Wechsel der Hauptdiagnose

  • Liebes Forum,
    manchmal ist es doch zum verzwazzeln...die Festlegung der Hauptdiagnose ist doch einfach, könnte man meinen: nachträgliche Analyse, Hauptaufnahmegrund pipapo.
    Doch wie sieht es in der Wirklichkeit aus?
    Nehmen ich doch einmal alle Patienten mit I63/I64 als Nebendiagnose in meiner Abteilung. Bei der Analyse sind sie mit Insult gekommen, aber nach diversen OP nach Verlegung eben umgerubbelt worden...oder liegen meine chirurgischen Freunde nicht so verkehrt?
    Immerhin werden ja noch FP/SE bezahlt.
    Mit etwas konsternierten Grüßen im Neuen Jahr

    Poschmann

  • Zitat


    Original von GPoschmann:
    Immerhin werden ja noch FP/SE bezahlt.

    Erstaunlich, dass seit dem 1. Januar 2002 mit Euro bezahlt wird. Wenn es nach Politikern vom Schlage unserer Gesundheitsministerin gegangen wäre, hätten wir eigentlich zuerst ein Optionsmodell für Euro-Früheinsteiger einführen müssen!

    Noch nicht ganz mutlos

    Dr. Bernhard Scholz

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • :chirurg: :chirurg: :chirurg:
    Lieber Herr Poschmann,

    daran sieht man, wie weit wir von einem ganzheitlichen Denken noch weg sind. Wir haben genau das gleiche Problem, aber generell bei allen Verlegungen: der am Ende entlassende Kollege kann nach drei Wochen Diabeteseinstellung nicht mehr verstehen, dass der Grund für die Aufnahme eine Hydrocelen-OP war, welche dann die Hauptdiagnose bleiben muss.
    Noch kontrolliert bei uns im Haus ein Arzt alle Entlassscheine, da fallen diese Fälle natürlich auf (auch die Schlaganfälle zum beispiel). Wenn wir es zurück in die Klinikverantwortung geben (wie wir vorhaben und nur noch stichprobenartige Kontrollen), dann können wir nur schulen, schulen, schulen...
    Wieviel Jahre werden wir wohl in Deutschland für das berühmte "Therapeutische Team" brauchen?
    Zur Zeit desillusioniert
    Ihre Patricia;(
    --
    Patricia Klein

    Patricia Klein

  • Zitat


    Original von PatKlein:
    Wieviel Jahre werden wir wohl in Deutschland für das berühmte "Therapeutische Team" brauchen?

    Liebe Frau Klein,

    prinzipiell haben Sie recht. Aber machen Sie dies doch nicht am Kodierverhalten oder den DRGs fest.

    Abrechnungstechnisch unterstützt das DRG-System den "Team-Ansatz" (interdisziplinäre Rundumsanierung) in der Medizin doch für die "großen" Entscheidungen nicht!
    Zusatzeingriffe nach "großem" Haupteingriff wirken sich in der Regel nicht auf das Entgeld aus... dann lieber den Patienten nach Hause entlassen und die Zusatzeingriffe auf weitere Krankenhausaufenthalte verteilen (jeweils mit passender Aufnahmediagnose).

    mfG

    Christoph Hirschberg

  • :O Lieber Herr Hirschberg,

    da möchte ich Ihnen deutlich widersprechen: das neue Abrechnungssystem unterstützt ganz erheblich den Teamgedanken bei den meisten der Fälle. Denn in der Regel wird es jetzt einfach selbstverstädnlich, dass unlare Fälle nnerhalb der ersten 24 Stunden interdisziplinär untersucht und behandelt werden. Und da liegt bisher doch sehr viel im Argen (die Pädiater konservieren die Urosepsis, die Internisten die akute Galle, die Chirurgen die tiefe Beinvenenthrombose (ich weiß, ich werde polemisch, aber wir alle wissen, was ich meine), da gibt es eine Menge zum Wohle des Patienten zu verbessern. Gefragt sein wird in diesem System der breit ausgebildete erfahrene Arzt bei der Aufnahme, der dann die entsprechenden Experten zuzieht. Nur so werden Sie als KH auf einen grünen Zweig kommen. Nur zwischen den medizinischen Disziplinen gibt es hierfür noch keine Kultur (die sich meiner meinung nach übrigens schnell entwickeln wird) und uns fehlen derzeit auch die "All-Round-ausgebildeten- Ärzte".
    Die Fälle, von denen Sie reden, sind nicht so häufig, wie wir alle immer denken (sie bleiben uns nur lebendiger im Gedächtnis, zum Beispiel hatte ich gerade einen Fall einer jungen Frau mit einer primären pulmonalen Hypertonie, die deshalb stationär bei den Internisten lag, von diesen dann nach drei Wochen in die Gyn. verlegt wurde zur Hysterektomie bei Myom, um dann noch einmal 2 Wochen zu den Internsiten zurückzukommen. Unter DRG´s eine "große OP, die nicht zur Hauptdiagnose passt" und damit oekonomisch zu verkraften, unter FP-Abrechnung eine Katastrophe. Was hat sich hier verschlechtert?) Und außerdem: ob die Patienten von unserer ärztlichen Vollkaskomentalität ("komm, wir reparieren die Lackschäden auch grad noch") immer begeistert sind, wage ich zu bezweifeln. Die meisten sind froh, wenn die Aufenthalte sich verkürzen (wir haben ja nicht nur alte multimorbide Pat. im KH, das dürfen Sie nie vergessen, 60% sind unter 65 Jahren), wenn alles gestrafft und aufeinander abgestimmt läuft und man nicht noch buchstäblich in jedes Loch einen Schlauch gesteckt bekommt.
    Ich bin nicht der Ansicht, dass man aus DRG-Gründen jetzt nur noch das absolute Minimum machen sollte, aber man sollte sich überlegen, ob wirklich die Diagnostik, die wir machen, Konsequenzen haben wird und ob sie sinnvoll ist. Mehr brauche ich als Arzt und als Mensch nicht: was würde ich mit dieser Erkrankung auch über mich selbst ergehen lassen? (Wie hiess der alte Spruch? Nihil nocere? Oder so ähnlich, nicht wahr...)
    Manchmal ist weniger mehr und manchmal kann man es übrigens auch einfach mal mit dem Patienten besprechen. Möchte er vielleicht lieber zwischendurch nach Hause? Wenn ja, ist es gut, wenn nein, wird es halt in einem Rutsch gemacht. In der Gemischtkalkulation sollte die oekonomische Belastung sich egalisieren. Und Kundenorientierung wird ein ganz wesentlicher Faktor des Erfolges von Krankenhäusern sein.

    Ich würde solche Zusammenhänge gerne mal richtig wissenschaftlich durchleuchten. Mal sehen, wann die Unis auf solche Studien kommen...
    Es grüßt herzlich
    patricia:besen: :besen: :besen:
    --
    Patricia Klein

    Patricia Klein