Reosteosynthese bei Materiallockerung

  • Hallo Forum,
    in der Hoffnung auf eine Idee folgender Fall:
    Der Patient stellt sich vor nach osteosynthetisch versorgter Claviculafraktur mit Materiallockerung und Deformierung der Metallplatte.
    Vorschlag zur Kodierung:
    T 84.2 Mech. Komplikation
    5-787.30 Entf. Osteosynthesematerial
    5-781.x0 Osteotomie
    5-795.30 Offene Repo und Osteosynthese

    DRG: I23Z Exzision und Entfernung von Osteosynthesematerial
    (1998 €)

    lässt man einmal die Entfernung des Osteosynthesematerials weg ("was man ja nicht sollte") gelangt man in die höher bewertete DRG
    I28Z Andere Eingriffe am Bindegewebe

    Wie erklärt sich denn hier der Unterschied im Entgelt? Mehrarbeit für weniger Geld? Oder habe ich einen Fehler bei der Kodierung?
    Herzliche Grüße an alle qualmenden Köpfe
    MORI:no:

  • Moin Moin,

    beim Abprüfen des Algorithmus innerhalb der MDC8 (Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) filtert der Grouper wegen Angabe der Trigger-Prozedur 5-787.30 (Entfernung Osteosynthesematerial...) den Behandlungsfall schon als I23Z (Entfernung Osteosynthesematerial)heraus, noch bevor er überhaupt auf die Basis-DRG I28 (andere Eingriffe am Bindegewebe) geprüft hat.
    Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass Sie denken und entsprechend dokumentieren, dass die Osteotomie ja erst nach Entfernung des alten Osteosynthesematerials möglich wurde und damit im vorliegenden Fall die 5-787.30 als Bestandteil der Prozedur 5-781.x0 anzusehen ist. Damit wird dann die 5-787.30 nicht gesondert aufgeführt.
    Jetzt findet auch der Grouper die günstigere Basis-DRG I28 für Ihren Behandlungsfall...
    NB: Werfen Sie doch mal einen Blick in die spezielle Kodierrichtlinie 1913a. Handelt es sich in Ihrem Fall nicht auch um eine weitere Behandlung einer Verletzung? Somit müssten Sie die ursprüngliche Clavicula-Fraktur zur Hauptdiagnose machen und die T84.2 als Nebendiagnose angeben.
    Auf diese Weise wird Ihr Fall sogar in die I28A eingruppiert.

    beste Grüsse

    --
    Dr. René Holm
    medControl
    Hamburg

    beste Grüße

    Dr. René Holm, MBA
    elbamed GmbH
    Geschäftsstelle Hamburg

    • Offizieller Beitrag

    Guten Abend

    Zitat


    Original von Dr_R_Holm:
    …und damit im vorliegenden Fall die 5-787.30 als Bestandteil der Prozedur 5-781.x0 anzusehen ist. Damit wird dann die 5-787.30 nicht gesondert aufgeführt.
    Jetzt findet auch der Grouper die günstigere Basis-DRG I28 für Ihren Behandlungsfall...


    Das ist für mich eine Interpretation i. S. eines „unerlaubten“ Zaubertricks


    Zitat


    Original von Dr_R_Holm:
    NB: Werfen Sie doch mal einen Blick in die spezielle Kodierrichtlinie 1913a. Handelt es sich in Ihrem Fall nicht auch um eine weitere Behandlung einer Verletzung? Somit müssten Sie die ursprüngliche Clavicula-Fraktur zur Hauptdiagnose machen und die T84.2 als Nebendiagnose angeben.
    Auf diese Weise wird Ihr Fall sogar in die I28A eingruppiert.


    Jetzt muß ich energisch widersprechen.
    Für mich beginnt hier das „gaming“.

    Die - übliche- Behandlung einer Clavikulafraktur ist nicht dadurch gekennzeichnet, dass eine Reoperation stattfindet.
    Veranlassung für die Aufnahme ist hier nicht die Fraktur, sondern die Komplikation!


    Wenn infolge eines „technischen Flops“ eine Zweitoperation erforderlich ist, ist die T84.2 eindeutig die Hauptdiagnose.


    Herzliche Grüße

    Eberhard Rembs

  • Moin, Herr Rembs,

    vielen Dank für Ihre kritische Sichtung meines Beitrages.

    Diesen "Zaubertrick" habe ich übrigens vom MDK gelernt: Was glauben Sie, was da in vergangenen Tagen so alles überraschenderweise in so mancher Prozedur enthalten war, nur um kein SE zugestehen zu müssen...

    Sie wollen doch wohl nicht sagen, dass sich er MDK als unabhängiger Gutachter "fauler" Zaubertricks bedient!

    Ihren energischen Widerspruch im zweiten Teil Ihres Beitrages habe ich vernommen. Ich kann ihm nur nicht wirklich folgen (auch das habe ich nach unzähligen Widersprüchen meinerseits vom MDK gelernt...).

    Die spezielle Kodierrichtlinie 1912a macht nämlich nichts anderes als ich: Sie verweist die Kollegin Mori auf die Anwendung der speziellen Kodierrichtlinie 1913a (mit der von mir aufgezeigten Verschlüsselung), wenn sie ausführt: "...Eine alte Verletzung ist eine Verletzung, deren Versorgung abgeschlossen ist. Im Rahmen der initialen Versorgung der Verletzung ist die normale Funktion nicht wiederhergestellt worden, so dass eine Fortsetzung der Behandlung erforderlich ist. Kodiert wird in diesen Fällen nach der Richtlinie für Spätfolgen DKR 1913a..."

    Und abschliessend ein Satz, den ich -in analoger Form- auch noch vom MDK gelernt habe:
    Die Entscheidung über die (Anwendung der Kodiervorschläge) bleibt der (Kollegin Mori) vorbehalten.

    beste Grüsse


    --
    Dr. René Holm
    medControl
    Hamburg

    beste Grüße

    Dr. René Holm, MBA
    elbamed GmbH
    Geschäftsstelle Hamburg

  • Einen schönen guten Abend und besten Dank für Ihre Denkanstöße,
    wobei ich gestehen muß, dass ich die Hauptdiagnose ebenso in der Komplikation sehe.
    Die Materiallockerung enstand offensichtlich durch übermässiges Armtraining des Patienten.
    Die ursprüngliche Versorgung der Claviculafraktur fand im August diesen Jahres statt. Somit ist die Frakturbehandlung doch abgeschlossen, die normale Funktion war bereits wieder hergestellt.
    Demnach muß meines Erachtens schon die Komplikation kodiert werden.
    Ich lasse mich gern umstimmen, und hoffe noch auf eine zündende Idee bezüglich der Prozeduren.
    Jetzt verfolgen mich diese KDR so gar schon nach Hause.
    In der Vorfreude auf einen kurzen Freitag
    MORI


    :smokin:

  • Zitat


    Original von Dr_R_Holm:
    Die spezielle Kodierrichtlinie 1912a macht nämlich nichts anderes als ich: Sie verweist die Kollegin Mori auf die Anwendung der speziellen Kodierrichtlinie 1913a (mit der von mir aufgezeigten Verschlüsselung), wenn sie ausführt: "...Eine alte Verletzung ist eine Verletzung, deren Versorgung abgeschlossen ist. Im Rahmen der initialen Versorgung der Verletzung ist die normale Funktion nicht wiederhergestellt worden, so dass eine Fortsetzung der Behandlung erforderlich ist. Kodiert wird in diesen Fällen nach der Richtlinie für Spätfolgen DKR 1913a..."

    Hallo Forum,

    wer kann mir das mal genau erläutern:

    DKR 1912 sinngemäß:
    eine alte Verletzung ist eine Verletzung deren Versorgung abgeschlossen ist, für die aber eine Fortsetzung der Behandlung erforderlich ist, da bei der initialen Versorgung die normale Funktion nicht wiederhergestellt wurde... ???

    Ist bei der o.g. Clavicula-Fraktur die Versorgung auch ohne Metallentfernung abgeschlossen ? Gehört die Metallentfernung zur initialen Versorgung der Fraktur dazu ?

    Mit freundlichen Grüßen

    C. Hirschberg

    • Offizieller Beitrag

    Guten Abend,
    guten Abend Frau Mori,
    guten Abend Herr Dr. Holm


    Zitat


    Original von Dr_R_Holm:
    Diesen "Zaubertrick" habe ich übrigens vom MDK gelernt: Was glauben Sie, was da in vergangenen Tagen so alles überraschenderweise in so mancher Prozedur enthalten war, nur um kein SE zugestehen zu müssen...


    Wo bleibt die „Kodierethik“?


    Zitat


    Original von Dr_R_Holm:
    ....Kodiert wird in diesen Fällen nach der Richtlinie für Spätfolgen DKR 1913a..."

    Nach dieser Richtlinie sehe ich (!!) keinen Hinweis die ursprüngliche Erkrankung (wie von Ihnen empfohlen), als HD anzugeben.


    Zitat


    Original von Dr_R_Holm:

    Und abschliessend ein Satz, den ich -in analoger Form- auch noch vom MDK gelernt habe:
    Die Entscheidung über die (Anwendung der Kodiervorschläge) bleibt der (Kollegin Mori) vorbehalten.


    Entscheiden muß jeder selbst.
    Aber vielleicht ist es ja hilfreich, Argumente von zwei Seiten zu hören, und dann eine Entscheidung zu treffen.


    Zitat


    Original von Mori:
    Die Materiallockerung enstand offensichtlich durch übermässiges Armtraining des Patienten.
    Die ursprüngliche Versorgung der Claviculafraktur fand im August diesen Jahres statt.

    Dies ist für mich (!) ein Hinweis, dass es sich hier nicht um eine Spätfolge, sondern um eine Komplikation handelt. Vermutung(!!!): Die Osteosynthese war in diesem Fall nicht belastungsstabil, sondern beobachtungsstabil.


    Herzliche Grüße

    Eberhard Rembs

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Dr_R_Holm:
    Diesen "Zaubertrick" habe ich übrigens vom MDK gelernt...
    ...(auch das habe ich nach unzähligen Widersprüchen meinerseits vom MDK gelernt...).
    ...Und abschliessend ein Satz, den ich -in analoger Form- auch noch vom MDK gelernt habe:

    Hallo Herr Holm,

    1. Ich weiß nicht, ob Sie in der Wahl Ihrer Lehrmeister ein so glückliches Händchen bewiesen haben...

    2. Wir hatte aber auch schon ganz andere Berater bei Kodierfragen:
    Al Jarreau
    --
    Gruß

    D. D. Selter

  • Hallo Mori et al,

    kaum ist man mal ein paar Tage auf dem DGU/DGOOC/BVO-Kongreß (sprich erstem gemeinsamen Unfallchirurgen/Orthopädenkongreß) schon ist in Mydrg die Hölle los.

    Gehen wir mal an den Anfang zurück.

    Das Groupen geschieht automatisch. Die Kodierung sollte dem entsprechen, was ohne wenn und aber in der Krankengeschichte vorhanden ist.

    Vorhanden ist nach Ihren Angaben eine Claviculafraktur, die im August mittels Platte versorgt wurde.
    Die Krankengymnastik scheint immer noch nötig zu sein.
    Die Platte ist nach ca. 3 Monaten gelockert und verbogen.
    Das geht nur, wenn es zu einer verzögerten Knochenbruchheilung, Heilung in Fehlstellung oder gar einer Pseudarthrose (M84.0/1/2 5. Stelle 1; auch z.B. auf Grund einer insuffizienten Osteosynthese) usw. gekommen ist. Dies dürfte der Grund für die Wiederaufnahme sein (Analogie zur Luxation einer Hüftendoprothese DKR 13.06a). Nur ist die Ursache kein traumatisches Ereignis, sondern Training, also eine wie auch immer geartete Komplikation (K.) im Zusammenhang mit Osteosynthesematerial, was in Analogie zur 13.06a einen Kode aus T84 benötigt, hier also meinetwegen T84.2 (mechanische K.; T84.1 wäre aber besser, zumal die Clavicula auch oft zu den Extremitätenknochen gezählt wird; s. S42.0ff statt S22ff).

    Ob nach DKR 1306a der „M“-Code HD oder nach DKR 19.19a die T84.1/2 die HD ist, kann nur aus dem Krankenblatt entnommen werden.

    Zur Therapie ist zu sagen, eine Frakturosteosynthese 5-795.ff ist sicherlich falsch, da es keine Frakturversogung ist, sondern eine einer Komplikation. Zur ME also 5-787.30 kommt auf jeden Fall noch die 5-983 für die Revision. Es handelt sich nicht um eine vorher geplante ME. Die 5-781.x0 kann aus dem OP-Bericht sicherlich noch genauer beschrieben werden. Bei einer in Fehlstellung verheilten Fraktur wäre es eine Korrekturosteotomie (5-781.ff Valgus/varus/Länge/ Drehung/Komplex usw. + eventuell Debridement z.B. 5-869.1 oder bei Kallusabtragung 5-782.0/1 6. Stelle 0 usw.); bei einer Pseudarthrose oder verzögerter Heilung wäre es wahrscheinlich statt der 5-781.ff eine 5-782.4/5 6.Stelle 0 oder beides. Und als Osteosynthese wäre es dann eine 5-786.2, wenn wieder eine Platte verwendet werden würde.

    Was der Grouper daraus macht, muß man sehen.

    Viel Spaß beim Korrigieren und Schmökern im OP-Bericht.

    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas Winter
    Berlin