werden, aber wenn wenigstens das hilft. Aber gerade wäre die WBO wegweisend: Hier werden Kenntnisse in operativen und Internistischen Notfällen verlangt.

    Nirgends steht, dass eine Blutbank am Standort sein muss. Dennoch wurde das verlangt. Nirgends steht etwas zur FWB-Quote der Pflege, dennoch wurde diese zum Maßstab erhoben.

    Das alles nutzt übrigens den Kostenträgern nur sehr kurz,, langfristig nichts: Es wird ggf. 1-2 Jahre Liquiditätsvorteile für die Kassen und Nachteile für die KH bringen und dann?

    Der Logik des DRG Systems folgend, werden die (unverändert bestehenden) Kosten der Intensivmedizin über die InEK-Matrix einfach anders verteilt. Sie tauchen in der Kostenstellengruppe 2 der InEK-Matrix wieder auf, es gibt nur keinen Kostentrenner für die PräMDC A und C Fälle bzw. die *36* DRG. Das heißt, dass die Leistungen ohne Intensiv pauschal aufgewertet werden und die Intensivmedizin abgewertet. Mit Glück für die KTR beißen ein paar KH ins Gras. Ob das dann die aus KTR-Sicht richtigen waren, wird spannend.

    Nachdem die Beatmungsregeln so pervertiert wurden, dass der durchschnittliche COVID-Patient nicht mehr beatmet ist, kann man dann auch noch die Abrechenbarkeit der Intensivmedizin immer mehr erschweren, dann kommen z.B. diese Patienten in die D63Z (Otitis Media). Keine Pointe.

    Damit wird das Gegenteil des Gewünschten, nämlich der Spezialisierung von KH erreicht.

    Ob das alles in eine Zeit passt, in der die Intensivmedizin die Basis der Pandemie-Bekämpfung dargestellt hat, sei dahingestellt. Jedenfalls wird sie in einem Moment bestraft, in dem ihre Wichtigkeit fast allen täglich vor Augen steht.

    Ein kleiner Tipp noch: Pflegekräfte kehren bereits dem System den Rücken. Damit stehen weitere Erfüllungen von Richtlinien (GBA), OPS und Verordnungen (PPUG) auf der Kippe, den KH wird weiteres Geld entzogen. Eine weitere Schwächung der Intensivmedizin. Man kann das so machen, meinetwegen, man soll aber bitte nicht so tun, als stünden hier nicht ausschließlich finanzielle Interessen im Vordergrund. Wenn man die Bedingungen zu hoch hängt, immer mehr Schichten, Dauerbesetzungen und Hintergrunddienste verlangt, kehren auch andere Therapeut*innen und das ärztliche Personal dem System den Rücken. Der Versorgung der Menschen dient das nicht.

    Das trifft auch nicht mehr die von den Kostenträgern jahrelang bekämpften "Mengenanfälligen Leistungen", sondern inzwischen eben mehr und mehr Bereiche, in denen es um Maximal- und Notfallmedizin geht.

    Gruß

    merguet

    Einmal editiert, zuletzt von merguet (24. März 2021 um 07:47)

  • Guten Tag Herr Merguet,

    ist dieser Entwurf irgendwo veröffentlicht?
    Ich kann dazu leider nichts finden.

    Viele Grüße!

    Guten Morgen,

    nein. Leider nicht. Das gehört zu dem ganzen intransparenten Geschehen, das mich so stört. Das passt ins Bild, bekommen wir doch auch nicht die Ganzen MDS-GA und SEG Empfehlungen, die den Kassen vorliegen, die uns aber nur unter der Hand zugespielt werden.

    Sie finden nur die Version aus Februar 2020 im Netz und eine AWMF-Stellungnahme zur Version Dezember 2020.

    Und er MDK -WL hat schon einmal die Anmeldung zur Prüfung vorbereitet und weist darauf hin, dass die RiLi nach der Genehmigung dort heruntergeladen werden kann.

    Gruß

    merguet

  • Hallo Merguet,

    vielen Dank für die sehr beunruhigende Zusammenfassung der aktuellen Lage.

    Und das BMG wird wahrscheinlich auch nur denken: ah ja die RiLi sieht ja umfangreich und streng aus die genehmigen wir! Super Leistung.

    so etwa wie bei den anderen Regierenden: "hey zusätzlicher Feiertag Gründonnerstag zeigt das wir auf bekannte Probleme reagieren zwar etwas spät aber dafür dann sehr medienwirksam..ticktackticktack.....oh hmmm ok dann lieber doch nicht, hatten wir ja wohl einiges gar nicht vorher bedacht...

    MfG

    rokka

  • Guten Abend,

    m.E. besteht eines der Probleme darin, dass die Ausgestaltung immer vollständig an die Selbstverwaltung deligiert wird. Das führt zur stetigen Verschärfung aller Regeln und zu einer Kleinschrittigkeit, der uns die Luft nimmt.

    Wie skizziert wird das das System entgegen der Hoffnung der Kostenträger gerade nicht verbilligen, sondern dazu führen, dass Allerweltsleistungen aufgewertet werden. Wer die Liquiditätsengpässe übersteht, geht als Sieger hervor. Phoenix.

    Die großen Einheiten können das überstehen, weil sie die Strukturen haben, haben kurzfristig keinen Liquiditätsverlust (aber zu hohe Kosten) und verlieren am Ende in der Breite, da die hochteuren Leistungen abgewertet sind (die Sachkosten auch). Innovationen werden auch bekämpft. Die Tendenz hat schon begonnen und wird sich verstärken.

    Übrig bleiben mittelgute und mittelgroße.

    Gruß

    merguet

  • Ach, und noch ein letztes:

    Gab es vielleicht Lobbyisten, die alles möglichst vage lassen wollten, um z.B. die aufwendige ITS Komplexbehandlung in möglichst vielen KHS der Regelversorgung am Leben zu erhalten-

    Meiner Meinung nach haben viele der beim (damals) DIMDI beteiligten nicht (wie auch in den Gesetzgebungsverfahren nicht) bedacht oder überhaupt bedenken können, wieviele rechtsunscharfe Begriffe dort erzeugt werden.

    Es hat aber auch niemand damit rechnen können, was alles zum Zankapfel bei dem zähen Geringe um Geld wird.

    Für mich bleibt es ein Skandal, dass die Finanzierung von Leistungen an einem Handzeichen, einer SOP oder einer Interpretation eines Begriffes hängen. Jede Komplexziffer hat uns nur Ärger gebracht. Die Fachverbände haben nicht verstanden, dass die Instrumentalisierung von Maximalforderungen nicht zu mehr Stellen vor Ort, sondern zu mehr Aberkennungen und Streit führen. Die wenigsten dieser Fachvertreter haben einen Schimmer, was Ihre Forderungen bzw. Festschreibungen konkret für die Praxis bedeuten. KH haben die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit falsch eingeschätzt. Und die Kostenträger haben die Beißhemmung verloren (Stichwort: Monitoring unterbrochen auf SU beim Pinkeln, Teilnahmepflicht nicht an der Behandlung beteiligter Berufsgruppen an den Konferenzen usw.). Warum der MD sich zur Fehlersuchmaschine hat umerziehen lassen, ist mir auch unklar ("im Protokoll sind zwar die Ziele beschrieben, eine konkrete Benennung der bisherigen Ergebnisse fehlt aber" (Seitenlange Zustandsberichte liegen vor)). Man könnte das alles auf allen Seiten auch mit Augenmaß anders handhaben.

    Am langen Ende geht es immer nur um Kohle, und zwar um kurzfristige Einsparungen. Dafür sekundiert das BSG, da dadurch Wirtschaftlichkeit suggeriert wird, deren Folgen am Ende in ein Gegenteil umschlagen, da die Kostenerhaltung im System angelegt ist.

    Die Entwicklung einer solchen Kultur hätte vor 15 Jahren aufgehalten werden müssen, jetzt müssen wir es ausbaden.

    Gruß

    merguet

  • Hallo merguet,

    Ich kann jetzt natürlich nicht auf alle von Ihnen genannten Punkte eingehen, aber ein paar Anmerkungen seien mir gestattet:

    Die „erfahrenen Intensivmediziner“ stehen im OPS und waren der DKG so wichtig, dass dieses Merkmal z.Zt. Corona-bedingt ausgesetzt ist. Da sie vom BfArm zum Strukturmerkmal erhoben wurden, muss das eben geprüft werden.

    Wie ein Konsil durch medizinische Fachgebiete ohne Fachärzte möglich sein soll, erschließt sich mir nicht, bzw. ist die von Ihnen genannte Formulierung m.E. unmissverständlich.

    Die Prüfung von Qualifikationsnachweisen und einer ausreichenden personellen Besetzung könnte man auch als positiv für die Krankenhausmitarbeitenden verstehen - oder positiv in die Außendarstellung der Klinik einfließen lassen.

    Die Verantwortlichen beim ehemaligen DIMDI werden die Streitpunkte in ihren Formulierungen seit vielen Jahren kennen, jedenfalls müssten sie wenigstens die dazu ergangenen LSG und BSG Urteile kennen. Sie müssten dann auch um abenteuerliche Konstruktionen einiger Kliniken wissen. Man hätte in diesem Wissen klare Formulierungen finden können, die eine Uminterpretation zumindest deutlich erschweren - aber das ist nicht in ausreichendem Maße erfolgt.

    Somit müssen es dann mutmaßlich wieder die Sozialrichter richten, da gebe ich Ihnen absolut recht. Auf Entscheidungen des BMG würde auch ich nicht hoffen.
    Ob DKG und GKV mit der daraus resultierenden jahrelangen Ungewissheit wirklich besser fahren, bezweifele ich - für viele Krankenhäuser und die MDK Gutachter*innen ist es aber so mit Sicherheit schlechter.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen,

    Meiner Meinung nach haben viele der beim (damals) DIMDI beteiligten nicht (wie auch in den Gesetzgebungsverfahren nicht) bedacht oder überhaupt bedenken können, wieviele rechtsunscharfe Begriffe dort erzeugt werden.

    Ich darf versichern, dass dies ganz sicher in Bedacht ist. Da ich in der AG-OPS im KKG (beim BfArM) Mitglied bin, kann ich das bestätigen.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Guten Morgen,

    Ihre Mitteilung verwundert mich: Wenn doch klar ist, wieviele rechtsunscharfe Begriffe darin sind, warum lässt man sie dann zu?

    Gruß

    merguet

  • Guten Morgen,

    Die „erfahrenen Intensivmediziner“ stehen im OPS und waren der DKG so wichtig, dass dieses Merkmal z.Zt. Corona-bedingt ausgesetzt ist. Da sie vom BfArm zum Strukturmerkmal erhoben wurden, muss das eben geprüft werden.

    Wie ein Konsil durch medizinische Fachgebiete ohne Fachärzte möglich sein soll, erschliest sich mir nicht, bzw. Ist die von Ihnen genannte Formulierung m.E. unmisverständlich.

    Der Teufel steckt im Detail. was "erfahren" ist, wird plötzlich zur Interpretation. Dabei ist die Intensivausbildung Teil der Weiterbildung und die ZWB ohnehin an Intensiv-Erfahrung gebunden. Warum das dann nicht reicht sondern wieder interpretiert und dann ausgedehnt wird, erschließt sich nicht.

    Die Formulierung ist auch nicht unmißverständlich. "Fachdisziplin" ist etwas anderes als "Fachärztin / Facharzt" Sie beschreiben es gut: "Ihres Erachtens". Genau darin liegt das Problem. Dass es nämlich auf das "Erachten" des Lesers ankommt.

    Und ich weise noch einmal darauf hin: Nehmen wir an die Komplexleistungen werden einigen KH aberkannt: Die Kosten tauchen an anderer Stelle wieder auf. Sie sparen kurzfristig Geld und müssen es 2 Jahre später für Feld-Wald und Wiesen DRG wieder auskehren. Sofern Sie also glauben, jetzt werde endlich an der richtigen Stelle gespart, ist dieser Effekt ein Strohfeuer.

    Gruß

    merguet

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen,

    Ihre Mitteilung verwundert mich: Wenn doch klar ist, wieviele rechtsunscharfe Begriffe darin sind, warum lässt man sie dann zu?

    Gruß

    merguet

    Genau daran wird ja gearbeitet.