Tagesstationäre Behandlung nach § 115e SGB V

  • Guten Tag zusammen,

    nach dem Gesetzeswortlaut kann mit Einwilligung der Patientin oder des Patienten anstelle einer vollstationären Behandlung eine tagesstationäre Behandlung ohne Übernachtung im Krankenhaus erbracht werden.

    Hat jemand schon ein solches Formular (Aufklärung und Zustimmung / Ablehnung der tagesstationären Behandlung) gesehen oder in Verwendung?

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Guten Morgen,

    die gleiche Frage habe ich mir für unser Haus auch gestellt. Wir haben bisher noch kein entsprechendes Formular.

    Gemäß des Gesetzestextes sollte hier ja mal was kommen...

    Bleibt auch noch die Frage der Erfassung/Abrechnung über das jeweilige KIS. Wir haben in ORBIS bisher keine Möglichkeit "gefunden".

    Gibt es hier Kliniken, die eine tagesstationäre Abrechnung gemäß §115e schon vorgenommen haben?

    Die Kunst, langweilig zu sein, besteht darin, alles zu sagen, was man weiß.
    Winston Churchill

  • Guten Abend...und sorry, falls meine nachfolgende Frage blöd klingen mag:

    Welche Motivation sollte ein KH überhaupt haben, eine Behandlung "tagesstationär" durchzuführen? Ich sehe eigentlich nur Nachteile: geforderter Beleg einer mindestens 6-stündigen ärztlichen oder pflegerischen "Bespaßung", nach wie vor MD-Prüfung dieser Fälle möglich, ob nicht vielleicht doch ambulant/AOP möglich gewesen wäre, juristische Verantwortung für die geeignete Auswahl solcher Fälle liegt beim KH - falls zuhause doch mal etwas passiert, bei dem sich hinterher herausstellt, es hätte besser oder zumindest schneller behandelt werden können, wäre der Pat. doch stationär über Nacht geblieben usw...

    Auf häusliche Übernachtung drängende Patienten mit dennoch weiter bestehendem stationären Behandlungsbedarf nach medizinischen Kriterien (nur eben ausschließlich tagsüber) dürften zumindest in einem internistischen Patientengut eher selten sein. Die Lauterbach'sche Idee, mit Tagesstationär könnte man Personal entlasten/einsparen, indem z.B. der Nachtdienst (pflegerisch/ärztlich) nicht mehr anfiele, scheint mir arg konstruiert. Und über allem: viel mehr Gesprächs- und Abklärungsbedarf (was tun bei häuslichen Problemen? An wen wenden? Häusliche Versorgung für jede einzelne Nacht adäquat gewährleistet?).

    Andererseits ist Tagesstationär kein "Muss"; MD kann nicht Tagesstationär statt Vollstationär verlangen.

    Last but not least ist - wenn man es machen würde - auch ein "Mix" nicht undenkbar: einige häusliche Übernachtungen (ergo Tagesstationär), dann doch dazwischen - z.B. wegen punktuell besonderem Überwachungsbedarf - Vollstationär, dann wieder Tagesstationär. Scheint mir herausfordernd, das in handelsüblichen KIS abzubilden.

    Wozu also?

    Freue mich auf Ihre Erfahrungen.

    Beste Grüße.

  • Das Ganze funktioniert ja eigentlich wie eine Beurlaubung, nur dass jetzt eine Übernachtungspauschale abgezogen wird.

    Dr. Rolf Bartkowski
    Arzt f. Chirurgie, Med. Informatik
    Berlin

  • Ich fange einmal mit dem Fazit an. Wen die Gründe nicht interessieren, muss ja nicht weiterlesen.
    Wir werden Patienten anbieten, die davon gehört haben und es wünschen. Mir fallen nicht viele Konstellationen ein, in denen das Sinn macht.

    Wenn man das einmal in einer Geriatrie oder eine Onkologie denkt, in der der Patient einzelne Abende/Nächte Zuhause verbringt, kann ich damit leben. Die € 140,- je Nacht spare ich aber nicht wirklich ein.

    Cardiot: Dass solche Sachen KIS-seitig nicht gelöst sind, hat ja noch keinen Gesundheitsminister oder Richter interessiert.
    Ich bin gespannt wie es gelöst wird. Das werden ja noch mehr interne Verlegungen, die gebucht werden müssen.

    • Ich freue mich schon auf den ersten Streit, wenn ein Patient sich einen Notarzt ruft, während er sich in einer Behandlung nach §115e befindet. Die Transporte zahlt ja der Kostenträger nicht.

    • Die Integration in die stationären Abläufe (wie vom BSG gefordert) ist nicht ausgesetzt.
    Sie brauchen für diese Patienten trotzdem freie Betten und examiniertes Pflegepersonal.

    Diese Patienten belasten die pPUgV ebenso, da sie 12:00 Uhr Mittags in jedem Fall da sind.

    • Die Anforderungen an die Dokumentation in diesen mind. 6 Stunden mit >3 Stunden Behandlung sind immens höher als für einen Patienten, der über Nacht bleibt.

    • Der Kostenträger bekommt über den Aufenthalt nach § 115e ungleich mehr Informationen, als für Patienten die über Nacht bleiben. Er fischt mit seinen MD-Prüfungen hier nicht mehr im Trüben.

    «Die täglich sechsstündige Mindestaufenthaltsdauer der Patientin oder des Patienten im Krankenhaus (jeweils Beginn und Ende des Aufenthaltes) mit überwiegender ärztlicher oder pflegerischer Behandlung. Aus der Dokumentation muss sich die

    Dauer der Behandlung je Behandlungstag nachvollziehbar ableiten lassen. Für jeden tagesstationären Behandlungstag sind neben den Daten, die in jedem vollstationären Fall gemäß § 301 Absatz 1 SGB V zu übermitteln sind, jede ungeplante Rückkehr unter Angabe von Zeitpunkt und Grund gemäß § 2 Absatz 2 sowie die jeweiligen Zeitpunkte des Beginns und Endes des Aufenthaltes zu übermitteln. Für die Übermittlung gilt § 4»

    §3 Abs. 1 Nr. 3 & Abs. 2 Dokumentation eines tagesstationären Behandlungsfalles

  • Ein liebes Hallo...

    Also in einer Geriatrie funktioniert das schon mal gar nicht, da der OPS 8-550....an eine akutstationäre Notwendigkeit über die gesamten Tage - im günstigsten Fall größer/gleich 14 - gebunden ist. Die werden schon immer sehr gern auf 13 oder weniger weggeprüft und der OPS fliegt raus. Wenn ich hier, den wohlgemerkt geriatrischen Patienten, über Nacht heimschicken könnte, dann stimmt etwas nicht. Meistens ist es ja eher so, dass das Entlassmanagement nach dem stationären Aufenthalt schauen muss, wohin die Reise für den Patienten geht (KZP, PH, betreutes Wohnen oder doch nach Hause aber mit Pflegedienst)

    Ich kann mich an Fallprüfungen erinnern, wo die Gutachterin meinte: Oh, hier steht der Patient ist mit der Physio 100m gelaufen...das reicht...der hat ne Ein-Raum-Wohnung, mehr muss der nicht laufen. Fazit...sowas steht da nicht mehr. Will sagen, es gibt nix, was es nicht gibt...

    Aber eine Nacht daheim...das wäre ja ne Steilvorlage.

    Möglicherweise meinten Sie jedoch nicht die vollstationäre Geriatrie, sondern die tagesklinische geriatrische Behandlung. Aber die gibt es ja schon in entsprechender Konstellation. Oder ich hab das falsch verstanden?

    Liebe Grüße aus Dessau

  • Lieben Dank für die bisherigen Infos!

    Ja, wenn Patienten davon gehört haben, dies explizit wünschen (und implizit: sonst nach woanders abwandern könnten), das wäre m.E. das einzige denkbare Szenario. Wobei mir bei diesem Plot gleich wieder ein anderes, mögliches Problem in den Sinn kommt:

    Pat. wünscht "Tagesstationär", Klinik rät (aus medizinischen Gründen) davon ab, Pat. besteht aber drauf: was nun? Eine "Entlassung gegen ärztlichen Rat" wäre es sicher nicht; er/sie kommt ja in ein paar Stunden wieder. "Tagesstationär gegen Unterschrift auf eigene Verantwortung"? Wäre gespannt, wie die Juristen das beurteilen...

    Allen einen schönen Abend, beste Grüße

  • Da muss ich dir komplett Recht geben!

  • Hallo zusammen,

    wenn ich das Alles hier so betrachte, so ist doch zusammenfassend eigentlich nur festzustellen, dass es diese Behandlungsoption theoretisch zwar gibt - aber bisher Niemand eine Idee hat, bei welchen elektiven Behandlungsfällen auch das anwendbar/praktikabel erscheint - richtig?

    Und ergänzend noch ein Hinweis: in den damaligen ersten Publikationen vom Ministerium hieß es schon, dass eine MD-Prüfung hinsichtlich der Übernachtungsnotwendigkeit in einem Krankenhaus ausgeschlossen ist, sodass hier zumindest kein neues "Schlachtfeld" eröffnet wird (wie auch der Prüfungsausschluss zur VWD-Reduzierung nur wegen Kürzung der Pflegevergütung z.B.).

  • Hallo,

    es soll aber eine Vereinbarung zwischen DKG und GKV geben, die genau diese nicht zulässigen Prüfungen regeln.

    Näheres oder Abweichendes zur Berechnung der Entgelte und der Prüfung der Notwendigkeit von Übernachtungen durch den Medizinischen Dienst vereinbaren die Vertragsparteien nach § 17b Absatz 2 Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes bis zum 27. Juni 2023. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 4 ganz oder teilweise nicht fristgerecht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach § 18a Absatz 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes ohne Antrag einer Vertragspartei innerhalb von sechs Wochen.

    Und das letzte was die Schiedsstelle entschieden hat war die PrüfvV.

    Ich befürchte ein Szenario in dem im Rahmen des fiktiven wirtschaftlichen Alternativverhaltens eine tagesstationäre Behandlung gefordert wird. Das Prinzip kennen wir von der uGVD-Überschreitung.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch