Stumpfes Bauchtrauma oder Prellung?

  • Guten Tag,

    das ist meine 1. Frage und hoffe ich bekomme schon bald Antwort.

    Ein Patient wurde bei uns nach einer Schlägerei zur Beobachtung stationär aufgenommen. Er beklagte diffuse Bauchschmerzen. Die durchgeführten Untersuchungen (Sono, Sonokontrolle, Labor, Urin) waren unauffällig. Wir haben den Patienten dann am nächsten Tag entlassen. Was soll ich als HD nennen? S39.9 Stumpfe Bauchtrauma, das gibt die X60C, RG 0,484 oder nur S30.1 Prellung der Bauchdecke, führt in die J65B, RG 0,387 (was ja dann weniger Geld bringt).
    Was darf ich hier als HD nennen und gibt es etwas in den Kodierrichtlinien, dass mir hier eine genau Vorgabe macht?

    Vielen Dank schon mal!

    Benjamin

  • Guten Tag

    nach leidvoller Erfahrung mit dem MDK würde ich in Ihrem Fall, soweit wirklich kein pathologischer Befund zu erheben war und der Patient nur einen Tag stationär war, die HD Prellung der Bauchdecke verschlüsseln. Cave primäre Verlegung!

    Freundliche Grüße


    Dr. Haubold :b_smoke:

  • Hallo Benjamin,

    Vorschlag (in Übereinstimmung mit den DKR):

    Schlüsselnummern aus Z03.0 bis Z03.9
    Ärztliche Beobachtung und Beurteilung von Verdachtsfällen

    Schlüsselnummern aus Z03.0 bis Z03.9 werden als Hauptdiagnose für die Abklärung des Gesundheitszustandes des Patienten zugeordnet, wenn es Hinweise auf die Existenz eines abnormen Zustandes, auf die Folge eines Unfalls oder eines anderen Ereignisses mit typischerweise nachfolgenden Gesundheitsproblemen gibt und sich der Krankheitsverdacht nicht bestätigt und eine Behandlung derzeit nicht erforderlich ist...

    Also:

    HD Z03.8 Beobachtung bei sonstigen Verdachtsfällen
    ND S39.9 und/oder S30.1

    Ergibt die DRG Z64Z mit dem effektiven Kostengewicht 0,232 statt

    X60B mit effektivem Kostengewicht 0,202 bei HD S39.9 oder
    J65B mit effektivem Kostengewicht 0,168 bei HD S30.1,

    denn in allen Fällen Abschläge, da nur ein Belegungstag!

    Fazit:
    Gemäß DKR kodiert und besser abgeschnitten :lach:

    MfG

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

  • Hallo Herr Haubold und Herr Balling,

    vielen Dank für Ihre schnellen Antworten! Toll!

    Herr Haubold:

    Was sagt denn der MDK zu so einem Fall? Haben Sie wegen gleicher Sachlage schon mal ein Problem mit ihm gehabt oder war das eher allgemein gemeint?
    Beides stimmt ja (stumpfes Bauchtrauma und Prellung der Bauchdecke), warum dann nicht das stumpfe Bauchtrauma? Gibt es denn eine allgemein gültige Definition für \"stumpfes Bauchtrauma\", die eine Kodierung als solches ausschließt?
    Die Kodierrichtlinien sagen ja, dass als HD die zugeordnet werden soll, die die stationäre Aufnahme verursacht hat. Das war doch das stumpfe Bauchtrauma!?

    Herr Balling:

    Ich habe ihre zitierte Kodierrichtlinie gefunden. Dort geht es aber noch weiter:
    Können für die Hauptdiagnose spezifischere Schlüsselnummern angegeben werden, haben diese Vorrang vor einer Schlüsselnummer aus der Kategorie Z03.– Ärztliche Beobachtuung und Beurteilung von Verdachtsfällen. Wenn Symptome, die mit der Verdachtsdiagnose im Zusammenhang stehen, erwähnt sind, werden die Symptom-Schlüsselnummern zugewiesen, nicht ein Kode aus der Kategorie Z03.– Ärztliche Beobachtuung und Beurteilung von Verdachtsfällen ( s.a. DKR D008b Verdachtsdiagnosen ( Seite 18 ) ).

    Die Prellung, sowie das Bauchtrauma sind doch aber spezifischere Diagnosen, da kann ich doch schlecht die Z03.8 als HD nennen?!

    Immer noch :j_ungewiss:

    Mit freundlichen Grüßen

    Benjamin

  • Zitat


    Original von Benjamin:
    ...zur Beobachtung stationär aufgenommen. Er beklagte diffuse Bauchschmerzen. Die durchgeführten Untersuchungen (Sono, Sonokontrolle, Labor, Urin) waren unauffällig...


    Hallo Benjamin,

    da er nur über diffuse Bauchschmerzen klagte und alle Untersuchungen unauffällig waren (also auch keine Prellmarken...) bleibt für mich nur die Z03.8 als HD. Vielleicht hatte der Patient ja aus einem anderen Grund Bauchschmerzen (oder auch gar nicht - und suchte nur ein warmes Bett... :i_drink: )

    MfG

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Benjamin und willkommen im Forum,

    wenn die Bauchschmerzen im Zusammenhang mit der Begründung zu stationären Aufenthalt stehen (Stumpfes Bauchtrauma --> Bauchschmerzen) ist dies eindeutig ein Symptom im Sinne der DKR zur Verwendung der Z03._-Kodes und daraus folgend die Z03.8 nicht als HD zu kodieren!
    \"Wenn Symptome, die mit der Verdachtsdiagnose im Zusammenhang stehen, erwähnt sind, werden die Symptom-Schlüsselnummern zugewiesen, nicht ein Kode aus der Kategorie Z03.– Ärztliche Beobachtuung (Beobachtuung: Schreibfehler in den DKR, nur so nebenbei...) und Beurteilung von Verdachtsfällen...\"
    Es hindert Sie aber niemand daran die Z03.8 zur näheren Erklärung als ND zu nennen.
    Sollten Sie eine Prellung der Bauchdecke diagnostiziert haben, kodieren Sie diese als HD. Die Bauchschmerzen sind dann nicht als ND aufzuführen (siehe D002c Zuweisung der zugrundeliegenden Krankheit als Hauptdiagnose).

    Die prinzipielle Frage ist hier \" Stumpfes Bauchtrauma \" oder \" Prellung \".

    Ich tendiere eher zu \" Prellung \" da die ja wohl am ehesten \" nach Analyse \" entspricht. Sie haben ja wohl weitere intraabdominelle Verletzungen ausgeschlossen.
    Stumpfes Bauchtrauma beschreibt ja eher den Mechanismus von dem ausgehend verschiedene Verletzungen auftreten können (anscheinend ausgeschlossen in diesem Fall).

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Herr Balling und Herr Selter,

    nochmals Dank für Ihre Antworten.

    Herr Balling:

    Es war kein :i_bier1:. Junger Kerl der einen Tritt in den Bauch bekam und dann diffuse Schmerzen im Unterbauch hatte. Seine Freundin war dabei (bei der Haue und im KH).

    Herr Selter:

    Eigentlich denke ich genauso, allerdings geht es ja auch um die Vergütung. Die ist nun mal höher beim Trauma. Und wir streiten hier bei uns weiter, warum nicht trotzdem das Trauma als HD genannt werden darf.
    Nicht einfach die Kodierung und man sagt ja unsere Arbeitsplätze hängen dran :i_furie:.

    Mit freundlichen Grüßen

    Benjamin

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    Zitat


    Original von Benjamin:
    ..... Und wir streiten hier bei uns weiter, warum nicht trotzdem das Trauma als HD genannt werden darf.


    Es stimmt einfach nicht, also darf stumpfes Bauchtrauma auch nicht als HD kodiert werden.
    Auch die Diagnose Bauchprellung ist m.E. durchaus umstritten zu werten
    Prellung als stumpfe Organverletzung erfordert streng genommen den dokumentierten Befund von sichtbare Folgen (z.B. Hämatom, Prellmarken)

    Zitat


    Nicht einfach die Kodierung und man sagt ja unsere Arbeitsplätze hängen dran

    Stimmt!
    Aber: mit Täuschen, Tricksen, Tarnen (wo gibt’s das meiste Geld) werden Sie langfristig keine Arbeitsplätze sichern.


    Gruß

    E. Rembs

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Ja, ja, so ist das eben manchmal:

    Jetzt haben vier verschiedene Leute geantwortet und es gibt fünf verschiedene Meinungen.

    Weder die Medizin, noch die Kodierwissenschaft sind eben exate Wissenschaften. Deswegen finde ich es immer wieder bedenklich, dass der MDK sich hinstellt und seine Erkenntnisse als die alleingültige Weisheit darstellt.

    Ich persönlich halte bereits die Schmerzen im Zusammenhang mit dem beschriebenen Unfallhergang (Tritt in den Bauch) für Verletzungsfolge genug, und zwar um sowohl die Prellung, als auch das Stumpfe Bauchtrauma mit gutem Gewissen als HD zu verschlüsseln. Die Prellung wäre eine oberflächliche Verletzung der Bauchdecke, die auf jeden Fall vorliegt. Der diffuse Schmerzcharakter spricht jedoch dafür, dass auch viszerale Organe \"etwas abbekommen haben\", auch wenn davon keine eindeutigen technischen Befunde erhoben worden sind (Sie werden ja nicht gleich ein MRT machen, um ggf. Singnalveränderungen sehen zu können).

    Ich würde mich also ganz frech auf den klinischen Befund stützen und das Trauma als HD verschlüsseln.

    Schönen Tag noch,

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von R. Schaffert:
    Der diffuse Schmerzcharakter spricht jedoch dafür, dass auch viszerale Organe \"etwas abbekommen haben\", auch wenn davon keine eindeutigen technischen Befunde erhoben worden sind (Sie werden ja nicht gleich ein MRT machen, um ggf. Singnalveränderungen sehen zu können).

    Ich würde mich also ganz frech auf den klinischen Befund stützen und das Trauma als HD verschlüsseln.

    Guten Morgen Reinhard,

    dann sind wir aber schon eher im Bereich des Verdachts und dann gilt die DKR \"Verdachtsdiagnosen\". Wenn nicht speziell therapiert wurde (was auch immer das hier sein mag....), ist nur das Symptom zu kodieren (hier wurde ja nur überwacht).

    Ich finde diese Frage auch schwer zu beantworten, deswegen \"tendiere\" ich auch nur.

    So, dann machen wir es mal wie beim, bei Alt und Jung beliebten Kartenspiel, \"Schwimmen\": Ich schiebe!
    Die Frage werde ich mal an das InEk weiterleiten und auf Antwort hoffen.

    Gebe dann bescheid.

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Nur zur Klarstellung: Ich gehöre keineswegs zu den Leuten, die bei der Kodierung auf den Erlös schielen. Im Gegenteil, denn ich weiß, dass eine Erlösmaximierung im Einzelfall nichts bringt, wenn ich hinterher meinen vereinbarten CMI wesentlich übersteige und den Mehrerlös zu 100% zurückzahlen muss.

    Ich wollte nur darstellen, dass außerhalb der Mathematik eben auch weniger exakte Fachgebiete existieren, wo verschieden Menschen eben zu verschiedenen Ergebnissen kommen. Das wird sich auch nicht ändern und sollte daher akzeptiert werden.

    Schönen Tag noch,