wann entgleist der Diabetes?

  • Hallo Forum,
    Ich möcht Ihnen eine, wie ich hoffe, ganz banale Frage stellen:
    Wann gilt ein Diabetes mellitus als entgleist und wann darf er aus Sicht des MDK auch so kodiert werden.

    mfg

    Reeka

  • Hallo,

    zunächst ist zu erinnern, daß der MDK nicht das Maß aller Dinge ist, sondern die Prüfinstanz, die die KK anrufen können. Es ist nicht etwa eine unabhängige Institution.
    Daher sollten Sie auch Ihre Mediziner nach Ihrer Meinung hierzu fragen. Denn es zählt natürlich zunächst einmal die Meinung des behandelnden Arztes. In den Kodierrichtlinien ist die "Entgleisung" nämlich überhaupt nicht definiert.

    Zum zweiten: das Thema wurde hier schon diskutiert, einschl. einem Beitrag von mir:
    http://dedi694.your-server.de/mydrgj/apboard/useraction.php?action=direct_goto_post&postid=11296

    Viele Grüße von

    Mautner

    Viele Grüße von

    Mautner

  • Hallo Herr Mautner,
    Anläßlich einer Schulung wurde vom Vortragenden Medizincontroler berichtet, dass der MDK lediglich dann von Entgleisung spricht, wenn sich auch der HbA1c nicht mehr in der Norm bewegt, und Kodierungen, die dieses Kriterium nicht erfüllen, nicht anerkennt. Das hat bei uns völliges Unverständnis hervorgerufen. Trotzdem bestand er darauf, dass das geübte Praxis wäre, was mich veranlasst hat diese Frage an Sie zu richten, um zu erfahren, wie es anderen Häusern geht.

    Natürlich ist der MDK nicht das Maß aller Dinge, aber trotzdem eine Einrichtung, mit der man in naher Zukunft häufiger zutun haben wird.

    Selbstverständlich haben Sie mir weitergeholfen.

    Grüße HR
    --
    H. Reeka

    mfg

    Reeka

  • Zitat


    Original von reeka:
    Hallo Herr Mautner,
    Anläßlich einer Schulung wurde vom Vortragenden Medizincontroler berichtet, dass der MDK lediglich dann von Entgleisung spricht, wenn sich auch der HbA1c nicht mehr in der Norm bewegt, und Kodierungen, die dieses Kriterium nicht erfüllen, nicht anerkennt.


    Sehr geehrter Herr Reeka,

    dem Unverständnis kann ich mich gänzlich anschließen. Wenn es nach der MEinung des MDK ginge, läge ja bei jemandem, der bisher gut eingestellt war und jetzt aus welchen Gründen auch immer erhöhte und interventionsbedürftige BZ-Werte hat, ein nicht-entgleister Diabetes vor. Dies widerspricht jeglichem gesunden Menschenverstand. Wenn der MDK also auf seiner Meinung beharrt: Dissens feststellen und ggf. die noch nicht vorhandenen Schlichtungsstellen usw. in Anspruch nehmen.

    mfg aus dem mittlerweile dunklen Löwenstein
    W. Stark

    Mit freundlichen Grüßen aus dem Rhein-Neckar-Delta

    Dr. Wolfram Stark
    Internist / Pneumologe / Beatmungsmediziner / Kardiologe
    OA der Medizin. Klinik III
    Theresienkrankenhaus Mannheim

  • Guten Morgen Herr Stark,
    Umgekehrt wird auch ein Schuh draus: Mittlerweile ein gut eingestellter Diabetes und der HbA1c hats noch nicht bemerkt. Kodiere ich hier die Entgleisung, kann das nicht im Interesse der KK sein.
    Ich frage mich aber, wie das der MDK bei den anderen optierenden Häusern so gehandhabt hat. Natürlich hat Herr Mautner Recht, wenn er sagt, der MDK sei nicht das Maß aller Dinge, und damit impliziert, das eine Schiedsstelle letztendlich Klärung schaffen muss. Mein Interesse bleibt davon unberührt.

    Ich danke Ihnen für Ihre Antwort und grüße aus dem noch dunklen und schon fast thüringischen Oberfranken.

    H. Reeka

    mfg

    Reeka

  • HAllo!
    Nach vielem Mitlesen will ich mich auch mal zu Wort melden!

    Diese Frage ist überhaupt nicht banal!
    Sowenig, das ich von keinem Fachverband eine eindetige Antwort dazu kenne!
    WIr haben als Träger 2 Häuser in RLP die schon seit Monaten DRGs abrechnen und schon häufige Prüfungen vom MDK vor Ort hatte!

    In RLP ist der MDK zusammengefaßt der Meinung, das der reine Werte (selbstverständlich) keine ausschlaggebenen Parameter sind. Ein HBA1 Wert wird im Regelfall auch nicht gesucht. Die Suche bezieht sich i.d.R. auf klinische oder Laborparameter die eine Stoffwechselauswirkung nachweisen. Im der tatsächlichen Prüfung kreist die Suche um die Frage wie wurde auf die Feststellung "entgleist" reagiert!(diagnostisch, therapeutisch!). Bester Beleg: es wurde zusätzlich Altinsulin gespritzt! oder das bisherige Schema wurde eindeutig verändert.
    Das alleinige Vorliegen von erhöhten Parametern (welche auch immer!)reichte nichtaus. Dieser Auffassung konnte ich mich bei den bishergeprüften Fällen nicht verschließen, da in den wenigen Fällen, wo ein "entgleister Diabetes" in eine "nicht entgleisten.." umkorrigiert wurde, auch tatsächlich keinerlei Reaktion auf erhöhte BZ-Werte erfolgte.
    Interessanter Weise hat dies (meiner Erinnerung nach) bisher nur sehr selten zu einer herabstufung der DRG geführt! Entgegen meiner früheren Erwartung ist die unscharfe Formulierung hier kaum ein Konfliktfeld mit dem MDK!

    Grüße aus RLP
    --
    Med. Controlling, Qualitätsmanagement

    DRK-Krankenhaus GmbH Rheinland-Pfalz

    Volker Kostrzewa
    Med. Controlling, Qualitätsmanagement
    DRK-Krankenhaus GmbH Rheinland-Pfalz

  • Zitat

    es wurde zusätzlich Altinsulin gespritzt! oder das bisherige Schema wurde eindeutig verändert

    Vielleicht hilft auch ein Eintrag gemäß dem "Herold" (Innere Medizin-Skript): Bei der Gabe von Sulfonylharnstoffen wird da von Primär- und Sekundärversagern gesprochen.
    So würde ich auch hier teilweise von entgleistem DM sprechen:
    - spät manifestierte Typ 1-Diabetiker
    - Diätversager (übergewichtige Typ 2-Diab.)
    - Vorübergehende Verschlechterung der Glukosehomöostase bei Stress oder Infekten

    -> das wäre dann eine Erweiterung des eben Geschriebenen.

    Gruß aus Winnenden.


    --
    Andreas Raether
    Winnenden

    Andreas Raether
    Winnenden

  • Hallo Herr Raether,

    bitte nicht!

    Die Frage der "Therapieversager" unter Sulfonylharnstoffen, hat mit einer Entgleisung, nichts zu tun.
    Die Entgleisung hat m.E. einen in irgend einer Form akuten Charakter, s.o., und deshalb kann auch der HbA1c ALLEIN kein Kriterium sein.

    Gruß von
    Mautner

    Viele Grüße von

    Mautner

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Als Nichtinternist würde ich nicht zu tief in den Definitionsdschungel einsteigen und die Sache versuchen, etwas formaler zu betrachten. Manchmal hilft das auch weiter, als der Streit über Definitionsdetails und letztendlich wird auch bei Auseinandersetzungen über diese Frage den Richtern nichts anderes übrig bleiben.

    Meiner Ansicht nach wenig hilfreich ist der Hinweis auf die Stoffwechsellage in den Kodierrichtlinien. Klar, gemeint ist, dass sich nicht allein auf den BZ-Wert gestützt werden soll, aber wann ist denn die Stoffwechsellage entgleist? Ist sie nicht schon entgleist, wenn der BZ bestimmte WErte übersteigt (schließlich hat das ja auch Auswirkungen z.B. auf das Kalium) oder erst, wenn bestimmte andere pathologische Prozesse in Gang kommen und neben dem Blutzucker therapiert werden müssen?

    Ich schlage mal eine etwas formalisierte Definition vor, wobei über die Abschnitte in eckigen Klammern zu diskutieren ist, ob sie als eingrenzende Bedingungen sinnvoll wären.

    Ein Diabetes ist dann als entgleist zu betrachten, wenn in eine bestehende Therapie [mehrfach] medikamentös eingeriffen oder eine Therapie eingeleitet wird, um den Blutzucker neu einzustellen [und mindestens eine weitere Maßnahme zur Stabilisierung der Stoffwechsellage ergriffen wird (z. B. Flüssigkeitssubstitution)]

    Mir persönlich würde bereits die Fassung ohne eckige Klammern genügen, denn sobald ich in die Diabtesmedikation eingreifen muss, habe ich einen zusätzlichen Ressourcenverbrauch, durch das Medikament selbst und durch zusätzliche Laborkontrollen und erhöhten Überwachungsaufwand.

    Was sagen die Internisten dazu? Oder wäre eine solche Definition doch zu oberflächlich?

    Schönen Tag noch,

    --
    Reinhard Schaffert

    Medizincontroller
    Facharzt für Chirurgie
    Krankenhausbetriebswirt(VWA)
    Kliniken des Wetteraukreises

  • Hallo Forum,

    Herr Schaffert hat - als Chirurg notabene - den Nagel auf den Kopf getroffen.
    Wir haben bei uns eine sehr große Diabetes Abteilung und unser Chef ist auch noch Präsident einer internationalen Geselschaft.

    Er sagt sinngemäß das gleiche wie Hr. Schaffert und ich denke, da kann sich der MDK sicher auch anschliessen.

    Schliesslich sollte immer auch das GKV - Prinzip gelten :rotate:

    Gruss
    Michael Wilke :smokin:

    P.S.: GKV heisst in Abwandlung des weiter oben gesagten: Geunder Klinischer Verstand.

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Vielen Dank, Herr Wilke!

    Es wäre natürlich hilfreich, wenn der Chef Ihrer Diabetesabteilung eine solche Definition im Namen seiner Gesellschaft (oder wenigstens unter seinem Namen) veröffentlichen könnte.

    Ich hätte zwar nichts dagegen, wenn man mich gegenüber dem MDK oder den Krankenkassen zitieren würde, aber ich glaube, in dieser Frage zählt die Ausage einer Fachgesellschaft oder Ihres Präsidenten sicherlich mehr, als die eines abtrünnigen Chirurgen!

    Schönen Tag noch,
    --
    Reinhard Schaffert

    Medizincontroller
    Facharzt für Chirurgie
    Krankenhausbetriebswirt(VWA)
    Kliniken des Wetteraukreises