Datenschutz in Rehaeinrichtungen

  • Hallo Forum,
    mal eine Frage zum Thema Rehaklinik.
    Mir fällt auf, das eine bestimmte Rehaklinik standardmäßig einen ausführlichen Arztbrief an die betreffende Krankenkasse sendet.

    Fallen Rehakliniken nicht unter Datenschutz wie die Krankenhäuser?

    Besten Dank

    Kurt Mies

  • Hallo Herr Mies,
    meines Wissens (ich bin aber kein Jurist) muss man unterscheiden, ob es sich um eine AHB-Maßnahme (Kostenträger Rentenversicherung) oder um eine sonstige Reha (Kostenträger Krankenkasse) handelt. Die RV-Träger (BfA, LVA) erhalten einen umfassenden, standardisierten Reha-Bericht, der in der Regel sehr viel mehr intime Details (soziales Umfeld, Suchterkrankungen,...) enthält als ein gewöhnlicher Arztbrief. Ein standardmäßiges Versenden von Arztbriefen an die Krankenkasse ist m.E. nicht statthaft.

    Schönen Gruß, P. Leonhardt

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy

  • Guten Morgen Herr Mies und Herr Leonhardt,
    ihre Einschätzung zum Thema Datenschutz in der Reha ist korrekt. Es besteht eine vertraglich Verpflichtung zur Datenweitergabe (Arztbericht)an die RVT(Rentenversicherungsträger),teilweise auch an die Krankenkassen als Träger der Rehamaßnahme(unterschiedliche hausspezifische Verträge) .Zudem nutzen die Krankenkassen auch häufig den §275 SGBV , um u. a. die weitere Arbeitsfähigkeit-/unfähigkeit zu beurteilen. [http://www.sozialgesetzbuch.de/gesetze/05/ind…norm_ID=0527500]. Achtung: der §275a ist aufgehoben, manche KK berufen sich noch darauf!
    Beste Grüße aus Oberbayern (Fön bei 16 °C)
    Kurt Lumpe

  • Moin Moin,

    ich bin sehr überrascht, mit welcher Argumentation die Übermittlung von berechtigt schutzwürdigen Interessen (Datenschutz) Dritter -einfach mal so- legitimiert wird.

    Es ist schlichtweg unmöglich, im Rahmen von zweiseitigen Verträgen (privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur ist dabei völlig unerheblich) die gesetzlich determinierten Rechte Dritter einzuschränken oder auszuschliessen.(Ausnahme: die Vertragspartner sind vom Gesetzgeber per Gesetz zu diesem Vertragsschluss über die Rechte Dritter ermächtigt)

    Die im Strafgesetzbuch verankerte vollumfassende "ärztliche Schweigepflicht" darf nur "gebrochen" werden, wenn
    a) der Betroffene im konkreten Einzelfall zugestimmt hat oder
    b) ein Gesetz die Übermittlung der konkreten einzelnen Informationen vorschreibt.

    In beiden Fällen dürfen die Informationen ausschliesslich zum nach a) oder b) erlaubten Zweck verwandt werden.

    Wenn es keine konkrete gesetzliche Grundlage zur Übermittlung jeder einzelnen Information, die der genannte ausführliche Arztbericht enthält, gibt und auch der Patient im konkreten Einzelfall dieser Übermittlung zu einem bestimmten Zweck nicht zugestimmt hat, dann erfüllt die Übermittlung dieser Daten an den Träger der Reha die Straftatsbestände des §203Abs.1StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen... das ihm als...Arzt,...oder Angehörigen eines anderen Heilberufs...anvertraut worden oder sonstwie bekannt geworden ist...)Wenn man Pech hat und auf einen wissenden Patienten trifft, wird man entsprechend verklagt und muss den entstehenden Schaden ersetzen. Doppeltes Pech trifft einen, wenn die Berufshaftpflichtversicherung das Ganze dann auch noch als grob fahrlässig einstuft und damit i.d.R. nicht zahlen muss.

    Es ist durchaus möglich, dass es in den Sozialgesetzen zur Reha entsprechende Datenübermittlungsverpflichtungen gibt, die ich nicht kenne und an dieser Stelle auch nicht überblicke. Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung gibt es dazu die §§275, 276 und 301 SGB V für die Krankenhäuser. Hier ist umfassend und abschliessend geregelt, welche Informationen an wen zu übermitteln sind.

    Gern setzen sich die Kostenträger über diese Regelungen hinweg und fordern einfach etwas an mit einer -vermeintlichen- Rechtsgrundlage.
    Im §275 SGB V steht aber eindeutig drin, dass nicht die Krankenkasse Anspruch auf einen Bericht hat, sondern sie vielmehr den MDK mit einer Prüfung beauftragen muss. Dem sind die entsprechenden Berichte zur Verfügung zu stellen. Das macht auch Sinn, denn damit ist sichergestellt, dass die Informationen, die über die Daten des §301 SGB V hinausgehen, nur "unter Ärzten" bleiben und somit nicht Personen zugänglich sind, die der "ärztlichen Schweigepflicht" in Anlehnung an §203StGB nicht unterliegen.

    Ich empfehle Ihnen dringend, die Rechtsgrundlagen im Einzelfall zu überprüfen, wenn jemand von Ihnen Daten eines Dritten verlangt. Dazu darf man dann gern mal kurz im genannten Gesetzestext nachlesen...

    Wie gesagt, ob die Übermittlung der entsprechenden Arztbriefe im Reha-Bereich zulässig ist oder nicht, vermag ich nicht zu sagen, da ich die entsprechenden Gesetze nicht überblicke. Ich mahne jedoch zur kritischen Prüfung.

    beste Grüsse


    --
    Dr. René Holm
    medControl
    Hamburg

    beste Grüße

    Dr. René Holm, MBA
    elbamed GmbH
    Geschäftsstelle Hamburg