Wieder Wiederaufnahme

  • Ich habe es immer noch nicht verstanden: Folgender Fall: 87jähr. Pat. kommt zur Abklärung Hämoptoe, ist 5 Tage stationär. Gastro findet Gastritis. Wird entsprechend verschlüsselt und morgens entlassen. Abends bringt sie der Notarzt mit akuter Linksdekompensation wieder ins Haus. Diese hat laut zuständigem Internisten nichts mit dem ersten Aufenthalt zu tun und war auch nicht vorhersehbar. Ist das ein Fall oder zwei?
    Vielleicht lerne ich es ja irgendwann.
    Danke sagt Susanne :roll:

    Susanne in München :i_drink:

  • Hallo Susanne, Hallo Forum,

    Ihre Fragestellung zielt darauf ab, eine Fallzusammenlegung medizinisch begründen zu wollen. Leider spielen die medizinischen Zusammenhänge bei der Fallzusammenlegung nur eine Untergeordnete Rolle.

    Am besten \"lernt\" man die Regeln für die Fallzusammenlegung, wenn man einfach die drei Möglichkeiten für eine Fallzusammenlegung die im § 2 der KFPV 2004 genannt sind eine nach der anderen abklopft. Dabei gehen Sie wie folgt vor:

    Zunächst \"kodieren\" Sie beide Fälle für sich, als ob keine Fallzusammenführung nötig wäre und groupen auch beide Fälle separat.

    Dann stellen Sie sich die folgenden Fragen:

    1. Wurden beide Fälle in dieselbe Basis-DRG (z.B. N04) gegroupt ?

    2. Wurden beide Fälle in dieselbe MDC (beide DRGs beginnen mit demselben Buchstaben - z.B. J) gegroupt und(!) der erste Fall in die \"medizinische\" oder \"andere\" und(!) der zweite Fall in die operative Partition ?

    3. Handelt es sich beim zweiten Fall um eine Wiederaufnahme wg. einer Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung (beim ersten Fall) ? -- Nur hier ist medizinischer Sachverstand gefragt ...

    Wird Frage 1 oder 3 mit ja beantwortet muß geprüft werden, ob es sich um eine WA innerhalb der OGV des ersten Falles handelte.

    Falls ja -> Fallzusammenführung !

    Wird Frage 2 mit ja beantwortet, muß geprüft werden, ob es sich um eine WA innerhalb von 30 Tagen handelte.

    Falls ja -> Fallzusammenführung !

    Ausnahme bei Frage 1 oder 2 (nicht bei Frage 3): Falls eine der beiden DRGs im Fallpauschalenkatalog (bei Versorgung in einer Hauptabteilung in Spalte 13 oder bei belegärztlicher Versorgung in Spalte 15) gekennzeichnet ist, findet keine Fallzusammenlegung statt.

    MfG,

    M. Ziebart

  • Hallo H.Ziebart,Hallo Forum
    Wie ist es aber im folgenden Fall:
    Pat kommt mit distaler Radiusfraktur links.Fraktur wird reponiert,
    Pat. entlassen.2Tage später kommt Pat.wieder mit Dist.Radiusfrkt. rechts.
    Erneut reponiert.Jetzt kommt Pat.wieder(17 TageSpäter)wo die
    Fraktur links abgerutscht ist,Pat.erhält Fixatuer.Mein Arzt sagt nun
    das es eigentlich 3 Fälle sind,da links/rechts/links.
    Aber gehe ich nach den Wiederaufnahmeregeln habe ich keine andere
    Wahl.ODER???

    Mfg
    Zabi

  • Hallo Zabi, Hallo Forum,

    Zitat


    Aber gehe ich nach den Wiederaufnahmeregeln habe ich keine andere
    Wahl.ODER???

    ... ja leider. Genau das meinte ich in meinem ersten Beitrag, mit dem Satz:

    \"Leider spielen die medizinischen Zusammenhänge bei der Fallzusammenlegung nur eine Untergeordnete Rolle.\"

    Ich habe nur wenig Erfahrung mit der Kodierung von Unfallchirurgischen Fällen. Bei einer Fallzusammenlegung müssten Sie natürlich dann die relevanten Diagnosen aller drei Aufenthalte neu groupen. Unter Umständen erhalten Sie dann natürlich eine entsprechend höher bewertete DRG.

    Es gibt sogar Fälle, bei denen durch eine Fallzusammenlegung mehr erlöst wird, als bei einer getrennten Abrechnung. Meiner Erfahrung nach ist dies aber äußerst selten der Fall. In den meisten Fällen erlöst man bei Fallzusammenlegungen weniger.

    Durch die starren Zusammenlegungsregelungen der KFPV 2004 wird das (finanzielle) Risiko für zeitlich nahe beieinanderliegende Fälle auf die Krankenhäuser übertragen. Dies ist meiner Ansicht nach ein unglaublicher Vorgang. Einzig nachvollziebar ist es, wenn mann \"Wiederaufnahme wg. einer Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung\" unter einem Fall subsummieren möchte, da hier in der Tat auch aus medizinischer Sicht ein Zusammenhang nicht von der Hand zu weisen ist. Zumal ja die Kodierung der entsprechenden Komplikation beim zusammengelegten Fall in der Regel zu einem Mehrerlös führt.

    Die beiden ersten Zusammenlegungsregeln sollten man meiner Meinung nach gleich wieder ersatzlos streichen.

    MfG,

    M. Ziebart

  • Hallo Zabi, Hallo Ziebart
    Das sehe ich ein bißchen anders. Wenn man sich die amtliche Begründung zum Referentenentwurf durchliest, findet man den Satz: \"Eine Bezahlung nach Fällen führt dagegen zu der gewünschten Verkürzung der Verweildauer einerseits, verleitet jedoch andererseits tendenziell auch dazu, die Fallzahlen zu erhöhen und bisher in einem Krankenhausaufenthalt durchgeführte Behandlungen auf mehrere Aufenthalte aufzuteilen.\"
    Der Gesetzgeber will also dem Missbrauch einen Riegel vorschieben und nicht neue Ungerechtigkeiten erzeugen. Das heißt auf den Fall bezogen: eine Radiusfraktur rechts hat nichts mit einer vorher behandelten Radiusfraktur links zu tun. Die Angabe der Seitenlokalisation muss ein
    ausreichendes Diskriminierungskriterium sein, die auch der Kostenträger versteht. Ansonsten würden alle Fachrichtungen, die mit paarig angelegten Organen arbeiten, im Einzelfall Nachteile erleiden, was weder gewünscht noch beabsichtigt ist. Es kann doch einem Chirurgen nicht zugemutet werden, dass nach einem erneuten Sturz die \"zweite Hüfte\" quasi kostenlos ist. Insofern denke ich darf man die Wiederaufnahmeregeln nicht nur nach dem Buchstaben interpretieren, sondern auch nach dem Sinn.

    MfG Styp-Rekowsky

  • Hallo Herr Styp-Rekowsky, Hallo Forum,

    Zitat


    Das sehe ich ein bißchen anders. [...]


    ... das tue ich persönlich auch. Allerdings besitzen unsere Ansichten keine Gesetzeskraft. Die KFPV 2004 allerdings schon. Leider hat der Gesetzgeber bei der Erstellung der KFPV 2004 nicht sauber gearbeitet. Wie denn auch bei dem Tempo ?

    Die einzige Möglichkeit der Ausnahme einer Fallzusammenlegung wird durch eine \"Kennzeichnung\" in Spalte 13 resp. 15 ermöglicht. Eine Ausnahmeregelung, welche Seitenlokalisationen berücksichtigt ist in der KFPV 2004 nicht enthalten ...

    Zitat


    Wenn man sich die amtliche Begründung zum Referentenentwurf durchliest, findet man den Satz: \"Eine Bezahlung nach Fällen führt dagegen zu der gewünschten Verkürzung der Verweildauer einerseits, verleitet jedoch andererseits tendenziell auch dazu, die Fallzahlen zu erhöhen und bisher in einem Krankenhausaufenthalt durchgeführte Behandlungen auf mehrere Aufenthalte aufzuteilen.\"


    Dies Zitat aus der amtlichen Begründung muß man sich einmal genauer anschauen: Hier wird (durch den Gesetzgeber !! ) den Krankenhausärzten kollektiv unterstellt, ein \"Fallsplitting\" ohne Rücksicht auf den Patienten und/oder den medizinischen Sachverhalt zu betreiben ! Wenn wirklich Behandlungen, die in medizinisch sinnvoller Weise in einem Aufenthalt hätten durchgeführt werden können, auf zwei Behandlungen aufgeteilt werden, so hat die Krankenkasse nach wie vor die Möglichkeit, eine Überprüfung durch den MDK vornehmen zu lassen. Wozu also noch die viel zu allgemein gefassten Zusammenlegungsregelungen der KFPV ?

    Wenn es allerdings medizinisch sinnvoll ist, zwischen einer konservativen Akutbehandlung und einer später erfolgenden operativen Therapie eine gewisse Zeit vergehen zu lassen ohne das im Intervall die Notwendigkeit einer stationären Behandlung gegeben ist - dann ist das eben so !. Dann sollten die Kosten dafür allerdings auch von der Krankenkasse übernommen werden. Egal ob das Intervall nun größer oder kleiner als 30 Tage ist.

    Zitat


    Die Angabe der Seitenlokalisation muss ein ausreichendes Diskriminierungskriterium sein, die auch der Kostenträger versteht. Ansonsten würden alle Fachrichtungen, die mit paarig angelegten Organen arbeiten, im Einzelfall Nachteile erleiden, was weder gewünscht noch beabsichtigt ist.


    Es mag ja sein, daß dies vom Gesetzgeber \"weder gewünscht noch beabsichtigt\" war. Nur leider wurden diese Sachverhalte beim Entwurf der KFPV 2004 nicht ausreichend berücksichtigt. Es reicht nun einmal nicht gute Wünsche und Absichten zu haben, man muß diese auch umsetzen !

    Zitat


    Es kann doch einem Chirurgen nicht zugemutet werden, dass nach einem erneuten Sturz die \"zweite Hüfte\" quasi kostenlos ist.


    Aber gerade das folgt ja aus den Zusammenlegungsregelungen der KFPV 2004. Verstehen Sie mich bitte richtig: Ich würde in einem solchen Fall auch versuchen, eine Fallzusammenlegung zu verhindern, indem ich den Sachverhalt der KK schildern würde.... Allerdings kann die KK sich in einem solchen Fall \"auf die Hinterbeine stellen\" und (leider zu Recht) die Zusammenlegung fordern.

    Zitat


    Insofern denke ich darf man die Wiederaufnahmeregeln nicht nur nach dem Buchstaben interpretieren, sondern auch nach dem Sinn.


    Was machen Sie aber, wenn die KK nach den Buchstaben interpretiert ? Sie klagen - und der Richter wird sich am Wortlaut der KFPV 2004 orientieren. Dann heißt es: Pech gehabt und außer Spesen nix gewesen ...

    MfG,

    M. Ziebart

  • Hallo, \"DRG-Kombattanden\",

    ich bin der Meinung, dass die KK gar nicht anders kann, als hier auf die Fallzusammenlegung zu beharren.

    1. Nach der Kenntnislage muss die KK davon ausgehen, dass derartige Fälle ihren Niederschlag im Relativgewicht und/oder Basisfallwert gefunden hat.

    2. Es wäre im System kontraindiziert, eine \"zweite\" Abrechnungslogik aufzumachen.

    Nur so, denke ich, kann letztlich eine saubere Abbildung der Leistungen erreicht werden.

    Gruß
    Dieter R
    MA einer KK

  • Zitat


    Original von ziebart:
    Hallo Susanne, Hallo Forum,

    Ihre Fragestellung zielt darauf ab, eine Fallzusammenlegung medizinisch begründen zu wollen. Leider spielen die medizinischen Zusammenhänge bei der Fallzusammenlegung nur eine Untergeordnete Rolle.

    Hallo Forum,

    es widerstrebt mir, auch der KK-Seite mal recht zu geben :augenroll: , allerdings muß man zur Kenntnis nehmen, daß die Abbildung von paarigen Organen und solchen Situationen, in denen völlig sonnenklar medizinisch separate Sachverhalte therapiert wurden, im DRG-System unterrepräsentiert sind. Deswegen ist der Einwurf von Herrn Ziebart so wichtig. Man denke daran, daß der Mensch zwei Augen, zwei Lungenflügel, zwei Nieren, zwei Arme ... hat, und daß damit nach den formalen Kriterien der KFPV keine Chance auf Ausweg besteht, wenn man zufällig nach einer Woche zu Hause ein Problem auf der anderen Seite therapiert. Ich möchte nur in beiderseitigem Interesse dafür plädieren, daß man sich bitte dann auch an die rein formalen Kriterien hält und nicht auf der Ebene der Kriterien für die Komplikationen eine neues Faß aufmacht. Wenn die KFPV - und daß muß man einmal begriffen haben - ein Regelwerk reiner Formalien ist, dann darf man auch nur noch auf der formalen Ebene weiterdiskutieren und nicht irgendwann, wenn es einem paßt, die medizinische Argumentation wieder aufleben lassen.
    Ich möchte noch einmal alle Kolleginnen und Kollegen dazu aufrufen, nicht die eine und die andere Ebene zu vermengen, das tut nämlich niemandem einen Gefallen. :boom:

    Daneben ist der Hinweis vom InEK wichtig, daß gerade die Ketten von Fällen mit unterschiedlichen Lokalisationen, die paarigen Organe und die Probleme bei der WA-Regelung in sonstiger Hinsicht der Revision anheimgestellt sind. In dieser Richtung hat sich auch das BMGS geäußert (mehrfach, 3. Nationales DRG-Forum, Berlin).

    Gruß aus DU
    Dr. med. Andreas Sander
    Evangelisches und Johanniter
    Klinikum Niederrhein

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von DR:
    ich bin der Meinung, dass die KK gar nicht anders kann, als hier auf die Fallzusammenlegung zu beharren.

    Guten Abend,
    genau so ist es!
    Alles andere wäre Beliebigkeit oder Willkür (Entscheidung nach Gutsherrenart), und hat mit Gerechtigkeit auch nichts zu tun, sondern bedeutet eher Unrecht.

    Gruß
    E Rembs

  • Hallo Forum,

    gerade lese ich meine letzten Beitrag zu diesem Thema und denke, daß dieser - insbesondere wenn man den Beitrag ohne Kenntnis meiner vorherigen Beiträge liest - mißinterpretiert werden könnte. Deshalb möchte ich folgendes nocheinmal klarstellen:

    In meinem vorherigen Beitrag habe ich meine persönliche Meinung zum (Un)Sinn der Fallzusammenlegungsregelungen darlegen wollen. Genau wie Herr Sander vertrete ich die Ansicht, daß im Streit-/Zweifelsfall die formalen Kriterien des § 2 der KFPV 2004 zur Fallzusammenlegung einzuhalten sind ! In Fällen wie dem geschilderten Fall würde ich persönlich zwar versuchen im Dialog mit der Krankenkasse eine Fallzusammenlegung zu vermeiden; weiß aber wohl daß die Krankenkasse in solchen Fällen das Recht (wahrscheinlich sogar die Pflicht) hat auf die Fallzusammenlegung zu bestehen. Mehr als ein kurzes Telefonat würde ich deshalb in einen solchen Versuch nicht investieren.

    Allerdings bin ich der Meinung, daß es schlichtweg unsinnig ist, Fallzusammenlegung auf Basis formaler Kriterien zu betreiben. Deshalb meine ich man sollte formale Kriterien wie sie in den Abs. 1 und 2 des § 2 KPFV 2004 zu finden sind gleich wieder abschaffen, da es sich hierbei schlichtweg um medizinischen Nonsens handelt, der die Krankenhäuser einseitig benachteiligt ! Von den drei Möglichkeiten zur Fallzusammenlegung ist einzig die Regelung zur Fallzusammenlegung bei Komplikation medizinisch halbwegs nachvollziehbar.


    MfG,

    M. Ziebart

  • Hallo Herr Ziebart, hallo Forum,

    ich will nicht rumschlaumeiern und auch nicht zwingend das letzte Wort haben, weil wir vermutlich inhaltlich sehr nahe beieinander sind. Allerdings muß ich mir (auch: sollte man sich) als Arzt (ich behaupte: ich bin das noch, nicht: ich war das mal) klarmachen, daß DRG\'s zwar was mit Diagnosen (diagnosis related ...) zu tun haben, im letzten allerdings Fallgruppen sind, die ökonomische Bewertungen beinhalten (\"kostenhomogen\"). Damit fokussieren auch die WA-Regelungen automatisch auf ökonomische Aspekte, die man auf diesem Feld auch prima diskutieren kann - bis hin dazu, daß vielleicht der eine oder andere politisch motivierte Aspekt dahinter liegt. Selbstverständlich ist eine Wiederaufnahmeregelung bei paarigen Organen (Klassiker: senile Cataract zunächst rechts, dann links) Unfug. Allerdings werden solche Absurditäten im nächsten Jahr (vermutlich, hoffentlich) ausgeräumt sein. Der übrige Teil der Diskussion sollte sich dann aber auf die übrigen Teile, also die Ökonomie und die Bewertung auch von Leistungen quer über Krankenhausgrenzen erstrecken.

    Gruß aus DU
    Dr. med. Andreas Sander
    Evangelisches und Johanniter
    Klinikum Niederrhein