Befund liegt bei Entlassung noch nicht vor

  • Zitat


    Sehr geehrter Herr Ziebart,

    Ihr Kodierrichtlinienvorschlag ist stark auf die besprochene Problematik fokussiert und könnte Verwirrung auslösen:

    Sehr geehrter Herr Hirschberg !

    Da haben Sie recht. Die von mir vorgeschlagene Kodierrichtlinie ist sicherlich so noch nicht "druckreif". Ich würde es dennoch sehr begrüßen, wenn diese Problematik in diesem Forum weiter diskutiert wird und am Ende etwas sinnvolles/druckreifes dabei herauskäme.

    Oberstes Ziel der Kodierrichtlinien und der Bezahlung nach DRGs ist doch "gleiches Geld für gleiche Leistung". Bei der hier diskutierten Problematik stellen wir fest, daß unter Umständen das Ergebnis der Biopsie (maligne/benigne) bei der Kodierung zu unterschiedlichen Ergebnissen führen würde. Konsequenz wäre, daß bei gleicher Leistung des Leistungserbringers je nach Ergebnis der Histologie unterschiedlich entlohnt würde. Das dies nicht im Sinne des DRG-Systems ist, ist glaube ich jedem bewußt. Es muß also eine Kodierrichtlinie geschaffen werden, die hier Abhilfe schafft.

    Bei der von mir vorgeschlagenen Kodierrichtlinie weisen Sie auf folgende Problematik hin:

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    Patienten stellen sich häufig mit Symptomen vor bei denen unter anderem auch eine Neubildung als Ursache diagnostisch auszuschliessen ist. Erfolgen bezüglich einer möglichen Neubildung zwar ausschließlich diagnostische Massnahmen, so kann trotzdem eine nichtmaligne Krankheitsursache gefunden werden und diese müßte dann HD werden.
    Bsp.: Hämoptoe...

    Die Kodierrichtlinen enthalten zu diesem Thema bereits einige Angaben. Insbesondere die DKR D0002b:

    Zitat


    Wenn sich ein Patient mit einem Symptom vorstellt und die zugrundeliegende Krankheit zum Zeitpunkt der Aufnahme bekannt ist, jedoch nur das Symptom behandelt wird, ist das Symptom als Hauptdiagnose zu kodieren. Die zugrundeliegende Krankheit ist anschließend als Nebendiagnose zu kodieren (siehe Beispiel 4).


    und weiter:

    Zitat


    Wenn sich ein Patient mit einem Symptom vorstellt und die zugrundeliegende Krankheit zum Zeitpunkt der Aufnahme bekannt ist und behandelt wird, so ist diese als Hauptdiagnose zu kodieren. Das Symptom wird nicht kodiert, wenn es im Regelfall als eindeutige und unmittelbare Folge mit der zugrundeliegenden Krankheit vergesellschaftet ist (siehe Beispiel 5).

    Warum findet hier eine Einschränkung dahingehend statt, daß die zugrundeliegende Krankheit bei Aufnahme bekannt sein muß ? Die Verfasser der Kodierrichtlinien gehen hier wohl davon aus, daß für den Fall, daß die zugrundeliegende Krankheit nicht bekannt ist, erhöhter (diagnostischer) Aufwand erfolgt, der dann durch eine andere HD "belohnt" werden muß.

    Allerdings wird hier m.E. übersehen, daß dieser diagnostische Aufwand auch erfolgt, falls eine zugrundeliegende Krankheit nicht diagnostiziert wird. Auch wird übersehen, daß es mehrere zugrundeliegende Krankheiten geben könnte, die dann bei gleichem diagnostischem Aufwand zu unterschiedlichen DRGs und damit unterschiedlichen Entlohnungen führen könnte.

    Symptome / Symptomkomplexe werden in der Medizin jedoch immer gleich behandelt:

    Diagnostisch, um eine möglich zugrundeliegende Krankheit zu finden und therapeutisch ausschließlich "symptomatisch", bis eine zugrundeliegende Krankheit diagnostiziert wurde (Ausnahme s.u.). Eine spezifische (aufwändige) Therapie kann ja erst nach Diagnossicherung erfolgen.

    Es ist daher m.E. sinnvoll die DKR 0002b dahingehend zu ändern, daß für die Auswahl der HD nicht mehr auf das Bekanntsein einer zugrundeliegenden Erkrankung bei Aufnahme abgestellt wird, sondern ausschließlich auf die Art der erbrachten Leistungen (diagnostisch, symptomatische und spezifische Therapie).

    Für den Fall daß eine "Verdachtsdiagnose" aufgrund ihrer schwere bereits spezifisch behandelt wird sehen die DKR im Falle des Ausschlusses dieser Diagnose ja bereits vor, daß trotzdem die "Verdachtsdiagnose" als HD zu kodieren ist. Siehe hierzu die DKR D008b:

    Zitat


    Wenn Untersuchungen vorgenommen, aber keine Behandlung in Bezug auf die Verdachtsdiagnose eingeleitet wurde, ist/sind das/die Symptom/e zu kodieren (siehe Beispiel 1 und DKR D002b Hauptdiagnose (Seite 4)).

    [...]

    Wenn eine Behandlung eingeleitet wurde und die Untersuchungsergebnisse nicht eindeutig waren, ist die Verdachtsdiagnose zu kodieren.


    Es ist daher sinnvoll, bei der Auswahl der HD ausschließlich auf die erbrachten Leistungen während des stat. Aufenthaltes abzustellen. Hierbei muß zwischen drei unterschieldichen Leistungsarten unterschieden werden: (1) diagnostische Maßnahmen. (2) sypmptomatische Therapie und (3) spezifische Therapie.

    Eine Abänderung der DKR D0002b in ungefähr dieser Art und Weise würde dann dazu führen, daß gleiche Leistungen gleich bezahlt würden:

    Folgender Entwurf zur weiteren Diskussion:

    [ICD-10: Symptom]=Axx.x [ICD-10:Ursache]=Bxx.x

    Leistungen des Leistungserbringers:

    1. Fall: ausschließlich diagnostisch und keine Therapie
    -> HD ist stets Axx.x ND ist Bxx.x, falls sicher bestätigt.

    2. Fall: diagnostisch oder (sympt. Therapie und keine spez. Ther.)
    -> ist stets Axx.x, ND ist Bxx.x

    3. Fall: spezifische Therapie (bezogen auf Bxx.x)
    -> HD ist stets Bxx.x, Axx.x wird nicht kodiert.


    Was symptomatisch und was spezifisch ist könnte in den speziellen Kodierrichtlinien dann näher definiert werden.

    Ich danke jedem, der bis hier hin "durchgehalten" hat und verbleibe vorerst,

    Mit freundlichen Grüßen,

    M. Ziebart
    UFK Kiel

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    Original von DWege:
    ich finde die strikte Einhaltung der Kodierrichtlinie zu diesem Punkt falsch.

    Das finde ich nicht. Nur eine einheitliche Kodierung nach Kodierrichtlinen führt dazu, daß gleiche Fälle, gleich enlohnt werden. Beispielsweise, eine Stanzbiopsie bei V.a. CLL bei Herrn Schipp mit der gleichen DRG entlohnt wird, wie in Ihrem oder unserem Hause.

    Zitat


    Eine Leistung, nämlich die Biopsie, ist während des Aufenthaltes durchgeführt worden.
    Das man für diese Biopsie ein Ergebnis erwartet, ist doch logisch. Dieses Ergebnis muss doch in die Dokumentation einfließen, schon mal aus rein rechtlichen Gründen.


    Die Dokumetation (als schriftlicher Befund in der Patientenakte) möchte Ihnen auch niemand verbieten. Es geht hier jedoch um die Kodierung dieses Befundes für abrechnungstechnische Zwecke nicht mehr und nicht weniger.

    Zitat


    Außerdem soll doch der Befund auch in die Epikrise einlaufen, oder wird die geschrieben, bevor die Befunde vorhanden sind?

    Auch der Zeitpunkt der Erstellung der Epikrise / des Arztbriefes steht hier nicht zur Diskussion.

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    Außerdem entstehen falsche Diagnosenstatistiken, sowohl KH-intern als auch epidemiologisch. Tumorpatienten werden zu gesunden Beobachtungsfällen. Das kann doch nicht gewollt sein.

    Das ist so nur die halbe Wahrheit. Für den Fall, daß sich ein bösartiger Tumor bestätigt erfolgt (hoffentlich) eine Benachrichtigung des Patienten und eine weitere tumorspezifische Therapie. Erst dann erbringen Sie einen tumorspezifischen Aufwand.
    Davor haben Sie auch keinen "Beobachtungsfall" sondern erbringen eine diagnostische Leistung bei Verdacht auf Neubildung. Ob es sich dabei tatsächlich um eine Neubildung handelt spielt bei der Berechnung des Aufwandes keine Rolle.

    Deweiteren geht es auch nicht primär um die Erstellung epidemiologischer Statistiken, sondern wie bereits gesagt, um die Kodierung eines klinischen Behandlungsfalles für abrechnungstechnische Zwecke.

    Zitat


    Da zeigt sich wieder ganz deutlich die Diskrepanz zwischen Bezahlung nach DRG (je kränker, desto mehr Geld) und vollständiger medizinischer Dokumentation.

    Kodierung für die Abrechung ist eine Untermenge der Dokumentation. Vollständige Kodierung heißt nicht vollständige Dokumentation. Sinn der DRG ist auch nicht "je kränker, desto mehr Geld" sondern "mehr Aufwand = mehr Geld; gleicher Aufwand=gleiches Geld". Das muß das Ziel des "lernenden Systems" DRG sein.

    Zitat


    Mein Vorschlag:
    Es sind bereits viele Zusatzkodierungen in den noch SGB-V-Klassifikationen vorhanden. Warum überlegt man nicht, einen Kode aufzunehmen, der deutlich macht, dass das abschließende Ergebnis erst nach der Entlassung vorlag?
    Ich kann mir das gut im OPS vorstellen. Ähnliches haben wir ja bereits für die Patienten, deren ursprüngliche Behandlung nicht durchgeführt wurde. Für diese Patienten wird nämlich auch die Diagnose verschlüsselt, auch wenn keine Leistung erfolgt ist.

    Und was soll der Grouper mit dieser Information anfangen ? Mehr Geld, wenn die Diagnose nach Entlassung voliegt, weniger wenn nicht ? Oder umgekehrt ? Das wäre m.E. eine unsinnige weil überflüssige Überkodierung des Falles.

    Mit freundlichen Grüßen,

    M. Ziebart