Multiinfarktsyndrom

  • Fragen zum Multiinfarktsyndrom

    Patient kommst zum wiederholten mal stationär. Er ist durch vorausgegangene cerebrale "Miniinfarkte" deutlich vorgeschädigt. Er ist verwirrt, hat Schwierigkeiten bei Essen und Trinken, ist inkontinent (Stuhl und Urin), und hat eine spastische Parese rechter Arm. Auch andere Kombinationen sind für die Frage möglich.
    Die Einweisung erfolgt wegen "Reapoplex".
    Von den Symptomen her läßt sich nicht sagen, was alt und was neu ist, mit Sicherheit ist das meiste "nicht ganz frisch".
    Im CT erkennt man die zu erwartende Hirnatrophie sowie einige "Residuen" älterer Insulte. Ein eindeutiger frischer Insult ist nicht zu sichern. Bekanntlich sind aber ganz kleine frische Defekte nicht immer eindeutig erkennbar. Und viele kleine Insulte machen in der Summe "große" Symptome.
    Ein MRT ist nicht greifbar und bringt auch nicht viel weiter.Ein frischer Infarkt ist also weder zu beweisen noch auszuschließen.
    Also liegt das klassische Bild eines "Multiinfarkt-Syndroms"vor.
    Wie verschlüsselt man dieses korrekt???
    Kann man einen frischen Insult verschlüsseln (da ja nicht auszuschließen und die Behandlung diesem entspricht) und daneben "Folgen eines Hirninfarktes" ( da eindeutig nachgewiesen und aktuell mitbehandelt wird)? Welches ist die Hauptdiagnose? Und wie verhält es sich mit den symptombezogenen Nebendiagnosen und pflegerelevanten Diagnosen. Wie ordne ich diese der Hauptdiagnose zu, da ja einige (z.B. spastik) alt und einige neu sein können oder sind?
    Und es liegt mit Sicherheit auch eine allgemeine Arterioskerose speziell aber eine Hirnatherosklerose (I67.2) mit vaskulärer Demenz (F01.2 oder F01.1) vor.
    Bitte bringen Sie Ordnung in dieses Chaos!
    Danke
    Ulrich Düntsch

  • Hallo, Herr Düntsch,

    ich gehe davon aus, dass Sie den Patienten wegen der Verdachtsdiagnose Reapoplex aufnehmen (im Sinne von Aufnahmeveranlassung).

    KODIP führt bei Multiinfarktsyndrom zur
    I63.9 Hirninfarkt, nicht näher bezeichnet

    dies ist die Verdachtsdiagnose, die Sie zwar nicht sicher nachweisen, aber auch nicht ausschliessen können, deretwegen Sie aber auch (zumindest) mitbehandeln.

    Dann noch den Sermon an Nebendiagnosen.
    Hinter dem Block an aktuellen und möglicherweise älteren Restfolgen der vorausgegangenen Infarkte noch den Folgekode
    I69.4 Folgen eines Schlaganfalls, nicht als Blutung oder Infarkt bezeichnet
    (hier kann man sich zugegebenermassen streiten, da die aktuelle Behandlung ja noch nicht, aber die vorausgegangene Behandlung eben doch abgeschlossen ist).

    ...

    Wäre ebenfalls an weiteren Meinungen interessiert.

    Mit freundlichen Grüßen

    C. Hirschberg

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen, Herr Düntsch, Herr Hirschberg,

    ich teile hier Herr Hirschbergs Meinung (wobei ich den "Folge von ..." ohne Zweifel auch kodieren würde).

    Gruß
    --
    D. D. Selter

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Ulrich
    Grundleiden I67.2 (es geht auch I67.8)als Hauptdiagnose mit Manifestationen F01.1 Multiinfarktdemenz.
    Dazu I69.3 G81.1 R32 R15 Wahrscheinlich immobil? Aphasie? Dysphagie?
    Ergibt B70A Relativgewicht 1,936 als Normallieger.
    Wenn eine akute Verschlechterung der vorbestehenden neurologischen Symptomatik den Krankenhaus veranlasst hat, würde ich den Apoplex als Hauptdiagnose nehmen. Führt in die gleiche DRG!
    Ich hoffe du kannst damit was anfangen
    Gruß aus Saarbrücken 19° sonnig

  • I67.2 Hirnatherosklerose
    I67.8 Sonstige näher bezeichnete zerebrovaskuläre Krankheiten

    Admin:
    könnten Sie nicht die ICD (und den OPS) in die Wortersetzung des Forums importieren, sodass zb.[ICD I67.2] um den Originaltext ergänzt dargestellt wird ?

    mfG C. Hirschberg

    • Offizieller Beitrag

    Hey, Herr Hirschberg,

    Zitat


    Original von C-Hirschberg:
    Admin:
    könnten Sie nicht die ICD (und den OPS) in die Wortersetzung des Forums importieren, sodass zb.[ICD I67.2] um den Originaltext ergänzt dargestellt wird ?

    Das ist eine ganz hervorragende Idee ! (Dass ich bis jetzt nicht selbst darauf gekommen bin...). Das Problem wird nur sein:
    1. Die zig-Tausend Codes und Texte in die Datenbank zu bekommen, da die Script-Laufzeit aus verständlichen Gründen durch den Provider begrenzt und knapp bemessen ist. Das würde bedeuten, dass ich es in 1000er-Häppchen versuchen muss, und das dauert...
    2. Wenn die ICD / OPS-Versionen wechseln, kann ich alles nochmal machen... Will sagen, lohnt sich in diesem Jahr wohl nicht mehr, ich könnte aber mit der 2004er-Version schon mal anfangen.
    3. Die Datenbank wird dadurch riesig groß, was Probleme mit dem Backup geben wird (Script-Laufzeit, s.o.).
    4. Ich habe schon jetzt das Traffic-Limit (1 GB) des Ultra-Profi-Getöse-Paketes von Puretec hoffnungslos überzogen (https://www.mydrg.de/dload/logs.htm) und zahle für jedes Gigabyte extra Gebühren. Das wird wohl ziemlich teuer, wenn da solche Kataloge über die Leitung wandern...
    5. Was ich nicht weiß, ist, ob die Datenbank nicht schlapp macht, wenn bei jeder Eingabe eines Codes durch einen Nutzer erstmal sämtliche Katalogwerke durchsucht werden müssen ? Es wäre aber einen Test unter Last einmal Wert... Wundern Sie sich aber nicht, wenn dann nichts mehr geht.

    Ich bin ganz entzückt von Ihrer Idee. Wir testen das am Besten mal.

    Herzliche Grüße
    sendet
    B. Sommerhäuser


    P.S. Meine letzte Mail an Sie war übrigens ernst gemeint.

  • Sehr geehrter Herr Düntsch,

    auch ich empfinde das Problem als nicht ganz einfach und in der Tat könnte die Einweisungsdiagnose "Reapoplex" in die Irre führen.

    Zumindest zum Entlassungszeitpunkt ist ja zu klären, ob nun tatsächlich ein erneuter ischämischer oder gar hämorrhagischer Insult abgelaufen ist. Von Interesse ist nun wirklich, ob die rechtsseitige spastische Arm-(oder armbetont???)Parese neu oder alt ist. Nur im ersteren Fall hätte ich einen Hinweis auf ein neues Geschehen.
    Eventuell hat man sogar einen MDK-Dienst im Nacken, der einem Fehlbelegung aufgrund von Pflegebedürftigkeit nachzuweisen sucht!

    Also sollten Sie suchen, ob denn wirklich (auch klinisch) etwas Neues dabei ist. Gesetzt diesen Fall würde ich dann z.B. so kodieren:
    HD: Zerebraler Insult, ggf. nnbez Gefäße
    ND: spastische Hemiparese rechts
    Atherosklerose
    Volumenmangel
    und Probleme bei der Nahrungsaufnahme
    Urin- und Stuhlinkontinenz
    und natürlich noch die F0-Diagnose (ggf. auch hypertensive Encephalopathie)
    --
    Andreas Raether
    Winnenden

    Andreas Raether
    Winnenden

  • Liebe Kodiergemeinde,

    es tut mir leid, dass ich diese Fragestellung nach mehr als drei Monaten nochmal aufgreifen muss, aber ich habe in der Vergangenheit dieses Forum sträflich vernachlässigt und mich an den Diskussionen bisher nicht beteiligt.

    Auch bei uns gibt es zum Thema Multiinfarktsyndrom immer wieder Diskussionen. In meiner Vergangenheit als internistischer Kodierer habe ich mir in solchen Fällen mit folgendem Kompromissansatz weitergeholfen:

    1. Hat ein Patient mit Multiinfarktsyndrom einen im CT oder MRT nachweisbaren frischen Infarkt, so habe ich den Infarkt als Hauptdiagnose verschlüsselt. Ebenso kodiert habe ich, wenn durch CT oder MRT kein eindeutiger Nachweis oder Ausschluss möglich war, aber neue ("bleibende") neurologische Defizite auftraten, welche den Verdacht auf einen frischen Infarkt erhärteten.

    2. War aber bei einem Patienten weder der Nachweis noch der Ausschluß des frischen Infarkts möglich und konnte außerdem nicht festgestellt werden ob es zusätzlich zu den bisherigen Folgen noch "akute/frische" neurologische Schädigungen gegeben hat, so habe ich die Hauptdiagnose I67.3 gewählt.

    Da man mit der Hauptdiagnose I67.3 in die B69 "Degenerative Erkrankungen des Gehirns" kommt, kann man auf diese Weise einem möglichen Streitpunkt mit den Kostenträgern oder dem MDK umgehen, da diese DRG im Vergleich etwas schlechter bewertet ist als die B70. Unsere Internisten im Haus konnten mit dieser Regelung gut leben.

    Wie stehen Sie zu diesem Vorgehen aus medizinischer Sicht? Lässt sich dies mit den Kodierregeln vereinbaren ?

    Gruß aus Schwerte

    J.Kotecki