postoperative Verwirrtheit

  • Hallo Forum,

    es ist ja doch ein immer mal wieder zu beobachtendes Phänomen, dass Pat. nach einer OP einige Tage akut verwirrt sind. Dadurch entsteht nicht nur ein wesentlich erhöhter Pflege- und Betreuungsaufwand, sondern kann auch der Wundheilungsverlauf erheblich verlängert werden (durch evtl. Manipulation der Pat. an Wunden, selbständiges entfernen von Drainagen etc.).
    Nicht jedem dieser Pat. ist ja zwingend eine R54 Senilität oder F03 Demenz zuzuschreiben.
    Nur mit welchem ICD Schlüssel lässt sich diese "vorübergehende postoperative Verwirrtheit" am besten ausdrücken?!?

    Wer hat einen Vorschlag?

    MfG
    Michael Graf

    Viele Grüße
    M. Graf

  • Hallo Herr Sommerhäuser,

    danke für die schnelle Antwort. Ich hatte diesen Schlüssel auch schon in Betracht gezogen, dann wieder verworfen . . .usw.
    Auf meinen Streifzügen durchs Netz bin ich auf der Suche nach einer Antwort auf folgende Formulierung gestoßen.

    "Der akute postoperative Verwirrtheitszustand ist ein multifak-torielles Phänomen. Als Ursachen werden unter anderem das Alter des Patienten, der chirurgische Eingriff, ein bestehender Diabetes mellitus, Hypoxie, postoperative Schmerzen, Angst, Reizüberflutung, sowie eine lange postoperative Verweildauer auf der Intensivstation, diskutiert."

    Der Schlüssel F13.7 hingegen läßt mehr oder weniger nur die Narkose als ursächlichen Faktor zu. Aber das sei dahingestellt - F13.7 ist sicherlich die derzeit bestmögliche Variante.

    In welchem Thesaurus und unter welchem Stichwort sind Sie auf den Schlüssel verwiesen worden? Ich habe sowohl im
    * ICD-10-GM-Diagnosenthesaurus (Version 2004, Stand August 2003)
    als auch im alten
    * ICD-10-Diagnosenthesaurus (Version 4.0, Stand Januar 2001)
    nach den Stichwörtern Verwirrtheit, Durchgangssyndrom, postoperativ gesucht, bin aber auf keine ähnliche Formulierung gestoßen.

    MfG
    Michael Graf

    Viele Grüße
    M. Graf

  • Hallo Michael, Hallo Admin
    Meiner Meinung nach eignet sich F13.7 nicht sonderlich gut zur Beschreibung eines postoperativen Durchgangssyndroms. Die Gruppe F10 bis F19 ist eigentlich zur Beschreibung von Suchtkranken gedacht, deshalb auch die verschiedenen Subkategorien wie schädlicher Gebrauch, Abhängigkeitssyndrom, akute Intoxikation usw.
    Bei einem Durchgangssyndrom postoperativ würde ich eher F09 bevorzugen. Darunter fällt auch eine symptomatische Psychose o.n.A., die wahrscheinlich die Phänomenologie des Durchgangsyndroms besser trifft.
    Gruß Peter Saarbrücken

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von Graf:

    Der Schlüssel F13.7 hingegen läßt mehr oder weniger nur die Narkose als ursächlichen Faktor zu. Aber das sei dahingestellt - F13.7 ist sicherlich die derzeit bestmögliche Variante.

    MfG
    Michael Graf


    Hallo,

    F13.7 Restzustand und verzögerte auftretende psychotische Störung

    ist nach meiner Meinung genau richtig

    Häufigkeit auf der chir Intensivstation einer Universitätsklinik ca. 40%


    Gruß

    E Rembs

  • Hallo Rembs
    Wir haben unsere Posts wohl zeitgleich abgeschickt. Meine kam aber schneller an. Deshalb noch einmal bzgl F13.7 siehe mein Statement eins höher.
    MfG Peter

  • Hallo miteinander!

    Ich hätte da noch einen Alternativvorschlag: Aus neurologischer Sicht - und ich habe da extra nochmal nachgelesen - werden diese Zustände recht gut mit F05.- (Delir, nicht durch Alkohol oder andere psychotrope Substanzen bedingt) abgebildet. Auch der Einleitungstext des Kapitels widerspricht dem nicht:

    Zitat ICD-10-GM Version online:

    Ein ätiologisch unspezifisches hirnorganisches Syndrom, das charakterisiert ist durch gleichzeitig bestehende Störungen des Bewußtseins und der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung, des Denkens, des Gedächtnisses, der Psychomotorik, der Emotionalität und des Schlaf-Wach-Rhythmus. Die Dauer ist sehr unterschiedlich und der Schweregrad reicht von leicht bis zu sehr schwer.
    Inkl.: Akut oder subakut:
    · exogener Reaktionstyp
    · hirnorganisches Syndrom
    · psychoorganisches Syndrom
    · Psychose bei Infektionskrankheit
    · Verwirrtheitszustand (nicht alkoholbedingt)

    Zitat Ende

    Konkret habe ich dann Delir mit (F05.1) und ohne Demenz (F05.0) zur Auswahl.

    Unter dem zugegebenmaßen etwas sperrigen Begriffs des "exogenen Reaktionstyps" würde ich postoperative, aber auch posttraumatische Zustände einordnen, eben das, was man früher so gerne "Durchgangssyndrom" genannt hat.

    Dies als quasi spezifische Nebenwirkung den intraoperativ verabreichten Medikamenten anzulasten, halte ich für eine sehr kreative Leistung der Thesaurus-Schreiber.

    Der Vollständigkeit halber doch noch meine Quelle: Therapie und Verlauf neurologischer Erkrankungen; Hrsg. Brandt, Dichgans, Diener; Kohlhammer-Verlag, 3.Auflage, 2000. Im Kapitel "Delir" steht folgendes zur Epidemiologie: "postoperativ...mit einer Inzidenz von 36,8% (Lit.)...bei geriatrischen internistischen Allgemeinpatienten soll der Anteil deliranter Syndrome 17 - 50 % betragen (Lit.), wobei wohl 20-30% am realistischsten erscheinen (Lit.)...".

    Wünsche eine schöne Woche!

    M. Hilgert