DRG-Abrechnung vs. Absonderung

  • Guten Tag an das Forum,

    ich habe eine Abrechnungsfrage, bei der ich im Augenblick nicht weiterkomme und den fachlichen Rat benötige: Ein Patient wird mit hochgradigem Verdacht auf Tbc zuverlegt, die Diagnose wird bestätigt und eine Vierfachtherapie eingeleitet. Der MDK prüft diesen Behandlungsfall und stellt fest, dass ab Tag X :" Anhand der Unterlagen ist ab diesem Zeitpunkt eine ausschließliche Isolierung zum Zwecke der Absonderung mit Überwachung der Medikamenteneinnahme ohne Notwendigkeit der vollstationären Krankenhausbehandlung nach §39 SGB V erkennbar. Für diese Maßnahmen ist nicht die GKV zuständig sondern diese Maßnahmen sind aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten."

    Im ersten Augenblick wollte ich mit den Vorgaben des §10 Kostenträgerwechsel in der FPV argumentieren, bin mir aber nicht mehr so sicher, da die Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit bei einer stabilen Medikamenteneinstellung ja gerade nicht mehr gesehen worden ist. Allerdings wäre eine Abrechnung gegenüber z. B. dem Gesundheitsamt sehr schwierig da es einfach an anwendbaren Abrechnungsgrundlagen fehlt.

    Hat jemand aus dem Forum einen ähnlichen Fall regeln müssen und wie und mit wem ist eine Einigung gelungen??

    Vielen Dank im Voraus

    MfG stei-di

  • Hallo stei-di,

    das Problem ist bekannt und wird sich auch auf Corona-Fälle ausweiten: Medizinisch gesehen hat der MD Recht, es besteht keine stationäre (Krankenhaus)Behandlungsbedürftigkeit mehr, nur noch Quarantäne (und ggf. ambulante Behandlung). Damit ist die Krankenkasse raus, denn reine Unterbringung (vgl. auch PsychKG) ist nicht Leistung des SGB V (KV). Dazu muss Krankheit und hier halt auch stationäre Notwendigkeit vorliegen.

    Was aber tun, wenn eine häusliche Quarantäne nicht möglich ist (z.B. Erntehelfer)? Dieses Problem darf sich nicht erst bei Rechnungsprüfung stellen. Hier muss schon während des Aufenthaltes Kontakt zum Gesundheitsamt aufgenommen werden, es muss ja eine Quarantäne aufgrund öffentlicher Regelungen eingehalten werden. Also ist es Aufgabe des Gesundheitsamtes, für die Durchsetzung der Quarantäne Vorkehrungen zu treffen (Wohnung zur Verfügung stellen, meinetwegen auch Unterbringung in Landeskrankenhäusern (sofern es die überhaupt noch gibt), Kontrolle der Einhaltung der Quarantäne usw.). Wenn die öffentliche Hand dieses nicht sicherstellen kann, muss notfalls eine Kostengarantie für den Verbleib im Krankenhaus ausgestellt werden.

    Das ist alles natürlich sehr theoretisch und lässt sich nicht oder nur schwer im Nachhinein regeln. Aber die reine Unterbringung bzw. Quarantäne im öffentlichen Interesse aufgrund gesetzlicher Regelungen (PsychKG, Infektionsschutzgesetz) ist nicht Aufgabe der GKV.

    In Ihrem Fall würde ich die gestrichenen Kosten dem Gesundheitsamt des Wohnortes mit Hinweis auf das Gutachten, die gesetzliche Regelung und die Nicht-Möglichkeit einer häuslichen Isolation in Rechnung stellen. Der Fall sollte ja dort aufgrund der Meldepflicht bekannt sein, vielleicht diese sogar nochmal erwähnen ;)

    Hätte der Patient allerdings problemlos in häusliche Quarantäne gekonnt, sieht es schlecht aus.

    Gruß

    zakspeed

  • Guten Morgen,

    in diesen Fällen ist, wo immer absehbar, unabdingbar, dass bei absehbarer Isolierung ein Vorab-Antrag an das Gesundheitsamt gestellt wird. Das ist v.a. schwer in die Abläufe zu integrieren.

    Viele GA sind kooperativ und übernehmen bei Vorab-Info die Kosten, gilt z.b. auch bei Kindesschutz gegenüber den Jugendämtern.

    Leider sind einige GA nicht bereit dazu, dann sollte man aber immerhin den Versuch unternommen haben.

    Etwas leichter ist es, wenn vorab eine Ordnungsverfügung vorliegt und die Unterbringung aus Seuchenschutzgründen angeordnet wurde.

    Gruß

    merguet

  • Guten Tag,

    die COVID-Pandemie wird uns hier viele neue Erkenntnisse bringen, wenn die oGVD-Überschreitungen wegen Einhaltungen der Quarantäne geprüft und entsprechend beschieden worden sind.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo,

    nach den §§ 29 und 30 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) sind auch öffentliche Mittel zu verwenden, wenn Krankenhausbehandlung nicht mehr erforderlich ist und Maßnahmen im Sinne von Schutzmaßnahmen im Vordergrund stehen (Änderung des Kostenträgers).

    Nach § 11 Abs. 4 SGB V haben Versicherte Anspruch auf ein Versorgungsmanagement, insbesondere zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche.

    Eine Meldung bei TBC oder Covid muss vom KH ja sowieso ans zuständige Gesundheitsamt (GA) erfolgen. Also gleich Kostenübernahme mit anfordern für den Fall, dass eine fehlende Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit zu erwarten ist (ggf. mit Datum). Auf die frühzeitige Anzeige kann dann später verwiesen werden und das GA als potentieller Kostenträger kann sich nicht rausreden.

    MfG , AlterEgo

  • Hallo Stei-di,

    Rechtsgrundlage ist § 69 Abs. 1 Nr. 8 iVm § 30 IfSG. Im Grunde geht es nur mit einer entsprechenden Anordnung des Gesundheitsamtes, aus der die Pflicht zur Kostenübernahme resultiert.

    Viele Grüße

    M2