protrahierte Geburt

  • Zitat


    Original von Gyns-Tiger:
    Das heißt, daß z.B. beim Stillstand bei wenigen cm Muttermundsweite (trotz aller Maßnahmen incl. aktiver Wehensteuerung natürlich),

    Gruß GynsTiger

    Hallo GynsTiger,
    könnten Sie mal kurz erläutern, was Sie unter aktiver Wehensteuerung verstehen?
    Bin da als Internist etwas unbeleckt.
    DANKE

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Herr Horndasch,

    auch für \"Beleckte\" ist \"aktive Wehensteuerung\" Amtsdeutsch, steht aber leider so im Katalog...
    Ich verstehe darunter die Gabe von Oxytocin, wenn die \"von allein\" entstandenen Wehen zu selten, zu schwach oder insgesamt ohne Effekt sind (Oxytocin wird gewöhnlich i.v., selten als Spray nasal gegeben). Die ständige Kontrolle der erreichten Wehen (Häufigkeit, Kraft) ist notwendig (natürlich auch die Kontrolle der kindlichen Herzfrequenzkurve) - dies ist unmittelbare Grundlage der Oxy-Dosisanpassung im Kreißsaal.

    Herzliche Grüße nach Mittelfranken
    Gyns-Tiger

    Gruß aus dem hohen Norden! :thumbup:
    GynsTiger

  • Wie kodiert ihr einen Geburtsstillstand, wenn die Frist für die protrahierte Geburt von 18 Std. noch nicht erreicht ist, und es auf Grund dessen zu einer sek. Sectio kommt.

    Oder begnügt ihr euch mit z.B. der Angabe der sek. Wehenschwäche wenn Oxy angehangen wird.


    Viele Grüße
    M. Dierkes

  • Hallo MDierkes,

    wir kodieren geburtshilflich exakt und ignorieren die 18-Stunden-Regel, da aus unserer Sicht diese zeitliche Vorgabe nichts mit geburtshilflicher Realität zu tun hat. Führt also ein Geburtsstillstand zu Maßnahmen wie z.B. Vakuumextraktion oder sekundärer Sectio, wird er auch als solcher kodiert. Liegt eher ein protrahierter Verlauf bei z.B. Wehenschwäche vor, kodieren wir die Wehenschwäche - hier besteht die Behandlung ja gewöhnlich in wehenfördernden Maßnahmen wie Oxytocin oder Blasensprengung.

    Viele Grüße
    Gyns-Tiger

    Gruß aus dem hohen Norden! :thumbup:
    GynsTiger

  • Hallo zusammen,

    in der letzten MDK-Prüfung wurde wieder mehrfach die protrahierte Geburt von den Krankenkassen angefragt. :cursing:

    Nun wurde uns vom MDK mitgeteilt, dass wenn die 18 Std. nicht erfüllt sind, wir aber von einer protrahierten Geburt
    sprechen und gleichzeitig eine PDA bei der Patienten gesetzt wurde, die O74.6 Sonstige Komplikationen bei Spinal- oder
    Periduralanästhesie während der Wehentätigkeit und bei der Entbindung
    zu kodieren. Diese würde auch die die protrahierte
    Geburt abbilden, da durch die PDA eine Verlängerung der AP durchaus möglich ist.

    Habt ihr schon Erfahrungen mit diesem Code? Weil auch er triggert und die Krankenkassen lassen wahrscheinlich auch hier
    nicht lange auf sich warten.

  • Hallo M. Dierkes,

    bis vor gar nicht langer Zeit haben wir sehr gern die O74.6 für die oxytocinbedürftige Verzögerung eines Geburtsverlaufes nach PDA (die Wehen lassen halt häufig nach) verwendet - nach einer KK-Anfragehäufung und mehreren MDK-Diskussionen gibt es jetzt folgende Einschränkung: Gemäß DKR 1524a wird der Code nur noch bei infolge PDA verlängerter Austreibungsphase (AP) verwendet. Das bedeutet: AP > 2 Stunden nach PDA bzw. operative vaginale Entbindung wegen Stillstandes in AP = O74.6. Oxytocin ist dabei auch eigentlich immer im Gebrauch.
    Auch die sekundäre Sectio bei Stillstand in der AP halten wir für einen gleichartigen Fall; das ist manchem MDK-Arzt (dann gewöhnlich keine Geburtshelfer) schwieriger zu vermitteln... Wir wollen doch keine "sachzwangoptimierte Begriffsstutzigkeit" unterstellen...?! :whistling:

    Ein schönes Wochenende!

    Gruß aus dem hohen Norden! :thumbup:
    GynsTiger

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, ich muss mich mal hier dranhängen, da es in etwa passt - auch nach ca. 12 Jahren Erstposting...

    soweit ich hörte, wird der protrahierten Geburt ab diesem Jahr vermutlich höhere Aufmerksamkeit zuteil. Wenn ich das richtig verstehe, gibt die Kodierrichtlinie ja die 18 Stunden vor. Wie schon angeklungen, ist das medizinisch gesehen aber nicht unbedingt korrekt. Unter Berücksichtigung der (Multi-)Parität gilt fachärztlicherseits wohl ein Zeitraum von >12 Stunden (ein Beispiel, wie Kodierrichtlinien Medizin machen). Meine Frage also: Gibt es von Ihrer Seite Erfahrungen, ob die (medizinisch wohl korrekte) Argumentation mit der Multiparität durch Gutachten nach dem Wortlaut gebeugt wird oder besteht noch Hoffnung auf medizinische Abwägung?
    Beste Grüße und danke für Input (Output)
    B. Sommerhäuser

  • Hallo Herr Sommerhäuser,
    ich denke, bei dieser Frage macht es einem die DKR mal leicht- auch wenn sie dies als Beugung der medizinischen Erkenntnisse im Einzelfall ansehen mögen. Die Selbstverwaltungspartner haben vereinbart, dass eine Geburt nur dann als "protrahiert" abgerechnet werden kann, wenn die aktive Wehensteuerung im Krankenhaus mindestens 18 Stunden gedauert hat (s. DKR 1521a). Andere medizinische Sachverhalte spielen dabei keine Rolle. Das scheint mir auch unter dem Gesichtspunkt "Ressourcenaufwand" sachgerecht, denn der Mehraufwand bei der Entbindung resultiert ja nicht aus der Zahl der vorangegangen Entbindungen ("Multiparität"), sondern der Dauer einer intensiven Begleitung durch Hebammen und Ärzte bei der aktuellen Entbindung.
    Unter medizinischen Gesichtspunkten kann es natürlich auch andere Konstellationen geben, die man als protrahierte Geburt oder auch Geburtsstillstand bezeichnen könnte, aber für Abrechnungszwecke unter DRG- Bedingungen ist m.E. die DKR 1521a verbindlich.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Dr. Breitmeier,

    vielen Dank für Ihre Antwort. Offenbar gehen Sie davon aus, dass meine Frage sich auf das Thema Abrechnung bezog. Dies war jedoch nicht das Ansinnen. Die entsprechenden Kodes waren/sind, so weit ich weiß, nicht einmal bewertet. Dass die DKR die 18 Stunden bei der protrahierten Geburt vorgibt, hatte ich ja selbst geschrieben. Allerdings entnehme ich Ihrer Antwort, dass es durchaus Unschärfen bei der Definition und "andere Konstellationen" gebe, die man als protrahierte Geburt bezeichnen kann. Warum vereinbaren dann aber die Selbstverwaltungspartner die protrahierte Geburt so, wie sie in den DKR abrechnungstechnisch "definiert" wird? Wie soll dem Kliniker dieser Unterschied klar sein? Die Vorschriften sind da, also sind die Vorschriften gut und richtig? Bei der Multipara nach 14 Stunden Wehensteuerung steht im Arztbrief auch "protrahierte Geburt". Und mit dem von Ihnen genannten "Ressourcenaufwand" kann es eigentlich auch nicht weit her sein, weil für die Kalkulation n.m.K lediglich die Aufenthaltsdauer im Kreißsaal herangezogen wird und die kann auch aus vielen anderen Gründen verlängert sein. Dass als Kostentrenner also z.B. die 4 Stunden Differenz (s.o.) eingehen, ist daher wohl nahezu auszuschließen (erfasst jemand diese Zeit und meldet sie i.R. der Kalkulation?). Ich hatte nur gehofft, jemand könnte die in den DKR genannten 18 Stunden erklären. Dass es in der Kodierrichtlinie so steht, ist unbestritten. Aber richtig erscheint es mir nicht. Wozu dient also diese Kodierrichtlinie, die in ihrer Absolutheit med. falsch zu sein scheint, genau?

    Vielen Dank und beste Grüße
    B. Sommerhäuser

  • Die DKR sind ja ausschließlich dazu geschaffen worden, um die Abrechnung im stationären Bereich zu regeln. Medizinische Belange spielen da an vielen Stellen nur eine untergeordnete Rolle. Deshalb habe ich angenommen, dass es bei Ihrer Frage um eine Abrechnungsfrage ging. Die Kodes waren zumindest bis 2015 erlössteigernd.
    Woher die 18 Stunden kommen, kann ich Ihnen aber auch nicht sagen. Da die DKR 1521 den Buchstabe "a" trägt, ist sie möglicherweise aus Australien übernommen worden?
    Als jahrelanger Kodierpraktiker hinterfrage ich aber solche Definitionen auch in anderen Fällen nicht mehr (s. z.B. Stundenangaben bei DKR 1001- Beatmung). Klare Regeln erleichtern die Abrechung im Massengeschäft, Einzelfallgerechtigkeit wird dabei vom System gar nicht angestrebt und ist über die Summe der Fälle auch entbehrlich.
    Aber abgesehen davon ist ihre Frage aus geburtshilflicher Sicht natürlich durchaus legitim.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier