Geriatrische Komplexbehandlung, Beginn vor geplanter OP

  • Liebe Forumsmitglieder,

    ich kodiere seit 12 Jahren im Bereich Geriatrie.

    Bislang gestaltete es sich so, dass die Patienten als interne Verlegungen oder Zuverlegungen aus externen KH oder als Direkteinweisungen niedergelassener HÄ zu uns kamen.

    Der Beginn der geriatrischen Komplexbehandlung definierte sich über die entsprechende Aufnahme und das Aufnahmeassessment innerhalb der ersten beiden Tage.

    Jetzt haben sich interne Veränderungen ergeben und ich kodiere auch im Bereich Trauma/Ortho/Alterstraumazentrum. Station ist neu, Team ist neu...

    Es ergeben sich mitunter Fallkonstellationen, die ich so bisher nicht hatte und leider habe ich auch keinen Ansprechpartner, der meine Zweifel an der ein oder anderen Entscheidung ausräumt.

    Ich suche im Grunde einen Austausch mit Kollegen hier, die in ähnlicher Konstellation kodieren.

    Eine Frage, die sich mir stellt wäre zum Beispiel:

    Patient aufgenommen am Tag X, es erfolgt Diagnostik durch MRT, CT usw., ein OP-Datum wird benannt (einige Tage später) .

    In diesem Fall bislang Bettruhe bis OP angeordnet.

    Es wird allerdings ein Assessment für die geriatrische Komplexbehandlung vor der OP gestartet. Damit wird der Beginn der geriatrischen Komplexbehandlung festgelegt.

    Es erfolgen die Aufnahmebefundung durch alle Professionen, es starten die Teamkonferenzen.

    Es erfolgen therapeutische Maßnahmen durch Physiotherapie und Ergotherapie.

    Sind das dann tatsächlich schon Therapien, die ich als "Therapie-Einheiten" im Sinne der geriatrischen Komplexbehandlung werten kann? (Ich sage nein, der Arzt meint ja)

    Oder ist das (aus meiner Sicht) nicht in engerem Sinne eine Art Konditionierung (die aber ärztlicherseits als Therapie des OPS gewertet wird) präoperativ (Thromboseprophylaxe, Pneumonieprophylaxe, ggf. rückengerechtes Drehen um weitere Schäden zu vermeiden)

    Ich würde nach meiner bisherigen Auffassung ja eher dazu tendieren, zu sagen, die geriatrische Komplexbehandlung startet am ersten postoperativen Tag, denn da kann ich per Assessments auch erst bestimmen, wo steht der Patient, wo sind jetzt meine Ziele...und ab da zählen auch erst die Behandlungstage und Therapie-Einheiten im Sinne des OPS. (im Prinzip, als wäre der Patient intern von einer anderen Station in die Geriatrie verlegt)

    Dass ein Patient während der Komplextherapie durchaus ein anderes Problem bekommen kann und vlt operiert wird und dann intern verlegt wird, ist mir bewusst. In diesen Fällen werden die Tage außerhalb der geriatrischen Komplexbehandlung herausgerechnet und gegebenenfalls bei Rückübernahme weitergeführt.

    Aber die Fälle, in denen präoperativ mit dem Assessment und Therapien (Physio/Ergo/Logo/Psych) begonnen wird, wissend, dass ein OP-Termin bezüglich der im Fokus stehenden Erkrankung/Fraktur zu späterem Zeitpunkt terminiert ist, bereiten mir etwas Bauchschmerzen, einfach weil ich das so nicht kenne und einen Input dazu benötige.

    Möglicherweise ist die Handhabung in dieser Form üblich und ich mache mir umsonst Gedanken.

    Ich bedanke mich schon im Vorfeld herzlich und wünsche allen eine gute Woche

    PS: Die SEG 4 Kodierempfehlung 32 habe ich mir gerade zum wiederholten Male durchgelesen, sie bestätigt ja im Grunde meinen Blick auf die Dinge

    2 Mal editiert, zuletzt von Snow (12. Dezember 2021 um 13:01)

  • Hallo Snow,

    ich würde Ihrer Sicht zustimmen, dass die frührehabilitative geriatr. Komplexbehandlung frühestens postoperativ zu kodieren und abzurechnen ist.

    Die in der SEG-Kodierempfehlung Nr. 32 angesprochen "Ausnahme" bezieht sich eindeutig auf schon vorher bestehende a k u t e Behandlungsbedürftigkeit i. S. des OPS. "Prophylaktische" präoperative Therapieeinheiten machen sicherlich Sinn hinsichtlich des postoperativen Outcomes, jedoch muss man hier die Frage stellen, inwieweit dies Bestandteil der unfallchirurgischen/orthopädischen Maßnahme zu sehen und über den dort entstehenden perioperativen Aufwand in einer möglichen DRG abgebildet ist.

    Wenn auch kein Struktur- oder Mindestmerkmal: es kommt hinzu, dass z. B. für die Zertifizierung einer Geriatrie bestimmte anspruchsvolle räumliche und sonstige Infrastruktur sehr streng gefordert wird. Inhaltlich bedeutet dies, dass die Patienten sich dann auch auf der geriatrischen Einheit befinden sollten. Sind denn Ihre Patienten dort präoperativ untergebracht?

    VG

    geoff

  • Hallo geoff,

    ja es handelt sich um eine geriatrische Einheit mit geriatrischem Team, gerade vergangene Woche habe ich die Strukturprüfung vor Ort absolviert...und dort sind die Patienten präoperativ untergebracht.

    Nach heutigem Gespräch bleibe ich bei meiner Ansicht, die geriatrische Komplexbehandlung beginnt postoperativ (auf das aktuelle Problem bezogen), alles vorher sehe ich im Rahmen einer Konditionierung, mitunter in diesen Zeiten auch als Planungsschwierigkeiten bezüglich OP-Kapazitäten/ITS Vorhaltung.

    Aber geriatrische Komplexbehandlung startet mit einem Assessment....hat der Patient präoperativ Bettruhe und soll z.B. flach liegen, sind bestimmte Dinge gar nicht machbar und haben keine Aussagekraft. Das sieht nach erfolgter OP ganz anders aus und macht auch Sinn.

    Anders sehe ich es, wenn der Plan von vornherein ein anderer war. Wenn man beispielsweise ein konservatives Vorgehen geplant und dokumentiert hat und sich die Situation dann doch verschlechtert, so dass man operativ intervenieren muss. Aber dann muss das auch deutlich so erkennbar sein.