Durchführung Widerspruch

  • Schönen guten Tag zusammen,
    ich habe hier mal eine Frage aus dem praktischen Leben.
    Ich bekomme vom MDK ein Gutachten (mit von meiner Ansicht abweichenden Ergebnissen)und von der KK die Aufforderung, die Rechnung zu stornieren und eine neue zu stellen.
    Bis jetzt lege ich dann beim MDK Widerspruch gegen das Gutachten ein und informiere hierüber die KK (mit einem dezenten Hinweis über die bestehenden Regelungen zur Zahlungsverpflichtung).
    Gibt es an diesem Vorgehen etwas auszusetzen und sollte man es anders machen? Wie?
    Oder machen das alle so? - dann wäre ich ja beruhigt.
    Bevor die Hinweise zum Doppelposten kommen: Ich habe mehrere Suchanfragen in diesem Forum gestartet und nichts dazu gefunden.

    Herzliche Grüsse aus Schwabach
    E. Horndasch
    Internist / Medizincontroller

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Guten Abend zusammen,

    also ich kenn den Landesvertrag in Bayern nicht so genau, aber ich kann ja mal versuchen das ganze aus Sicht einer KK in NRW zu sehen...

    Normalerweise bekommen wir in NRW die MDK Gutachten direkt zugesandt, ohne das der MDK das Krankenhaus davon in Kenntnis setzt.
    Heisst also für uns als KK, das wir dem Krankenhaus das Ergebnis des MDK Gutachtens (das nicht immer wirklich gut zu lesen ist, da diese oft nur handschriftlich erfolgen)mitteilen können / müssen.

    Hierbei ist jedoch anzumerken, dass das MDK Gutachten nur eine Stellungnahme der beratenden Ärzte ist. Die letztendliche Entscheidung über eine Kostenzusage etc. trifft demnach der einzelne KK Mitarbeiter (auch wenn dem das nicht immer so bewusst ist). Soll heissen, der MDK kann die medizinische Notwendigkeit einer vollstationären Behandlung im Einzelfall ablehnen, so hat der KK Mitarbeiter jedoch unter Berücksichtigung des Gesamtfalls und ggf. weiterer persönlicher Umstände des Patienten dennoch die Möglichkeit die vollstationäre Behandlung genehmigen. Das selbe gilt allerdings auch umgekehrt. Er kann auch etwas ablehnen, das der MDK genehmigt hat.

    Dadurch das wir als KK dem Krankenhaus unsere Entscheidung in dem Einzelfall mitteilen meist analog zu dem MDK Gutachten (ggf. Kopie des Gutachtens an das KH), bekommen wir in NRW den Widerspruch des Krankenhauses direkt zugesandt. Dann kann dem Widerspruch entweder direkt durch den KK Mitarbeiter abgeholfen werden (es soll ja KH geben die Stellungnahmen nicht im verschlossenen Umschlag für den MDK und auch verständlich für den KK Mitarbieter schreiben) - das beschleunigt den ganzen Vorgang erheblich. Oder der medizinisch begründete Widerspruch wird zur Zweitbegutachtung mit den Unterlagen der KK an den MDK weitergeleitet.

    Durch die Einleitung einer Begutachtung durch den MDK wird grundsätzlich nicht die Zahlungsverpflichtung der KK aufgehoben.
    In der Praxis wird die Rechnung entweder unter Vorbehalt gezahlt (wobei das mit der Rückzahlung durch das KH im Fall einer korrekten Kürzung nach MDK Gutachten immer sehr schwierig ist...) oder die Rechnung wird (rechtlich nicht ganz korrekt - ok) nur anteilig oder gar nicht gezahlt bis ein MDK Gutachten vorliegt... das geschieht dann allerdings meist im stillschweigenden Einverständnis mit dem Krankenhaus.

    Denke in Bayern wird das mit der Zahlungsverpflichtung der KK grundsätzlich ähnlich gelagert sein...

    Lieben Gruß aus dem Bergischen Land

    Jennifer Busse

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von jemebu:
    ...oder die Rechnung wird (rechtlich nicht ganz korrekt - ok) nur anteilig oder gar nicht gezahlt bis ein MDK Gutachten vorliegt... das geschieht dann allerdings meist im stillschweigenden Einverständnis mit dem Krankenhaus.


    Guten Morgen,

    das ist mir dann aber neu, dass die Zahlungsverzögerungen einiger Kassen mit dem \"stillschweigenden\" Einverständnis der KH geschieht!

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Dirk,

    du glaubst nicht, was es alles gibt... :i_respekt:

    stillschweigende Zustimmung, offene Zustimmung (beides leider relativ selten - das gebe ich zu) - am besten gefällt mir allerdings, wenn ein KH gar nicht erst die Rechnung für nicht genehmigte Zeiträume schickt (dann bettel ich als Kasse auch ehrlich gesagt nicht darum :d_niemals: )

    Anzeichen für schlechtes Gewissen???

    Aber Spaß beiseite und zum eigentlichen Thema:

    Rein rechtlich gibt es ein Widerspruchsverfahren in der Rechtsbeziehung zwischen Krankenkasse und Krankenhaus (Gleichordnungsverhältnis) nicht, da unsere Ablehnungen gegenüber dem Krankenhaus keine Verwaltungsakte darstellen.

    In der Praxis mag es sich etabliert haben, um einen letzten Versuch zu unternehmen, den Klageweg zu umgehen. Es kann aber auch seltsame Blüten treiben, wenn ein KH dann bis zu fünfmal Widerspruch einlegt. Die Stellungnahme zu diesem fünften Widerspruch habe ich z.B. dann ungeöffnet zurückgesandt mit Hinweis auf den rechtlich vorgeschrieben Weg der Klage vor dem zuständigen Sozialgericht!

    In der Praxis machen wir es so, dass wir dem KH in der Regel das gesamte Gutachten zur Verfügung stellen, damit das Krankenhaus einen (einen einzigen!) Widerspruch formulieren kann, der sich auf den Kern des MDK-Gutachtens bezieht.

    Aber rein rechtlich kann man meines Erachtens als KH (wenn Rechnung noch nicht bezahlt) bzw. als KK (wenn Rechnung bereits bezahlt) aufgrund des MDK-Erstgutachtens direkt klagen.

    Also suchet den Dialog und werdet glücklich.

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Zitat


    Original von ToDo:

    Also suchet den Dialog und werdet glücklich.


    So soll es sein :sonne:

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Als Adressat für eventuelle Widerspüche sehe ich (vielleicht leider) auch die Krankenkasse an. Der MDK hält sich da fein raus und sagt, wir haben ja nur im Auftrag der Krankenkasse gehandelt und können nur im Auftrag der Krankenkasse erneut begutachten. Mit der Entscheidungshoheit der Krankenkassenmitarbeiter ist es allerdings auch nich weit her, denn die sagen meistens, dass der MDK so beurteilt habe und sie deshalb auch nicht anders könnten. Schönes Spiel!

    Viele Widersprüche wären unnötig, wenn der MDK nicht regelhaft seine Gutachten auf einer mangelnden Informationsgrundlage (Arztbrief) erstellen würde, sondern seiner in den meisten Landesverträgen festgelegten Verpflichtung nachkommen und den Fall mit den behandelnden Ärzten erörtern würde.

    Es handelt sich hier immer noch um medizinische Gutachten und dafür ist es meiner Ansicht nach erforderlich die Umstände des Falles ausreichend zu recherchieren. Dass manche sogenannte Gutachten handschriftlich sind, würde ich für einen Witz halten, wenn es nicht so traurig wäre. Ich habe schon Zettel gesehen, auf denen lapidar und ohne jede Begründung irgend eine beliebige Anzahl von Tagen gekrickelt war. Das nennt sich dann Gutachten!

    Vom Krankenhaus wird eine perfekte Organisation und Dokumentation erwartet. Dann kann man, glaube ich, auch vom MDK erwarten, dass er bei der Begutachtung die erforderliche medizinische Sorgfalt walten lässt und seine Erkenntnisse anschließend ausführlich und nachvollziehbar dokumentiert.

    Nur die genehmigten Zeiträume in Rechnung zu stellen, wie es ToDo gerne sähe, geht meiner Ansicht nach schon buchhalterisch nicht. Denn aus Sicht des Krankenhauses wurde die Leistung erbracht und muss daher auch eine Forderung zur Folge haben.

    Schönen Tag noch,

  • Hallo,

    das mit dem Stillschweigenden Einverständnis ist ja eine tolle Auffassung.

    Also wenn das Krankenhaus den Konsens sucht und z.B. Angst davor hat bei den nächsten Pflegesatzverhandlungen abgestraft zu werden bzw. expliziet Kassenzustimmungspflichtige Projekte etwa im Bereich integrierte Versorgung, Strukturveränderungen etc. nicht gefährden will, gilt das als stillschweigende Zustimmung für Rechnungskürzung oder Zahlungsverzögerungen....

    Nebenbei das versenden von patientenbezogenen Informationen über das gesetzliche Mass hinaus, mag zwar für eine vereinfachte schnellere Handhabung zweckmässig sein...aber eben nicht legal. Dafür ist nun mal der MDK zuständig und nicht der Kassensachbearbieter.

    Und Gutachten alleine auf Arztbriefbasis halte ich auch für unzureichend, da viele DRG-relevanten Informationen nicht darin enthalten sind und der Arztbrief keine Abrechnungstechnische Expertise ist, sondern ledlich die Information für den weiterbehandelnden Arzt.

    Ich halte das gesamte Thema für gesetzlich dringend Revisionsbedürftig, wir brauchen klare einfache Regelungen für alle Abrechnungstechnischen Rückfragen und eine unabhängige weisungsbefugte Schlichtungsstelle für Kodierungs- und DRG-Algorhytmusauffassungsfragen.

    Gruß

    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizincontrolling
    Unfallkrankenhaus Berlin

  • Hallo,
    ein Grundproblem ist sicher die Anfoderung und Übersendung eines Arztbriefes als alleinige Stütze der Beurteilung.
    Hier einige persönliche Erfahrungen:
    Da ich oft nicht weiss oder ahne, was der Grund für die Begutachtung ist, kann ich auch schwer den Brief dahin durchsehen. z.B. ist bei einer Hypokaliämie erwähnt, dass sie substutiert wurde, ist die erfolgte Behandlung eines intercurrenten Harnwegsinfektes erwähnt oder möchte die KK via MDK den Resssourcenverbrauch für die Inkontinenz erklärt haben. Wenn es nur ein Punkt ist der fehlt, dann erwähne ich ihn in einem Begleitschreiben für den MDK. Bei einger ganzen Anzahl von Nebendiagnosen ist dies aber nicht leistbar, zumal wenn sich dann herausstellt, dass es eigentlich nicht die ND sondern um die korrekte Zuordnung der HD geht.
    Ich habe schon mal mit einem KK-Mitarbeiter gesprochen und darum gebeten, die Gründe für das Prüfverfahren erläutert zu bekommen. Dann könnte ich die Unterlagen für den MDK ggf. ergänzen. Als Antwort bekam ich zu hören, wann wolle und könne mir nicht allzuviele Tips geben. Also mache ich das Ganze dann halt im Widerspruchsverfahren und die KK beschwert sich, das wir so viele Widersprüche einlegen - das hätte ja für sie und den MDK auch einen verwaltungstechnischen Mehraufwand. Dazu fällt mir dann nix mehr ein.

    Standardsatz bei jeder Übersendung eines Arztbriefes und in jedem Widerspruch ist bei mir (zumindest sinngemäss):

    \"Wir dürfen darauf hinweisen, dass ein Entlassungsbrief in erster Linie eine Information für den weiterbehandelnden Kollegen und eine komprimierte Darstellung des Krankenhausaufenthaltes darstellt. Insofern können aus Gründen der Übersichtlichkeit bei einem komplexen Krankenhausaufenthalt nicht alle diagnostischen und/oder therapeutischen Prozeduren erwähnt werden. Die Wertigkeit der angeführten Nebendiagnosen und auch die Zuordnung der Hauptdiagnose ergibt sich aus der Gesamtbeurteilung der Krankenakte, die wir Ihnen bei Bedarf gerne zur Verfügung stellen.\"

    So, dass musste ich jetzt mal loswerden.
    Schönen Tag noch allerseits :i_drink:

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Kolleginnen und Kollegen,

    zum Thema Anforderungen an ein MDK-Gutachten gibt es eine interessante Info der KGNW (im Anhang) über ein Urteil des Sozialgerichtes Magdeburg bezüglich dieses Themas. Ich bin mir nur nicht ganz sicher, ob ich das als Ohrfeige für den MDK oder als Auforderung zur Mehrarbeit in Krankenhausarchiven werten soll.
    Da in dem von den Krankenkassen zur Zeit initiierten Prüfungsausmass für den MDK nicht machbar, wird man gespannt sein müssen, welche Auswirkungen sich nun wirklich aus dem Urteil ergeben.

    Mit solch rechtlichen Erkenntnissen ist es eben doch so wie mit Evidence-Based-Medicine...

    Sie setzen sich nur sehr, sehr langsam durch. :threemonkey:

    Grüße aus dem Rheinland

    Rolf Grube, MBA
    FA für Anästhesie

  • Hallo Forum,

    hier noch eine Variante zu diesem Thema:

    BG der ...... mit Bezirksverwaltung in S., fordert einen Entlassbericht für die Behandlung eines Arbeitsunfalls an. Letzter Satz der Anforderung:

    \"Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir ohne diese Unterlagen Ihre Rechnung nicht prüfen können und es dadurch dann zu Verzögerungen bei der Zahlung kommt.\"

    Auf tel. Nachfrage meinerseits diese Erklärung inhaltlich grob wiedergegeben:

    Die BG [glow=#FF0000,3]prüft J E D E DRG-Rechnung [/glow] :t_teufelboese: anhand der Aufnahmeanzeige, der Entlassungsanzeige und des Entlassungsberichtes. Vorher wird nichts bezahlt! Wenn ein Krankenhaus unauffällig aus dieser Überprüfung hervorgeht, wird später (wann, das wurde nicht gesagt) nichts mehr geprüft, oder nur bei großen Unstimmigkeiten

    Schöne Grüße zum WE und

    Mit freundlichen Grüßen aus Nürtingen

    D. Bahlo-Rolle :d_niemals: :d_pfeid: :sonne:

  • Hallo,

    na das klingt doch gut...also ich finde das gesamte Urteil richtungsweisend...
    Neu war mir auch das die Zahlungspflicht nur dann \"entfällt, wenn sich die Entscheidung des Krankenhausarztes nach seinen jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten als nicht vertretbar herausstellt.\"

    Eine schöne Formulierung....und vertretbar ist auch was völlig anderes wie notwendig!


    Bin mal gespannt auf die Reaktion der Kassen...

    Gruß

    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizincontrolling
    Unfallkrankenhaus Berlin