MDK lehnt Hypokaliämie ab

  • Moin Moin,
    meine Herren Kollegen Ziebart und Selter,

    wenn ich Ihre letzten Beiträge hier so lese, dann habe ich den Eindruck, als ob die sachliche Diskussion ziemlich schnell auf eine persönliche Ebene mit offenen und verdeckten Seitenhieben entgleist ist. Das finde ich sehr schade, denn dann hat die Gesetzgeber-/Kostenträgerseite ja sehr schnell schon ein wichtiges Ziel erreicht: Teile und herrsche (wie im alten Rom: Divide et impera)...
    Ich kann für mich nicht so ganz nachvollziehen, warum Sie, Herr Kollege Ziebart, sich so vehement für eine Selbstbeschneidung des eigenen Entgeltes aussprechen. Sie haben sicherlich recht, wenn Sie -indirekt- vor einer Verwässerung des Systems warnen. Analog zum Hamsterradeffekt in der ambulanten gesetzlichen Gesundheitsversorgung, der letztlich ein Beitrag zum enormen Puntwertverlust gewesen ist.
    Aber dennoch ist die Vergütung in der ambulanten gesetzlichen Gesundheitsversorgung nicht wegen der Ausnutzung aller "Optimierunspotenziale" durch die beteiligten Ärzte so insuffizient, sondern die Gründe sind vielen von uns hinlänglich bekannt.
    Es ist m.E. nicht vordergründig unsere Aufgabe, die Regeln für ein neues Vergütungssystem aufzustellen. Vielmehr dürfen wir erwarten, dass die Regeln so aufgestellt werden, dass sie sorgfältig erstellt und in der Praxis brauchbar sind. Das schliesst eine Eindeutigkeit der Regeln ein.
    Es muss allen Beteiligten (erst recht den Verordnungsgebern) klar sein, dass jeder das für ihn beste aus dem System herauszuholen versucht. Das liegt in der Natur des Menschen und treibt letztendlich die Entwicklung voran. Es ist daher nur zu verständlich, dass auch Herr Selter die sich bietenden Möglichkeiten in angemessener Weise voll ausschöpft. Auch ich kann keine Verwerflichkeit erkennen, die Hypokaliaemie zu verschlüsseln, die schliesslich einen sowohl diagnostischen als auch therapeutischen Aufwand direkt bewirkte.
    Wäre denn eine i.v.-Therapie mit KCl so viel teurer? Vielelicht wäre sie sogar billiger... 8o
    Herr Selter hat jedoch völlig recht, wenn er darauf hinweist, dass der Umfang und die Art des Aufwandes/ der Massnahmen in den DKR nicht als Kriterien aufgeführt sind. Dafür gibt es dann auch mehrere Erklärungen, die uns alle nicht wirklich interessieren müssen. Stattdessen steht es jedem, den es ärgert, frei, an die entsprechenden Institutionen bis hin zum Bundespräsidenten heranzutreten mit der Bitte, den ggf. unhaltbaren Zustand zu ändern. Und wenn dann eine entsprechende Regel, die für alle gleichermassen gültig ist, aufgestellt wurde, dann werde ich diese Regel -wie die meisten hier- sicherlich gern auch einhalten.
    Bis dahin kann ich aber auch in dem (noch) nicht überregulierten Raum existieren. Viele Dinge regeln sich nämlich auch von selbst. Und mich graut vor der Vorstellung, die Kodierrichtlinien könnten eines Tages die Ausmasse der Steuergesetzgebung angenommen haben, nur weil eine Infusionstherapie ggf. 2Euro teurer ist als eine Therapie mit Tabletten...
    In diesem Sinne: Vertragen Sie sich doch bitte wieder! :x

    beste Grüsse
    --
    Dr. René Holm
    medControl
    Hamburg

    beste Grüße

    Dr. René Holm, MBA
    elbamed GmbH
    Geschäftsstelle Hamburg

  • Zitat


    Original von ziebart:
    Darf ich die folgenden Gegefragen stellen:

    Kodieren Sie denn auch die Z29.8 für die standardmäßige postoperative s.c. Thromboseprophylaxe ?

    Z29.8 Personen mit potentiellen Gesundheitsrisiken hinsichtlich übertragbarer Krankheiten - mit der Notwendigkeiten näher bezeichneter prophylaktischer Maßnahmen

    Dieser Kode sollte m.E. für die s.c. Thromboseprophylaxe nicht verwendet werden...

    Zitat


    Es ist erforderlich festzulegen welche Maßnahmen (z.B. Therapie der postoperativen Hypokaliämie) in welchem Umfang (z.B. orale Therapie für <3 Tage) standardmäßig zu bestimmten Fällen (z.B. bestimmte ausgedehnte Operationen) "dazugehören". Dies ist m.E. Aufgabe spezieller Kodierleitlinien der entsprechenden Fachgesellschaften.

    ...dies ist in meinen Augen für die OPS-Kodierung sinnvoll (und ja auch zum Teil im OPS enthalten) - für die Diagnosekodierung allerdings nicht praktikabel.

    Zitat


    Bei der postoperativen (also durch die OP verursachten) Hypokaliämie könnte unter Bezugnahme auf die DKR 1919a eventuell auch die

    E89.8 - Endokrine und Stoffwechselstörungen nach medizinischen Maßnahmen, anderenorts nicht klassifiziert

    als ND in Betracht kommen. Nun werden Sie vermutlich sagen, die Hypokaliämie ist doch "anderenorts klassifiziert" also scheidet die E89.8 aus. Der Halbsatz "anderenorts nicht klassifiziert" könnte Sich doch ausschließlich auf die einschränkende Bemerkung "nach medizinischen Maßnahmen" beziehen. Es gibt eben keinen Kode für "Hypokaliämie nach medizinischen Maßnahmen" wohl aber die E89.8 Darf ich Sie vielleicht im Gegenzug einmal bitten beim DIMDI diesen Sachverhalt auf ICD-10 Ebene klären zu lassen ?

    Grundsätzlich haben Sie Recht mit der E89.8-Argumentation, allerdings wird das DIMDI hier nicht weiterhelfen können... wie ich es sehe produziert das DIMDI zwar Kode-Text-Kombinationen, ohne allerdings deren Belegung mit medizinischen Sachverhalten zu definieren... :O

    Mit freundlichen Grüßen

    C. Hirschberg

    • Offizieller Beitrag

    Verehrte Diskutierende,
    jetzt wurde das leidige Thema "Hypokaliämie" nun wieder einmal (03.11-13.11. = z. Zt. also 10 lange Tage lang) engagiert und mit den entsprechenden Argumenten kontrovers diskutiert... Gibt es in Deutschland denn kein offiziell zuständig zeichnendes Institut für ein Entgeltsystem im Krankenhaus, das in dieser eigentlich diskussionsunwürdigen Frage mal auf den "Tisch haut" und sagt, wie die Thematik von offizieller Seite aus anzugehen ist ? Das kann doch so schwer nicht sein. Ich "hänge" hierbei auch "in der Luft" und argumentiere unseren Ärzten gegenüber, buchstabengetreu nach DKR zu kodieren (ich muss mich daher der Argumentation von Herrn Selter anschließen), bis jemand Offizielles sich dagegen wehrt. Und das, nach meinem Dafürhalten etwas zu nassforsch, aufgegriffene Bananen-Beispiel (ich bin nicht sicher, ob eine Qualitäts-Banane nicht doch teurer ist als eine Kalinor) können wir jetzt noch bis in alle Ewigkeit bemühen... Wir brauchen m. E. in der Tat eine eindeutige Klarstellung und die kann selbstredend nicht von uns kommen. Dann muss eben auch mal ein Spezialist, wie z.B. das InEK Stellung beziehen, sich also festlegen. Danach ist die hier geführte Diskussion in einer Minute obsolet. Ich sehe keinen vordergründig nachvollziehbaren Grund, weswegen dies nicht geschehen dürfte/sollte. Was ist dabei das Hemmnis ? Eine Nicht-Festlegung ist m. E. als Strategie ungeeignet, wenn nicht sogar kontraproduktiv. Ganz tumb gesagt: Ich will jetzt endlich einmal wissen, ob ich "unseren" Ärzten nun die o. näh. spez. Hypokaliämie als kodierwürdig anempfehlen darf oder nicht. Ich komme mir bei dieser wiederholten Diskussion so langsam etwas veralbert vor.


    Gruß
    B. Sommerhäuser

    • Offizieller Beitrag

    Guten Abend

    Zitat


    Original von Admin:

    ….. Dann muss eben auch mal ein Spezialist, wie z.B. das InEK Stellung beziehen, sich also festlegen. Danach ist die hier geführte Diskussion in einer Minute obsolet..


    Vielen Dank für dieses statement: Die gleichen Fragen stelle ich mir auch
    Wer ist verantwortlich für diese „Kodieranarchie“?
    Das Beispiel Hypokaliämie ist lange bekannt.
    Jeder macht was er will und es gibt keine Instanz, die diesem Spuk ein Ende bereitet.
    Besteht hier ein „Systemfehler“?


    Gruß

    Eberhard Rembs


    PS

    Zitat


    Original von bdomurath:
    Herr Röder hatte die Diskussion angeregt mit seinem überhaupt nicht zielführenden und praxisfernen Bananenthema. Vielleicht revidiert er hier mal seine vielleicht spassig gemeinte Bemerkung.

    Nach meiner Erinnerung war Herr Dr. Rochell der Erstbeschreiber der „Kaliumbanane“.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von Dr_R_Holm:...,wenn ich Ihre letzten Beiträge hier so lese, dann habe ich den Eindruck, als ob die sachliche Diskussion ziemlich schnell auf eine persönliche Ebene mit offenen und verdeckten Seitenhieben entgleist ist. ...In diesem Sinne: Vertragen Sie sich doch bitte wieder! :x

    Sehr geehrter Herr Holm,

    ich fühle mich durch Herrn Ziebarts Meinung und deren Darstellung weder persönlich angegriffen, noch habe ich Seitenhiebe über das erlaubte Sticheln hinaus verspürt. Im Umkehrschluss hoffe ich doch, dass es Herrn Ziebart nicht anders geht.
    Von "entgleist" kann hier überhaupt keine Rede sein (wobei bitte erst mal eine Fachgesellschaft eine Definition für "Entgleiste Diskussion" vorgeben sollte). Sachlichkeit wird hierdurch weder gefährdet noch durch ein bisschen Ironie ausgeschlossen.

    Zur Diskussion:

    Ich kann nur deutlich die Forderungen von Herrn Sommerhäuser unterstreichen!
    --
    Gruß

    D. D. Selter

  • Zitat


    Vielen Dank für dieses statement: Die gleichen Fragen stelle ich mir auch
    Wer ist verantwortlich für diese „Kodieranarchie“?
    Das Beispiel Hypokaliämie ist lange bekannt.
    Jeder macht was er will und es gibt keine Instanz, die diesem Spuk ein Ende bereitet.
    Besteht hier ein „Systemfehler“?

    Wenn man sich die diskreten Änderungen an den DKR ansieht - obwohl doch hinreichend über deren ausgeprägte Schwächen diskutiert wurde... wird auch die Kaliumdiskussion noch ein paar Jahre weitergehen - bzw. bei zunehmender Erlösrelevanz an Schärfe gewinnen.

    Da das IneK offensichtlich Einzelanfragen in dieser Richtung beantwortet ist mir nicht verständlich, warum diese Kodierempfehlungen nicht auch auf g-drg.de veröffentlicht werden.

    Mit freundlichen Grüßen

    C. Hirschberg

  • Sehr geehrtes Forum !

    Herr Selter schreibt:

    Zitat

    [...] ich fühle mich durch Herrn Ziebarts Meinung und deren Darstellung weder persönlich angegriffen, noch habe ich Seitenhiebe über das erlaubte Sticheln hinaus verspürt. Im Umkehrschluss hoffe ich doch, dass es Herrn Ziebart nicht anders geht. [...]


    Ihre Hoffnung ist überaus berechtigt. Ihrem obigem Zitat schließe ich mich voll und ganz an.

    Zitat


    Ich kann nur deutlich die Forderungen von Herrn Sommerhäuser unterstreichen! [...]

    Auch dieser Forderung schließe ich mich voll und ganz an. Dies wäre m.E. Aufgabe der Fachgesellschaften. Die DKR können nur ein "allgemeines Grundgerüst" sein (auch wenn es allgmeine und spezielle KR gibt ..) sonst droht uns im Verlauf des lernenden Systemes wirklich ein Mammutwerk von DKR, welches den Umfang der deutschen Steuergesetzgebung um ein mehrfaches Überschreiten wird.

    MfG

    M. Ziebart

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von C-Hirschberg:
    Da das IneK offensichtlich Einzelanfragen in dieser Richtung beantwortet ist mir nicht verständlich, warum diese Kodierempfehlungen nicht auch auf g-drg.de veröffentlicht werden.

    Hallo Herr Hirschberg,

    das InEK beantwortet Einzelfragen, jedoch erteilt es nicht automatisch mit der Beantwortung auch eine Genehmigung zur Veröffentlichung, z.B. auf myDRG. An diese "Nicht-Genehmigung" halte ich mich dann auch.
    Zu der Frage der Veröffentlichung auf g-drg, bitte ich Sie, direkt das InEK zu befragen.
    --
    Gruß

    D. D. Selter

  • liebes forum,

    die dkr sind in der tat nur ein allgemeines grundgerüst.
    dei darin enthaltenen unschärfen und interpretationsspielräume sind aber problematisch, schließlich ist ja anlaß dieses threads, das der mdk die hypokaliämie abgelehnt hat.

    solange aber die klinischen gegebenheiten im rahmen der dkr auch zu einer diagnose / prozedur führen, hat man gute argumente :vertrag: .

    es muß ja nicht jede primäre ablehnung durch den mdk gleich beim sozialgericht landen.

    gruß

    merguet

  • Liebes Forum,

    gestatten Sie mir noch eine kleine Anmerkung zum Thema "Kaliumbanane".

    Der Kaliumgehalt einer KalinorBrauseTablette ist 40 mmol, das entspricht 1560 mg.
    Der durchschnittliche Gehalt an Kalium in 100 g Banane :banane: ist 10 mmol (=400 mg).
    Daraus folgt: 1 KalinorBrauseTablette entspricht 400 g Banane ohne Schale.:banane:
    ALternativen zur Banane :banane: wären übrigens:
    Avocado 500 mg Kalium/100g; Datteln 648; Feigen 850; Trockenobst 1000 bis 1650.:D

    Auch die "obstbasierte" Kaliumsubstitution bei Hypokaliämie ist eine therapeutische Maßnahme: ---> Hypokaliämie ist Nebendiagnose.

    Ein schönes Wochenende wünscht

    F. Nusser

    [mark=grey]Schöne Grüsse

    F. Nusser[/mark]

    • Offizieller Beitrag

    Da die Diskussion über das ganze Forum verteilt ist, gebe ich hier noch ein paar Links:

    Hier, hier und hier.

    Und auch interessant hier.

    Auch die ältere Diskussion um eine €-Betrag in diesem Zusammenhang: hier.

    So, dass muss erst mal reichen...
    --
    Gruß

    D. D. Selter