Intensivmedizinische Komplexbehandlung

  • Hallo Forum,

    als Controller und DRG-Verantwortlicher für mehrere grosse Intensivstationen, habe ich mit Freude die OPS 8-980.- Intensivmedizinische Komplexbehandlung im neuen OPS-Katalog für 2005 gefunden. Für uns, die wir seit Jahren unseren therapeutischen und diagnostischen Aufwand mit Hilfe von TISS und SAPS II auf den Intensivstationen dokumentieren, bedeuted diese Neuerung ab 2005 nicht einmal ein wesentlicher Mehraufwand an Dokumentation. Ausserdem erhält anscheinend endlich unsere Forderung nach differenzierter Betrachtung von Intensivstationen, je nach dem wie aufwändig (unabhängig von der Beatmung) die Patienten dort sind, einen Niederschlag in den Prozeduren und damit im DRG-System.
    Vielleicht weiss ja Herr Selter oder ein anderer schon mehr darüber, z.B.:
    Welche 10 aufwendigen Leistungen im TISS werden zur Ermittlung der Aufwandspunkte herangezogen?
    Wirken sich die neuen OPS 890.- DRG- und Erlösrelevant aus?
    u.a.

    Warscheinlich bin ich mit meinen Fragen viel zu früh dran, aber vielleicht kann mir doch jemand dazu schon Näheres sagen.

    S. Stern

    Dr. Stefan Stern :sterne:
    Klinik für Anästhesiologie
    Klinikum der Universität München

  • Schönen guten Tag Herr Stern!

    Obwohl ich Ihre Freude verstehen kann, muss ich sie wohl doch ein wenig dämpfen. Wie schon bei der Einführung der Geriatrischen, Reha- oder Chemotherapieschlüssel werden völlig neue Schlüssel vermutlich zunächst keine Erlösrelevanz haben. Das hat den einfachen Grund, dass sie ja bisher nicht beutzt werden konnten und daher der Kostenunterschied der Patienten mit und ohne entsprechenden Schlüssel gar nicht kalkuliert werden konnte.

    Sie werden sich leider wohl noch ein Jahr gedulden müssen, sollten die Schlüssel aber aus zwei Gründen fleißig benutzen: Nimmt ihr Haus an der Kalkulation teil, dann lassen sich so die Kostenunterschiede darstellen und fließen in die Kalkulation ein. Selbst wenn Sie nicht teilnehmen: Zu dem Zeitpunkt, an dem der Schlüssel abrechnungsrelevant wird, müssen Sie ja in Ihrer Leistungsplanung die entsprechenden Patienten berücksichtigen. Das geht nur vernünftig, wenn sie bereits im Vorjahr korrekt verschlüsselt wurden.

    Schönen Tag noch,

  • Hallo zusammen,

    Zitat


    Original von R. Schaffert:
    ...Sie werden sich leider wohl noch ein Jahr gedulden müssen, sollten die Schlüssel aber aus zwei Gründen fleißig benutzen: Nimmt ihr Haus an der Kalkulation teil, dann lassen sich so die Kostenunterschiede darstellen und fließen in die Kalkulation ein.

    ich möchte nur ergänzend bemerken, dass es systembedingt sogar 2 Jahre dauern wird, bis die neuen Entgeltschlüssel erlösrelevant werden können. 2005 wird erstmalig die Komplextherapie dokumentiert, 2006 kalkuliert das InEK aus diesen Daten die DRG, die dann ab 2007 gültig sein werden. Gut Ding will Weile haben... :uhr:

    Grüße
    C.Lehmann

    Viele Grüße
    C.Lehmann

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Stern,

    Zitat

    Original von S.Stern:
    Vielleicht weiss ja Herr Selter oder ein anderer schon mehr darüber...

    Weiß ich und alle anderen auch, die die ASCII-Datei beim DIMDI herunterladen und dort SAPS.txt öffnen:

    Berechnung der Aufwandspunkte für die Intensivmedizinische Komplexbehandlung

    Die Anzahl der Aufwandspunkte für die Intensivmedizinische Komplexbehandlung errechnet sich aus der Summe der täglichen SAPS II (ohne Glasgow-Coma-Scale) über die Verweildauer auf der Intensivstation (total SAPS II) und der Summe von 10 täglich ermittelten aufwändigen Leistungen aus dem TISS-Katalog über die Verweildauer auf der Intensivstation.

    Der tägliche SAPS II (Simplified Acute Physiology Score) errechnet sich nach folgenden Tabellen. Erfasst werden die jeweils schlechtesten Werte innerhalb der vergangenen 24 Stunden.

    ...

    Aus dem TISS-28 werden lediglich die 10 aufwändigsten Merkmale täglich erfasst:

    Leistung/Punkte pro Tag:

    Apparative Beatmung: 5
    Infusion multipler Katecholamine (>1): 4
    Flüssigkeitsersatz in hohen Mengen (>5 l/24 Std.): 4
    Peripherer arterieller Katheter: 5
    Linksvorhof-Katheter / Pulmonalis-Katheter: 8
    Hämofiltration / Dialyse: 3
    Intrakranielle Druckmessung: 4
    Behandlung einer metabolischen Azidose / Alkalose: 4
    Spezielle Interventionen auf der ITS (z.B. Tracheotomie, Kardioversion): 5
    Aktionen außerhalb der Station (Diagnostik / Operation): 5

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Liebe Forum-User,

    Ihre Aussagen, dass die intensivmedizinische Komplexbehandlung vermutlich nicht erlösrelevant sein wird, hat mich etwas verwirrt. Wenn ich richtig gesehen habe, werden die Beatmungs-OPS ( 8-718 ) gestrichen. Ich dachte, als Ersatz würde dann dafür die Komplexbehandlung eingeführt, also notwendigerweise erlösrelevant. Wie sollte man sonst die Beatmung/Intensivbehandlung codieren, oder habe ich da was übersehen?

    Mit freundlichen Grüßen aus Berlin
    Hans-Peter Brickwede

    Non me pudet fateri nescire, quod nesciam

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen Herr Brickwede,

    an der Zuordnung zu den Beatmungs-DRGs ändert sich durch den Wegfall der 8-718-Kodes nichts. Diese sind auch schon dieses Jahr \"überflüssig\", da der Grouper diese Information nicht verarbeitet. Es müssen zusätlich die Beatmungsstunden in h angegeben und übermittelt werden. Deswegen kann man auch auf die Kodes zukünftig verzichten.

    Siehe auch hier.

  • Zitat


    Original von brickwede:
    Ihre Aussagen, dass die intensivmedizinische Komplexbehandlung vermutlich nicht erlösrelevant sein wird, hat mich etwas verwirrt. Wenn ich richtig gesehen habe, werden die Beatmungs-OPS ( 8-718 ) gestrichen. Ich dachte, als Ersatz würde dann dafür die Komplexbehandlung eingeführt, also notwendigerweise erlösrelevant. Wie sollte man sonst die Beatmung/Intensivbehandlung codieren, oder habe ich da was übersehen?

    Hallo Herr Brickwede,

    wie Herr Selter schon schrieb, werden die Beatmungs-OPS schon jetzt nicht mehr benötigt.
    Ansonsten teile ich Ihre Einschätzung, dass ab 2007 die intensivmedizinischen DRG über die Komplexbehandlungs-OPS definiert sein werden und nicht mehr über die Beatmungsstunden.

    Wir stellen uns derzeit die Frage, welcher Berufsgruppe wir die tägliche Ermittlung der Scores auf\'s Auge drücken müssen. Die Ermittlung allein ist m.E. schon mindestens täglich 5 Aufwandspunkte wert...:teufel:

    Grüße
    C.Lehmann

    Viele Grüße
    C.Lehmann

  • Zitat


    Wir stellen uns derzeit die Frage, welcher Berufsgruppe wir die tägliche Ermittlung der Scores auf\'s Auge drücken müssen. Die Ermittlung allein ist m.E. schon mindestens täglich 5 Aufwandspunkte wert...:teufel:

    Grüße
    C.Lehmann

    Hallo Forum! Hallo Herr Lehmann!
    Es werden wohl (wieder) die Ärztinnen und Ärzte sein. Like it or not.
    Ich sehe nicht, welche Berufsgruppe (Pflege, MDA, Stationssekretäre) bei den aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen diese Arbeit auch nur teilweise abnehmen soll. :boese:

    Was leider in den OPS2005 Fassungen, die ich durchgesehen habe, nicht explizit drinsteht: wo darf man das Score-Werk verschlüsseln? Ausschließlich auf Intensivstationen (schlechte Lösung, man denke nur an Stroke Units, KMT-Stationen etc.) oder auf allen stationären Behandlungseinrichtungen (fände ich besser, erhöht den Aufwand aber weiter).

    Und was geschieht eigentlich mit diesen Daten, welche ja im Prinzip einer zentralen Datenerfassung für Intensivpatienten gleichkommen (quasi BQS-Verfahren via 301-DTA)? Werden außer ökonomischen Aussagen auch vielleicht medizinische generiert, würde sich ja bei der Erfassungsgrundlage quasi aufdrängen (die Fallzahl ist unschlagbar ;-). :biggrin:


    Als Pädiater :baby: mit limitierter Intensiverfahrung frage ich mich ohnehin, ob der SAPS ohne Adaptation mit der gleichen Aussagekraft wie bei erwachsenen Patienten anwendbar ist. Hat jemand im Forum da Licht für mein Dunkel? :deal:

    Beste Empfehlungen
    Andreas Christaras
    Kinderonkologie
    Universitätskinderklinik Düsseldorf

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    Dr. med. A. Christaras
    FA Kinder- & Jugendmedizin

  • Hallo,

    die \"Umgebungsbedingungen\" sind doch eigentlich recht klar definiert:

    (...wobei ich die Formulierung \"und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen\" herzallerliebst finde.) :hasi:

    Zumindest das Kriterium \"ständige ärztliche Anwesenheit\" schließt die Anwendung auf einer Normalstation ja nun von vorneherein aus.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Markus Hollerbach
    Berlin

  • Sehr geehrter Herr Hollerbach!

    Vielen Dank für den Hinweis. Auch wenn ich zugegebenermaßen damit nicht glücklich bin, da auch \"Spezialstationen\" respektive Normalstationen durchaus \"halb-intensive\" Patienten mit hohem Sach- und Personalaufwand weilen. Ich präferiere zwar nicht für die konsequente Anwendung des SAPS bei allen stationär behandelten Patienten, aber eine etwas laxere (nicht gleichzusetzen mit beliebig dehnbar) Definition wäre m. E. realitätsnäher gewesen. Zumal - folgt man der Annahme von Lehmann et al. - dieser Score wohl zukünftig erlösrelevant wird. :d_gutefrage:

    Na ja, dann eben so wie vorgesehen. ?(

    Düsseldorf: schwül-warm, überwiegend sonnig.

    Beste Grüsse

    Andreas Christaras
    Kinderonkologie
    Universitätsklinikum Düsseldorf

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    Dr. med. A. Christaras
    FA Kinder- & Jugendmedizin

  • Guten Abend,
    zur Zeit bewegen wir uns so ziemlich alle noch im Bereich der Spekulation.
    Wenn ich aber sehr, dass im neuen OPS 2005 die BEatmungscodes ersatzlos gestrichen wurden und im \"vorläufigen DRG-Katalog\" differenzierte Beatmungs-DRGs vorhanden sind, kann ich mir nur vorstellen, dass diese aus Score-Systemen heraus getriggert werden. Am wahrscheinlichsten erscheinen mir hierbei TISS und SAPS zu sein.
    Viele Grüße
    Frank Holzwarth

    Dr. Frank Holzwarth
    FA für Chirurgie / Notfallmedizin
    Medizincontrolling