Kopie der ganzen Krankenakte nummeriert...

  • Hallo,

    leider häufen sich hier die Anfragen aus unser nahengelegenen Nachbarland nach der Kopie der ganzen Krankenakte durchnummeriert. (bei unserem hiesigen MDK gib es diese Probleme nicht)

    Dies ist bei den verschiedenen Formaten und dem Umfang eine erhebliche Arbeitsbelastung (nebenbei farbliche Markierungen und farbige Formulare sind kaum noch lesbar).

    Neben der strittigen und letzlich ungeklärten Zuständigkeit dieses MDK\'s (Ausage der DKG, klar Kassen sehen das als geklärt...), sind wir ja lt. §275 zur Lieferung von Daten verpflichtet, nur steht im Gesetz ja, dass es erforderlich sein muss.

    Heisst das dann aber nicht das Standardanforderungsschreiben, die sich nur durch die Patientendaten unterscheiden (ist hier in allen Fällen so!) nicht hinreichend sind und diese Anforderungen im Einzelfall begründet sein müssen und auch begründet sein muss warum welche Dokumente angefordert werden?

    Gibt es für diese Aktenkopielieferung fristen (\'Wir erwarten ihre Unterlagen bis....\')?

    Hat jemand schon ähnliche Erfahrungen gemacht und sich ggf. erfolgreich dagegen gewehrt bzw. die Kosten (jetzt kommt bestimmt wieder die sind im Budget enthalten, da kann ich nur zu sagen, können Sie gar nicht, die gabs nämlich bisher nicht!)umgelegt? oder vieleicht resigniert eine Schreibkraft nur fürs kopieren abgestellt?

    In der Hoffnung, das sich viele an diesem heiklen Thema beteiligen...

    Grüße aus dem heute sonnigen Fläming

    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizincontrolling
    Unfallkrankenhaus Berlin

  • Hallo Herr Lückert,

    das SGB-V sieht vor, dass der MdK nur die Unterlagen anforern darf, die zur Beantwortung der Fragestellung erforderlich sind.
    Also:
    Keine pauschale Anforderung der Akte.
    Keine Anforderung über Formblatt ohne Fragestellung.

    Wir handhaben es so: Auf die Anforderung der Kasse oder des MdK soll zunächst der Fall und die Kodierung inhaltlich durch den DRG-Beauftragten der Abteilung überprüft werden. Ggf. werden dann notwendige Korrekturen - Fehler kommen immer mal vor - vorgenommen und der Kasse mitgeteilt. Wenn keine Fehler gefunden wurden geht der Arztbrief und ggf. der OP-Bericht an den MdK, evtl. im verschlossenen, als Arztsache gekennzeichneten Umschlag über die Krankenkasse. (Ist grenzwertig, aber eine Abwägung zwischen Datenschutz und pragmatischer Lösung. Wir vermuten eben eine berechtigte Anforderung.) Wenn wir aber eine illegale Stichprobe vermuten müssen, gibt es so nichts.
    Sollte der MdK unsere Auffassung nicht nachvollziehen können, so ist er nach der Entscheidung des Sozialgerichts Magdeburg aus dem letzten Jahr berechtigt und verpflichtet sich weitere Informationen bis hin zur zeitnahen (6 Monate) Rücksprache mit dem behandelnden Arzt zu verschaffen. Im Streitfall wird nach gängiger Rechtsprechung der Sozialgerichte eine unvollständige Sachaufklärung des MdK bzw. der Krankenkasse nicht mehr nachgeholt.
    Gutachten des MdK, die trotz offensichtlich unvollständiger Informationen und fehlendem Versuch, sich diese im Einzelfall begründet zu beschaffen, abgefasst werden, führen also aller Voraussicht nach dazu, dass der Prozess zugunsten des Krankenhauses entschieden würde.
    Die Frist von 6 Monaten kann natürlich nicht beansprucht werden, wenn die Verzögerung zu wesentlichen Teilen durch das Krankenhaus bewirkt wurde.

    Im Fall eines solchen verlorenen Prozesses könnten sich die Krankenkassen allerdings meiner Meinung nach beim Gutachter persönlich schadlos halten, da dieser seine Dienstpflichten grob missachtet hat. Evtl. könnte sogar der Kassenmitarbeiter der auf diesen Regress verzichtet, wiederum persönlich belangt werden. Dies sind zwar nur theoretische Überlegungen, sie sind aber nicht völlig abwegig.

    Eine Vergütung der Kopien der \"erforderlichen\" Unterlagen ist meines Wisses nicht vorgesehen. Darüber hinaus dürfen wir keine Unterlagen herausgeben (ärztliche Schweigepflicht) und der MdK bzw. die Krankenkasse nicht wissentlich anfordern - Anstiftung zu einer Straftat.

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Christoph Rüschemeyer

    Ltr. Med. Controlling
    Klinikum Osnabrück

  • Hallo Hr. Rüschemeyer,

    eine Fragestellung gibt es, auch immer identisch, wie gesagt es handelt sich eindeutig um Standardschreiben, dieses lautet (wörtlich):

    \"Sehr geehrte Damen und Herren,

    die Krankenkasse legt uns den o.g. Fall zur Vorberatung am ..:..:.. vor und beauftragte dem MDK mit der Begutachtung. Dabei wurde(n) folgende Frage(n) gestellt:

    Liegt die med. Notwendigkeit im Sinne des §39 SGB V für den gesamten Behandlungszeitruam vor?
    Kann dem Widerspruch abgeholfen werden?

    Wir bitten um rasche Übersendung der folgenden Unterlagen an die obige Adresse des MDK:

    Kopie vollständige Krankenhausbehandlungsakte

    Wir haben uns für Ihre Antwort den ..:..:.. vorgemerkt.

    Mit freundlichen Grüßen

    ........\"

    In der Betreffzeile sind dann die Patientendaten und die Krankenkasse vermerkt...

    Derzeit prüfen wir wie wir uns dagegen wehren können ....vieleicht sollten wir auch einfach nach der genauen Fragestellung mit Bezug auf den Einzelfall nachfragen....oder vieleicht nur erst mal die Epikrise verschicken....?

    Gruß

    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizincontrolling
    Unfallkrankenhaus Berlin

  • Hallo Herr Lückert,

    prinzipiell muss ein konkreter Anfangsverdacht vorliegen. Eine Einzelfallprüfung darf nur in begründeten Ausnahmefällen erfolgen. Bei Prüfung der Verweildauer darf unter Pflegesatzbedingungen auf zu lange, unter DRG-Bedingungen nur auf zu kurze Verweildauer geprüft werden. Ich würde unter dem Hinweis auf die Schweigepflicht und den Bearbeitungsaufwand bei Ihnen und beim MdK die genaue Fragestellung anfordern und ggf. kurz die stationäre Behandlungsdauer begründen. Im Zweifel helfen dabei die AEP-Kriterien.

    Mitfreundlichen Grüßen

    Dr. med. Christoph Rüschemeyer

    Ltr. Med. Controlling
    Klinikum Osnabrück

    • Offizieller Beitrag

    Guten Abend,

    Zitat


    Original von crueschemeyer:

    Im Fall eines solchen verlorenen Prozesses könnten sich die Krankenkassen allerdings meiner Meinung nach beim Gutachter persönlich schadlos halten, da dieser seine Dienstpflichten grob missachtet hat.


    Die Ärzte des MDK handeln bei der Abgabe sozialmedizinischer Gutachten in Ausübung eines öffentlichen Amtes.
    Der Gutachter befindet sich - bei Beachtung einiger Sorgfalt - in einer von der Rechtssprechung eingeräumten haftungsrechtlich begünstigten Position.

    Der Nachweis, das elementare Sorgfaltspflichten verletzt wurden ( beim Dienstherren! und beim Gutachter), muß erbracht werden.


    Gruß
    E Rembs

  • Moin, moin,

    also für mich liest sich das zitierte Schreiben nicht wie die Anforderung von Unterlagen zur Erstbegutachtung. Das Schreiben enthält doch die Fragestellung der Kasse an den MDK, ob dem Widerspruch abgeholfen werden kann.

    Das klingt so, als ob da schon eine Begutachtung erfolgte und ein Widerspruch Ihrer Klinik der Kasse bzw. dem MDK vorliegt. Wenn dem nicht so sein sollte, ist dieses Schreiben in der Tat recht unglücklich.

    Grundsätzlich genügt es aber aufgrund der Fragestellung an den MDK nach medizinischer Notwendigkeit der stationären Behandlung m.E. den gesetzlichen und richterlichen Vorgaben. Das kann doch ein Formschreiben sein, wenn der Inhalt auf den zu prüfenden Einzelfall zutrifft. Es muss doch nur ein Begutachtungsanlass erkennbar sein (Verweildauer, medizinische Notwendigkeit) und ein Einzelfall angesprochen sein (ein bestimmter benannter Behandlungsfall). Diese Konstellation mag sich für eine Kasse und einen MDK doch durchaus häufiger wiederholen, warum soll denn jeder Brief anders aussehen und anders formuliert sein???

    Zu den Kopierkosten hatten wir mittlerweile zwei Verfahren, die leider nicht mit einem Urteil endeten, da die Krankenhausseite nach kurzer Belehrung durch den jeweiligen Richter (zwei verschiedene Richter an zwei verschiedenen SG in verschiedenen Bundesländern) die Klagen zurückgezogen haben.

    Tenor war jeweils:

    - keine Chance für das Krankenhaus, wenn nicht ausdrücklich Kopie angefordert wird (in unseren Fällen hat der MDK bzw. wir im Auftrag des MDK die Krankenakte angefordert); wenn keiner eine Kopie verlangt, kann das KH schon deshalb keine Kosten geltend machen. Die Übersendung der Originalakte wäre möglich, für den MDK aufgrund untypischer Formate (gefaltete Fieberkurven o.ä.) und farbiger Einträge auch sinnvoller.
    Die Übersendung sahen beide Richter übrigens als völlig unproblematisch vor dem Hintergrund, dass spätestens im SG-Verfahren eine Übersendung der Originalakten ohnehin erfolgt!

    - keine Chance, Kosten beim Kostenträger geltend zu machen. (in beiden Fällen hatten die KH´s uns verklagt) Letztlich erteilt die KK den Begutachtungsauftrag an den MDK. Dieser hat selbst zu entscheiden, welche Unterlagen zur Beurteilung erforderlich sind. Folglich geht eine Forderung an die KK ins Leere, da sie nicht Auftraggeberin der Kopien und der Übersendung ist - AUCH DANN NICHT, WENN DIE KK DIE AKTE IM AUFTRAG DES MDK ANFORDERT!!!!

    - und - natürlich, Herr Lückert - gehören auch nach Ansicht der beiden Richter die Kopierkosten zu den allgemeinen Krankenhausleistungen und sind somit durch das Budget abgedeckt (ich weiß auch nicht, was sich an dem Begriff und der Budgetrelevanz der allgemeinen Krankenhausleistungen in letzter Zeit geändert haben sollte!?)

    Da jeder einzelne Aspekt, der in den Erörterungen vor Gericht aufgegriffen wurde, zu Lasten der Krankenhäuser ging, bin ich natürlich froh, dass ich Recht habe, noch lieber wäre mir aber ein Urteil gewesen - aber Ihre KollegInnen werden schon wissen, warum sie das nicht wollten...

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo Todo,

    in diesen Fällen handelt es sich um Erstgutachten (finde ich auch unglücklich!), also nicht um Widersprüche und es werden ausdrücklich Kopien angefordert.

    Prinzipiell hätte ich auch gegen das Versenden der Krankenakte nichts einzuwenden, nur was passiert wenn die Akte beim MDK liegt ist und der Patient wieder zu Aufnahme erscheint? (In unsere Onkologie kommen die Patienten gerade präfinal doch häufiger und unvorhergesehen...).
    Und würde Sie dann erhöhte Behandlungskosten tragen, weil Untersuchungen dann mehrfach durchgeführt werden würden (schönes Beispiel erneute Bioptische Probenentnahme mit dann operativen teueren DRG?)
    Mal ganz abgesehen ,dass das dem Patienten gegenüber unverantwortlich ist....

    Bleibt aber die andere Frage, ist dieser MDK überhaupt zuständig?

    Also alle die ich bisher befragt habe meinen einhellig, dass man sich dagegen wehren müsse.....weil das Tatortprinzip gelte (schliessen diese mittelbar aus der Krankenhausbegehung, die ja neben der Sachklärung auch Fortbildungscharakter für die Behandler hat, etwas was vom Gesetzgeber ja gewünscht scheint).

    Daneben halten alle Befragten (Diakonie, LKB, Kollegen), das Standardschreiben für nicht hinreichend, was die im Gesetz gebotene Begründung der Erforderlichkeit gebietet.

    Aber gleichzeitig betonen alle, das es heikel ist, da ja die Auskunftspflicht generell besteht....

    Wäre schön wenns da mal eine Klärung gebe...

    Und das mit dem Budget...wie gesagt, die Kosten gabs bisher nicht, ergo können Sie auch nicht im bisherigen Budget mit drin sein...

    Gruß

    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizincontrolling
    Unfallkrankenhaus Berlin

  • Hallo Herr Lueckert, hallo Forum,

    Was sagt denn Ihre Krankenhausgesellschaft dazu?

    Im hessischen Vertrag nach §112 ist geregelt, dass bei Kopieren der vollständigen Akte eine Erstattung der Kopierkosten erfolgt. Bei Übersendung von Teilen der Akte nicht.

    Viele Grüße aus Frankfurt

    P. Möckel