Mindestmengen?!

  • Hallo Forum,

    von krankenkassenseite geistern immer wieder Mindestmengen durch die Medien, die mit Einfühung der DRGs erreicht werden müssen, damit eine bestimmte Leistung zukünftig abgerechnet werden darf. Z.B. Hüft- oder Knie-TEPs ab 200 im Jahr.
    Gibt es irgendwo Schriftliches zu diesem Thema, oder hat schon jemand genaueres gehört, welche Leistungen/Diagnosen/DRGs betroffen sind.
    Mein Chef liegt mir jedenfalls mit seiner "strategischen Leistungsplanung" in den Ohren ...
    MfG

    Dr. Stefan Simmel

  • Hallo,

    die Mindestmengen tauchen im neuen §137 SGB V (Qualitätssicherung) auf.
    Hier wird von `Empfehlungen zu Mindestmengen` aus qualitätstechnischen Gründen gesprochen.

    Desweiteren habe ich auch etwas von Mindestmengen zu DRG`s gehört.

    Hier wird ja künftig mit den Kassen nur noch das künftige DRG-Mengenziel vereinbahrt, d.h. es wird für das nächste Jahr nur noch die Anzahl der einzelnen DRG`s ausgehandelt und unter einer (noch nicht näher bestimmten!) Mindestanzahl werden die Kassen einfach `Nein` sagen (unter Bezug auf die Qualität und §137 SGB V) und somit wird es etwa große Magen-OP`s in kleinen Kreiskrankenhäuser nicht mehr geben....

    Gruß


    --
    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizinisches Controlling
    Krankenhaus Reinickendorf
    ein Haus der Vivantes

    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizincontrolling
    Unfallkrankenhaus Berlin

  • Hallo Dr. Simmel!

    Die Diskussion ist nicht ganz neu. Seit einigen Jahren gibt es auch innerhalb der Fachgesellschaften lebhafte Auseinandersetzungen über dieses Thema. Auch die Weiterbildungsordnung z. B. für Chirurgie ist dadurch berührt. Was m. E. fehlt, sind valide Studien zur Anzahl von Eingriffen, ab der sich qualitative oder wirtschaftliche Verbesserungen wirklich nachweisen lassen. In vielen Fällen werden sich solche Zahlen nicht erheben lassen.

    Gruß

    Manfred Nast
    Medizincontrolling
    Bethesda AK Bergedorf

    Manfred Nast

  • Hallo Forum,

    wenn DRGs zu einer umfassenden Datenerhebung führen, wird erstmals sehr deutlich, wie oft bestimmte DRGs (genau genommen bestimmte Prozeduren) an bestimmten Krankenhäusern erbracht werden.

    Warum kann man diese Daten nicht zunächst einmal abwarten?

    Durch die hiermit gewonnene Transparenz (z. B. DRG-(OPS-)korrelierte Verweildauern und CCs (selbst dokumentierte Komplikationen)) wäre ein Benchmarking möglich und manche Abteilung würde schnell erkennen, ob sie
    a) wirtschaftlich und
    b) qualitativ
    mit dem Durchschnitt mithalten kann.

    Wenn diese Zahlen dann noch in einem "strukturierten Qualitätsbericht" z. B. via KTQ im Internet veröffentlicht werden, erledigt sich die Frage der Mindestmenge ganz von allein. (Abstimmung der Hausärzte und der Patienten "mit den Füßen").

    Dass in Zukunft DRG-Mengen vereinbart werden sollen, finde ich bedenklich. Das ist für mich Rationierung von Gesundheitsleistungen und Planwirtschaft.

    Sinnvoller wäre m. E. eine indirekte Steuerung über die Erlöshöhe, wobei nicht das berühmte untere Quartil der Maßstab sein müsste, sondern zumindest zu Beginn der Systemeinführung die Durchschnittskosten.

    Um das System in Gang zu bringen, sollte man m. E. nicht gleich an sämtlichen (Daumen-)Schrauben zugleich drehen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Bernhard Scholz
    Kliniken des Landkreises Freyung-Grafenau gGmbH

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Hallo Forum,

    in der zweiten und dritten Lesung des Fallpauschalengeseztes im Deutschen Bundestag wurden auf Beschlussempfehlung des BT-Ausschuss Gesundheit vom 12.12.2001 der Empfehlungscharakter des Mindesmengenkatatlog aufgegeben und einer Verbindlichkeit zugeführt.

    Aus Qualitätsgründen werden die Kostenträger auf solche Mindestmengen achten. Die Krankenhausträger werden im Rahmen einer Prozesskostenbetrachtung auf solche Mindermengen verzichten.
    Es ist selbstverständlich, daß die jeweilige Versorgungsstufe des Krankenhaues bei der Betrachtungsweise mit berücksichtigt wird.


    Freundliche Grüße und ein gutes neues Jahr wünscht
    BAYERN 1

  • Zitat


    Original von Bayern1:
    Aus Qualitätsgründen werden die Kostenträger auf solche Mindestmengen achten. Die Krankenhausträger werden im Rahmen einer Prozesskostenbetrachtung auf solche Mindermengen verzichten.
    Es ist selbstverständlich, daß die jeweilige Versorgungsstufe des Krankenhaues bei der Betrachtungsweise mit berücksichtigt wird.

    Sehr geehrter Herr Bayern1,

    das ist sicher alles richtig und würde auch dann funktionieren, wenn im Gesetz nur eine Empfehlung mit Hinweis auf Kosten und Qualität stünde.

    Aber warten wir es ab, wieviel Wettbewerb und Autoregulation zugelassen werden.

    Die Planung der Versorgungsstufen dürfte in Zukunft anhand konkreter DRG-Daten ja eher einfacher ausfallen als bisher.


    [off topic on]
    Ideal wäre es, wenn für alle in die Zuständigkeit der Krankenversicherung fallenden Leistungen medizinische und betriebswirtschaftliche Daten nahezu vollständig (100%-Ansatz auf Rohdatenebene) und vergleichbar (einheitliche medizinische Nomenklatur, einheitliche Kalkulationsgrundsätze) zur Verfügung stünden.

    Auch wenn dies utopisch klingt, sollte es das Ziel sein, da jede Schnittstelle zwischen Sektoren, jede Sonderregelung für bestimmte Versorgungsformen einen zusätzlichen, meist kostspieligen Aufwand erfordert. Ganz genauso wie bei EDV-Software.
    [off topic off]

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Bernhard Scholz

    [ Dieser Beitrag wurde von Scholz am 10.01.2002 editiert. ]

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Hallo Forum,

    und besonders Herr Scholz,

    habe da mal eine Frage zu "Mengen" in Australien. Wenn man sich die Originalien von dort anschaut, z.B. http://www.health.gov.au/casemix/report…/tbl0809_pu.pdf dann fallen mir immer die sehr geringen Mengen auf.

    Frage an Herrn Scholz, der Sie ja auch immer wieder auf diese Tabellen verweisen (zurecht und hochinteressant), und alle anderen: Weiß jemand, wie diese Zahlen zustande kommen?
    Gibt es in den australischen Public Hospitals tatsächlich nur ca. 13.000 Basis DRG I13 Fälle und davon 1.349 I13A?
    Oder z.B. Y01Z (Schwerstbrandverletzte) in Australien 155, im IMC Projekt schon 286?
    Hat jemand genaueres wieviele Patienten in Australien Public Hospitals aufsuchen und nach DRGs vergütet werden?

    Vielen Dank für die Auflösung:lickout:
    Grüße aus dem grauen Berlin
    Thilo Köpfer

    --
    Thilo Köpfer

  • Zitat


    Original von koepfer:
    habe da mal eine Frage zu "Mengen" in Australien. Wenn man sich die Originalien von dort anschaut, z.B. http://www.health.gov.au/casemix/report…/tbl0809_pu.pdf dann fallen mir immer die sehr geringen Mengen auf.

    Weiß jemand, wie diese Zahlen zustande kommen?
    Gibt es in den australischen Public Hospitals tatsächlich nur ca. 13.000 Basis DRG I13 Fälle und davon 1.349 I13A?
    Oder z.B. Y01Z (Schwerstbrandverletzte) in Australien 155, im IMC Projekt schon 286?

    Hat jemand genaueres wieviele Patienten in Australien Public Hospitals aufsuchen und nach DRGs vergütet werden?

    Hallo Herr Köpfer und Herr Glocker,

    ich denke schon, dass wir uns auf diese Zahlen verlassen können, zusätzlich möchte ich noch einmal auf die Peer Reviews verweisen:

    http://www.health.gov.au/casemix/costing/peer_r3.htm

    (Round 4 liegt wohl z. Zt. noch nicht vor.)

    Die Bevölkerung Australiens ist geringer, also auch die Fälle, Sie sehen ja auch, dass die Gesamtfallzahl im IMC-Projekt bereits über der Fallzahl im National Casemix in Australien liegt.
    :kangoo:
    Über Australien gibt es z. B. Infos bei
    http://www.thorsten-karin-mueller.de/AR-DRG.htm

    (z. B. 20 Millionen Einwohner) oder hier:
    http://www.australien-info.de/daten-bevoelkerung.html

    :kangoo:
    Man könnte ein Profil der IMC-Daten (DRG-Häufigkeiten) mit den australischen Häufigkeiten abgleichen (prozentual auf die jeweilige Bevölkerung bezogen).

    Gruß

    Dr. B. Scholz

    [center] Bernhard Scholz [/center]