Prüfung untere Grenzverweildauer

  • Guten Tag alle zusammen, habe mich entschlossen heute erstmals einen eigenen Beitrag im Forum zu schreiben.
    Wir erhalten in letzter Zeit gehäuft Anfragen von KK, in denen über den MDK die Überschreitung der unteren (!) Verweildauer geprüft werden soll. Prinzipiell kann man die Intentionen der Krankenkassen verstehen, da sich hier erhebliche Abschlagszahlungen ergeben können. Andererseits sehe ich hier natürlich das Problem, dass uns die KK unter die uGVD drücken und damit zur "blutigen" Entlassung zwingen wollen. Dies war doch aber wohl nicht das Ziel der uGVD, oder?? Gibt es hierzu bereits irgendwelche Erfahrungen im Forum?
    Grüße mit der Hoffnung auf neue Erkenntnisse HW

  • Hallo HW,

    aus Sicht einer Krankenkasse:

    bei elektiven Eingriffen mit einer Entlassung am ersten postoperativen Tag ist diese Anfrage aus meiner laienhaften Sicht dann legitim und keineswegs eine "Forderung nach blutiger Entlassung", wenn die OP nicht am Aufnahmetag stattgefunden hat.

    Ohne Ihre Fälle zu kennen, würde ich unterstellen wollen, dass es sich in der Mehrzahl der Fälle um solche oder ähnliche Konstellationen handelt.

    Die blutige Entlassung bezieht sich meines Erachtens auf die Versorgung bzw. Wundheilung postoperativ. Die Einwände der Kassen in diesen Fällen richten sich sicherlich gegen präoperative Zeiten, die den Patienten nicht mehr oder weniger blutig nach Hause gehen lassen.

    Zur Motivation der Kasse:

    Natürlich geht es um den Erlös und die Forderung nach wirtschaftlicher Versorgung. Ich argumentiere in diesen Fällen, dass die präoperative Vorbereitung, Aufklärung im Rahmen eines vorstationären Besuchs erbracht werden könne.

    Dass dies im Einzelfall nicht möglich war, lässt sich den uns zur Verfügung stehenden Daten nach § 301 SGB V sicher nicht immer entnehmen. Aber der MDK kann es anhand von E-Berichten oder entsprechenden Stellungnahmen sicherlich nachvollziehen.

    Zur Motivation des KH:

    Wir sind uns doch einig, dass der optimale Erlös bei Erreichen der uGVD erzielt wird. (geringstmögliche Belegungszeit ohne Abschlag)
    Vorstationäre Behandlung wird neben einer (DRG)Fallpauschale nicht vergütet. Also ist es verständlich, dass die Motivation zur präoperativen Vorbereitung ohne Entgelt geringer ist als der Anreiz
    zur "rechtzeitigen" Aufnahme zur OP.

    Wahrscheinlich kann zu diesem Thema und insbesondere zu meinen Ansichten hierzu trefflich gestritten werden, aber dafür sind wir ja hier. :look:

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo,

    ich halte das Thema insgesamt auch für sehr problematisch...

    Neben der medizinische Problematik (die auch noch zu erörtern wäre) kommt es ja zu Mindererlösen, wenn diese Verschiebung nicht berücksichtig war.
    Schließlich führt der vermehrte Abzug nur dann zu Problemen, wenn er bei den Budgetverhandlungen nicht berücksichtigt wurde (zumindest diese Jahr).

    Aber was passiert denn wenn man z.B. in weißer Voraussicht die Abzugsquote (Anteil UGV-D-Fälle+Tage) einfach mal planerisch um ein paar Prozent anhebt und dann bei den Budgetverhandlungen einfach dadurch letztlich mit einer Basisratenerhöhung gegensteuert.
    Ist so etwas legitim?

    Und wie sehen die Kassenvertreter das? Schließlich ist das nichts weiter als den Einzelabrechnungsgegebenheiten (nach meiner Meinung bei genereller Budgetierung ohnhin nur Arbeitsbeschaffung, schließlich könnte ja auch jede Kasse nach vorher ausgehandelten Kassenanteilen monatlich ihr Budgetanteil zahlen. MDK-Prüfungen würden dann halt bei den Pflegesatzverhandlungen berücksichtigt.Man könnte auf beiden Seiten enorme Verwaltungskosteneinsparungen erzielen) bei Budgetierung Rechnung zu tragen...

    Allerdings wäre ein Einspareffekt, dann für die Kassenseite kaum zu realisieren. Also befürchte ich, dass dem nicht stattgegeben wird und andererseits die MDK-Einsprüche drastisch ansteigen werden...

    Gruß


    --
    Thomas Lückert
    Medizincontrolling
    Johanniter-Krankenhaus im Fläming

    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizincontrolling
    Unfallkrankenhaus Berlin

  • Hallo zusammen,

    auch bei uns wird ggf. geprüft, ob bei planbarer Behandlung diese straff geführt wurde. Bei den DRG kann dies natürlich nur Sinn machen, wenn u.U. die uGVD berührt werden könnte. Die Wirkung ist möglicherweise schon so, dass der Basisfallwert des Hauses sich erhöht. Aber meiner Ansicht nach wird so auch die DRG den jeweiligen Entwicklungen angepasst.

    Hallo Herr Lückert,

    ich glaube, Sie sind ein Schweijk. Könnte es sein, dass Sie sich denken: Na, was soll ich mich mit den Hunden um den Knochen zanken, wenn dieser sowieso am Ende weg ist? Dann werf ich den Knochen doch gleich unter die Hunde. Sollen die doch schauen, welchen Batzen die sich sichern. -

    Funktionieren könnte das aber meiner Ansicht nach nur, wenn sozusagen durch die Hintertür auf Dauer doch wieder das kostenorientierte Budget eingeführt wird. Das passt aber letztlich nicht auf Dauer zu der DRG-Systematik. Darüber hinaus wäre die Verteilungsproblematik kaum zu lösen. Was ist, wenn die vereinbarte Menge nicht erreicht wird? Wer bekommt da was? Das KH oder die anderen KK? Was ist wenn die vereinbarte Menge überschritten wird? Was ist, wenn ein Patient einer "neuen" Kasse auftaucht?.....

    Vielleicht habe ich Ihren Vorschlag in seiner berückenden Einfachheit auch nicht verstanden, weil ich nur noch kompliziert denke.

    Gruß
    Dieter R
    MA einer KK

    Gruß
    Dieter R
    MA einer KK

  • Hallo,

    nun letztlich geht es doch um die Patientenversorgung und daher werden wir nach der Konsolidierung des Marktes (schöner Eupemismus!will heissen Schliesung von ca. 25% der stationären Betten und Aufgabe der wohnortnahen Versorgung!) wieder in ein Budgetsystem rutschen.

    Ansonsten könnten ja die verbleibenden Marktteilnehmer (dann v.a. private Träger) ja sogar am Ende ordentlich Share-Holder-Value erwirtschaften, dies ist bei der Lage der Sozialkassen (und die wird sich noch drastisch verschlimmern...) nicht sinnvoll...also wird es dann voraussichtlich wieder gedeckelte Budget geben.

    Und wenn übrigens alle vorsorglich ihre U-GVD-Tage für die Budgetverhandlung erhöhen, steigen alle Basisraten und damit auch der jeweilige Landesdurchschnitt. Natürlich wird die Absenkung der Verweildauer dann auch bei der Kalkulation berücksichtigt und sich das Problem ohnehin von selbst erledigen...

    Die Verteilungsproblematik ist doch zu lösen, nach einem solchen Budgetjahr wird das reale IST (also welcher Patient von welcher Kasse für welche DRG behandelt wurde) festgestellt (wäre ja auch Grundlage der neuen Verhandlung) und dann mit dem von jeder Kasse gezahlten verglichen und dann zahlt jede Kasse die zuwenig gezahlt hat (also auch die zitierte neue Kasse z.B.) an die zuviel gezahlt hat...dies könnte man auch gleich mit dem neuen Verhandlungsergebniss verrechnen....und so aufwendige Hin-und Herbuchungen vermeiden.

    Natürlich wird das erst richtig einfach, wenn auch die Kassenseite konsolidiert ist, also mit den angestrebten 50 Kassen ist das doch noch viel besser machbar....und die Einsparungen wären enorm und zwar auf beiden Seiten...

    Und zu dem berühmten Böhmen...dessen Pragmatismus ist doch vorbildlich oder :))

    Gruß
    --
    Thomas Lückert
    Medizincontrolling
    Johanniter-Krankenhaus im Fläming

    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizincontrolling
    Unfallkrankenhaus Berlin

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Zitat


    Original von ToDo:
    Wahrscheinlich kann zu diesem Thema und insbesondere zu meinen Ansichten hierzu trefflich gestritten werden, aber dafür sind wir ja hier. :look:


    Wie Sie es ja inzwischen gewöhnt sind, ToDo, werde ich den Ball aufgreifen ;)

    Per Definition ist die untere Grenzeverweildauer ja ein festgelegter Zeitpunkt, bei dem die Grenze vom Regelhaften zur Ausnahmesituation überschritten (oder besser: unterschritten) wird. Die Krankenkasse und der MDK muss nach meiner Ansicht dann schon sehr genau und gut begründen, warum sie vom Krankenhaus die Ausnahme (nämlich Behandlung einer definierten Erkrankung (DRG) unterhalb der Grenzverweildauer) fordert.

    Eine solche Begründung wird nämlich sicherlich auch seitens der Krankenkassen vom Krankenhaus eingefordert, wenn dieses die Ausnahme der Behandlung über die obere Grenzverweildauer hinaus beansprucht.

    Schönen Tag noch
    --
    [center]Reinhard Schaffert

    Medizincontroller
    [f1]Facharzt für Chirurgie
    Krankenhausbetriebswirt(VWA)[/f1]
    Kliniken des Wetteraukreises[/center]

  • Hallo Forum, hallo Herr Schaffert,

    vielen Dank für Ihre Reaktion - wenigstens einer, den ich (fast)immer aus der Reserve locken kann.
    ;D

    Sie haben natürlich wie immer Recht - aber ich das letzte Wort:

    Wenn Krankenhäuser in der Vergangenheit solche Fälle regelhaft mit vorstationärer Behandlung und OP am Aufnahmetag abgerechnet haben (in den mir aktuell vorliegenden Fällen von beiden Krankenhäusern in der Vergangenheit so praktiziert), dann muss sich aber auch die Klinik die Frage gefallen lassen, warum ein solches Vorgehen jetzt plötzlich die Ausnahme ist. Dies ist übrigens keinesfalls eine meiner beliebten Einzelfallschilderungen sondern gängige Praxis.

    Außerdem bin ich der Meinung, dass die Unterschreitung der uGVD zwar eine Ausnahmesituation ist, die (wegen der Gefahr des englischen Patienten) von den Kassen ehre kritisch gesehen werden sollte, aber doch eher im Hinblick auf die Frage der postoperativen Versorgung, Wundheilung ect. (hier ist aber Stein des Anstosses die präoperative VWD)

    Zur Frage der Prüfung von Fällen über oGVD muss ich doch sagen, dass die allermeisten Streitfälle in der Vergangenheit zu Gunsten der Krankenhäuser ausgingen, da sie im Einzelfall dem MDK oder dem Gericht begründen konnten, dass die Behandlung so lang wie erfolgt, notwendig war. (ich prüfe diese Fälle übrigens bei weitem nicht so kritisch, wie die "uGVD-Erreicher")

    Somit hat das Krankenhaus m. E. auch hier zu bergünden, warum trotz OP und Entlassung innerhalb eines Belegungstages die uGVD erreicht wurde.

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Schönen guten Tag ToDo!

    Ich habe auch nicht bestritten, dass die von Ihnen geschilderte Konstellation eine Begründung für die entsprechende MDK-Prüfung wäre.

    Im Eingangsbeitrag ging es jedoch um "gehäufte" Überprüfungen dieser Art und auch meine Erfahrung ist es, dass gewisse Krankenkassen (natürlich nicht Ihre ToDO ;) ) auch beispielsweise bei konservativen Fällen, die gerade die UGVD erreichen, eine Prüfung durchführen.

    Ich kann mich des unguten Gefühles leider nicht erwehren, dass in unserem Gesundheitssystem allgemein und bei Krankenhäusern und Krankenkassen im Besonderen und gleichermaßen, Entscheidungen immmer weniger nach medizinischen und immer mehr nach ökonomischen Gesichtspunkten getroffen werden.

    Das mag vielleicht vordergründig im Sinne der Beitragszahler sein, im Sinne der Patienten ist es sicher nicht.
    --
    [center]Reinhard Schaffert

    Medizincontroller
    [f1]Facharzt für Chirurgie
    Krankenhausbetriebswirt(VWA)[/f1]
    Kliniken des Wetteraukreises[/center]

  • Guten abend Herr Schaffert,

    jetzt habe ich fast 5 Stunden gebraucht um zu überlegen, was ich dem letzten Teil Ihres letzten Beitrages entgegen halten kann - aber mir fällt nichts ein: Sie haben Recht!

    Aber wir finden bestimmt wieder ein Thema, wo wir unterschiedlicher Auffassung sind.


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

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    (Mark Twain)

  • Einen schönen Abend, Herr Lückert,

    Na, die Diskussion führt ja z.T. schon ziemlich weit weg vom ursprünglichen Gedanken des Threads. :dance2:

    Aber sei´s drum. Sie haben ein Szenario beschrieben, dessen Eintreffen ja keineswegs gewiss ist. Wenn allerdings 25 % der Betten abgebaut sein sollten, dann ist das ja gerade für bestimmte BL wie das Saarland die tatsächlich notwendige Situation. Dafür sprechen ja auch einige Studien(Beske et alii). Alfred Rappaport, Gottvater des Shareholder Value, würde sich aber wundern, wie negativ Sie den Shareholder Value beurteilen. Kurz zusammengefasst wäre seine Position, dass nur dejenige Shareholder-Value-Added erzielen kann, der die Interessen der Kunden auf Dauer im vollem Umfang berücksichtigt. Das wäre für den Versicherten unmittelbar bzw. für die Kassen mittelbar ja durchaus kein negativer Gedanke. Ob dies letztlich unbedingt zu einer verheerenden Ausdünnung der KH-Landschaft führen wird, ist nicht ausgemacht. Sie werden sicher besser wissen als ich, dass Untersuchungen bei KH zum Verhältnis von Grösse und Wirtschaftlichkeit unter der Maxime der Versorgungsqualität eine gewendete Funktion zeigen, sprich ab einem gewissen Punkt nimmt der Nutzen der Größe ab. Das gilt im Übrigen auch für die Kassen. Es ist wohl so, dass der Konzentrierungsprozess noch nicht abgeschlossen ist, ich halte es aber für wahrscheinlich, dass die Schmidt´sche Konstante (50 Kassen) den KH nicht zugute kommen würde. Sie würden sehen, dass Sie mindestens ein ähnliches Schicksal erleiden würden, wie die Unternehmen z.T. auch jetzt schon in den USA, wo so manche Company unter der mächtigen Knute der Fondsmanager stöhnt. Wie gesagt: Ihr Szenario beschreibt eine Möglichkeit in einer nicht mittelbaren Zukunft. Die Kassen würden dann aber u.U. Ihren Vorschlag anders aufgreifen, als Sie sich das jetzt so denken. Wenn diese Kontingente abnehmen würden, würden Sie dies sicher nur zu guten Konditionen machen, was auch immer das heißen mag.
    --
    Gruß
    Dieter R
    MA einer KK

    Gruß
    Dieter R
    MA einer KK

  • Guten Abend allerseits, hier mein erster Beitrag zum Forum.

    Die KK-Anfragen bei Behandlungsdauer an der UGVD bzw. bei Unterschreiten der UGVD beziehen sich m.E. alle darauf, daß die KK uns zwingen wollen, die Fälle im Hinblick auf §115 SGB V als ambulant zu erbringende Leistung abzurechnen und nicht darauf, "blutig" zu entlassen.
    Tatsächlich beziehen sich solche Anfragen bei uns fast ausschließlich auf Eingriffe oder Prozeduren, die im Katalog stationersetzender Maßnahmen gelistet sind. Bereits unter BPflV wurden solche stationären Aufenthalte in 2003 hinterfragt, nun aber unter DRG vermehrt, was selbst mir als eingefleischter Krankenhausärztin und Verantwortlicher für das Medizincontrolling und Erlösmanagement einleuchtet, denn warum sollte eine KK heute mehr für einen z.B. 1- 5-tägigen Aufenthalt zahlen als vorher? Selbst mit den Abschlägen liegen die Vergütungen für viele Fälle weit über den früheren Vergütungen über tagesgleiche Pflegesätze oder FP. Nichtsdestotrotz sehe ich hier noch ganz andere Probleme.
    1. Für die kommende Pflegesatzverhandlung sind immer noch die Berechnungstage Grundlage der Verhandlungen. Durch den § 115 wird es hier zu dramatischen Einbrüchen kommen. Ich kann die Anzahl der stornierten vollstationären Abrechnungen aufgrund von fehlender Dokumentation der Notwendigkeit der stationären Aufnahme (z.B. relevante ND)gemäß Anlage 2 aktuell nicht beziffern, aber sie sind zahlreich.
    2. Die Anzahl zu vereinbarender DRGs (im Abgleich mit den FP) wird sich verändern.
    3. Da die verantwortlichen Ärzte unseres KH trotz regelmäßiger Schulungen (1x/Woche je Abteilung) die Zeichen der Zeit immer noch nicht verstanden haben (mea culpa?!!!), wird munter weiterhin stationär aufgenommen, ohne jegliche Dokumentation der Notwendigkeit, "Verweildauer spielt ja kaum noch eine Rolle unter DRGs und bei den FP (BPflV) waren ND auch nicht so wichtig" etc. Ziemlich deprimierend und frustran!
    Also, tapfer weiter arbeiten an der Dokumentationsqualität und die Anfragen so gut es geht beantworten.
    Gute Nacht
    regular

    :kangoo: :kangoo: