Mehrere ND - eine Therapie

  • Hallo Susanne!

    Ich glaube, daß es vollkommen korrekt ist, in o.g. Palliativsituation die zur Debatte stehenden Symptome des Patienten umfassend zu verschlüsseln. Genau so praktizieren wir es hier im Hause auf unserer Palliativstation auch!
    Palliativpatienten zeichenen sich im allgemeinen genau dadurch aus, daß sie zumeist mehrere Behandlungs-bedürftige Symptome bieten und genau aufgrund dieser komplexen Symptomatik sowie der terminalen Krankheitsphase intensiver Betreuung bedürfen. Im genannten Fall ist es sicherlich schön, wenn sich die Symptome durch eine einzige \"Wunderpille\" wie Dexamethason bessern lassen, aber eine alleinige Reduktion des therapeutischen Bemühens auf die regelmäßige Gabe von Dexa ist ja nur ein Bruchteil der Realität. Schließlich bedürfen Pat. in einer Palliativsituation auch umfangreicher ärztlicher, pflegerischer, ggf. psychologischer und v.a. seelsorgerischer Zuwendung. Dies sind alles Dinge, die sich zwar schlecht in irgendwelche prozeduralen Codes packen lassen, die solche Pat. aber durchaus anspruchsvoll machen und somit sehr wohl den Behandlungsaufwand erhöhen.

    Da man es nur selten mit nur einem isolierten Problemsymptom zu tun hat, geschweige denn wirklich sagen kann, welches von mehreren das Hauptsymptom war, es sich aber letztlich um die mehr oder weniger terminale Behandlung eines Malignoms handelt, codieren wir im Hause im allg. das Malignom als HD, relevante Metastasen als ND und die vorliegenden Symptome ebenfalls als ND, zusätzlich Z51.5. für Palliativbehandlung.


    Gruß aus Schleswig-Holstein


    Thorsten

  • Hallo, Thorsten,
    dann wäre ich an einem Erfahrungsaustausch interessiert, wie oft die Kassen das Malignom als HD nicht akzeptieren. Wir haben seit Anfang des Jahres ca. 4-5 Anfragen pro Monat, in denen das Malignom nicht akzeptiert wird - natürlich immer dann, wenn eine andere mehr oder weniger plausible ND \"billiger\" wird. Bisher konnte ich mit schriftlichen, teils recht drastisch formulierten Antworten die Sachbearbeiter überzeugen. Und einmal gab uns der MDK sogar unaufgefordert Recht.
    Ich habe aber selber oft ein ungutes gefühl, da der Primärtumor ja wirklich oft kaum mehr eine Rolle spielt. Da ich es genauso sehe, dass nähmlich all das andere, was PAlliativmedizin ausmacht, in der Kodierung keinen Ausdruck findet, denke ich, wir liegen richtig, wenn wir die \"teuerste\" plausible ICD zur HD erklären. Das ist dann ehrlich gesagt, mal der Primärtumor, mal die Metastasen (z.B. bei Knochenmetastasen und Aufnahme zur Schmerztherapie oder bei ZNS-Metastasen und Aufnahme wegen Unruhe und Krampfanfällen). O.g. Beispiel war zwar zugegeben etwas fiktiv bzw. reduced to the max - trifft aber m.E. schon immer wieder die Realität.
    Wir verschlüsseln übrigens meist die Metastasierung, die Symptome nur, wenn sie ein \"eigenständiges Problem\" dastellen, denn man könnte sonst jedem einen ganzen Rattenschwanz von R-ICDs anhängen.
    Gruß aus München
    Susanne :roll:

    Susanne in München :i_drink:

  • Hallo Susanne, Hallo Forum,

    In einem Ihrer ersten Beiträge zu diesem Thread schrieben Sie:

    Zitat


    Wir haben alle sekundären Manifestationen verschlüsselt und dann inzwischen nach Schriftwechsel und Telefonat auf Hirnmetastasen geeinigt.

    Warum die Hirnmetastasen und wie \"geeinigt\" ? Grundlage der Kodierung sollten doch immer noch die Kodierrichtlinien sein. Eine Regelung, bei (falschem) Gutachten des MDK und strittiger Sachlage, die Fallpauschale (wie auf einem Basar) mit dem MDK / der Krankenkasse ohne Rücksicht auf die Kodierrichtlinien auszuhandeln ist mir nicht geläufig... :)

    Waren denn die Hirnmetastasen bei Aufnahme nicht bekannt und wurden sie neu diagnostiziert ? Ich hatte Ihre Fallschilderung eigentlich dahingend verstanden, daß bei Aufnahme die Lokaliserungen aller Metastasen bereits bekannt war und daß in diesem Fall ausschließlich palliativ therapiert (und nicht mehr diagnostizert) wurde ?

    Für diesen Fall sehen die DKR dann - wie bereits von anderen an dieser Stelle erwähnt - vor, das/die Symptome zur HD zu machen und den/die Malignomkodes entsprechend als ND zu kodieren.

    Auf Ihre Frage welches Symptom nun zur HD zu machen ist, hat Herr Schaffert ja bereits geantwortet:

    Zitat


    Original v. R. Schaffter:
    Ich würde die Symptome Verschlüsseln und eines davon als Hauptdiagnose auswählen.

    Ich würde diesen Satz gerne noch um folgendes Zitat ergänzen:

    Zitat


    Auszug DKR D002c Hauptdiagnose

    Zwei oder mehr Diagnosen, die gleichermaßen der Definition der
    Hauptdiagnose entsprechen

    Wenn zwei oder mehrere Diagnosen in Bezug zu Aufnahme, Untersuchungsbefunden und/oder der durchgeführten Therapie gleichermaßen die Kriterien für die Hauptdiagnose erfüllen und ICD-10-Verzeichnisse und Kodierrichtlinien keine Verschlüsselungsanweisungen geben, muss
    vom behandelnden Arzt entschieden werden, welche Diagnose am besten der Hauptdiagnose-Definition entspricht. Nur in diesem Fall ist vom behandelnden Arzt diejenige auszuwählen, die für Untersuchung und/oder Behandlung die meisten Ressourcen verbraucht hat.

    In Ihrem Fall, so wie er bislang geschildert wurde, erfüllen nach den DKR mehrere Diagnosen die Definition der Hauptdiagnose (\"Juckreiz, Übelkeit, Kompressionssymptome bei LK-Metastasen verschiedener Lokalisationen und Atemnot wegen Lymphyangiosis\").

    Bei genauer Betrachtung der Krankengeschichte wird man sicherlich feststellen, daß eine Abstufung nach Ressourcenverbrauch möglich ist, obwohl alle Symptome mit nur einem einzigen Medikament behandelt wurden. Vielleicht gab es Sauerstoffgaben / Sättigungsmonitoring bei Dyspnoe ? Vielleicht aber auch eine intensive pflegerische Betreuung wg. Übelkeit / Emesis ? etc. etc.


    Vielleicht hat aber auch eines dieser Symptome letzendlich den ausschlaggebenden (Haupt)anlaß für die stationäre Behandlung gegeben. (z.B. Aufnahme wg. akuter Dyspnoe im reduz. AZ ? Dann wäre dieses Symptom als HD zu kodieren (DKR 0002c: „Die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die
    Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist.â€
    )

    Eine generelle Kodierung des (Primär)malignoms als HD, wie sie Herr Palluck geschildert hat oder gar ein \"Handel\" mit der KK oder dem MDK halte ich für nicht richtig. Man kann sicherlich in (sehr) vielen Fällen über die Auslegung der einzelnen Kodierrichtlinien diskutieren aber man sollte sich dabei stets an den DKR orientieren und auf deren Grundlage den Kompromiß suchen.


    MfG,

    M. Ziebart