Zusatzversicherte und ambulante Operationen

  • Liebes Forum,

    mir stellt sich zunehmend folgende Frage, zu der ich über die Suchfunktion noch nichts im Forum habe finden können:

    Was passiert mit den Entgelten für Wahlleistungen, wenn ein Fall durch die GKV nicht als stationär, sondern z. B. als ambulante OP anerkannt wird?

    Nicht selten hat die Zusatzversicherung die Entgelte schon lange gezahlt, bevor der Fall mit GKV und MDK abgeschlossen wurde. Wird der Eingriff dann als ambulante OP eingestuft, müßte er in der EDV von stationär auf ambulant umgesetzt werden. Bei bereits eingegangenen Entgelten geht dies bei uns schonmal gar nicht.

    Abgesehen davon ist der Fall nicht mehr stationär, und die Zusatzversicherung bezieht sich auf den stationären Bereich. Somit müßte man eigentlich das Geld von den Empfängern (Chefs) zurückfordern und zurücküberweisen, nicht gerade einfach. Allerdings liegt der Problematik ja auch eine möglicherweise nicht ganz adäquate Dokumentation durch diese zugrunde.

    Hat jemand Ideen zur Umsetzung, wie wird es andernorts gehandhabt?

    Viele Grüße,

    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

  • Sehr geehrter Herr Blaschke,

    Sie haben m.E. völlig recht mit Ihrer Einschätzung. Der Abrechnung von Wahlleistungen liegt vertragsgemäß (in den allermeisten Fällen) die Voraussetzung zugrunde, daß eine stationäre Behandlung erbracht wird. Insofern ist die Abrechenbarkeit von Wahlleistungen an die stationäre Leistungserbringung gekoppelt. Diese ist zweifelsfrei nur dann gegeben, wenn die KK der stationären Abrechnung zustimmt. Das von Ihnen geschilderte Szenario (KK-Anfrage, MDK-Gutachten, Wandlung des Kontaktes von stationär in AOP) bewirkt letztlich den berühmten Wegfall der Voraussetzungen, so daß man die Wahlleistungsabrechnung rückabwickeln muß, und zwar in allen Qualitäten.

    Gruß aus DU
    Dr. med. Andreas Sander
    Evangelisches und Johanniter
    Klinikum Niederrhein

  • Hallo Forum,

    wenn ich die Frage richtig verstanden habe, wurde die Leistung stationär erbracht. Lediglich die Abrechnung erfolgt auf Druck der Krankenkasse nach ambulanten Abrechnungsregeln. Mit dem Patienten - nicht mit einer Versicherung - wurde ein Wahlleistungsvertrag abgeschlossen.

    Damit hängt die Abrechenbarkeit der Wahlleistungen vom Vertrag zwischen Krankenhaus und Patient ab. Ob der Patient Leistungen seiner Zusatzversicherung beanspruchen kann, hängt wiederum von seinem Vertrag mit der Versicherung ab.
    Ich vermute, dass in diesen Verträgen auf die stationäre Erbringung der Leistungen abgestellt wird und nicht auf die Art der Abrechnung mit der gesetzlichen Krankenversicherung.
    Also dürfte die Berechnung der Wahlleistungen in der Regel zu Recht erfolgt sein.

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Christoph Rüschemeyer

    Ltr. Med. Controlling
    Klinikum Osnabrück

  • Sehr geehrter Herr Sander, sehr geehrter Herr Rüschemeyer,

    vielen Dank für die Antworten. Das Problem ist recht vertrackt, wie Sie sehen. Wie gesagt, läßt es unsere EDV (ein recht gängiges System...) nicht zu, einen Fall auf \"ambulant\" zu setzen, wenn Sie hier Eingänge für Wahlleistungen vereinbucht haben. Die Erlöse auf ein \"Phantomkonto\" umzubuchen, ist auch nicht wirklich weiterführend, weil diese dann nicht zugeordnet werden können und die Weiterverteilung schwierig ist.

    Es stellt sich mir auch die Frage, wie die Krankenhausleistung richtig abgebildet wird. Theoretisch hätte man bei einer (angenommenen) hohen Zahl solcher Fälle eine bombastische Belegung im Budgetbereich, aber produziert gleichzeitig Fehltage in großer Menge, z. B. im Erlösausgleich.

    Gilt eine Leistung als stationär erbracht, wenn sie dies zwar de fakto wurde, der Patient im Bett lage, aber zumindest nach MDK zu unrecht? Vielleicht sollte man dem Patienten dann eine \"Hotelrechnung\" schicken? Wie gehen Sie in Osnabrück damit um?

    mit freundlichen Grüßen

    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

  • Zitat


    Original von crueschemeyer:

    Damit hängt die Abrechenbarkeit der Wahlleistungen vom Vertrag zwischen Krankenhaus und Patient ab.

    Guten Abend,

    tja, und da habe ich so meine Zweifel. Ich habe jetzt nicht selbst in solche Verträge geschaut, möglicherweise ist das auch von PKV zu PKV unterschiedlich. Ich habe schon mal bemerkt, daß sich vielleicht auch ein Jurist ins Forum verirren könnte, weil an solchen Stellen schlichte Aspekte des Vertragsrechtes, des BGB, des SGB in seiner ganzen Tiefe und was nicht auch sonst an §§§ eine Rolle spielen. Ich fürchte auch, daß die Rechtsauffassung der Beteiligten und die letztlich kondensierte Rechtslage nach den Buchstaben der §§§ erheblich differieren können.
    Ich wäre allerdings auch an einer profunden Aufklärung in dieser Sache interessiert. Ich möchte damit nicht von meiner Auffassung aus dem ersten Beitrag zurückrudern, möchte jedoch auch noch mal anmerken, daß ich damit meine Rechtsauffassung geschildert habe, die auch bei uns im Haus geteilt wird.
    Wenn also jemand etwas parat hat, am Ende sogar ein zitables Urteil, wäre ich sicher auch sehr dankbar.

    Gruß aus DU
    Dr. med. Andreas Sander
    Evangelisches und Johanniter
    Klinikum Niederrhein

  • Sehr geehrter Herr Blaschke, sehr geehrter Herr Sander,

    auch wir haben das Problem, diese Fälle nicht direkt im KIS abbilden zu können. Dies gilt aber für alle Fälle, die auf Drängen der Kassen nicht \"richtig\" abgerechnet werden, wie z.B. nicht akzeptierte Liegedauer. In diesem Fall müssen ggf. die Buchungen in der Buchhaltung geändert werden und die Statistiken händisch außerhalb des Systems nachgepflegt werden.

    Bei der Darstellung meiner Rechtsauffassung bin ich davon ausgegangen, dass die \"Fehlbelegung\" nicht wissentlich vorgenommen wurde - der Patient also nicht arglistig getäuscht wurde. In der Regel wird es doch so sein, dass man sich mit den Kassen auf eine ambulante Abrechnung einigt, um einen längeren Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang zu vermeiden. Dies bedeutet keineswegs, dass damit anerkannt wird, dass die stationäre Behandlung unzulässig war.
    Damit kann diese Kulanzregelung zwischen gesetzlicher Krankenasse und Krankenhaus meiner Meinung nach keine direkte Wirkung auf die weiteren Verträge zwischen Patient und Krankenhaus haben.

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Christoph Rüschemeyer

    Ltr. Med. Controlling
    Klinikum Osnabrück

  • Hallo Forum,

    Zitat


    Original von crueschemeyer
    Damit kann diese Kulanzregelung zwischen gesetzlicher Krankenasse und Krankenhaus meiner Meinung nach keine direkte Wirkung auf die weiteren Verträge zwischen Patient und Krankenhaus haben.

    ... dennoch gebe ich zu bedenken, daß es sich bei dem Vertrag über die Wahlleistungen um ein akzessorischen Vertrag zum eigentlichen Behandlungsvertrag über die (zunächst) stationäre Behandlung handelt. D.h. ohne einen Vertrag über die (stationäre) Behandlung gibt es auch keinen Vertrag über Wahlleistungen ... Vertragsgegenstand des Wahlleistungsvertrages sind zum einen die Wahlarztbehandlung (Chefbehandlung) zum anderen die Unterbringung im Ein- bzw. Zweibettzimmer.

    Durch die (nachträgliche) Umwandlung in einen ambulanten Fall gesteht daß abrechnende KH konkludent ein, daß eine vollstationäre Behandlung (d.h. eine Behandlung inclusive Unterkunft und Verpflegung) nicht nötig gewesen wäre. Warum sollte es sonst auf die (höhere) stationäre Vergütung freiwillig verzichten ? Daß die Umwandlung \"auf Druck der KK\" geschieht spielt deshalb keine Rolle. Insbesondere auch weil bei privater Behandlung kein direktes Vertragsverhältnis zwischen dem KH und der KK besteht. Das KH könnte sich ja auch direkt an den Patienten wenden und die Vergütung der stationäre Behandlung einfordern ...

    Es ist somit zumindest fraglich, ob der akzessorische Wahlleistungsvertrag weiterhin in allen Bestandteilen wirksam ist. Wird nämlich ein Teil des Hauptvertrages (hier die Behandlungsart \"stationär\") unwirksam so wirkt sich dieses auch auf die entsprechenden Bestandteile des akzessorischen Wahlleistungsvertrag aus (hier: Unterkunft im Ein- bzw. Zweibettzimmer).

    Wäre ich der betroffene Patient, würde ich in diesem Fall dem KH schon die Frage stellen, warum es gegenüber der KK auf eine stationäre Vergütung verzichtet, mir (dem eigentlichen Patienten) gegenüber jedoch auf Bezahlung des (eindeutig mit einer stationären Behandlung gekoppelten) Ein- bzw. Zweibettzimmerzuschlag besteht ...

    Die Vergütung der wahlärztlichen Behandlung ist meiner Ansicht nach unabhängig von der Behandlungsart (stationär vs. ambulant). Sie ist vereinbart und erbracht worden und sollte von daher auch weiterhin Bestand haben.

    Juristisch argumentieren kann man in beide Richtungen (pro Patient oder pro KH) letzlich wird diese Frage also erst dann geklärt werden können, wenn ein Patient mit dieser Fallkonstellation die Rückzahlung des Ein- bzw. Zweibettzimmerzuschlages einfordert und dann ggf. auch einklagt.

    MfG,

    M. Ziebart