Entlassung vor UGVD gegen ärztlichen Rat

  • Guten Tag Forum,

    wie sehen Sie die Aufnahme eines Passus im Behandlungsvertrag (KH / Patient) zur Übernahme von Erlöseinbußen, wegen Unterschreitung der UGVD nach Entlassung des Patienten gegen ärztlichen Rat auf eigenen Wunsch, durch den Patienten. Wie wird mit diesem Problem in anderen Häusern verfahren?
    Es passiert gar nicht so selten, dass speziell Patienten mit Alkoholintoxikationen nach dem erreichen eines non komatösen Zustandes die Entscheidung treffen, das KH zu verlassen.

    Ich freue mich auf Ihre diversen Meinungen!

    Vielen Dank!

    Ch.Fischer

  • Hallo Herr Fischer,

    das ist doch wohl völlig abseitig!

    Aus der Fülle möglicher Argumente nur soviel:
    - Wann, bitte schön, unterschreibt der Alkoholintoxikierte Patient denn seinen Behandlungsvertrag? Wenn er volltrunken aufgenommen wird?
    Oder doch eher dann, wenn er wieder nüchtern ist und eh nach Hause geht?

    - Was passiert, wenn ein Patient den Vertrag nicht unterschreibt? Schmeißen Sie ihn dann auf die Straße?

    - Wie wollen Sie denn überhaupt rechtfertigen, daß ihnen hier jemand eine finanzielle Einbuße ersetzt? Sie haben doch auch weniger Kosten! Planungssicherheit können Sie auch kaum als Argument einsetzen.

    Kopfschüttelnd, :no:

    Markus Hollerbach

  • Hallo Herr Fischer,

    :no: :no: :no:

    1. "Es ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt(BGHZ 89, 250 ff. = NJW 1984, 1820), dass im Falle der stationären Krankenhauspflege eines Kassenpatienten grundsätzlich das Abrechnungsverhältnis von den Behandlungsbeziehungen abgekoppelt ist. Die Honoraransprüche richten sich ausschließlich und unmittelbar gegen den Versicherungsträger, während unabhängig davon infolge der Behandlung unmittelbare Rechtsbeziehungen privatrechtlicher Art zwischen Krankenhaus und Patient zustandekommen...
    ...Verweigert die Kasse die Kostenübernahme, weil die Behandlung nicht notwendig, unzweckmäßig oder unwirtschaftlich ist oder war, so geht dies nicht zu Lasten des Patienten. Der Krankenhausträger mag sich, gestützt auf vertragliche Vereinbarungen oder die Vorschriften der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 670,683 BGB) und der nicht berechtigten Geschäftsführung (§§ 684, 812 BGB) oder der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB) mit der Kasse auseinander setzen" (Urteil des OLG Köln vom 04.10.1989, Az.: 27 U 110/89)

    Dieses Urteil scheint alt zu sein, ist aber zuletzt in seiner grundsätzlichen Aussagekraft bezüglich des Ausschlusses von Forderungen gegen den gesetzlich krankenversicherten Patienten vom BSG am 17.05.2000 (Az.: B 3 KR 33/99 R) bestätigt worden.

    2. Ich muss mich doch sehr wundern, warum Sie überhaupt Geld haben möchten für eine Leistung, die Sie defacto nicht erbracht haben. Der Grund, aus dem der Patient das Krankenhaus wieder verlässt, ist doch letztlich unbedeutend für den von Ihnen erbrachten Aufwand und die daraus resultierende Abrechnung.

    Wir sprechen von DRGs, die in der Regel eine uGVD von 1 haben. Wenn der Patient also längstens 24 Std. in Ihrem Haus war und maximal eine Nacht bei Ihnen verbracht hat, ist Ihnen die DRG abzgl. Abschläge zu wenig? Ich behaupte, dass die allermeisten DRGs nach Abzug von Abschlägen einen höheren Erlös bringen als ein tagesgleicher Pflegesatz nach "altem Recht", den Sie ja wahrscheinlich auch nie in Frage gestellt haben.

    Es ehrt Sie ja, dass Sie sich ärgern, dass der Patient sich nicht in Ihrem Sinne weiter behandeln lässt und die Behandlung eigenmächtig abbricht. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass Sie - egal wem - nicht mehr in Rechnung stellen können, als Sie tatsächlich erbracht haben!

    Das ist meine Meinung zu diesem Thema.

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo Herr Fischer,

    interessant wäre in diesem Zusammenhang, wie sie den komatösen Alki dazu bewegen Ihren Behandlungsvertrag rechtsgültig abzuschließen...

    Konstruktives kann ich leider nicht zum Thema beitragen.

    Schönes Wochenende

    Norbert Schmitt

    PS hmmm, da war ich wohl etwas zu langsam mit meinem Einwand.

    Gruß

    Norbert Schmitt

  • Hallo Herr Fischer,

    das halte ich für nicht machbar, auch wenn es sich verlockend anhört.

    Wie sollte das den Pat. vermittelt werden, wenn man mal nicht an den renitenten Alkoholiker sondern an die nette alte Dame denkt, die nach Hause will, weil keiner mit dem Hund Gassi geht? ("Sie kommen hier nur raus, wenn Sie mir 'nen Hunni abdrücken!"):kong:

    Vielleicht lassen sich Alkoholintoxikierte, die einige Stunden in der Aufnahme auf der Matte abpennen und dann wieder gehen, als ambulanter Notfall abrechnen.

    Ich denke auch, daß gerade bei Intoxikierten der Aufnahmevertrag, wenn sie ihn überhaupt unterschreiben, nichts wert ist, weil sie sich in einem psychischen Ausnahmezustand befinden. Wenn nicht, bestünde ja auch keine Aufnahmeindikation.

    Den Kostenträgern würde so eine Regelung bestimmt gefallen, weil einmal mehr eine Auseinandersetzung über Finanzfragen auf das Arzt-Patient-Verhältnis abgedrückt würde....
    Lösung aus meiner Sicht wäre die Änderung des Grouperalgorithmus mit Berücksichtigung des Entlassungsgrundes 04.

    Ich bin gespannt, was die juristisch geschulteren Forumsmitglieder dazu schreiben werden....:jay:

    Viele Grüße
    PB

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen,

    ich kann nicht viel Neues beisteuern, nur eine Überlegung:

    Das erinnert mich stark an meine Verträge mit der Touristikbranche. Da muss ich auch zahlen, wenn ich meinen Urlaub vorzeitig abbreche oder nicht antrete. Dagegen kann ich mich allerdings auch wieder versichern. Wollen Sie das auch dann anbieten: "Behandlungsplanrücktrittsversicherung"?

    Gruß


    --
    D. D. Selter

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Vielen Dank für Ihre Meinungen. Natürlich kann man mit einem Patienten der mit Alkoholintoxikation ins KH gebracht wird keinen rechtsgültigen Behandlungsvertrag abschliessen. Vielleicht war dieses Beispiel von mir schlecht gewählt.
    Mir geht es um etwas anderes.
    stellen Sie sich bitte vor, dass Sie einem Patienten in den ersten Tagen der Behandlung eine äußerst umfangreiche Diagnostik angedeihen ließen und der antherapierte Patient plötzlich das KH verlässt.
    Die Kostenkurve im Verlauf der Behandlung verläuft in diesem Falle eben nicht linear sondern steigt am Beginn der Behandlung steil (Diagnostik) um im Verlauf der Behandlung abzufallen.
    Anders ausgedrückt habe ich im Bereich der UGVD die höchsten Kosten und deshalb eben doch meine Leistung erbracht.
    Bitte sehen Sie mir mein mißverständliches Beispiel Alkoholintoxikation nach, Entschuldigung dafür!

    Ch. Fischer

  • Hallo Forum, insbesondere Herr Fischer,

    sorry, aber die korrigierte Fassung lasse ich genau so wenig gelten:

    Was machen Sie, wenn der Patient in dieser Phase verstirbt?
    Was, wenn Sie in dieser Phase feststellen, dass Sie den Patienten verlegen müssen?
    Was meinen Sie, warum das System als Fallpauschalensystem berühmt wurde?
    Warum ist wohl die Phase bis zum Erreichen der uGVD die am höchsten bewertete (ca. 70% des Gesamterlöses - ich denke die von Ihnen zitierte Kostenkurve spiegelt sich in den DRGs durchaus wieder)?

    Ich denke, dass diese Fälle in der Kalkulation enthalten sind. Ich unterschreibe Ihren Vorschlag sofort, wenn Sie allen Kassen/Patienten einen Rückgewährvertrag anbieten, der eine Erstattung vorsieht für Erlöse, die in dem bestimmten Einzelfall zwar erzielt, an Recourcen aber nicht verbraucht wurden.

    Gruß und leider immer noch :no: :no: :no:,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo Herr Fischer,

    die Kosten der Hauptleistung erlösen Sie in jedem Fall (zumindest die kalkulatorischen). Die Berechnungsmethode zur Ermittlung des Bewertungsrelation pro Abschlagstag können Sie im § 7 KFPV nachlesen. Falls die Hauptleistung also sauber kalkuliert sein sollte, haben Sie aus dem Kurzaufenthalt keinen Nachteil. Es sei denn, Sie haben bei der Vereinbarung des Leistungsgerüsts keine derartigen Fälle eingestellt. Da man die Vereinbarung allerdings i. d. R. anhand der Ist-Daten der Vergangenheit erstellt, dürften auch in der Kalkulation des Leistungsgerüsts die "flüchtigen" Kurzlieger enthalten sein.

    Gruß

    Norbert Schmitt

    Gruß

    Norbert Schmitt

  • Hallo allerseits,

    ich muß bzw. will dem Herrn ToDo zustimmen.

    Wie ToDo zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich beim Fallpauschalensystem um ein System der "Pauschalen" und keineswegs um eine System der gerechten Einzelleistungsvergütung. Wir diskutieren immer wieder um die Gerechtigkeit der Vergütung im Einzelfall. In manchen Fällen im Forum wurde sogar diskutiert, die Kodierung so zu verändern, dass eine "gerechtere" DRG bzw. Vergütung rauskommt.

    Ich denke, wir sollten uns alle davor hüten. Es ist unstrittig, dass der Einzelfall nur mehr oder weniger "zufällig" gerecht vergütet wird. Bei eingipfliger Kostenverteilung ist der Zufall etwas höher, bei mehrgipfliger Kostenverteilung etwas niedriger. Dass ein Patient gegen ärztlichen Rat geht kommt vor und kam auch schon in der Vergangenheit immer wieder vor. Solche Fälle sind sicherlich auch letzes Jahr vorgekommen und somit auch in genau dieser Form in die Kalkulation der DRG-Mengen eingegangen. Ich würde ich es für unzulässig halten, ohne Mehrleistung (denn die erbringen Sie in diesem Fall nicht) eine Erhöhung der Einnahmen zur bewirken.

    Viele Grüße aus Heidenheim

    Christa Bernauer