Implantat oder Osteosynthese?

  • Hallo werte Kolleginnen und Kollegen,

    der MD streicht in seinen Gutachten die Kodes für ein CAD/CAM Implantat der Mandibula mit der Begründung es handelt sich nicht um einen Ersatz bzw. eine Nachmodellierung von Knochengewebe, sondern um eine Osteosynthese. Damit fällt das ZE 2022-04 weg. Da meist autologes Knochenmaterial eingefügt wird ist diese Logik auch irgendwie nachvollziehbar. Das CAD/CAM "Implantat" fixiert im Endeffekt nur die Knochen, bildet aber eben keinen Ersatz für destruiertes Gewebe. Die allgemeine Definition eines Implantates, also ein dauerhaftes in den Körper eingebrachte künstliche Material ist aber erfüllt. Diese Definition erfüllt aber auch jede Schraube oder Platte die im Körper belassen wird. Nur werden diese Platten oder Schrauben normalerweise nicht per CAD/CAM hergestellt und haben kein eigenes ZE.

    Gibt es auch bei Ihnen diese Problematik? Wie ist Ihre Meinung?

    Vielen Dank für Ihre Kommentare zu dieser Problematik.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Dr. med. Ralph Bier

    2 Mal editiert, zuletzt von Dr-Bier (9. Januar 2023 um 16:22)

  • Hallo,

    um welchen OPS geht es denn? Es gibt mehrere mit CAD/CAM-Implantation.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Herr Horndasch,

    in diesem Fall um den OPS 5-775.72. Rein operationstechnisch könnte man aber meines Erachtens auch eine 5-775.2 angeben. Diese Alternative hat der MD nicht genannt, sondern den 5-775.72 ersatzlos gestrichen. Der 5-775.2 triggert nur eben kein ZE. Der Aufwand für CAD/CAM wird nicht abgebildet.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Dr. Bier,

    handelte es sich um eine Knochenblockaugmentation bei z.B. Alveolarkammatrophie zur Vorbereitung einer implantatgetragenen prothetischen Versorgung? Oder um eine Rekonstruktion nach ablativer Chirurgie? Die Streichungsbegründung durch den MD hinsichtlich Osteosynthese ist m.E. keine, da inkludiert.

    5-775 Plastische Rekonstruktion und Augmentation der Mandibula

    Inkl.: Osteosynthese

    Mir stellen sich zwei Fragen:

    1. Warum wurde das CAD/CAM-Implantat und nicht ein "normal" hergestelltes aus Hüfte oder Kinn verwendet?

    2. Wann genau bezeichnen die Kieferorthopäden / Implantologen einen Defekt als "groß" oder "komplex"?

    Wenn die genannten Fragen plausibel zu beantworten sind, spricht m.M.n. nichts gegen den OPS 5-775.72.

    VG B. Sommerhäuser

  • Hallo Herr Sommerhäuser,

    Vielen Dank für Ihre Rückmeldung,

    es war eine Rekonstruktion mittels autologen Knochengewebe nach Resektion wegen Tumorbefall. Die eigentliche Rekonstruktion wurde also von den Knochenimplantaten "übernommen". Die CAD/CAM hergestellte Platte diente nur zur Fixierung zur Knochenbruchheilung. CAD/CAM individuell angepasste Platten sollen durch die Passgenauigkeit Pseudarthrosen vermeiden und ein besseres kosmetisches Ergebnis liefern. Was groß bzw. komplex ist, ist natürlich schwammig. In diesem Fall waren es etwa 3 cm, was in Bezug auf die Gesamtgröße der Mandibula möglicherweise als "groß" bezeichnet werden kann.

    Der MD verweigert das ZE 2022-04 bzw. den OPS 5-775.72 (Plastische Rekonstruktion und Augmentation der Mandibula: Durch alloplastische Implantate: Mit computerassistiert vorgefertigtem Implantat [CAD-Implantat], großer oder komplexer Defekt) , da die Rekonstruktion und Augmentation eben nicht durch das Implantat verursacht wird, sondern eben vom implantierten Knochengewebe.

    Definitionsfrage: Ist"Plastische Rekonstruktion und Augmentation der Mandibula: Durch alloplastische Implantate" zu verstehen wie "Plastische Rekonstruktion und Augmentation der Mandibula: Auch mit Hilfe alloplastischer Implantate" oder muss die Rekonstruktion und Augmentation direkt durch das Implantat gewährleistet werden. Ich tendiere ja zu Letzterem.

    Also wieder einmal eher ein "germanistisches" Problem als ein medizinisches. Hat man ja häufiger.

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Ralph Bier

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Dr. Bier,

    da haben Sie womöglich Recht und es wäre etwas für das BfArm oder den Schlichtungsausschuss...

    Ich verstehe das allerdings anders als Sie es beschreiben (s.o.). Es war jedenfalls ablative Chirurgie.

    Der Text des OPS 5-775.72 lautet vollständig "Plastische Rekonstruktion und Augmentation der Mandibula: Durch alloplastische Implantate: Mit computerassistiert vorgefertigtem Implantat [CAD-Implantat], großer oder komplexer Defekt)"

    Daher:

    Wurde eine "Plastische Rekonstruktion und Augmentation der Mandibula" durchgeführt? --> Antwort: JA

    Wurde sie "Durch alloplastische Implantate" vorgenommen? --> Antwort: JA

    Wurde sie "Mit computerassistiert vorgefertigtem Implantat [CAD-Implantat]" ausgeführt? --> Antwort: JA

    Unbestreitbar wurde der Eingriff MIT einem CAD-Implantat erbracht. CAD-Implantate werden oft als Fixationselement für autologe Knochentransplantate eingesetzt, das scheint hier passiert zu sein. Ohne dieses Implantat hätte die gesamte Rekonstruktion offenbar nicht funktioniert. Und selbst wenn es als "Überbrückung" oder "Fixationsbasis" eingesetzt wurde oder es als "Osteosynthese" bezeichnet wird: Ohne das CAD-Teil keine Mandibula-Rekonstruktion, mal salopp ausgedrückt. Es ist auch nichts davon zu lesen, dass das CAD-Implantat nur die größeren Rekonstruktionsanteile meint. Zudem ist die "Osteosynthese" als Inklusivum genannt.

    Handelte es sich um einen "großen oder komplexen Defekt"? --> Ihrer Antwort nach: Möglicherweise JA

    Außerdem Rekonstruktion der Mandibula: Das könnte m.E. ein "komplexes" Unterfangen darstellen.

    Daher: 5-775.72 nach Klärung der verbleibenden Unschärfen m.M.n. zutreffend.

    Zur Definition eines Implantates und zu etwaigen Spitzfindigkeiten hatten Sie sich schon eingelassen s.o.

    Viele Grüße

    B. Sommerhäuser