Unterlagenanforderung bei sachlich-rechnerischer Richtigkeit

  • Hallo liebe Forumsgemeinde,

    mir stellt sich aktuell unter datenschutzrechtlicher Gesichtspunkte die Frage, ob die Krankenkasse bei "Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit" Unterlagen aus der Krankenakte anfordern kann? Bisher dachte ich, dass bei Zweifeln an der Abrechnung / Kodierung entweder der Falldialog oder die Prüfung durch den MD erfolgt.

    Im konkreten Fall handelt es sich um die Gabe von Blutgerinnungsfaktoren (konkret PPSB). Die Kasse fordert nun das "Bluterprotokoll" (auf Nachfrage, da mir dieser Begriff nicht geläufig und google keine Hilfe war - es sind die Klebchen mit der Menge und Charge gemeint) zum Nachweis für das ZE2022-97 an, da unsere Abrechnung "nicht den bestehenden Kodier- und Abrechnungsvorschriften entspricht." Zur Prüfung des Anspruches wird dieses Protokoll benötigt.

    Mal abgesehen davon, dass ich hier immernoch davon ausgehe, dass das eigentlich Etwas für den MD ist - Wir haben da kein separates "Bluterprotokoll", sondern die Klebchen befinden sich auf der entsprechenden ITS-Kurve und da sind ja nun ganz viele medizinische Sachverhalte, die ich einem Kassenmitarbeiter eigentlich nicht so zur Verfügung stellen möchte.

    Gibt es hierfür irgendwie Erfahrungen oder bin ich total auf dem Holzweg? Da wir bei uns im Haus noch immer die Meinung vertreten, dass wir "Knechte der Kassen" sind und brav das tun müssen, was diese - vielleicht auch ohne rechtliche Grundlage - verlangen, wollte ich zumindest einmal auf den Erfahrungsschatz anderer Medizincontroller zurückgreifen.

    Herzlichen Dank und liebe Grüße aus Sachsen

    Cyre

  • Hallo Cyre,

    Hintergrund des Vorgehens der KK ist klar: Man möchte die Aufwandspauschale verhindern u./o. eine Prüfung a conto Prüfquote umgehen.

    Eine datenschutzrechtliche Legitimation ist für mich bei dieser Vorgehensweise (außerhalb eines in der PrüfvV geregelten Verfahrens) nicht ersichtlich. Da datenschutzrechtlich alles verboten ist, was nicht ausdrücklich erlaubt ist, insbesondere bei besonders schützenswerten Daten gemäß Art 9 DSGVO, dürfen Sie die genannten Daten der KK gar nicht zur Verfügung stellen. Übrigens, die KK darf diese m.E. auch gar nicht erheben.

    Dies gilt m.E. im Übrigen auch im Rahmen des Falldialogs gemäß PrüfvV. Auch hier ist eine Bereitstellung medizinischer Unterlagen nicht legitimiert.

    Erst dem MDK dürfen die Daten zur Verfügung gestellt werden und dann nachfolgend (!) der KK im Erörterungsverfahren. Der Umstand, dass der KK im EV sämtliche Unterlagen zur Verfügung gestellt werden können, konterkariert nach meinem Verständnis den Datenschutz.

    Viele Grüße

    M2

    Einmal editiert, zuletzt von medman2 (26. November 2022 um 23:40)

  • ... Nachweis für das ZE2022-97 an, da unsere Abrechnung "nicht den bestehenden Kodier- und Abrechnungsvorschriften entspricht." Zur Prüfung des Anspruches wird dieses Protokoll benötigt....

    Hallo Cyre,

    ich würde mich schon aufgrund dieser Aussage weigern, denn der Weg der Abrechnung (auch für die Kasse) ist doch ZE2022-97 -> Anlage 4 der FPV -> Fußnote 6 -> Anlage 7 der FPV -> zutreffender ICD zur Abrechnung ist kodiert (hoffentlich) -> Zweifel an der Kodierung -> MD

    Was für ein Anspruch soll denn geprüft werden?

    Wenn Ihre Abrechnung nicht den bestehenden Kodier- und Abrechnungsregeln entspricht (z.B. entsprechender ICD der Anlage 7 fehlt), dann wäre die Rechnung direkt komplett abzuweisen, da sie formal falsch ist (ohne MD)

    Gruß

    zakspeed

  • Hallo an M2 und zakspeed,

    vielen Dank für die Rückmeldungen und die Bestätigung meines Bauchgefühls.

    Die Kodierung ist entsprechend der Anlage der FPV erfolgt (dauerhaft erworbene Blutgerinnungsstörung bei massiver Leberschädigung) - ob das medizinisch so korrekt ist soll aber bitte der MD prüfen, formal haben wir uns an alles gehalten.

    Leider sind wir in der Vergangenheit bei jedem Husten der Kasse gesprungen, die sitzt ja auch am längeren Hebel und behält den "strittigen Betrag" einfach ein. Also liefern wir brav, weil sonst kommen wir ja nicht an unser Geld.

    Wir sind nur ein kleiner Grund- und Regelversorger und stehen mit dem Rücken an der Wand, deswegen das Credo der Chefin "Wir dürfen uns die Kassen nicht zum Feind machen." Manchmal glaube ich, wir sind im Krieg und nicht in der Gesundheitsversorgung.

    Aber in diesem Fall werde ich telefonisch bei der Kassenmitarbeiterin nachfragen, an welcher Stelle denn die Formalien nicht erfüllt werden und auf welcher rechtlichen Grundlage außerhalb der Prüfung des MD Unterlagen zur Verfügung gestellt werden sollen.

    Es bleibt spannend (und irgendwie traurig, dass man sich auf immer neuen Wegen erwehren muss)

    Grüße aus Sachsen

    Cyre

  • nur zur Vollständigkeit:

    Nach Telefonat mit der Kasse und dortiger interner Beratung wird die Rechnung nun komplett bezahlt und dann die MD-Prüfung eingeleitet. Und wir waren wohl das erste Haus, was bzgl. dieser Anforderung nachgefragt hat. Interessant.

    Liebe Grüße an die Forumsgemeinde

  • ... Kasse ..., die sitzt ja auch am längeren Hebel und behält den "strittigen Betrag" einfach ein.

    Hallo Cyre,

    nur zur Info: Das mit dem einfach Gegenrechnen ist jetzt nicht mehr.

    Die Aussage, wir seien die Einzigen, die nachfragen, haben auch wir schon öfters gehört. Ich kann nur empfehlen, sich mit den Nachbarkrankenhäusern mal zu einem informellen Austausch zu treffen. Das ist immer sehr interessant. Da gibt es ganz viele Einzige ;)

    Ansonsten gutes Gelingen!

    Viele Grüße

    M2