MDK - häusliche Versorgung

  • Hallo Herr Heller,
    das mit dem \"vorauseilenden Gehorsam\" tut schon ein wenig Weh. Es ist doch klar, dass \"Kleineingriffe\" wie Abrasio und diagnostische Pelviskopie oder Metallentfernungen ohne Risiko ambulant erbracht werden können. Mit der im AOP-Katalog enthaltenen Konisation habe ich allerdings schon Schwierigkeiten. Erst recht mit der Myomenukleation oder mit Zystenexsirpationen, wo ich immer eine Drainage gelegt habe. Hier lässt sich doch relativ schlüssig an Hand der G-AEP-Kriterien oder den Ausnahmetatbeständen eine stationäre Behandlung begründen. Die alleinige Tatsache, dass der Patient alleine lebt ist nach meiner Einschätzung kein Grund für die stationäre Behandlung, da ein ambulanter Pflegedienst die häusliche Versorgung und auch die medizinische Versorgung -in begrenztem Umfang- übernehmen kann. Ich stelle lieber auf die Risiken des Eingriffs und die adäquate Reaktion auf Komplikationen ab.
    Gruß

    Dr.Gerhard Fischer
    Medizincontroller/Frauenarzt

  • Sorry Herr Fischer, ich wollte Ihnen nicht weh tun! :a_augenruppel:
    Mir geht es mehr darum, dass ich mich nicht bei jeder Entscheidung gleich in die Defensive drängen lassen muss.
    Ich verstehe auch nicht, wie ein ambulanter Pflegedienst gewährleisten soll, dass eine Nachblutung oder andere Komplikation, die in der folgenden Nacht auftreten kann, adäquat versorgt wird. Bei einem hypovolämischen Kollaps nachts beim Toilettengang nützt Ihnen der ambulante Pflegedienst überhaupt nichts, oder wollen Sie den ambulanten Pflegedienst als Sitzwache ans Bett setzen?

    Die Realität sieht doch so aus, dass einige KK mittlerweile EDV-gestützte Entscheidungshilfen haben, bei welchen Konstellationen eine MDK-Überprüfung den größten pekuniären Erfolg hat. Ich unterstelle, dass die KK keine andere Intention hat als die Kosten zu drücken.
    Es ist dann natürlich ein Leichtes, bei jeder N09Z-DRG gleich mal im Textbausteinbrief hinterfragen zu lassen, ob der Eingriff nicht auch ambulant möglich war.
    Wenn Sie viele dieser Eingriffe machen, können sie gleich eine Kraft daran setzen, die aus den Krankengeschichten die Informationen extrahiert, die für eine Begründung taugen, dass der Eingriff nur stationär zu erbringen war.
    Bei den OPerationen, die im AOP-Katalog aufgeführt sind, lasse ich diese Beweisumkehr ja gelten, aber bei den dort nicht aufgeführten soll doch bitte schön die KK über den MDK den Beweis führen, dass die Entscheidung, den Eingriff stationär durchzuführen \"ex ante\" falsch war.
    Es ist in etwa die Situation wie bei Zivil- und Strafprozessen.
    Im letzteren Fall muss der Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachweisen, dass der Beklagte ursächlich für den Schaden verantwortlich war. Nicht der Beklagte muss sich exculpieren und beweisen, dass der Schaden auch ohne seine Beteiligung eingetreten wäre.
    Wir lassen es uns widerspruchslos gefallen, dass die Beweislast umgekehrt wird.
    :i_baeh:

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

  • Hallo Herr Heller,
    Ihrem Standpunkt stimme ich vollkommen zu!

    Ich vermute, den Kassen ist es ganz recht, wenn ihre Versicherten gut (d.h. eben oft auch:stationär) versorgt und überwacht werden. Die Verantwortung für das Wohlergehen der Patienten wird sowieso und selbstverständlich den behandelnden Ärzten übertragen.
    Und dann ist es halt verlockend und bequem, hinterher, wenn alles gut gegangen ist, per Textbaustein dem Krankenhaus sein Geld streitig zu machen.
    \"Wer vom Rathaus kommt ist immer schlauer\".
    Wie würde es denn den Kassen bzw. dem MDK gefallen, wenn sie VORAB entscheiden müßten (mit allen rechtlichen Konsequenzen), ob ein Eingriff ambulant oder stationäre gemacht werden soll?

    Viele Grüße
    NiR

  • Hallo Nichtraucher,
    es hilft ja nicht weiter, in das allgemeine Wehklagen einzustimmen. Die Realität ist doch, dass die strittigen Fälle einfach abgesetzt werden. Wieviele Fälle mit ambulantem Potential haben sie denn vor Gericht gebracht und wieviele haben sie gewonnen? Ist es da nicht sinnvoller, die Behandlungsprozesse umzustellen bzw. die Dokumentation der G-AEP und Ausnahmetatbestände MDK-sicher zu machen? Gegebenenfalls sollten auch alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um eine ambulante OP mit entsprechender postoperativer Versorgung durch einen Pflegedienst zu ermöglichen. Die postoperative Überwachung kann doch dezidiert, bis hin zur Sitzwache, angeordnet werden.
    Gruß

    Dr.Gerhard Fischer
    Medizincontroller/Frauenarzt

  • Hallo Herr Fischer,
    - die Stimme der Vernunft! Natürlich haben Sie recht, man muß mit geeigneten und sinnvollen Maßnahmen gegenhalten. Aber manchmal muß man halt auch ein bißchen Dampf ablassen.
    Und vielleicht wird aus dem allgemeinen Wehklagen ja irgendwann einmal mehr, wer weiß?

    Viele Grüße
    NiR

  • Hallo Herr Fischer, hallo Nichtraucher,

    hier ein kleiner Beitrag zum Thema häusliche Krankenpflege.

    Der AOP-Vertrag sieht die Verordnung häuslicher Krankenpflege in Form der so genannten Sicherungspflege vor. Für die Verordnung der häuslichen Krankenpflege sind die entsprechenden Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zu beachten.

    In der Richtlinie über die Verordnung von \"häuslicher Krankenpflege\" heißt es in Punkt 3: \"Die in der vertragsärztlichen Versorgung verordnungsfähigen Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege sind dem dieser Richtlinie angefügten Leistungsverzeichnis (Anlage) zu entnehmen. Dort nicht aufgeführte Maßnahmen, insbesondere solche der ärztlichen Diagnostik und Therapie (z. B. venöse Blutentnahme, i. v. Injektionen), sind nicht als häusliche Krankenpflege verordnungsfähig und dürfen von der Krankenkasse nicht genehmigt werden.\"

    Wenn Sie also wissen möchten, was in der häuslichen Pflege alles gemacht werden kann und wie Sie entsprechend Ihre Dokumentation zu gestalten haben, sollten Sie sich die Anlage zu der o.g. Richtlinie ansehen, die z.T. sehr differenziert aufführt, welche Leistungen durchgeführt werden dürfen.

    Grüsse aus Düsseldorf

    Matthias Offermanns

    Deutsches Krankenhausinstitut

    Alte Rheinische Weisheit: "Das Leben ist zu kurz für ein langes Gesicht."

  • Sehr geehrter Herr Offermanns,
    besten Dank für den Hinweis auf das Verzeichnis verordnungsfähiger Maßnahmen. Der Katalog ist wirklich hilfreich.
    Gruß

    Dr.Gerhard Fischer
    Medizincontroller/Frauenarzt

  • Guten Tag Herr Offermanns,

    ich bin Ihrem Hinweis einmal nachgegangen. Bei allein stehenden Patienten wäre nach ambulanten Operationen ausreichend, die fehlende Anwesenheit eines Angehörigen (Laien) durch eine Sitzwache zu kompensieren. Da aber bei der Häuslichen Krankenpflege als Sicherungspflege nur Leistungen der Behandlungspflege zu verordnen sind, können (dürfen? ) wir eine solche Sitzwache gar nicht verordnen. Sehe ich das richtig?

    Dürften wir vor diesem Hintergrund mit einer Krankenkasse eine Vereinbarung außerhalb der Richtlinien treffen, wonach wir eine Sitzwache trotzdem verordnen, um eine stationäre Behandlung zu vermeiden? Ist es zulässig, den Patienten eine Übernachtung in unserem Haus kostenpflichtig anzubieten?

    Besten Gruß

    Hubertus Bürgstein
    Brühl

    PS: Als wir unsere örtlichen Pflegedienste danach fragten, ob sie eine solche Sitzwache anböten, bekamen wir zahlreiche Gesprächsangebote zur Intensivierung der Zusammenarbeit und die Information, dass die Abrechnung entsprechender Verordnungen einer individuellen Vereinbarung mit der jeweiligen Krankenkasse bedürfe.

  • Hallo Herr Bürgstein,

    in den Richtlinien über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege heißt es in Punkt 8: \"Häusliche Krankenpflege als Sicherungspflege kann verordnet werden, wenn die ambulante vertragsärztliche Versorgung nur mit Unterstützung durch Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege durchgeführt werden kann. In diesen Fällen ist häusliche Krankenpflege nur als Behandlungspflege verordnungsfähig. Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung können im Rahmen der Sicherungspflege nicht eigenständig verordnet werden, sondern nur im Zusammenhang mit erforderlicher Behandlungspflege; Voraussetzung ist ferner, dass die Satzung der Krankenkasse dies vorsieht und der Versicherte keine Leistungen der Pflegeversicherung bezieht.\"

    Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung können somit nur im Zusammenhang mit der erforderlichen Pflege verordnet werden.

    Interessant ist hier vor allem der letzte Halbsatz. Wenn die Krankenkasse also meint, dass die Sicherungspflege erforderlich ist und diese nur in Form der Behandlungspflege in Kombination mit Grundpflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung durchgeführt werden kann, so muss die Satzung der Krankenkasse das auch als Leistung vorsehen.

    Grüsse aus Düsseldorf

    Matthias Offermanns

    Deutsches Krankenhausinstitut

    Alte Rheinische Weisheit: "Das Leben ist zu kurz für ein langes Gesicht."

  • Hallo Herr Offermanns,

    danke für die Antwort. Nun habe ich also eine Reihe von Fragen gesammelt, die ich der Krankenkasse stellen kann, wenn sie eine stationär durchgeführte OP eines Alleinstehenden nur als AOP bezahlen will.

    Viele Grüße aus Brühl

    Hubertus Bürgstein

  • Lieber Herr Bürgstein, liebes Forum,

    auch da wollen wir mal die Kirche im Dorf lassen. Begonnen hat der Thread mit der Übernachtung im KH nach ME. Dieser Patient blieb nicht wg. eines medizinischen Risikos im KH. Sondern wg. convenience: Es bestand kein besonderes Blutungsrisiko, wesentliche Komplikationen waren nicht zu erwarten. Und eine Sitzwache hätte der Pat. im KH ganz sicher nicht erhalten. Aber eine warme Mahlzeit. Und es war sicher gestellt, daß der Doc noch mal kommt, wenns noch eine Paracetamol mehr sein darf.
    Wenn es ein medizinisches Problem gibt, daß eine Krankenhaus-Überwachung rechtfertigt, dann ist das darzulegen. Und unser MDK ist dann (meist)einsichtig. Wenn es kein medizinisches Problem gibt - dann ist die Kasse auch nicht leistungspflichtig. Wir haben das mit einem Übernachtungsangebot zu Hotelkonditionen gelöst.

    Gruß

    G.