Behandlungsrelevanz der Nebendiagnosen

  • Hallo Forum,
    die Nachfrageflut zur Begründung der Behandlungsrelevanz bei Nebendiagnosen erschlägt uns. Hat jemand Erfahrungen, was seitens der Kostenträger (MdK) als behandlugsrelevate Formulierung akzeptiert wird und vor allem was nicht?
    Reicht die Gabe von Medikamenten, zusätzliche Kontrollen, Beratungen u.ä.?
    Besteht die Pflicht jede Anfrage zu beantworten, obwohl die Daten nach § 301 geliefert wurden und das Angebot der Akteneinsicht aus Zeitmangel beim MdK abgelehnt wird?
    Dankbar für jeden Rat und Trick
    k.möbius

  • Hallo Hr. Möbius,
    bei uns fordert der MDK primä die Epikrise und evtl. den OP-Bericht an. Damit werden schon viele Anfragen der KK abgewiesen.
    Bei weiteren Unstimmigkeiten erhält der MDK weitere Unterlagen. Wobei dann auch ca. 70 % zugunsten des KH entschieden werden (bei ordentlicher Doku).
    Unser zuständiger MDK legt den Aufwand recht eng aus - also Behandlung mit Tablette, Kontrolluntersuchung etc. reicht als Aufwandsbegründung.
    Zu Besuch kommt der MDK erst wenn man sehr hartnäckig auf seinem Standpunkt beharrt oder bei umfangreichen Fällen, wie Langzeitbeatmungen. (Bei uns zumindest).
    Abhängig von ihrer Dokumentationsqualität lohnt sich der Aufwand auf jeden Fall.

    :laugh:

    Viele Grüße aus Sachsen
    D.Zierold

  • Hallo,

    da ist meiner Meinung nach Handlungsbedarf, da die Kodierregeln ja nur therapeutische Massnahmen, diagnostische Massnahmen, erhöhten Betreuungs,-Pflege-und/oder Überwachungsaufwand als Kriterien hergeben.

    Und die Höhe dieses Aufwandes ist nicht geregelt...also ist die einfache Fortführung der Dauermedikation schon aussreichend (nach DKR!), nur sieht das der MDK anders und da müssen schnell klare eindeutige Regeln her...

    Und Nebenbei ist ja vom System her gar nicht gesagt, dass eine Nebendiagnose die einen hohen CCL-Wert hat, selbst einen hohen Aufwand erzeugen muss, da das ganze ja mathematisch berechnet wird, kann diese Nebendiagnose ja auch ein nur ein excellenter \'Tracer\' sein um die ressourcenaufwendigen Fälle sehr Trennscharf von den einfachen zu trennen...obwohl sie selbst kaum Aufwand macht (verhält sich mit den Altersgrenzen auch genauso und demnächst müssen wir dann die Patienten auch noch jünger machen oder wie?)


    Und es kann ja nicht sein das der MDK hier selbst seine Regeln macht, dafür gib es in Deutschland eindeutig eine Stelle und da können auch Kassen und MDK ihre Änderungswünsche auch einbringen wie alle anderen Häuser auch....nämlich das INEK

    Gruß

    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizincontrolling
    Unfallkrankenhaus Berlin

  • Hallo, aus aktuellem Anlass möchte ich noch folgendes ergänzen:

    Sekundärkodes, die häufig der eigentliche CCL-Träger sind (Alzheimer, Infektionserreger), sind nach ICD-10 und DKR grundsätzlich zu kodieren, das Kriterium \"Mehraufwand\" ist dabei gegenstandslos, denn es handelt sich bei allen Sekundärkodes ( * oder !) nicht um weitere Nebendiagnosen sondern um eine klassifikatorische / kodiertechnische Besonderheit. Natürlich muss der zugehörige Primärkode die Kriterien erfüllen, sonst wäre die Kodierung insgesamt unzulässig.

    Hier höre ich auch immer wieder Berichte, dass Sekundärkodes vom MDK / KK \"abgelehnt\" werden, wenn deren CCL-Wert ausschlaggebend für eine Höhergruppierung ist. Dieses Ansinnen steht eindeutig im Widerspruch zu den derzeitigen Systemdefinitionen !

    Dr. Rolf Bartkowski
    Arzt f. Chirurgie, Med. Informatik
    Berlin

  • Hallo in die Runde,

    grundsätzlich gilt:

    1. es darf alles, was Aufwand verursacht hat kodiert werden. Ausnahme bei den Prozeduren, die ggf. mehrere Aufwände (?) in einer Kodierung zusammenfassen
    2. eine Aufwandsmindesthöhendefinition gibt es bis dato nicht
    3. einzige Institution, die eine solche verbindlich festlegen könnte ist das BMGS als Gesetz- bzw. Verordnungsgeber
    4. die Datenübermittlung nach § 301 hat nichts mit der Befugnis der Kassen zu tun, im Zweifelsfall den MDK mit der Überprüfung eines Behandlungsfalles zu beauftragen
    5. der MDK hat als Überprüfender die Befugnis den Umfang der erforderlichen Unterlagen selbst festzulegen. Er kann sich also mit Ihren Antworten auf gezielte Einzelfragen zufrieden geben, er darf aber genauso die Kopie einer ganzen Krankenakte anfordern
    6. Sie sind nach § 276 SGB V und ggf. Ihrem Landesvertrag zum § 112 Abs. 2 SGB V (und natürlich Ihrem eigenen Interesse, ansonsten fällt das MDK-Gutachten entsprechend aus) verpflichtet die Anfragen zu beantworten.

    Persönliche Randbemerkung: der für unser Haus zuständige MDK kommt grundsätzlich zur Fallprüfung ins Haus, es hat sich nämlich gezeigt, dass die Prüfung grundsätzlich an Hand der kompletten Akte und in Anwesenheit des MedCo und ggf. des behandelnden Arztes erheblich effektiver und schneller ist (für beide Seiten !), als ein langwieriger Briefwechsel, der dann u. U. doch nicht zum Konsens führt. Schlagen Sie Ihrem MDK doch mal vor sich von den Kollegen beraten zu lassen.

    Zurück zum Thema. Zu 1. möchte ich aber klar feststellen, dass eine rigide Kodierung des geringsten Aufwandes, wie nach DKR erlaubt, für die Systemweiterentwicklung sehr wenig föderlich ist. Es mag zwar sein, dass man damit kurzfristig einen maximalen Erlös erzielen kann, mittel- bis längerfristig aber (so wie die Kalkulationen des InEK erst zeitlich verzögert zur Wirkung kommt) durch die Inflation der Nebendiagnosen es dann nicht mehr möglich sein wird einen entstandenen wirklichen hohen Aufwand erlösmäßig realistisch abzubilden. Oder aber es wird doch demnächst eine Aufwandsuntergrenze festgelegt und dann kann ich nur sagen \"Juhu\", wir haben ja sonst nichts zu tun als dann im Falle von Streitigkeiten mit der Kasse auch noch in jedem Einzelfall die Aufwandshöhe in Euro und Cent belegen zu müssen. (Das mit der Inflation der Wertigkeiten der Nebendiagnosen ist nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern stammt von Prof. Roeder von der DRG-Research-Group Münster, für mich ist es nur einsichtig und nachvollziehbar und deshalb vertrete ich es hier auch).

    Michael Hönninger
    FA Anästhesiologie / Notfallmedizin
    [glow=#FF0000,3]MedizinController[/glow]
    Stadtklinik Frankenthal

  • Guten Morgen!
    Ich finde Herr Hönninger hat eine gute ZUsammenfassung zusammengestellt!

    Die Problematik liegt wie so oft im Detail!
    was ist ein geringster Aufwand??!

    Für die Frage ob eine Medikamentengabe die Kodierung einer Nebediagnose rechtfertigt oder nicht, geben die Kodierrichtlinien eine eindeutige Antwort (die im Übrigen bisher auch jeden Prüfer vom MDK überzeugt hat!:
    DKR D003b Beispiel 1 ....\"bekannte koronare Herzkrankheit wird medikamentös weiterbehandelt.\" In der Liste der Nebendiagnosen zu diesem Fallbeispiel wird die \"koronare Herzkrankheit\" dann auch aufgelistet!

    Bei an den dünnsten Haarsträhnen herbeigezogenen Aufwänden für manche Nebendiagnosen kann ich mich der Meinung von Herrn Prof. Roeder und Herrn Hönninger nur anschließen!

    Einen schönen Arbeitstag und eine gute Woche

    Volker Kostrzewa

    Volker Kostrzewa
    Med. Controlling, Qualitätsmanagement
    DRK-Krankenhaus GmbH Rheinland-Pfalz

  • Guten Morgen Herr Kostrzewa,

    Ich kann mich Ihrer Meinung und der von Herrn Hönninger nur anschließen.
    Nutze dieses Beispiel aus den DKR auch immer wieder erfolgreich zur Argumentation mit dem MDK.

    Viele Grüße aus Wolfsburg!

    ?( Senta Sabin
    Medizincontrolling u. Abrechnungsmanagement
    Klinikum Wolfsburg

  • Moin, moin,

    wir unterstützen unsere Kollegen durch vorformulierte Begründungen von Mehraufwendungen, jeweils ausgerichtet auf bestimmte (natürlich gern hinterfragte) Nebendiagnosen.

    Hieraus bauen wir IT-gestützt einen MDK-Report, der den patientenindividuellen Mehraufwand darstellt.

    Ich bin gespannt wie die Ergebnisse sein werden.

    Grüße
    Hase oder Igel ?

    :d_pfeid:

  • Hallo Frau Möbius,

    wir hatten in unserem Haus schon mehrere vor-Ort-Prüfungen des MDK mit jeweils 10-12 Fällen pro Termin. Die Prüfungen verliefen immer sehr fair und für uns besser als bei reiner Prüfung nach ausgedrucktem Entlassbericht. Leider wird diese zweite Variante vom MDK in jüngster Zeit aus Kapazitätsgründen immer mehr bevorzugt mit allen negativen Folgen einer medizinisch sinnvollen und gut lesbaren, abrechnungstechnisch jedoch unzureichenden Dokumentation.
    Aufwandsrelevante Nebendiagnosen wurden meist dann relativ problemlos anerkannt, wenn der Aufwand rein therapeutisch war. Ein erhöhter diagnostischer oder pflegerischer Aufwand ist dagegen häufig schwieriger geltendzumachen, auch wenn er eindeutig belegbar ist.
    Bezüglich der Bedeutung der inflationären Verwendung von Nebendiagnosen für die Weiterentwicklung des Systems kann auch ich mich den bereits genannten Äußerungen nur anschließen.

    Mit freundlichen Grüßen

    M.Beck

  • Guten Morgen Herr Beck!

    Ich möchte Sie auf ein interessantes Urteil zur Frage der Substaniiertheit von MDK-Urteilen hinwiesen:
    Sozialgericht Magdeburg vom 30.9.2003 (S 6 KR126/2003) in verbindung mit beiteren, älteren Urteilen (bis hin zum BSG)

    Ich habe Ihrem Beitrag entnommen, dass der MDK bei Ihnen zunehmend Gutachten nur an Hand von Entlassungsberichten erstellt.
    Dies geht natürlich nicht an und ist in der Rechtsprechung auch hier (zum wierderholten Male) dargestellt!

    Der MDK hat die vorhandenen Erkenntnismöglichkeiten zu nutzen!
    Zwar führt dies bei Aktenbegutachtungen dazu, dass ggf. große Aktenteile oder alles kopiert werden muß, aber besser so als ein gehaltloses Gutachten, dem man mit zig Schreiben nachrennen muß!

    Wie man dabei strategisch vorgeht (gleich alles mitschicken, ..... nur die Anwendung eines substanzlosen Gutachten durch die Kasse beklagen) muß jeder für sich entscheiden. (...aber dies ist eine andere Geschichte :biggrin:

    Volker Kostrzewa
    Med. Controlling, Qualitätsmanagement
    DRK-Krankenhaus GmbH Rheinland-Pfalz

  • Zitat


    Original von VKostrzewa:
    Zwar führt dies bei Aktenbegutachtungen dazu, dass ggf. große Aktenteile oder alles kopiert werden muß, aber besser so als ein gehaltloses Gutachten, dem man mit zig Schreiben nachrennen muß!

    So ist es. Ich habe schon mehrfach beim MDK angeregt, dass die Prüfungen hier vor Ort sinnvoller wären; bisher ohne Reaktion, es läuft weiter alles auf dem Postweg. Daher meine Frage: gibt es eine Regelung, nach der dem Kostenträger zumindest die Kopierkosten und ggf. der erhebliche Zeitaufwand in Rechnung gestellt werden können, falls mein Angebot der Vor-Ort-Prüfung weiter abgelehnt wird ?

    Schöne Grüße, P. Leonhardt

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy