• Hallo Forum,

    schon wieder ein "neues" Thema von mir.

    In mehreren Threads scheint die Idee der Einheitskasse das Schlagwort der Woche zu sein. Da ich nicht viermal dieselbe Antwort geben möchte, hier mein Statement:

    Ich zitiere niemanden mehr, die Schuhe werden schon den richtigen Personen passen...

    Hier wird sooft über eine "berüchtigte Kassenart" geflucht. Wer, denken Sie, würde sich bei der Gestaltung der Einheitskasse mit seinen Strukturen und seiner Marktmacht durchsetzen??

    Unterschiede gibt es durch den Wettbewerb in der Tat - und selbst wenn "nur im Service". Ist das nichts? Wie werden Sie denn bei Ihrer Unfallversicherung oder Ihrer Rentenversicherung beraten?? Noch mehr Beispiele für konkurrenzlos kundenfreundliche SV-Träger gefällig??

    Der Risikostrukturausgleich gehört abgeschafft. Das fördert echten Wettbewerb und führt zu einer Marktbereinigung, wie sie in anderen Bereichen allerdings zeitgleich erfolgen sollte.

    Wenn man an alle Lobbyisten so hart ran gehen würde wie derzeit wieder an die Krankenkassen, wäre ich froh. Aber hochgradig unfair ist das auch:

    Wir dürfen keinen Gewinn machen, sondern verwalten lediglich die Beitragsgelder unserer Versicherten.

    Pharmaindustrie u.a. dürfen nicht nur, sondern machen mit Vorliebe Gewinne - dieser mag aber unangetastet bleiben.

    Wir dürfen unsere Standorte nicht ins Ausland verlagern, um Personalkosten zu sparen

    Pharmaindustrie u.a. brauchen nur einmal kurz das Wort "Standortverlagerung" in den Mund nehmen und sie werden großzügig von Reformvorhaben ausgenommen.

    Die Leistungsausgaben machen nunmal den größten Teil der Ausgaben der Krankenkassen. Selbst wenn man die Verwaltungskosten der Kassen um 50 % reduzieren würde, wäre das ein kurzfristiger und im Beitragssatz kaum spürbarer Effekt.

    Letztlich bitte ich alle Leistungserbringer zu bedenken, wie "Vertrags- und Vergütungsverhandlungen" mit einer Einheitskasse ablaufen. Ob Sie da den guten Schnitt machen, ist fraglich... .

    Zum Schluss möchte ich eines zu bedenken geben:

    DIE WIRKUNGSVOLLSTE REFORM HEISST: 1.000.000 ARBEITSLOSE WENIGER!!!

    Die Ausgaben - auch die für Verwaltung, Personal und Glaspaläste - ist nicht wirklich unser Problem. Die Einnahmen brechen weg. Und setzt sich der Trend auf dem Arbeitsmarkt fort, hilft keiner der auf dem Tisch liegenden Reformvorschläge, keine Bürgerversicherung und auch keine Einheitskasse, dann hilft nur noch beten.

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo,

    also dieser angebliche Wettbewerb kann meines erachtens keiner sein, denn ich warte immer noch auf die erste Kasseninsolvenz.
    Dies ist im SGB V klar geregelt (schadlos für die Versicherten) und bisher meines Wissens noch nie (!?) bei einer gesetzlichen Kassen angewendet worden.

    Also echter Wettbewerb existiert nicht (und ist wohl auch nicht gewollt wie z.B. der dauernd komplexer werdende RSA zeigt), daher halte ich den Ruf nach Einheitskasse für zumindest legitim (wenn ich auch selber eine gewisse Vielfalt selbst generell für besser halte, aber auf deutlich reduziertem Niveau)...

    Aber ob dadurch eine entscheidende Verbesserung erreicht wird....?

    Gruß
    --
    Thomas Lückert
    Medizincontrolling
    Johanniter-Krankenhaus im Fläming

    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizincontrolling
    Unfallkrankenhaus Berlin

  • Hallo ToDo, hallo Forum,

    auch wenn mein letztes Statement vielleicht so klingen mochte: ich bin kein Befürworter von Einheitsbrei - weder in Form einer Einheitskasse noch einer Einheitsversorgung. Der per Gesetz aufgedrückte Risikostrukturausgleich macht aber nunmal im Bereich der GKVs den Wettbewerb zunichte (daher mein Gedankenspiel zur Fusionierung) bzw. verkehrt ihn ins Gegenteil (ähnlich wie die Punktbewertung der ärztlichen Leistungen duch die KVs).

    Nun ist der Grundgedanke des Risikostrukturausgleichs hinlänglich bekannt - sehen Sie eine andere Variante zur Lösung des Problems?

    Was den korrekt beschriebenen Lobbyismus angeht - bieten Sie doch Frau Schmidt einen Aufsichtsratposten in Ihrem Unternehmen an - das korrigiert vielleicht ganz schnell irrige Ansichten entscheidungsgewaltiger Personen ...

    :D

    Freundliche Grüße aus Dresden

  • Schönen guten Tag allerseits und insbesondere ToDo!

    Zitat


    Original von ToDo:
    Unterschiede gibt es durch den Wettbewerb in der Tat - und selbst wenn "nur im Service".


    Ist das nicht ein Armutszeugnis unserer Gesellschaft, dass wir die Konkurrenz brauchen, um vernünftigen Service zu bieten. Warum gibt es ohne Konkurrenz keinen guten Service, zum Beispiel weil es einfach sinnvoll ist und das Arbeiten mit zufriedenen Kunden und Partnern auch schöner ist.

    Im Übrigen ist das mit dem Wettbewerb so eine Sache. Er wird zwar immer beschworen, gleichzeitig wird aber von den Wettbewerbern alles getan, ihn zu unterbinden. Einige Stichworte: Preisabsprachen, Patente und Markenschutz, Fusionen und Übernahmen usw. Dies alles verhindert oder erschwert wirklichen Wettbewerb.

    Im Gesundheitswesen von Markt oder Wettbewerb zu sprechen ist sowieso absoluter Unfug, es gibt wohl kaum einen Bereich in Deutschland, der geregelter und planwirtschaftlicher wäre, als das Gesundheitswesen (vielleicht noch die Landwirtschaft, aber dafür ist eher die EU verantwortlich). Und es ist wohl auch kaum im Sinne der Patienten, Krankheiten wie ein Produkt zu betrachten, dessen "Herstellung" planbar ist, wie die Produktion von Autos.

    Apropos Autos:

    Zitat


    Original von ToDo:
    DIE WIRKUNGSVOLLSTE REFORM HEISST: 1.000.000 ARBEITSLOSE WENIGER!!!


    Richtig! Sie können sogar ruhig eine 2 oder gar 3 vorne dranstellen. Aber nicht die Autoindustrie, die immer als Motor der Wirtschaft dargestellt wird, ist der größte Arbeitgeber, sondern das Gesundheitswesen. Direkt oder indirekt hängt (ich habe nicht die genaue Zahl, aber in der Größenordnung) jeder 10. Arbeitsplatz mit Gesundheitsdinstleistungen zusammen. Also bedeutet, in das Gesundheitswesen zu investieren die Schaffung von Arbeitsplätzen. Weiter zu sparen schafft nur noch mehr Arbeitslose.

    Schönen Tag noch,
    --
    Reinhard Schaffert

    Medizincontroller
    Facharzt für Chirurgie
    Krankenhausbetriebswirt(VWA)
    Kliniken des Wetteraukreises

  • Hallo Forum, insbesondere Herr Schaffert,

    darf ich Ihren Beitrag mal fortführen?

    Also wäre eine Einheitskasse das absolut falsche Signal. Die Zahl von Arbeitsplätzen, die bei den Kassen unter Umständen (und sehr wahrscheinlich zu Lasten der Versicherten) abgebaut würde, führte zu einer nicht vertretbaren weiteren Verschärfung des Arbeitsmarktes und nicht zuletzt dadurch zu einem weiteren Einnahmenausfall bei eben den gesetzlichen SV-Trägern.

    Weiterhin ist nicht absehbar, wie ein monopolistischer Kostenträger in Vergütungsverhandlungen (wird es die überhaupt noch geben?) gegenüber den Leistungserbringern auftritt und ob es nach der Einführung der Einheitskasse auf der einen Seite die heute existierende Vielfalt der Leistungserbringer noch geben wird. Wird auf der Seite der Leistungserbringer sich ein ähnlicher Prozess vollziehen, führte dies zu den gleichen Konsequenzen auf dem Arbeitsmarkt, wie bereits ober beschrieben.

    Folglich können die "negativen" Folgen der Kassenvielfalt nicht schlimmer sein, als ein "Bereinigungsprozess", der sich auf viele andere Bereiche mit auswirken wird.

    Ich jedenfalls bleibe dabei - unser wahres BMGS besteht aus Clement und Hartz...

    Gruß aus dem bergischen Land,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Schönen guten Tag allerseits und insbesondere Herr ToDo!

    Zitat


    Original von ToDo:
    Also wäre eine Einheitskasse das absolut falsche Signal. Die Zahl von Arbeitsplätzen, die bei den Kassen unter Umständen (und sehr wahrscheinlich zu Lasten der Versicherten) abgebaut würde, führte zu einer nicht vertretbaren weiteren Verschärfung des Arbeitsmarktes und nicht zuletzt dadurch zu einem weiteren Einnahmenausfall bei eben den gesetzlichen SV-Trägern.


    Jeder Arbeitslose mehr ist eine "nicht vertretbare weitere Verschärfung des Arbeitsmarktes".

    Aber nun stellen Sie mal den Rund 155.000 beschäftigten der GKV die 1.689.000 Beschäftigten bei ambulanten Leistungserbringern und den 1.745.000 Beschäftigten im stationären Bereich gegenüber (Quelle: Statistischen Bundesamt und Gesundheitsbreichterstattung des Bundes). Dazu kommen noch allerlei indirekt vom Leistungsgeschehen im Gesundheitssystem abhängige Berufe, wie der Taxifahrer auf dem Land, der mir letztens sagte, dass er dichtmachen könne, wenn die ambulanten Krankenfahrten nicht mehr von der Kasse vergütet würden (und das hat in diesem Fall ja wieder Auswirkungen auf die Autoindustrie).

    Also, lieber Herr ToDo, bei allem Verständnis für Ihre Argumentation: Ich glaube, eine Einheitskasse hätte weit weniger Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, als auch nur ein einziges dichtgemachtes Krankenhaus.

    Eines der Krankenhäuser, für die ich tätig bin, ist der größte Arbeitgeber in einer sowieso strukturschwachen Region (bereits ohne die indirekt Abhängigen). Außer den Arbeitslosenzahlen würden dort bei Schließung des Krankenhauses letztlich auch die Gesundheitskosten in die Höhe schnellen, durch zunehmende soziale Abstiege, Alkoholismus, längere Wege zur evtl. neuen Arbeitstätte mit erhöhter Unfallgefahr (zugegeben: kein GKV-Problem) usw.

    Das ökonomische Rezept zur Bekämfpung von andauerenden Wirtschaftsflauten wird Keynes zugeschrieben, eigentlich wusste es aber auch schon Joseph im Alten Testament: In den fetten Jahren musst du sparen, damit du in den mageren Jahren investieren kannst! Leider haben alle die fetten Jahre verstreichen lassen.

    Schönen Tag noch,
    --
    Reinhard Schaffert

    Medizincontroller
    Facharzt für Chirurgie
    Krankenhausbetriebswirt(VWA)
    Kliniken des Wetteraukreises

  • Zitat


    Original von QM-Tiger:
    habe Ihren Beitrag mit dem Schmunzeln eines Tigers gelessen desen Beute gerade noch den Versuch macht zu Entkommen...

    Guten Tag, Herr QM-Tiger (wie kommt man nur auf so einen merkwürdigen Namen),
    mir ist das Schmunzeln beim Versuch, Ihren Beitrag zu verstehen, vergangen. Vorschlag: orthografische Qualitätssicherung i.S. eines Minimalstandards.
    H.-P. Wolkenstein