Aufnahmediagnosen - wie kodieren?

  • Zitat


    Original von RolandBalling:
    Ich nehme doch nicht an, dass auch ein Verlust des Bewusstseins (durch heftigen Schreck) im Zusammenhang mit einer (heftig blutenden) Verletzung (am Finger) hier gemeint ist ;)sondern eine die Bewusstlosigkeit (im engen Sinn) kausal hervorrufende Verletzung (s. Beispiele).

    Dies wird allerdings auch im ICD-Kode ausgedrückt: ein Kode aus S06.7 darf nur "...bei Schädel-Hirn-Trauma" angewendet werden.

    Die Commotio cerebri wird in 2004 übrigens weiterhin mit dem Kode S06.0 ausgedrückt, die Dauer des Bewußtseinsverlustes ist allerdings nicht mehr enthalten.

    D.h. (G-DRG 2004):

    HD: S06.0 Commotio cerebri
    ND1: S01.0 Offene Wunde der behaarten Kopfhaut
    ND2: S06.70 Bewußtlosigkeit bei Schädel-Hirn-Trauma weniger als 30 Minuten

    oder

    HD: S01.0 Offene Wunde der behaarten Kopfhaut
    ND1: S06.0 Commotio cerebri
    ND2: S06.70 Bewußtlosigkeit bei Schädel-Hirn-Trauma weniger als 30 Minuten

    ist beides möglich.

    MfG C. Hirschberg

  • Guten Tag, wertes Forum!

    In einigen Seminaren hatte ich gelernt, daß Verdachtsdiagnosen -wie zum Beispiel die Aufnahmediagnose- solange als gesicherte Erkrankung zu codieren ist, bis das Gegenteil (oder etwas Anderes) bewiesen ist.

    Sehr geehrter Herr Scholz,

    endlich habe ich es gefunden:

    ICD-10 Band II. Regelwerk 1995(!) Seite 82:

    Verschlüsselung von Verdachtsdiagnosen, Symptomen,...
    "Bezieht sich der Behandlungszeitraum auf einen stationären Patienten, sollte der Kodierer bei der Zuordnung der Hauptdiagnose zu den Kapiteln XVIII und XXI vorsichtig sein. Schlüsselnummern dieser beiden Kapitel sind erlaubt (siehe Abschnitt 4.4.3, Regeln MB3 und MB5), sofern bei der Entlassung des Patienten keine genauere Diagnose vorlag oder tatsächlich keine derzeit bestehende Krankheit oder Verletzung verschlüsselbar ist. Die Kategorien sind wie sonstige Kontaktanlässe für Einrichtungen des Gesundheitswesens zu benutzen.

    Ist am Ende eines Behandlungszeitraumes die Hauptdiagnose weiterhin als „Verdacht auf“, „fraglich“ usw. ausgewiesen und liegen keine weiteren Informationen oder klärende Hinweise vor, so ist die Verdachtsdiagnose zu verschlüsseln, als ob sie bestätigt wäre.


    Da es derzeit keine "gescheite" Regel zu den Aufnahmediagnosen gibt, wird derzeit bei uns so verfahren. (Nicht zuletzt auf Empfehlung diverser Dozenten unterschiedlicher ICD-10-Seminare /Version 2.0).

    Da ich bislang nicht "abgeführt" wurde, scheint die Verfahrensweise zumindest nicht ganz falsch zu sein.


    Schönes Wochenende noch

    Olaf Kromm
    codierend in Wetterau und Vogelsberg

    M.f.G.
    aus dem Vogelsberg
    O. Kromm...

  • Sehr geehrter Herr Kromm,

    ich denke, die zitierten Aussagen beziehen sich auf die Stellung der Entlassdiagnose.

    Ich sehe nach wie vor kein Problem darin, den Grad der diagnostischen Sicherheit durch die vorhandenen Codes auch auszudrücken, d. h. Symptome und Kapitel XXI-ICDs als Aufnahmediagnosen bei zu diesem Zeitpunkt noch ungesicherten Diagnosen, gesicherte Diagnosen jederzeit mit den entsprechenden ICDs.

    Bei der Entlassung (s. Ihr Zitat und entsprechende DKR) werden Symptome und Kap. XXI-Diagnosen nur in den angegebenen Fällen zur Hauptdiagnose.

    Für die Verwendung von Symptomen und Kapitel-XXI-Codes als Nebendiagnosen gibt es viel seltener explizite Ausschlüsse in den DKR (im Gegenteil, denn wenn ND den Aufwand erhöhen, dann werden sie verschlüsselt) und es ist in der Regel auch ohne Auswirkung auf das Groupingergebnis, wenn so dokumentierte Aufnahmediagnosen (R- und Z-Codes) zusätzlich als ND in den Grouper laufen würden (im Gegensatz zu nicht bestätigten Aufnahmediagnosen, die einfach falsch wären).

    Mit freundlichen Grüßen
    --
    Bernhard Scholz

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Ich versuche einmal, die Aspekte der Aufnahmediagnosecodierung für mich zu ordnen.

    1. Aspekt Kostenträger/Kostenübernahmeerklärügung
    Landesverträge, Schiedsstellensprüche, ja sogar BSG-Urteile hin oder her, es gibt nach wie vor Kassen, die ihre Kostenübernahmeerklärung in irgendeiner Form einschränken. Unter diesem Gesichtspunkt halte ih es für legitim, wenn im Krankenhaus bei Aufnahme die schwerwiegendste in Frage kommende Differenzialdiagnose als Aufnahmediagnose angegeben wird, um eine möglichst umfangreiche Kostenübernahmeerklärung zu erzielen und die Nachfragen der Krankenkassen hinauszuschieben. Dies ist, wie hier bereits mehrfache diskutiert, nach dem ICD durchaus möglich, die DKR können hier wegen der fehlenden Abrechnungsrelevanz nicht einfließen.

    2. Aspekt Controlling
    Wir haben ja das Problem, dass ein endgültiges Grouping erst bei Entlassung stattfinden kann. Wenn man jedoch Aussagen zu aktuellen Patienten machen will und diese mit ihren bisher vorhandenen Diagnosen vorläufig groupieren möchte, dann wäre als Aufnahmediagnose die wahrscheinlichste in Frage kommende Verdachtsdiagnose (=wahrscheinliche Hauptdiagnose) sinnvoll.

    3. Aspekt Medizin
    Möchte man ein möglichst realitätsnahes Abbild zum Zeitpunkt der Aufnahme erstellen, dass wäre wohl die Angabe der Symptome als Aufnahmediagnose korrekt.

    Angesichts fehlender eindeutiger Regelungen halte ich je nach Zielsetzung alle drei Möglichkeiten für anwendbar.

    Ob man nun die bei Aufnahme vorliegenden Nebendiagnosen als Aufnahmenebendiagnosen (werden bei Aufnahme übermittelt, aber nicht bei Entlassung gegroupt) oder direkt als Nebendiagnosen eingibt (werden nicht bei Aufnahme übermittelt, aber als Nebendiagnosen gegroupt) hängt für mich von der Art der Diagnose ab (chronische Begleiterkrankung oder akutes aufnahmemitbedingendes Begleitsymptom) und halte ich letzlich für Geschmackssache, da beides am Schluss sowieso auf Abrechnungsrelevanz überprüft und ggf. entsprechende geändert oder gelöscht werden muss.

    Schönen Tag noch,
    --
    Reinhard Schaffert

    Medizincontroller
    Facharzt für Chirurgie
    Krankenhausbetriebswirt(VWA)
    Kliniken des Wetteraukreises

  • Hallo Herr Selter,
    das Problem von Herrn Thieme ist hautnahe. Wenn bei Aufnahme die oft nur erkennbaren Symtome später nicht mit der HD korrelieren gibt es evtl Probleme und Rückfragen. Der MDK stellt sich uU stur. Warum sollten nicht eine AD-"Hauptdiagnose" und AD-"Nebendiagnosen" verschlüsselt werden. Dies ist durchaus möglich.
    Bekannterweise liegen oft komplexe Krankheitsbilder oder Multimorbidität vor und es ist nicht abzusehen, welcher Teilaspekt letztendlich den größten Aufwand (bzw. Ressourcenverbrauch) verursacht. z.B. Diabetes und TIA/Prind, KHK und Hypertonie mit Herzinsuffizienz; viele andere Kombinationen sind denkbar. Es drückt ja auch indirekt die Schwere einer gesundheitlichen Störung aus.

    Wir handhaben es so und haben damit bisher keine Schwierigkeiten.

    Viele Grüße von der Nordsee
    whv-ud

  • Zitat


    Original von whv-ud:
    das Problem von Herrn Thieme ist hautnahe. Wenn bei Aufnahme die oft nur erkennbaren Symtome später nicht mit der HD korrelieren gibt es evtl Probleme und Rückfragen.

    ??

    Zitat


    Bekannterweise liegen oft komplexe Krankheitsbilder oder Multimorbidität vor und es ist nicht abzusehen, welcher Teilaspekt letztendlich den größten Aufwand (bzw. Ressourcenverbrauch) verursacht. z.B. Diabetes und TIA/Prind...

    welcher Teilaspekt letztendlich den größten Aufwand verursacht spielt aber doch nur in ganz seltenen Fällen eine Rolle... könnten Sie Ihr Beispiel etwas näher erläutern (Diabetes / TIA) ?

    Mit freundlichen Grüßen

    C. Hirschberg

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von whv-ud:
    Bekannterweise liegen oft komplexe Krankheitsbilder oder Multimorbidität vor und es ist nicht abzusehen, welcher Teilaspekt letztendlich den größten Aufwand (bzw. Ressourcenverbrauch) verursacht. z.B. Diabetes und TIA/Prind, KHK und Hypertonie mit Herzinsuffizienz; viele andere Kombinationen sind denkbar. Es drückt ja auch indirekt die Schwere einer gesundheitlichen Störung aus.

    Guten Morgen whv-ud(?),

    genau so ist es!

    Deswegen wird diese Frage auch erst im Verlauf des Aufenthaltes beantwortet werden (ich habe Zeit für die Analyse).
    Warum ich mit dieser Unkenntnis schon bei Aufnahme durch einen Berg von Diagnosen herausstellen soll, dass Vieles möglich ist (zumal noch gar keine Prozeduren zu kodieren sind), ist mir immer noch völlig unklar. Der Aufenthalt dient ja nun mal auch der Verifizierung dieses Sachverhalts und das Ergebnis ist im Sinne der DKR zu übermitteln.
    --
    Gruß

    D. D. Selter